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Stapeln von Bildern

Begonnen von Herne, Mai 21, 2010, 21:10:14 NACHMITTAGS

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Herne

Hallo, liebe Mikronauten!
Bei der Abbildung kleiner, tiefengestaffelter Strukturen wie Diatomeen gilt das Stapeln (stacken) als Methode der Wahl, um mehr Schärfentiefe zu erreichen.
Ich benütze zu diesem Zweck das Programm "Picolay" auf dem Windows-Rechner. Die Ergebnisse sind aber für mich nicht recht befriedigend, da sich starke Artefaktbildungen bemerkbar machen. Siehe Bidbeispiele
 
Schalenstrukturen von Diatomeen
 
Strukuren aus der Haut von Seegurken (?)
Die Aufnahmen und die Ausschnitte daraus zeigen deutlich das Problem. :(  :-[  :'(
Zum Stapeln fertige ich 7 ... 15 Einzelaufnahmen an, dabei achte ich auf die Einhaltung der Köhler´schen Beleuchtung. Die Apperturblende wird etwa 1/3 geschlossen.
Die Ausführung im Programm nehme ich dann mit den Standardeinstellungen vor. Mehrfaches Pröbeln an den Einstellparametern brachte keine wesentliche Verbesserung.
Weiss jemand hier, was ich falsch mache ? An welchen "Rädchen" muss ich wie drehen, um bessere Erbegnisse zu erhalten?

mit freundlichen, mikrofotografischen, aber artefaktbehafteten Grüssen  :)
Herbert
Die animalcula infusoria sind Blasen mit Neigungen.
G. Chr. Lichtenberg

Piper

Hallo,
wenn ich mir die Bilder betrachte, könnte die Aperturblende zu weit geschlossen worden sein. Zarte Beugungslinien in Randbereichen des Objektes oder hierdurch entstehende dezente Lichthöfe können von der Software verstärkt und als Artefakte akzentuiert werden. Zusätzliche Artefakte können entstehen, wenn die Software vermeintliche strukturlose Lücken ("gaps") oder "Inseln" füllt.
Man könnte ggf. zu besseren Resultaten kommen, wenn die Aperturblende nur sehr gering geschlossen wird, wegen der geringeren Tiefenschäfte dann Stapelbilder in sehr feinen Fokussierabständen erstellt werden und die Aufnahmen (bei solchen ungefärbten Objekten) tendenziell etwas unterbelichtet werden (ca. minus 1-2 EV). Hierdurch kommen solche schwach absorbierenden Objekte im Bild meist besser heraus.
Das fertig gestackte Überlagerungsbild zuletzt mit anderer Software im Kontrast nach Bedarf optimieren.
Bei komplex strukturierten dreidimensionalen Objekten (z.B. mit unterschiedlich aufgebauten Ober- und Unterseiten und dazwischenliegenden Innenstrukturen) sollte nur eine Komponente (Innenstrukturen, Oberseite, Unterseite) gestackt werden, da sich bei der Überlagerung tatsächlich räumlich nicht zusammengehörender Strukturen natürlich auch Überlagerungsartefakte ergeben.
Ich hoffe, dass diese Überlegungen zielführend sind.
Viele Mikrogrüße
Jörg Piper

Heribert Cypionka

Lieber Herr Neumann,

vieles von dem, was Herr Piper schreibt, möchte ich bestätigen (nur nicht, dass man zur Verstärkung des Kontrasts andere Software als PICOLAY bräuchte  :)). Darüber hinaus ist mir aufgefallen, dass Sie offenbar Phasenkontrast-Bilder gestackt haben. Die sind wegen der wandernden Halos problematisch. Versuchen Sie einmal 'Colour-based stacking' mit Schwarz als Zielfarbe - dann verschwinden die.

Nach wie vor gilt mein Angebot, mich an den Stapeln unzufriedener Nutzer zu versuchen, wenn Sie mir eine Zip-Datei des Bilderstapels schicken (oder sie hier für alle posten).

Mit bestem Mikrogruß

Heribert Cypionka


Piper

Lieber Herr Neumann, lieber Herr Cyprionka,

handelt es sich wirklich um Phasenkontrastbeleuchtung???  Ich habe, ehrlich gesagt, den Eindruck, dass Hellfeld mit blau gefiltertem Licht angewendet wurde, wobei die Aperturblende relativ stark geschlossen wurde. Die Aperturblende wurde lt. Beschreibung ja tatsächlich geschlossen. Dies sollte bereits konventionellen Phasenkontrast ausschließen, wo doch die Aperturblende voll geöffnet bleibt, spricht folglich für Hellfeld. Auch fehlen die üblichen Hell-Dunkel-Kontraste (Grauwert-Abstufungen), die man im Phasenkontrast normalerweise bei solchen Objekten sehen sollte, und die Randsäume sind für gängige Phasenkontrast-Halos eigentlich zu schmal.

