Die Bonner zu Gast im Gesteinslabor - Dünnschlifftechnik im Universitätsbetrieb

Begonnen von Fahrenheit, Mai 07, 2010, 20:42:24 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebes Forum,

03.11.2013: leider sind hier die Bilder abhanden gekommen, wer möchte, kann sich aber gerne den inhaltsgleichen Artikel auf der Webbseite des MKB ansehen. Hier der Link: Artikel Gesteinslabor auf der Webseite des MKB



gestern trafen sich die Mitglieder des Mikroskopischen Kollegiums Bonn auf Einladung von Herrn Dr. Wörmann im Gesteinslabor des Steinmann-Institut für Geologie der Universität Bonn, um einen Einblick in die Erstellung von Dünnschliffen für die mikroskopische Untersuchung von Mineralien im Durchlichtmikroskop zu bekommen.
Von diesem interessanten Abend möchte ich hier kurz berichten.

Nach einer Einleitung von Herrn Dr. Wörmann, bei der wir auch moderne Labortechnik zur Materialuntersuchung weit jenseits der mikroskopischen Verfahren zu sehen bekamen, stellte uns die Präparatorin des Instituts, Frau Behr, die einzelnen Schritte zur Erstellung eines Dünnschliffes in ihrem Labor vor.


Bild 1: So soll es später einmal aussehen. Erste Erläuterungen vor einer Mikrophotografie eines Quarzgesteins (Polarisiertes Licht und Lambda-Platte). In der Mitte fast schwarz zwei Granat-Einschlüsse.

Dank der praktischen Vorführungen und der detailreichen Erläuterungen von Frau Behr sowie anregender Diskussionen konnten wir einen guten Überblick über die anfallenden Bearbeitungsschritte gewinnen.

Die einzelnen Stationen in Bildern:


Bild 2: Die Reise vom Brocken zum Dünnschliff beginnt an einem Tisch.  :)


Bild 3: Unter anderem dabei: die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgänge.

Von oben nach unten:
- Eine Scheibe der Probe
- Passend gesägte Klötzchen
- Probe nach Plan- und Feinschliff einer Seite mit Epoxidharz auf einem Objektträger aufgeklebt
- Probe auf eine Dicke von ca. 5 mm herunter gesägt
- Nach dem Vorschliff, die Probe ist nun noch ca. 100 µm dick
- Nur in der rechten Reihe: Probe maschinell und von Hand fertig geschliffen (25 bis 30 µm)
- Das fertige Präparat nach Aufbringen des Deckglases


Bild 4: Gleich wird es laut und nass, die Clipper-Säge zum groben Zurechtschneiden der Proben.


Bild 5: Die Clipper in Aktion. Bei der Vorbereitung der Proben gilt es in der Regel, die vorgegebene räumliche Orientierung einzuhalten, um im Dünnschliff z.B. Deformationen im Gestein in bestimmten Bewegungsrichtungen nachvollziehen zu können.


Bild 6: das Ergebnis eines ersten Schnitts, die Spuren des Diamantsägeblatts sind deutlich zu erkennen.


Bild 7: ein fertig gesägtes Probenklötzchen


Bild 8: Weiter geht es mit dem Planschleifen einer Seite. Hier im Selbstversuch per Hand.


Bild 9: Natürlich geht das auch maschinell und vollautomatisch mit der Flächenschleifmaschine.


Bild 10: Nach der Reinigung werden die Proben mit Epoxidharz auf einen ebenfalls angeschliffenen Objektträger geklebt. Je nach Material wird die Probe dazu mehrmals im Vakuumofen bei ca. 55 Grad und Unterdruck mit dem Harz getränkt und anschließend der OT aufgelegt. Das Bild zeigt die Fixierung der frisch beklebten Objekträger unter einer Federpresse.


Bild 11: Ist das Harz ausgehärtet, wird die Probe mit einer Säge mit automatischem Vorschub auf ca. 5 mm Dicke planparallel abgesägt.

Im nächsten Arbeitsgang erfolgt der maschinelle Grobschliff bis auf etwa 100 µm. Voraussetzung für das maschinelle Arbeiten ist die gleichmäßige Dicke der Objektträger (hier 1500 µm).
Der Feinschliff erfolgt je nach Material ebenfalls maschinell oder 'traditionell' per Hand bis auf eine Dicke von 25 bis 30 µm. Geschliffen wird mit Schleifpulver aus Siliziumkarbid.
Bei besonderen Materialien erfolgt ggf. ein Feinschliff mit Korngrößen von 1200 und 2000 (sonst 600 und 800).
Auch ein Polieren der Schliffe mit Diamantstaub (3 und 1 mµ) ist möglich.


