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Lindengallmilbe

Begonnen von Holger Adelmann, Juli 04, 2010, 11:07:07 VORMITTAG

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Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

Letztes Wochenende waren wir zum Grillen eingeladen und da fand ich an einer Linde die auffälligen spitzen Blattgallen. Ich nahm ein paar Blätter mit, habe die Gallen kleingeschnitten und schnell in ein Gemisch aus 70% Isopropanol und 80% Milchsäure 1:1 gelegt. Gestern habe ich dann die Präparation mit dem Stereo durchsucht und tatsächlich einige der winzigen Milben gefunden und fotografiert (DIC, picolay Stack aus drei Bildern). Man kann sicher noch viel besser Fixieren und auch Färben, das Bild erhebt also keinen Anspruch auf Schönheit.

Auffällig ist, dass diese Milben nur 4 und keine 8 Beine haben ! Ihre wurmförmige Körperform ist auch bemerkenswert.
Das wäre doch mal eine schöne Sache für unsere Botaniker, so eine Lindengalle zu schneiden. Sie enthält innen ein luftiges Gewebe, das wie Spaghetti aussieht. In diesem finden sich die Milben. Diese Gallen sind z.Zt. sehr häufig auf Linden anzutreffen.  

Schöner Weblink mit Bildern der Gallen:
http://www.arbofux.de/lindengallmilbe-stiftgallen.html

Herzliche Grüsse
Holger





rekuwi

Lieber Holger,

ein interessanter Fund! Auf die Idee mit dem Einlegen in Alkohol + Milchsäure wäre ich nicht gekommen. Habe im Frühjahr vergeblich die Ahorngallen die so schön rot auf den Blättern sitzen nach den darin lebenden Milben untersucht. Habe aber keine gefunden.
Die Haarbalgmilben sehen übrigens ähnlich aus wie deine auf dem Foto.

Liebe Grüße
Regi

Bernhard Lebeda

Hallo Holger

LINDENGALLMILBE..nie gehört!!

Aber jetzt und sogar mit tollem Bild!!

Wieder was gelernt, vielen Dank dafür!

Beste Grüsse

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Dieter Stoffels

Hallo Holger,

die Untersuchung von Gallen stellt ein interessantes mikroskopisches Arbeitsfeld der Kombination Botanik und Zoologie dar. Ich habe vor vielen Jahren einmal die Eriophyidengallen von Alnus (Schwarzerle) untersucht. Neben der spezifischen Morphologie der Galle und dem Wirtstier lassen sich auf stereoskopischem Wege die verschiedenen Entwicklungsstadien der sich bildenden Galle und der Milben verfolgen. Hierfür sind viele einfach durchzuführende Versuche geeignet. Solltest Du Bestimmungsliteratur benötigen, empfehle ich Dir folgenden Schlüssel:

Herbert Buhr: Bestimmungstabellen der Gallen (Zoo- und Phytocecidien) in Pflanzen Mittel- und Nordeuropas, VEB Gustav Fischer Verlag Jena (1965)

Viele Grüße!

Dieter



Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

heute habe ich mir die Lindengallmilben nochmals frisch, lebend, angesehen.
Die Bilder zeigen eine erstaunlich deutliche, ringförmige Gliederung der Aussenhaut, einen interessanten Schlundbereich, sowie recht komplexe "Schaufelkrallen" an den Beinen, welche wie eine Tanne verzweigt sind. Interessant ist, dass in der einen Schärfeebene der Beinspitzen eine einzelne Klaue hervorragt (Bild 4), und in einer anderen Fokusebene der gleichen Beinspitze die komplexe "Tanne" zu sehen ist (Bild 5). Ist doch immer wieder erstaunlich, was die Natur so hervorbringt.

Viel Spass & Herzliche Grüsse
Holger












Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

vielen Dank fuer die netten Rueckmeldungen !

Und speziell:

@ Regi
Ich hatte das Milchsaeure / Alkohol Gemisch irgendwie noch im Kopf - vor vielen Jahren mal im Mikrokosmos gelesen.
Dies ist eine gaengige Methode fuer Kleininsekten und auch Milben. Diese erfahren so eine milde Aufhellung und auch schoene Streckung der Gliedmassen. Man kann daraus z.B. direkt in PVLP (Polyvinyllactophenol) einschliessen - ohne Entwaesserung, wo diese kleinen Dinger auch regelmaessig verloren gehen

@ Dieter und Joerg
Vielen Dank fuer die Literatur-Links, werde ich mir ansehen.

Herzliche Gruesse
Holger


Alfons Renz

Liebe Acarologen,

Das klassische Gemisch zur Fixierung und Konservierung von Milben stammt von KOENEKE und setzt sich zusammen aus Glycerin + Eisessig + H20 im Verhältnis von 10:3:6.

Zur Herstellung von Dauerpräparaten kann man die Milben dann direkt in Polyvinyllactophenol oder BERLESE überführen. Durch die Fixierung in KOENEKE strecken sich die Extremitäten. Der Eisessig sowie die Milchsäure hellen das Präparat zugleich auf.

Interessant an dem schönen Präparat der Lindengallmilben ist das Fehlen von zwei Extremitätenpaaren: Es könnte auch nur ein Paar fehlen, wenn es sich um 6-beinige Larven handeln sollte. Und welches/e Beinpaar(e) wurde(n) reduziert - die Hinteren, Vorderen oder ein Zwischenpaar? Ich kenne mich bei den Pflanzenmilben nicht aus und kann daher nicht sagen, ob man vielleicht nicht doch noch gewisse Beinanlagen/Stummel sehen könnte.

Auf jeden Fall ein höchst interessantes Thema!

Alfons

Holger Adelmann

Hallo Alfons,

danke fuer Deine Ergaenzung.
Bei den beobachteten Tieren scheint es sich in der Tat um Imagines, erwachsenen Milben zu handeln. Die Spezies Eriophyes tiliae hat offenbar wirklich nur 2 Beinpaare im Gegensatz zu den sonstigen ausgewachsenen Milben, welche 4 Beinpaare haben (bzw. 3 Paare bei Milbenlarven, wie Du schon korrekt angemerkt hast).

Es gibt im www auch nur sehr wenig Literatur, ich habe aber eine franzoesische Seite gefunden, welche nette Skizzen hat, besonders zum Gnathosoma (dem Aequivalent von Kopf / Mundwerkzeugen) und den gefiederten "Pfoten":

http://naturalia.over-blog.com/article-21063285.html

Auf dieser Webseite auch ein interessanter Link zu einer Publikation (englisch), ebenfalls mit Abbildungen:
http://naturalia.over-blog.com/ext/http://rsnz.natlib.govt.nz/volume/rsnz_85/rsnz_85_03_004050.pdf

Herzliche Gruesse
Holger