Wissenschaftsgeschichte: Historische Mikroskope und deren Hintergründe

Begonnen von Dr. Timo Mappes, April 05, 2010, 17:52:53 NACHMITTAGS

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Dr. Timo Mappes

Liebe Leser,

ganz herzlich möchte ich Sie einladen ein paar der über die Osterfeiertage ergänzten neuen Diskussionen antiker und historisch bedeutender Mikroskope zu besuchen. Insgesamt habe ich 21 Instrumente der Sammlung neu fotografiert, beschrieben bzw. vollkommen neu eingestellt.

Besonders hervorheben möchte ich in diesem Kontext ein paar dieser Mikroskope und deren Kontext:

(1) ein frühes großes Mikroskop von Carl Zeiss Jena aus dem Jahre 1875 mit Polarisationsoptiken.


An Hand dieses Instruments kann man wunderbar an einem in der Diskussion erläuterten Druckfehler den Erkenntnisgewinn des Besitzers durch den Neuerwerb dieses Mikroskops belegen:


(2) passend hierzu den Nachfolger dieses Stativs von Carl Zeiss Jena aus dem Jahre 1882.


Das Instrument befindet sich in vorzüglichem Originalzustand, die Gebrauchsanweisungen der Zeit sind ebenfalls als Scan hinterlegt:


(3) ein auf den ersten Blick unscheinbares kleines Trommelmikroskop von Moritz Meyerstein in Göttingen um 1845.


Es handelt sich hierbei um eines von zweien bekannten erhaltenen Mikroskopen dieses Herstellers, welcher als die unsichtbare Hand hinter Carl Friedrich Gauß bezeichnet wird [1] und selbst Lehrer des später in Göttingen so berühmten Rudolf Winkel ist:


(4) ein Mikroskop von Oberhäuser und Hartnack aus 1858.


Das Gerät verfügt mit dem Polarisationsapparat über genau jene Ausstattung in der es auch Rudolf Virchow in nutzte. Dessen Mikroskop ist heute (leider poliert und unansehnlich!) im Berliner medizinhistorischen Museum der Charité zu sehen:


(5) ein sehr frühes Mikroskop mit deutlichen Gebrauchsspuren von Ernst Leitz Wetzlar aus 1869.


Es handelt sich hier um das späteste und bisher einzige bekannte erhaltene Mikroskop, welches von Leitz als alleinigem Inhaber der Werkstätte in Wetzlar gefertigt wurde und noch in engster Anlehnung an die allerersten Stative des Firmengründers Carl Kellner ausgeführt ist:


(6) ein Polarisationsmikroskop ebenfalls aus dem Hause Leitz, entstanden 1924.


Dieses Mikroskop stellte das kleinste der großen Polarisationsmikroskope dar, welche viele Verbesserungen und Erfindungen von Max Berek aufweisen, welcher die zugehörige Abteilung in Wetzlar leitete:


(7) auch hier zum Vergleich das große Polarisationsmikroskop von Leitz aus 1929.


Dieses in vielen konstruktiven Details sehr durchdachte Instrument weiß sich weltweite Anerkennung zu verschaffen und ist mit geringen Modifikationen als Forschungsmikroskop über 30 Jahre im Programm der Firma Leitz zu finden.


(8) ein kleines Reisemikroskop von Leitz aus dem Jahre 1923.


Der Fuß dieses Mikroskops ist mit einer Gewindebohrung versehen, die es erlaubt das Instrument während einer Exkursion auf ein gewöhnliches Kamerastativ zu schrauben, und so dem Mikroskopiker ein angenehmes Arbeiten mit zwei freien Händen im Feld zu ermöglichen.

Zu gerne würde ich auch die mineralogische Ausführung dieses Stativs in der Sammlung zeigen, leider ist es mir in all den Jahren aber noch nicht gelungen den passenden Polarisationsapparat für dieses kleine Stativ zu erwerben.


(9) ein Exot zum Schluss, das Patenttrichinenmikroskop von Teschner um 1900:


Diese Bauform wird bereits 1879 durch ein Patent geschützt, sein Hauptwerkstoff in Volumenanteilen stellt Holz dar: 


Für heute viel Freude bei der Lektüre, beste Grüße

Timo Mappes


Referenz
[1] Klaus Hentschel: Gaußens unsichtbare Hand: Der Universitäts-Mechanicus und Maschinen-Inspector Moritz Meyerstein. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse Dritte Folge, Band 52, 2005
Prof. Dr.-Ing. Timo Mappes
Deutsches Optisches Museum
Carl-Zeiss-Platz 12
07743 Jena

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privat:
Museum Optischer Instrumente
www.musoptin.com

Die erste vollillustrierte deutschsprachige Seite zur Geschichte der Mikroskope für die Wissenschaft im 19. & frühen 20. Jahrhundert

hinrich husemann

Hallo Herr Mappes,
"Spitze"! Sie haben wieder mal den  - zumindest aus meiner Sicht- ganz besonderen Reiz der Mikroskop-Historie deutlich gemacht.
Freundliche, spätösterliche Mikrogrüsse
H. husemann

Bernhard Kaiser

Guten Morgen Herr Dr. Mappes,

herzlichen Dank für das Zeigen dieser wunderbaren Geräte. Ein wahrer Augenschmaus.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser

Siggi O.

Hallo Herr Mappes,

eigentlich bin ich kein Fan von älteren Gerätschaften und deren Geschichte!

Wenn ich mir aber die hervorragenden Fotos ansehe, die detaillierten Beschreibungen
und Hintergrundinformationen durchlese, kann man sich der Faszination dieser Geräte
und deren Geschichte kaum entziehen und wird unweigerlich zum Fan. 

Vielen Dank für diese Website und Ihr Engagement!

Viele Grüße
Siggi
Gerne per Du!
Vorstellung: Hier klicken!