Bild 12: Anregende Diskussionen


Bild 13: Alles schön plan und ohne Blasen? Zum Schluss konnten wir auch einen Blick auf fertige Präparate eines Sandsteins werfen.

Hier noch einmal vielen Dank an Frau Behr für ihren tollen Vortrag, den sie für uns in Ihrer Freizeit gehalten hat, sowie an Herrn Dr. Wörmann und die Institutsleitung, die diesen Abend möglich gemacht haben.

Herzliche Grüße
Jörg  
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TPL

Danke, Jörg!!
Ein sehr schön gemachte Reportage über meine Lieblingspräparate aus der (sicher/hoffentlich?) auch deutlich wird, wieviel geduldige Arbeit und Erfahrung neben der schieren Ausrüstung in der Herstellung von Dünnschliffen steckt. Es ist ein Segen, eine solche Päparatorin (oder einen Präparator) am Institut zu haben, die diese Methode beherrscht - und auch noch vermittelt!

Besonders gut hat mir gefallen, dass Ihr dort einen Sandstein (als Vertreter der Sedimentgesteine) präsentiert bekommen habt. Diese Gesteine führen ja in der Popularität ein Stiefmütterchen-Dasein neben den grobkörnigen Tiefengesteinen (Plutoniten) und den Ergussgesteinen (Vulkaniten) mit den oft spektakulären Porphyroblasten (im Magma gewachsenen großen Kristallen). Wirst Du vielleicht noch einen Schliff zeigen?

Begeisterte Grüße, Thomas

Fahrenheit

Lieber Thomas,

schön, dass Dir mein kleiner Bericht gefällt. Wir hatten gestern als Gäste der Bonner Geologen viel Spaß und ich glaube, ich darf behaupten, dass wir auch eine Menge gelernt haben.

Es wird auch eine Fortsetzung geben: bei einem unserer nächsten Treffen werden wir eine Einweisung in die Interpretation von Gesteinsdünnschliffen bekommen, auf die ich mich auch schon sehr freue.

Das Gesteinslabor gehört zum Institutsbereich Exogene Prozesse, worunter ja auch die Sedimentologie fällt. Somit war ein Sedimentgestein naheliegend.
:)

Zufällig liegt eines der Sandsteinpräparate neben mir und gerne komme ich Deinem Wunsch nach Bildern nach. Leider bin ich nur ein Zaungast der Mineralogie, von daher darfst Du keine Interpretation erwarten (wozu mir auch die Ausrüstung fehlt).

Hier zwei Aufnahmen der gleichen Stelle in gleicher Ausrichtung, zuerst mit parallelen Polfiltern, dann mit gekreuzten.

Bild 14: Sandstein, Polfilter parallel, Vergrößerung 50x, Stapel aus 3 Bildern


Bild 15: Sandstein, Polfilter gekreuzt, Vergrößerung 50x, Stapel aus 6 Bildern

Wie Du vielleicht schon gelesen hast, liefert meine Canon A520 bei gekreuzten Polfiltern kein sauberes Bild. Den Blauton musst Du Dir also wegdenken. Bis auf die Brauntöne sind beim Blick durchs Okular nur Grautöne von Schwarz bis Weiß zu sehen.

Herzliche Grüße
Jörg

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Bernhard Lebeda

Zitat von: Fahrenheit in Mai 07, 2010, 22:25:48 NACHMITTAGS

. Bis auf dieBrauntöne sind beim Blick durchs Okular nur Grautöne von Schwarz bis Weiß zu sehen.




Na das kann doch auch schön sein , lieber Jörg

Nur Stiefmütterchen sind bunter  ;D


War bestimmt interessant, euer Gastspiel!

Viele geschliffene Grüsse

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Fahrenheit

Lieber Bernhard,

ja, schön ist der Farbton schon - ich wollte doch nur vermeiden, dass Thomas denkt "Warum hat der Depp denn beim zweiten Bild ein Lambda-irgendwas Plättchen dazwischen gefummelt".
;D ;D ;D

Der Abend war wirklich interessant. Ich könnte glatt meinen botanischen Schnitten untreu werden - wenn ich dazu nicht einen neuen Keller graben müsste, um den Gerätepark unter zu bringen.
;)

Herzliche Grüße
Jörg
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olaf.med

Hallo Jörg,

sehr schöner Bericht und schöner Schiff. Die Ansicht bei parallelen Polarisatoren ist allerdings gewöhnungsbedürftig, da ein normaler Mikroskopiker diese Technik eigentlich nie nutzt.

