Botanik: Eingriffeliger Weißdorn (Crataegus monogyna) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juli 22, 2010, 18:32:48 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Guten Tag zusammen,

deutscher Name:      Eingriffeliger Weißdorn
Familie:               Rosengewächse (Rosaceae)
Gattung:              Crataegus
Art:                           monogyna
Herkunft:               einheimisch
Fruchtart:               Apfelfrüchte
Wurzelsystem:            Tiefwurzler
Geschlecht:               zwittrig
Bestäubung:               Fremdbestäubung, Tierbestäubung
Blattanordnung :           wechselständig
Blattaufbau:               einfach
Blattrand:                   gelappt
weitere Merkmale:          gesägte Lappen
   

Bild 01 Illustration
Zeichnung: Otto Wilhelm Thomé
(1885-1905)


Bild 02
Früchte (Crataegus monogyna)


Botanische Merkmale:
Der eingriffelige Weissdorn ist ein stark verzweigter kleiner Strauch oder mittelgrosser Baum mit dornigen Zweigen. Diese tragen ovale bis rhombische, drei- bis fünffach tief gelappte, sattgrün glänzende Blätter. Die Blüten tragen fünf weiss- bis rosafarbene Kronblätter und einen Griffel. Sie sind in Trugdolden angeordnet. Im Herbst bilden sich die leuchtend roten, eiförmig bis kugeligen Scheinfrüchte, die einen Durchmesser von 4–8 mm und eine Länge von 6–10 mm haben. Ihr gelbliches, mehliges Inneres enthält einen Stein. Das Beerenende schliesst mit einer kleinen Einbuchtung ab, um die Reste der fünf Kronzipfel erkennbar sind. Hinsichtlich ihrer Biologie unterscheiden sich der Eingrifflige und Zweigrifflige Weißdorn nur wenig: ersterer ist etwas lichtbedürftiger als die Schwesternart, verfügt jedoch über eine größere ökologische Breite und ist sehr häufig anzutreffen. Nicht selten bilden Eingriffeliger und Zweigriffeliger Weißdorn in gemeinsamen Verbreitungsgebieten auch fruchtbare Bastarde.
Die Apfelfrüchte des Weißdorns stellen ein nur minderwertige Obst dar: während des 2. Weltkriegs gebrauchte man die gerösteten Kerne als Kaffee-, und die jungen Blätter als Tabakersatz.
Im Volksmund nannte man den Weißdorn früher auch Hagdorn, Hanweide, Haynerholz, Mehlbaum und Mehlbeerbusch.
Der wissenschaftliche Name des Zweigriffligen Weißdorns ist (Crataegus monogyna). Der Gattungsname Crataegus bezieht sich möglicherweise auf sein festes Holz ( griech. krataios für stark, fest).
Das fleischrote Holz ist sehr fest und hart, aber auch schwer spaltbar und stark schwindend. Es wird zu Drechslerarbeiten, wie Werkzeugstielen, Dreschflegeln und Spazierstöcken verarbeitet. Im alten Zauberglauben diente der Strauch der weißen Magie. Als Gegenspieler zum "bösen" Schwarzdorn besaß er demnach die Kraft, gegen allerlei Dämonen zu schützen, insbesondere gegen den Zauber "hagazissa" (heute "Hexe"), dem Hagweib, das in Hecken und Gebüschen ihr Unwesen trieb.

Geschichte:
Crataegus war ein in Kunst und Kultur häufig dargestelltes Motiv. Das Portal der Kathedrale von Reims und ein Kapitell des Naumburger Doms (beide 13. Jh.) sind mit Weissdornblättern geschmückt. Diese Darstellungen und der Volksname «Christdorn» beziehen sich auf eine Legende, nach der die Dornenkrone Christi aus Weissdornzweigen geflochten war.
Bild 03
Kurztrieb (Crataegus monogyna)


Arbeitsablauf :
Den frischen Jungtrieb habe ich zuerst geschnitten (20 µm), dann mit 70 % Ethanol fixiert.
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau habe ich eine Spur Acrflavin beigemischt.
Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot. Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb
Zellwände der innenliegenden Hypodermis  tiefrot, Suberin und Cutin hellrosa.
Fotos erstellt mit Nikon D5000

Bild 04
Übersicht  (Crataegus monogyna)


Bild 05
Leuchtend gelbe Cuticula (Crataegus monogyna)


Bild 06
Vergrößerung-Leitbündel (Crataegus monogyna)


Bild 07
Vergrößerung (Crataegus monogyna)


Bild 08
Vergrößerung  (Crataegus monogyna)


Freundliche Grüße
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

danke für diese schöne Dokumentation zum Weißdorn!

Ob die beiden außerhalb des Leitbündelrings liegenden Leitbündel wohl schon die Versorgung für die nächsten beiden Blätter bilden? Oder ist das nur eine Laune bei der Leitbündelanordnung im Kurztrieb?

Herzliche Grüße
Jörg
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Mila

Hallo,

eine schöne Doku zu einer Heilpflanze, die auch viel in Sagen und Legenden beschrieben wird.

Weißdornblüten und -blätter werden arzneilich verwendet zur Stärkung der Herzkraft (Herzinsuffizienz im Stadium II nach NYHA).
Aus den Früchten kann man eine sehr schmackhafte Tinktur herstellen (Weißdornschnaps ;) Früchte mit Doppelkorn übergießen und ein paar Wochen stehen lassen)

"Hexe" leitet sich von "hagazussa", der "Zaunreiterin" ab, die auf der Grenze von dies- und jenseits sitzt. Hag bedeutet Hecke, der Name "Hagebutte" hat den gleichen Ursprung.
Bei den Kelten war der Weißdorn ein heiliger Baum, der nicht gefällt werden durfte.

Sorry, das ist OT, musste ich aber schreiben! :)
Viele Grüße
Mila

Hans-Jürgen Koch

Hallo Jörg,

ich habe mir die restlichen Schnitte noch einmal angesehen. Die zwei außerhalb des Leitbündelrings liegenden Leitbündel sind tatsächlich schon die Versorgung für die nächsten beiden neuen Blätter des Kurztriebes.

Gruß

Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

danke fürs Nachschauen - da habe ich ja richtig vermutet und Du hast mit Deinen Schnitten eine interessante Stelle des Kurztriebs erwischt.
Bei der unteren Blattspur kann man sogar noch die Verbindung zum Leitbündelring erkennen.

Im Bild 4 ganz oben ist wohl eine Verletzung zu sehen, eventuell mit Pilzbefall (wegen der Verfärbung des umliegenden Gewebes). Vielleicht lohnt es sich, da noch mal mit höherer Vergrößerung drauf zu schauen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Hallo Jörg,

was erkennst Du in dieser höheren Vergrößerung ?
Pilzbefall ?
Wundkallus ?
Lentizelle ?



Gruß

Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

danke für Dein neues Bild. So sieht es nach einer sich neu bildenden Lentizelle oder dem Ende einer Wunde aus, bei der die Epidermis zwar abgehoben aber nicht mehr eingerissen ist.

Wenn es eine Wunde sein sollte, dann ist sie ohne Pilzbefall, Hyphen kann ich keine erkennen.

Schon zum zweiten mal in dieser Woche falscher Pilzalarm.  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
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Jan Kros

Hallo Hans-Jürgen

Schöne Bilder und ein interessantes Thema
Herzlichen Gruss
Jan