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Stentor amethystinus

Begonnen von Michael Plewka, April 12, 2010, 20:07:02 NACHMITTAGS

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Michael Plewka

hallo zusammen,

ich finde es wirklich ganz toll, welche fruchtbare und informative Diskussion die Frage von Herrn Hippe in Gang gesetzt hat. Auch möchte Bernhard dafür danken, dass er sich die Mühe gemacht hat, den  Originaltext aus dem Protistology-Buch zu zitieren.

@ Eckhard:  Ja; es handelt sich um DIK-Aufnahmen. Das erste ist vermutlich mit einer ähnlichen Einstellung gemacht wie seinerzeit Dein Cephalodella-Bild...Bernd Wiedemann hat die Frage nach der Artzugehörigkeit ja mittlerweile hervorragend dokumentiert, so dass ich mir weiter Bilder dazu erspare.


  Für mich ist, vor allem nach dem Studium der Infos unter dem Link von Bernd Wiedemann deutlich geworden:
1.es ist viel komplizierter als (vielleicht wir alle) gedacht haben.
2. Die Frage, was die Ursache für die offensichtlich vorhandenen Intensitätsunterschiede in der violetten Färbung (= Anzahl der Granula?) ist,  bleibt wohl noch unbeantwortet. 


beste Grüße Michael Plewka

bewie

Hallo Michael,

S. coeruleus ist zellbiologisch ziemlich ausgiebig untersucht, zu S. amethystinus liegen nicht annähernd so viele Erkenntnisse vor. Vor zehn Jahren hat eine Arbeitsgruppe aus Deutschland und Australien sogar diskutiert, ob sich die diversen Beschreibungen aus unterschiedlichen Regionen wirklich auf die gleiche Spezes beziehen, weil es doch deutliche Unterschiede gibt (T. Heep et al., Records of the Australian Museum 50 (1998), 211-216).

Aber gerade deswegen dürfte sich die Beschäftigung mit diesen Tierchen lohnen. Den S. coeruleus haben die Chemiker und Biochemiker schon fest im Griff, mit deren Ausstattung wir wohl kaum konkurrieren können.

Zur unterschiedlich intensiven Pigmentierung gibt es eine Aussage von H. Schneider im Mikrokosmos 80 (1991) Heft 7, 193-199, der in relativ warmen Kiesgruben mit einem pH von etwa 8,5 sehr dunkle Tierchen und in einem kühlen Quellteich mit einem pH von 5,3 relativ helle Tiere gefunden hat. Ob die beschriebenen Umweltbedinungen die Ursache für die unterschiedliche Pigmentausstattung sind, bleibt allerdings offen. Hier liegt vielleicht ein interessantes Betätigungsfeld, das auch mit relativ einfachen Laborausstattungen noch zu beackern ist.

Ich wünsche allseits ein schönes und interessantes Mikrowochenende!
Bernd

Bernhard Lebeda

#17
Hallo Bernd und Michael,

zunächst ein herzliches Dankeschön für Deine geduldigen Ausführungen, Bernd!!

Ein paar Bemerkungen noch:

der Hinweis zu starcentral bezüglich der beobachteten verschiedenfarbigen Pigmente sollte keine billige Beckmesserei sein! Ich hatte Deine Beschreibung als braune Pigmente als Argument für die unterschiedliche chemische Zusammensetzung der Pigmente bei S.amethystinus gelesen in Abgrenzung zu S.coeruleus und Blepharisma (die ja auch nicht gleichfarbig sind). Daher mein Hinweis auf die Färbungen, der die Möglichkeit erwog, dass ähnliche Hypericin Derivate auch hier eine Rolle spielen könnten. Wenn das noch nicht untersucht und geklärt ist, dann ist das natürlich eher unerheblich.

Selber habe ich den amethystinus leider noch nicht beobachten können.

Dass der spöttische Einwand meiner Literatur betreffend kommen musste, war mir klar. Die Steilvorlage musste man versenken  ;) Natürlich habe ich nicht Einblick in Fachzeitschriften und sämtliche sonstige Veröffentlichungen, aber in der dem Amateur zugänglichen Literatur über Ciliaten bin ich recht gut bestückt, soo viel gibt es ja leider nicht.


Völlig richtig ist natürlich das Argument, dass Zellen mit Zoochlorellen nicht photophob sein können!  Meu culpa!


Michael hatte einen Zweifel geäussert an der Logik des photophobischen Mechanismus der Pigmentocysten. Bei Lynn, The Ciliated protozoa (2008) S. 133 liest man folgenden interessanten Satz:

"... Certainly, a photophobic response might be a selective advantage, keeping the ciliate hidden from potential predators. However, one cannot help but wonder which trait is under selection : the photophobic response mediated by the pigment chemicals or the toxic nature of the pigment chemicals themselves."

Für St. amethystinus hat das wie Bernd dargelegt hat, keine Relevanz. Über diesen steht auf der selben Seite folgendes:

" Laybourn-Parry et.al. (1997) determined that Stentor amethystinus could contribute almost 70% of the total plankton photosynthesis in some Australian lakes"

Das dürfte photophobisch kaum zu bewerkstelligen sein, das gebe ich zu  ;D


Fazit: Sum ergo cogito

Zitat
Angefangen hat der Thread im übrigen mit Stentor amethystinus, und da wäre ich mit all den schönen Erklärungen etwas vorsichtig


Einspruch stattgegeben!   ;)


Viele Mikrogrüsse

Bernhard





Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

bewie

Lieber Bernhard,

es ist ja durchaus denkbar und keineswegs unwahrscheinlich, dass auch bei S. amethystinus ein Hypericin-Derivat eine Rolle spielt, das werde ich ganz sicher nicht bestreiten. Es kann nur nicht genau das gleiche sein wie bei S. coeruleus und auch die nachgeschaltete Signalverarbeitung muss anders ablaufen. Aber bisher hat halt noch niemand die genaue Natur der amethystinus-Granula aufgeklärt, zu diesem Tierchen gibt es überhaupt sehr wenig Literatur. Zweifellos kann man - wie Lynns Autoren - darüber staunen, dass sich im Lauf der Evolution Pigmente mit gleich zwei unterschiedlichen Funktionen (Fotosensor und Abwehrgift) entwickelt haben - für die Pigmentträger selbst ist diese Tatsache jedenfalls sehr praktisch. ;)

Und wenn Du mal nach Darmstadt kommst, dort wo sich immer die Kornrade und der Rhein-Main-Kreis an der Uni treffen, dann nimm' Dir eine Probe aus dem Teich vorm Institutsgebäude mit (dem neueren am Hang, nicht dem alten) - darin haben wir bisher noch jedesmal eine Menge S. amethystinus gefunden.

Herzliche Grüße
Bernd