Ich möchte Thomas bei der Interpretation nicht zu sehr vorgreifen, aber Dein Schliff zeigt "authigenes Neuwachstum" in lehrbuchreifer Perfektion. So bezeichnet man das orientierte Fortwachsen eines Korns nach der Sedimentation, was schließlich zur Verfestigung des Gesteins führt. Hier sieht man die alten Korngrenzen der durch den Transport abgerundeten Quarzkörner sehr deutlich dadurch, daß sie durch anhängende Partikel "schmutzig" erscheinen. Während des Neuwachstums wird dieser Schmutz eingeschlossen und so wird phantomartig die alte Morphologie deutlich.

@ Thomas: Siehst Du Thomas, selbst ich kann einem Sandstein noch was Schönes abgewinnen.....  ;) ;) ;)

Gruß, Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Fahrenheit

Lieber Olaf,

so sind sie halt, die Laien - mit Parallelen Filtern sieht es halt bunter aus.  ;D

Danke für Dein Lob und Deine Informationen zum "authigenen Neuwachstum". Ich habe mir den Schliff daraufhin noch mal genauer angesehen. Schön, wenn man eine Idee davon hat, was man sieht.

Deute ich das richtig: ein Sediment kann sich nur dann auf diese Weise verfestigen, wenn es von ausreichend Wasser umgeben ist, in dem zu mindestens zu einem seiner Minerale passende Salze in genügender Konzentration gelöst sind?

Herzliche Grüße
Jörg

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Mila

Hallo und guten Tag,

das war wirklich eine sehr interessanter Abend mit vielen neuen Informationen (zumindest für mich).

Frau Behr hat jeden Schritt sehr gut erklärt und unsere Fragen geduldig beantwortet.
Vielen Dank Jörg, dass Du die Präparation noch einmal so gut dargestellt hast.

Jeder von uns durfte ein Präparat mitnehmen, auch dafür an Frau Behr und Herrn Dr. Wörmann ein herzliches Dankeschön!

Viele Grüße
Mila

olaf.med

Hallo Jörg,

ZitatDeute ich das richtig: ein Sediment kann sich nur dann auf diese Weise verfestigen, wenn es von ausreichend Wasser umgeben ist, in dem zu mindestens zu einem seiner Minerale passende Salze in genügender Konzentration gelöst sind?

Fluidphasen (also normalerweise Wasser) hast Du in Sedimenten immer, so dass diese bei der Verfestigung eine große Rolle als Transportmedien spielen. Der Zement - ja so heißt das Zeug auch im Gestein - kann dann aus dem Sediment selbst stammen, oder aber durch die Fluidphase herantransportiert werden. Stammt der Zement aus dem Sediment selbst, funktioniert das Ganze über Lösung, Transport und Ausfällung, wobei die Transportwege z.T. winzig klein sind. Ein Korn kann z.B. an der Oberseite, an der der Druck des überlagernden Sediments angreift, gelöst werden, und die Substanz wird dann seitlich in den Druckschatten neu abgelagert: Transportweg Bruchteile eines Millimeters. Das war in Deinem Gestein vermutlich der Fall.

Wurde der Zement von der Lösung antransportiert, kann er natürlich ganz anders zusammengesetzt sein als das Gestein selbst. So kann ein Sandstein, der als Lockersediment ausschließlich aus Quarzkörnern bestend, auch durch Calcit verfestigt werden. Das sieht dann mikroskopisch natürlich ganz anders aus. Da gibt es dann kein "authigenes Neuwachstum", sondern die Porenräume werden einfach durch ein anderes Mineral gefüllt.

Thomas kann das Ganze sicher viel weiter vertiefen, wenn er seine Muttertagsaktivitäten beendet hat und wieder im Netz ist.

Schönen Sonntach noch...

Olaf
Gerne per Du!

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... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
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Fahrenheit

Liebe Mila,

vielen Dank für Dein Lob!

Lieber Olaf,

Dir vielen Dank für Deine Erläuterungen. Das ist ja wirklich ein sehr interessantes Thema. Schade, dass die Präparation und Beobachtung so aufwendig ist.

Herzliche Grüße
Jörg
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