Ein Hubtisch mit reproduzierbarer Höheneinstellung

Begonnen von -JS-, Juni 09, 2010, 23:32:11 NACHMITTAGS

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-JS-

Hallo Denis, liebe Mitleser,

Nachstehend ist die Beschreibung und Skizze eines Hubtisches zu lesen, der vielleicht für so manche Erfordernisse unter dem Stemi brauchbar ist. Denis hatte in einem anderen Zusammenhang einmal danach gefagt, und ich habe diesen Tisch vor Zeiten mal - ebenfalls für einen völlig anderen Zusammenhang - gebaut. Es ging damals um Tiefenmessungen von Mikro-Erosionen. Stacking war noch lange nicht erfunden  ;D
Im Grunde ist die Vorrichtung ein stark verkleinerter Scherenhubtisch, wie er aus dem Laborbereich, aber z.B. auch als höhenverstellbare Arbeitsbühne für Hallenkonstruktionen bekannt ist. Der Antrieb des Tisches erfolgt über eine skalierte Mikrometerschraube mit 10 µm Abgelesegenauigkeit. Das Material des Tisches ist Messing, POM ist aber hierfür durchaus auch denkbar.
Der Aufbau und die prizipielle Funktion sind auf den nachstehenden Skizzen dargestellt. Mit der Meßschraube, welche einen Gesamthub von 15mm aufweist und eine Skalierung von 0,01 mm trägt, wird der Winkel der Scheren und damit die Tischhöhe reproduzierbar verändert. Veränderungen der Konstruktion sind über z.B. andere Bemaßungen der Schenkellänge der Scheren, die Wahl einer Feinmeßschraube mit anderem Gesamthub und/oder anderer Steigung, Lager mit anderem Durchmesser u.v.m. jederzeit möglich. Hier soll nur das Prinzip vorgestellt werden:



Für den Nachbau der abgebildeten Konstruktion benötigt wird ein M2-Gewindebohrer, ein paar M2-Flachkopfschrauben sowie ein (neuer!) Metallbohrer D=3mm, Messing-Rundstangen D=3 mm, Gewindeschneider M3 und Senkkopfschrauben / Muttern, ebenfalls M3 sowie passende Unterleger. möglichst aus Messing.
Für die Hubbewegung werden insgesamt 4 Kugellager benötigt, Maße I.D. 3, a.D. 9, Stärke 4 mm. Für das 'Gelenk' (den Kreuzpunkt der Schere) werden zwei andere Lager gebraucht. Die schimpfen sich Axial-Rillenkugellager, sind leider vornehm teuer und haben die Maße i.D.3, a.D. 8, Stärke 3,5 mm. Die Kugellager sind u.A. in gut sortierten Modellbaushops erhältlich. Wenn möglich, gleich die zu den Kugellagern passenden Abstandsringe mit bestellen, sonst müssen stundenlang Messingunterleger passend gefeilt/geschliffen werden... >:(



Befestigung:
Zunächst einmal ist es sehr wichtig, daß die Bohrungen an den Endpunkten und in der Mitte der 4 Platten 6x32,5x2 wirklich alle genau gleich sitzen. Sonst kann die Konstruktion nicht exakt planparallel laufen. Die eingezeichnete Alternativbohrung 'A' ist für eine kleinere Hubbewegung gedacht, falls die vorliegende noch zu grob erscheint.

Fügen der Rahmen:
Die Rahmenverbindung erfolgt mit Messingstangen D=3,0 mm und L=52 mm, welche an beiden Enden ein Gewinde M3 mit einer Länge von mind. 15 mm erhalten.
Der Aufbau ist so, dass die Radiallager des sich bildenden äusseren Rahmens nach innen und die des inneren Rahmens nach aussen zeigend montiert werden, so dass die Größenordnung der Lauffläche beider Seiten in etwa gleich ist. Montage siehe Skizze (Achtung, teilweise nur als Halbschnitt gezeichnet). Da sind kleine Unterleger gezeichnet, das macht Sinn, weil sonst das Lager nicht rollen kann. Notfalls den äusseren Durchmesser des Unterlegers so klein feilen, bis der äussere Ring des Lagers nicht mehr geblockt wird und frei laufen kann. Zwei der so montierten Lager pro Rahmen funktionieren am Ende übrigens schlicht als Räder, die anderen beiden als Gelenk.
Alle Unterleger sollten wegend der Stabilität der Rahmen aus Metall sein. Alle Muttern nach Festziehen mit Loctite oder Sekundenkleber (wenig davon) sichern.