Die vorhandenen Randsäume kommen m.E. unter der Prämisse, dass Hellfeld eingesetzt wurde, durch Beugungsphänomene zustande, welche durch Schließen der Aperturblende gefördert und beim Stacken weiter akzentuiert werden.

Zur nachträglichen Kontrastverstärkung des gestackten Bildes möchte ich ergänzen, dass ich im Falle ungefärbter Objekte, welche im Hellfeld fotografiert wurden, sehr gerne auf HDR-Software zurückgreife und hierauf letztlich auch anspielen wollte (Photomatix Pro oder FDR-Tools advanced). Mit diesen Programmen kann man im Hellfeld bei schwach kontrastierten Objekten (auch Phasenobjekten) eine ultra-hohe Kontrastverstärkung erreichen, welche stufenlos steuerbar ist und zu Endresultaten führt, welche Phasenkontrast vergleichbar sind oder ggf. übertreffen können. Bildbeispiele finden sich auf meiner Homepage www.joerg-piper.de, wenn man dort auf "digitalen Phasenkontrast" clickt. Beschrieben wurde die Methode auch im Mikrokosmos 98, Heft 5, 315-318, 2009.

Gerade bei Kieselalgen und farblosen Kristallisationen können mit dieser digitalen Kontrastverstärkung von Hellfeldbildern (ob gestackt oder ungestackt) verblüffende Ergebisse erzielt werden. Wenn Picolay auch HDR-Bearbeitung implementiert haben sollte, was ich ad hoc nicht weiß, könnte sein, dass man dies auch mit dieser Software in gleicher Weise realisieren kann. Ansonsten führt eine HDR-basierte Kontrastverstärkung nach meinen eigenen Erfahrungen zu wesentlich differenzierteren Ergebnissen, als wenn ein gering kontrastiertes Hellfeldbild mit normaler Bildbearbeitungssoftware im Kontrast (oder der Gradation) angehoben wird.

Im Hinblick auf Picolay wäre also die Frage interessant, ob die dort vorhandenen kontrastbeeinflussenden Algorithmen denen herkömmlicher Bildbearbeitungssoftware entsprechen, oder anders "designt" sind. Ich gebe zu, dass ich Picolay selbst bisher nur zum Stacken eingesetzt und sonstige Schritte der Bildnachbearbeitung mit anderer Software durchgeführt habe, mit der ich entsprechend eingearbeitet bin.

Schöne Grüße

Jörg Piper

Herne

#4
Hallo Hr. Piper , hallo Hr. Cypionka!
Zu erst einmal vielen Dank für Ihre Stellungnahmen und die Vorschläge!
Hr. Piper hat recht, die Aufnahmen sind in der Tat im Hellfeld gemacht worden. Die starken Beugungssäume sind vermutlich dadurch entstanden, dass durch eine versehentliche Betätigung der sehr leichtgängigen Apperturblende diese zu weit geschlossen war, die Einzelbilder legen so etwas nahe. Wenn Picolay so arbeitet wie Autofokussysteme in Kameras, nämlich nach Kontrastmaxima sucht und diese weiter verrechnet, kann der von Hrn. Piper vermutete Effekt aufgetreten sein. Die Aufnahme erfolgte bei LED-Licht , ist nicht weiter gefiltert und wurde als fertiger Stack in "Photoshop Elements 6" nachbearbeitet. Auf ein Nachschärfen wurde dabei verzichtet, lediglich die Tiefen wurden mit der Funktion "Tiefen / Lichter" aus "Beleuchtung anpassen" um ca. 25% aufgehellt und bei der zweiten Bildgruppe ein Farbstich etwas korrigiert. Die ersten Bilder sind stark blaustichig, weil hier der Weissabgleich an der Kamera nicht vorgenommen wurde.
Ich werde jetzt die von Ihnen beiden vorgeschlagenen Methoden am gleichen Objekt, aber mit einem anderen Mikroskop (Ortholux) austesten, weil ich an diesem gerade die Kamera adaptiert habe. Die Objektive (CZJ-Apos am Eduval und Leitz Plan-Apos bzw. EF-Optiken ) nehmen sich nach visuellem Vergleich nicht viel. Die Ergebnisse werde ich dann hier einstellen.

mit freundlichen mikrophotografischen Grüßen
Herbert Neumann
Die animalcula infusoria sind Blasen mit Neigungen.
G. Chr. Lichtenberg

Klaus Wagner


Einen schoenen guten Morgen an alle.

