Botanik: Alles wird gelb - Sprossquerschnitte von Brassica napus *

Begonnen von Fahrenheit, Mai 02, 2010, 13:50:27 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebes Forum,

zur Zeit blüht wieder der Raps (Brassica napus) auf den Feldern und das war für mich die Gelegenheit, einmal Sprossquerschnitte dieser alten Kulturpflanze anzulegen.

Der Raps gehört zu den Kreuzblütengewächse (Brassicaceae), er stammt ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum und war schon den Römern bekannt. Die Pflanze diente hauptsächlich der Gewinnung von Lampenöl. Das aus den Samen gewonnene Öl wurde aber auch damals schon - trotz seines auf einem recht hohen Gehalt von Erucasäure basierenden bitteren Geschmacks - als Speiseöl genutzt.
In Indien gibt es bereits Hinweise zur Nutzung der Rapspflanze, die aus der Zeit um 2000 v.Chr. stammen. bei uns in Mitteleuropa wird Raps allerdings erst seit dem 14. Jahrhundert angebaut.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Rapsöl dann vermehrt zur Margarineherstellung genutzt. Dabei griff man auf Züchtungen mit geringerem Säuregehalt zurück (00-Raps).

Die Rapspflanze ist ein- oder zweijährig und von krautigem Wuchs. Sie erreicht in der Regel eine Größe zwischen 30 und 150 cm. Einmal habe ich allerdings auch schon in einem Rapsfeld gestanden, dessen Pflanzen mich deutlich überragten und somit höher als zwei Meter waren.

Bild 1: Blick über ein Rapsfeld an den Siegauen


Bild 2: Die Rapspflanzen


Bild 3: Makroaufnahme der Rapsblüten

Die Blüten des Rapses sitzen am oberen Ende des Stängels in einer Traube aus 20 bis 60 Einzelblüten. Diese zeigen den klassischen Blütenaufbau der Kreuzblütler, der der Pflanzenfamilie ihren Namen gegeben hat.

Bild 4: eine schöne Illustration aus Köhlers Medizinalpflanzen (Franz Eugen Köhler, um 1905, gemeinfrei)


Nun aber zu den Querschnitten eines Seitensprosses. Der Schnitt erfolgte mit Zylindermikrotom, Klingenhalter und Leica-Einmalklingen. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm.
Gefärbt habe ich mit Wacker W3A und anschließend die Schnitte mit Euparal eingedeckt.

Die Aufnahmen entstanden wie immer auf meinem Leica DM-E mit N- und C-Plan Objektiven sowie der Canon A520 über den Herrmannschen Kameraadapter.

Bild 5: der Querschnitt im Überblick, Vergrößerung 50x, Stapel aus 9 Bildern

Der Durchmesser des Schnittes beträgt ca. 2,8 mm. Die Leitbündel liegen in einem Gewebering mit verstärkten Zellwänden.

Bild 6a/b: Ausschnitt mit einem Leitbündel, Vergrößerung 100x, Stapel aus 7 Bildern, Bild 6b mit Beschriftung


PXL: Protoxylem
Xl  : Xylem
C   : Cambium
PL  : Phloem
Ko  : Ein Kolenchym? Vielleicht will das aber auch mal ein Sklerenchym werden ...  :)
MP : Markparenchym
Ep  : Epidermis mit Cuticula
RP  : Rindenparenchym

Ich gestehe, ich war vom Ergebnis der Wacker-Färbung zunächst etwas enttäuscht. Andererseits weisen die seltenen Rottöne darauf hin, dass es in dem jungen Seitenspross bis auf die Tracheen keine wirklich verholzten Gewebe gibt. Die Färbung ist somit zwar nicht so schön bunt, aber im anatomischen Sinne korrekt.

Bild 7: Ausschnitt aus dem offen kollateralen Leitbündel, Vergrößerung 200x, Stapel aus 6 Bildern

Man erkennt im Phloem Siebzellen mit ihren Geleitzellen und noch einmal schön die rot gefärbten Tracheen.

Bild 8a/b: Detail aus dem Phloem mit Siebzellen und Geleitzellen, Vergrößerung 400x, Stapel aus 3 Bildern. Bild 8b mit Bemaßung der Sieb- und Geleitzellen.