Rahmen, Mittenverbindung:
Diese erfolgt durch zwei Senk-Kopfschrauben M3. Dazu muss die zentrale bzw. die alternative Bohrung 'A' in der Platte 6x32,5x2 leicht eingesenkt werden. Die Schraube wird durch die äussere Platte, dann durch das Axiallager, die innere Platte sowie eine Unterlegscheibe geführt und mit einer Mutter M3 fest angezogen, so dass die Platten noch sehr leicht laufen und die Kugeln im Lager kein Geräusch von sich geben. Anschliessend wird die Mutter wieder mit (wenig !!) Loctite oder Sekundenkleber gesichert.

Gelenk-Lager an Basis- bzw. Objektplatte, Meßschraube, Anti-Schlupf-Federn:
Die Gelenk-Lager stellen in Verbindung mit dem Radiallager in der Mitte der Schere sicher, daß der obere Tisch nur gehoben, aber nicht seitlich oder axial verschoben wird. Die Befestigung erfolgt über ein schlichtes Band aus Messing von 0,5 - 0,7 mm Stärke (Bastelmessing), welches passend über die äußere Fläche des Kugellagers gebogen und über zwei kleine Füße mit entsprechenden Bohrungen und M2-Schrauben von oben auf die Basisplatte bzw. an der Unterseite der Objektplatte befestigt wird.
Auf vergleichbare Weise wird die Einbaumessschraube an der Grundplatte angebracht (nicht gezeichnet).
Am Schluß werden noch zwei Spiralfedern oder O-Ringe, die dazu dienen, Schlupf und Lagerspiel so gering wie möglich zu halten, an den mit * bezeichneten M2-Schrauben befestigt.

Vielleicht kann die vorgestellte Idee ja mal nützlich sein...
Viel Spass beim Nachbau.
Gruß, Joachim



...bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden...
... bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden ...

Werner Jülich

Wir haben dieses Konzept einmal vor zwei Jahren auf preiswerte Verwirklichung geprüft, wer damit in den <µ-Bereich will, der hat eine anspruchvolle Aufgabe, besonders wenn Reproduzierbarkeit verlangt wird.
Auch wenn es auf den ersten Weg nicht so aussehen mag, ich halte den Ansatz von Wörmann, sollte er sich einmal entschliessen, z.B. einen Bausatz anzubieten, für kostengünstiger und mechanisch für Laien leichter zu beherrschen.

Werner Jülich


-JS-

Sehr geehrter Herr Jülich,
die Frage von Denis im anderen Thread mit dem Titel 'Ist ein elektrischer Feintrieb realisierbar?' lautete
(Zitat)
Hallo zusammen,
nach einem ähnlichen Z-Objekt-Feintrieb suche ich schon eine Weile, jedoch kann er wesentlich gröber sein, da er für ein Stereomikroskop (deutlich größerer Arbeitsabstand) sein soll.
Was ich schon mal gesehen hatte, war ein umgerüstetes Balgengerät. Kennt jemand noch andere Alternativen? Die Alternative kann ruhig mechanisch sein, sollte aber wirklich extrem "fein" einstellbar sein.
Gruss Denis

(Zitat Ende)
Diese Frage habe ich versucht, mit der Vorstellung einer alten Idee zu beantworten.
Nicht mehr und nicht weniger.
Zum 'Ansatz von Wörmann' hat der Autor ja höchstselbst eine Einschränkung geschrieben:
(Zitat)
Ganz großer Nachteil: nach diesem Prinzip und mit den verwendeten Bauteilen ist der Gesamthub auf 20 µm begrenzt.
(Zitat Ende)
Ich bin der Meinung, dass diese Aussage relativ konträr zu der Frage von Denis (siehe oben) steht.
Und was der zweite Satz Ihrer mail im Gesamtzusammenhang nun aussagen möchte, kann ich leider nicht wirklich nachvollziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim
... bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden ...

-JS-

#3
Hallo und guten Tag,

zum bereits vorgestellten Hubtisch wird noch eine Kleinigkeit nachgereicht. Wem die 0,01 mm Hub pro Skalenteil einer 08/15-Feineinstellschraube nicht reichen, kann diese vielleicht helfen. Es handelt sich um eine simple Hebelkonstruktion, die - wie in der Prinzip-Skizze dargestellt, den Hub der Einstellschraube 1 : 5 untersetzt:



Derartige Hebelkonstruktionen finden sich - in abgewandelter Form - sehr oft in Antrieben von Zentralverschlüssen aus der Analog-Zeit.

Im Übrigen ist statt einer Mikrometerschraube als Antrieb für den 'Mikro-Scherenwagenheber' natürlich auch ein Schrittmotor mit gekoppeltem Untersetzungsgetriebe und einer dann damit angetriebenen Zahnstange denkbar. Hiermit dürften je nach gewählter Untersetzung nahezu aberwitzig winzige Höhenveränderungen in weiten Bereichen realisierbar sein.