Koennt Ihr meine Theorie bestaetigen?

Eine stark geschlossene Aperturblende erhoeht den Kontrast und die Tiefenschaerfe.

Das ist aber nicht hilfreich, wenn ich Bilder stacken moechte. Dann will ich ja bewusst einen Stapel mit Bildern erzielen, und bei jedem Bild nur einen mehr oder weniger grossen scharfen Bereich haben. Picolay sammelt diese scharfen Teile auf und fuegt sie zu einer Gesamtansicht zusammen.

Aus meiner Sicht haette die Aperturblende nur wenig geschossen werden sollen. Oder liege ich da ganz falsch?

Viele Gruesse
Klaus Wagner

Rawfoto

Guten Morgen

Ich verwende zwar eine andere Software, Helicon Focus am MAC, ich möchte aber noch eine von mir gemachte Erfahrung ergänzen (in der Hoffnung, dass die SW-Produkte alle vergleichbar arbeiten). Bei dieser Software gibt es zwei ganz wesentliche Parameter, die Glättung und den Radius und wenn diese nicht auf für die Bilddaten passenden Werten stehen ist das Ergebnis Schrott. Ich kann nicht sagen ob es in der von Dir verwendeten SW auch vergleichbare Parameter gibt aber trotz dem meine Erkenntnisse:

Je geringer die Schärfentiefe der Einzelaufnahmen ist und je mehr Einzelaufnahmen es gibt um so geringer muss der Radius eingestellt werden. Der Standardwert ist 8 und ich arbeite zwischen 2 und 5. Bei der Glättung verwende fast nur ich den Wert 4, da geht es darum wie die SW mit Überschneidungen der einzelnen Schärfeschichten (den Einzelbildern) umgeht. Wenn man ungleiche Fokusabstände hat, oder gar fehlende Zwischenschichten kommt der Parameter Glättung zum Tragen ...

:-)

Gerhard   
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Herne

Hallo zusammen!
Anbei einige Bilder aus meiner neuesten Versuchsreihe.
Aufnahmedaten:
Objektiv Plan Apo 16 / 0,40 -170 / 0,17  mit Projektiv Leitz 6,3-fach am Ortholux-Mikroskop, Beleuchtung mit 6V15W-Glühlicht nach Köhler
App.-Blende zu ca 10% geschlossen, 8 Einzelaufnahmen, die nicht die volle Tiefe der Objekte überstrichen.
Staking in Picolay mit drei Einstellungen
1. Standardeinstellung ohne Veränderung der Parameter.
2. Smooth vorgewählt, sonst Standardeinstellung.
3. Stacking nach Colour-Based-Stacking mit Zielfarbe schwarz.
Meine Interpretation der Ergebnisse:
Eine grosse Abbildungstiefe durch kleine Apperturblende ( ca. 1/3 geschlossen) zu wählen, ist definitiv der falsche Weg. Das Programm wird dadurch gewissermassen in die Irre geführt.
Die theoretischen Überlegungen von Hrn,. Wagner erweisen sich so als zutreffend.
Für dieses (sehr alte) Präparat, von dem ich weder die Deckglasdicke noch die Art des Einschlussmittels kenne, erweist sich die Colour-Based-Methode als die, die dem Augeneindruck am nächsten kommt. Die Zerrissenheit grauer Flächen im Präparat tritt nicht auf; Halo-ähnliche Bereiche treten nur sehr dezent in Erscheinung. Der Kontrast ist zwar geringer als beim Standardverfahren, die Auflösung von Einzelheiten aber ist deutlich besser. Der Hinweis von Hrn. Cypionka ist also sehr zielführend.
Nun die Aufnahmen:
  Einzelaufnahme aus dem Stapel
  Standardeinstellungen
  Smooth-Einstellung
  Colour-Based-Einstellung

Ich danke allen noch einmal herzlich für die Anmerkungen, Hinweise und Vorschläge. Wenn ich künftig mit der Absicht, Einzelaufnahmen zu stacken fotografiere, werde ich die Erkenntnisse aus diesem Thread nutzen.

mit freundlichen, mikrofotografischen Grüssen
Herbert Neumann
Die animalcula infusoria sind Blasen mit Neigungen.
G. Chr. Lichtenberg