Der Durchmesser der Siebzellen erreicht im Schnitt etwa 15µm, die kleineren Geleitzellen messen in der Regel 8 bis 9µm.

Bild 9: Die Epidermis des Sprosses wird von einigen Stomata durchbrochen, davon hier eines zentral im Bild. Vergrößerung 400x, Stapel aus 3 Bildern

Die Spanne des Stoma einschließlich der Schließzellen beträgt etwa 15 µm.

Danke für's Lesen und herzliche Grüße!
Jörg  

Edit: Ein wenig Textschliff vorgenommen und ein paar Bugs geschossen.
Edit: Beitrag wieder hergestellt, die Fotos waren zwischenzeitlich mal verschwunden.
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Für draussen: Leitz HM

Holger Adelmann

Lieber Jörg,

es macht immer wieder Spass, Deine schönen und aufwändigen Dokumentationen zu sehen.

Herzliche Grüsse
Holger


Frank Fox

Lieber Jörg,

ich schließe mich dem an.  :)

Herzliche Grüße
Frank
Mikrofotografie
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Faszination Mikroskopie
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Zeitschrift Mikroskopie
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YouTube - Kanal
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Klaus Herrmann

Lieber Jörg,

wie immer bei Dir eine schöne Gesamtdarstellung, die von großer Sorgfalt zeugt! Danke dafür.

Sehr schön finde ich auch den Kontrast der Überschrift
ZitatAlles wird gelb 
zum fast totalen Blau Deiner Färbung! ;)

- wobei die mich etwas irritiert: ich hätte wenigstens ein wenig gelb in der Epidermis vermutet, und auch in dem schön dargestellen Stoma dürfte etwas zu sehen sein?

Was hast Du da zusammengewackert? :D

Liebe Grüße

Klaus
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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elmar

lieber jörg,
ich schliesse mich den begeisterten kommentaren an. eine wunderschöne dokumentation.
liebe grüsse   elmar
gerne biete ich allen forummitgliedern das DU an.

Oliver S.

Zitat von: Fahrenheit in Mai 02, 2010, 13:50:27 NACHMITTAGS
...
Die Aufnahmen entstanden wie immer auf meinem Leica DM-E mit N- und C-Plan Objektiven sowie der Canon A520 über den Herrmanschen Kameraadapter.



Lieber Jörg,
vielen Dank für den tollen Beitrag und gestatte bitte noch eine Frage:
Was ist denn ein "Herrmanscher Kameraadapter?"
Gruß, Oliver
(gern per "Du" )

Klaus Herrmann

Lieber Oliver,

"
ZitatHerrmanscher Kameraadapter?"

ich darf mal für Jörg antworten :D

das ist eine nette Übertreibung: wie so oft ist es schwierig bei erfolgreichen Konzepten den wahren biologischen Vater zu ermitteln - weil es da immer viele Väter gibt - im Gegensatz zu Waisenkind Misserfolg! ;D

Ich habe diese eigentlich ganz pfiffige Adaption, die viele Varianten hat hier beschrieben:

http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?4,33431

Die Optik kann mit "Universalokular" ;D preiswert sein und für den Fall Unendlichoptik sogar fast perfekt oder etwas teuerer im Anwendungsfall Endlichoptik aber dann auch perfekt.

Fragen ? Gääärne!

Gruß

Klaus
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Eckhard

Lieber Jörg,

danke für die schöne Dokumentation. Ein perfekter Schnitt.

Herzliche Grüsse
Eckhard

Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
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Fahrenheit

Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob! Bei solchem Feedback macht das Erstellen der Beiträge gleich doppelt so viel Spaß!

Lieber Klaus,
das Gelb bezog sich natürlich auf die erblühenden Rapsfelder - reines Gelb bei der Wackerfärbung hat man ja nicht so oft. Ich hätte von der Haptik der Rapsepidermis allerdings auch eine deutlich sichtbare Cuticula erwartet.