Von den Möglichkeiten einer Automatisierung von Hebe- und Senkvorgängen bis hin zu computergestützt vollautomatisch ablaufenden Stacking-Marathons einmal ganz zu schweigen (z.B. 'Morphologie der Hautoberfläche einer Hauskatze, Lebendpräparat, Kopfbereich, 100.000 Ebenen').



(Nein, das ist jetzt *kein* Stacking...)
Fein, dass die 1TB-Festplatten so schön billich geworden sind... ;D ;D




Freundliche Grüße

Joachim


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Denis

#4
Hallo zusammen,

nach der Anleitung von Joachim habe ich mir einen solchen Hubtisch in "vereinfachter Version" gebaut. Er funktioniert auch ohne Kugellager, nur vielleicht nicht ganz so "rund". Aber für meine Zwecke reicht es erstmal, die Kugellager kann ich noch nachrüsten.

Gebaut habe ich den Tisch aus Stahlblech, das ich mit einer Laubsäge zugesägt habe. Befestigt habe ich die Achsen an Aluleisten. Holzstäbe, die an den Enden Löcher erhielten, dienten als "Aufhängung". Verwendet wurden ausschliesslich M3-Schauben und M3-Muttern. Die stabile und unverrückbare Befestigung der Mikrometerschraube erfolgte mit einer Rohrklemme, erhältlich in jedem Baumarkt.

Die Mikrometerschraube war mit 15 € das Teuerste der ganzen Konstruktion. Für den gesamten Rest des Materials musste ich noch ca. 5 € zusätzlich bezahlen. Für 20 € ein sehr brauchbares Gerät!

Hier Bilder vom Aufbau:









Gestackte Bilder, die mit diesem Hubtisch angefertigt werden, folgen demnächst.

Euch auch viel Erfolg beim Basteln!

Gruss
Denis

Denis

Da mir das vorher vorgestellte Modell ein wenig zu instabil und unrund war, habe ich noch mal 30 € investiert, um Kugellager und flache/runde Messingstangen zu bekommen. Das jetzt vorgestellte Modell ist wesentlich stabiler und läuft runder.







Werner Jülich

Ja, so ein Ergebnis habe ich erwartet, man tastet sich langsam heran. Aber auch hier ist noch viel Verbesserungspotential, bis man dann vielleicht mal von reproduzierbar sprechen kann. Es ist noch ein langer Weg.
Viel Erfolg

Werner Jülich

-JS-

#7
Sehr geehrter Herr Jülich, liebe Mitleser,

ZitatAber auch hier ist noch viel Verbesserungspotential, bis man dann vielleicht mal von reproduzierbar sprechen kann. Es ist noch ein langer Weg.

... der lange Weg dürfte nun meiner Einschätzung nach fürs Erste ein Ende gefunden haben ;)

Der hier vorgestellte neu gefertigte Hubtisch ermöglicht sehr feine Verstellungen (ablesbar sind Schritte von 10 µm) von Objekten, um z.B. Aufnahmen in gleichmäßigen Abständen für Stacking-Zwecke fertigen zu können.
Die Anwendung unter der Optik eines Stereomikroskopes ist genau so denkbar wie unter einem Balgengerät mit Makro-Objektiven wie zum Beispiel den Luminaren von Zeiss.
Hierbei wird die Einstellung des abbildenden Gerätes nicht mehr geändert, sondern lediglich das abzubildende Objekt selbst zwischen den Aufnahmen in kleinen Schritten vom Objektiv weg oder auf dieses zu bewegt.
Dies ist besonders praktisch bei der Verwendung von Stereolupen, da diese im Gegensatz zu einem Mikroskop ja nicht über einen Feintrieb verfügen.

Das Prinzip ist bereits weiter oben erläutert: Die Spindel einer Mikrometerschraube greift auf eine auf Kugellagern laufende Scherenkonstruktion zu und bietet eine über an der Schraube angebrachten Skala ablesbare Verstellmöglichkeit.

Technische Daten des nach den Zeichnungen weiter oben gefertigten und nachstehend abgebildeten Stacking-Tisches:

Maße Grundplatte 60 x 90 x 3 mm
Maße Objektplatte 60 x 50 x 3 mm
Materialien Polyamid, Messing, V2A-Stahl, Bronze (Axiallager)
Hubhöhe gesamt 14 mm, geteilt lt. Skala auf der Mikrometerschraube in Schritten von 10 µm

Ansicht von links:


Ansicht von der Mikrometerschraube aus


Ansicht von der rechten Seite:


Ansicht von links hinten:


Viele Grüße
Joachim
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