Hier ist, was ich mir so zusammengewackert habe:  ;D
- Färbung der Schnitte nach Wacker W3A
  - Acridinrot 1%
  - Acriflavin 1%
  - Astrablau 2%
  - Isopropanol/Euparal

- ca. 6 bis 8 Minuten in Acridinrot 1% in Ethanol 50%
- Überführen in Aqua dest.
- ca. 20 Sekunden in Acriflavin 1% in Aqua dest
- Wässern (mehrmaliger Wechsel)
- ca. 3 bis 4 Minuten in Astrablau 2% in Aqua dest (1:1 verdünnt mit Aqua dest) mit wenig
  Acriflavin, sodass ein grüner Farbton entsteht.
  (Färbelösung auf den Schnitten erstellt: 5 Tropfen Aqua dest, 5 Tropfen Astrablau und ein Tropfen
  Acriflavin. Uhrglas anschließend leicht schütteln, damit sich die Farben gleichmäßig verteilen)
- Wässern
- Überführen in Isopropanol mit einer Spur Acriflavinlösung für 10 Sekunden
- Absaugen, 3-mal Isopropanol in schnellem Wechsel (10 Tropfen für je 10 bis 30 Sekunden)
- 2-mal Isopropanol für je 3 Minuten +
- Eindecken in Euparal (Präparate 326 bis 333) 

Bild 10: Bei meinem Referenzlavendel zeigt sich allerdings bei vergleichbaren Gewebearten auch kein Gelb, auch nicht an den Stomata (Vergrößerung 100x, Stapel aus 22 Bildern)


Bild 11: anders beim Ginkgo-Blattstiel (Vergrößerung 400x, Stapel aus 16 Bildern)

Hier gibt es eine schöne gelbe Cuticula und die Struktur der Schließ- und Nebenzellen kommt besser heraus.

Ich denke, die unterschiedliche Wirkung der - annähernd gleichen - Färbeprozesse liegt wie immer in den unterschiedlichen Gewebearten und dem Alter der Probe begründet. Der Raps ist zum Beispiel jugendlich frisch, das Ginkgo-Blatt war im Oktober ja schon im Greisenalter.

Lieber Oliver,
Klaus hat bezüglich des Kameraadapters ja schon ausgiebig geantwortet. Ich habe von ihm eine Adapterplatte mit einem 52 mm Aussengewinde und einer zentralen Bohrung mit 28 mm Innengewinde. Die Platte wird auf den Filterhalter der Canon A520 aufgeschraubt und trägt ein Periplan-Okular. Zum Photografieren nimmt diese Konstruktion dann einfach den Platz eines der Beobachtungsokulare auf meinem Binotubus ein.

Eine Frage hätte ich da noch: wie hat es der Raps eigentlich in Köhlers Medizinalpflanzen geschafft? Zu einer heilkundlichen Anwendung habe ich nichts finden können.  Was habe ich da übersehen?

Herzliche Grüße
Jörg
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Mila

#9
Lieber Jörg,

eine tolle Dokumentation! Vielen Dank, ich bin begeistert!

Herzliche Grüße
Mila

P.S.: zur medizinischen Verwendung fand ich eben auf die Schnelle Folgendes:

Als Droge wird nach dem Europäischen Arzneibuch das kalt gepresste, raffinierte Rapsöl (Rüböl) Rapae oleum raffinatum verwendet. Es dient als Lösemittel/Trägeröl für lipophile (Arznei-) Stoffe. Das Öl wird auch aus Rübsen, Brassica rapa, gewonnen. Dazu ein link:

http://www.heilpflanzen-welt.de/buecher/Hahnemann-Apothekerlexikon/r/ruebkohl.htm

Fahrenheit

Liebe Mila,

vielen Dank für Deinen Hinweis - und natürlich auch Danke für Dein Lob!

Also der Hustensaft des kleinen Mannes! Heute nimmt man da ja lieber 'ne Geranienwurzel. Ok, damals dauerte der Transport von Südafrika ja auch noch etwas länger ...  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
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Jan Kros

Lieber Jörg,

wie immer bei Dir eine schöne Gesamtdarstellung, die von großer Sorgfalt zeugt! Danke dafür.
Auch für die schöne Bilder
Herzlichen Gruss
Jan

Fahrenheit

Lieber Jan,

danke für Dein Lob, schön, dass Dir der Beitrag gefällt!

Herzliche Grüße
Jörg
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