Botanik: Die Hasel (Corylus avellana) *

Begonnen von Fahrenheit, September 02, 2010, 22:48:14 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

Bernd hat in seinem Thread "DIC bei gefärbten Schnitten" ja schon Präparate vom Hasel (Korkenzieherhasel - Corylus avellana 'Condorta') gezeigt. Im Rahmen der laufenden Diskussion habe ich auch einige Präparate vom Blattstiel erstellt, die ich hier zeigen möchte.

Die gemeine Hasel (Corylus avellana) ist ein bis zu 5 Meter hoher Strauch, der im Herbst die bekannten Nüsse trägt. Die im Handel erhältliche Ware stammt jedoch in aller Regel von der Lambertshasel (Corylus maxima).

Die Korkenzieherhasel, die wegen ihrer stark gewundenen Äste gerne als Zierstrauch gepflanzt wird, ist vermutlich eine Spontanmutation, die um 1900 in England entdeckt wurde. Alle heute wachsenden Pflanzen stammen von diesem einen Fund ab. In der Regel handelt es sich dabei um auf eine normale Hasel aufgepfropfte Zweige. Die Unterlage bildet immer wieder gerade Schosse, die entfernt werden müssen.

Wer weiter lesen möchte: auch zur Hasel gibt es einen schönen und sehr ausführlichen Artikel in der Wikipedia.

Bild 1: Illustration aus Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany, public domain


Bild 2: eine weitere schöne Illustration aus Bilder "ur Nordens Flora" (Author: C. A. M. Lindman), public domain


Die Schnitte wurden auf dem Handzylindermikrotom mit Einmalklingen im Halter erstellt. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm.

Die Färbungen sind Wacker W3A (Acridinrot 1% in 50% Ethanol für ca. 8 Minuten, Acriflavin 1%, 30 Sekunden und Astrablau 1% mit einer Spur Acriflavin für ebenfalls 30 Sekunden) und Bryllantkresylblau (1% für ca. 8 Minuten). Einschlussmedium ist Euparal.

Die Technik wie immer: Leica DME mit N- und C-Planen, Canon A520 über Okularadapter mit einem Leica Periplan.

Bild 3 a/b: Übersicht über den Blattstielquerschnitt in Wacker W3A und BKB (Brillantkresylblau), Vergrößerung 40x, Stapel aus 4 bzw. 7 Bildern


Im oberen Bild habe ich den Schnitt mit einfachen Mitteln freigestellt, um die im unteren Bild störenden Vignettierungen zu entfernen. Leider musste ich mit einer recht kleinen Brennweite photografieren, um den gesamten Querschnitt erfassen zu können.
Wie oft bei Blattstielen fällt die unorthodoxe Anordnung der Leitbündel auf.

Bild 4 a/b/c: Ein Ausschnitt vom Mark bis zur Cuticula, zuerst Wacker W3A, dann BKB, Vergrößerung 100x, Stapel aus 8 bzw. 7 Bildern. Bild 4c ist Bild 4a mit Beschriftung.



Von Aussen nach innen:
Ep  : Epidermis und Cuticula
KL  : Kollenchymring
RP  : Rindenparenchym
SK  : Sklerenchymkappen
PL  : Phloem
XL  : Xylem
T   : Trachee
XlP : Xylemparenchym
MP : Markparenchym

Bild 5: ein Ausschnitt aus dem Leitbündel, Wacker W3A, Vergrößerung 200x, Stapel aus 5 Bildern


Bild 6: Mit Lugolscher Lösung angefärbte Amyloplasten in einem frischen Schnitt, Vergrößerung 200x, Stapel aus 8 Bildern

Das Bild hatte ich auch schon in Bernds Thread gezeigt. Die Amyloplasten finden sich nur im Markparenchymzellen, die nahe an den Leitbündeln liegen und sind hier durch die Lugolsche Lösung schwarz angefärbt.

Bild 7 a/b: auch in den nach Wacker W3A und mit BKB gefärbten Präparaten werden Amyloplasten im Zellinneren sichtbar, Vergrößerung 400x, Stapel aus 4 bzw. 11 Bildern


Im mit BKB gefärbten Bild 7b sind in einigen Amyloplasten zentral die Kristallisationskeime erkennbar.

Bild 8a/b: Tüpfel in den Zellwänden der Parenchymzellen, wieder Wacker W3A und BKB, Vergrößerung 400x, Stapel aus 4 bzw. 5 Bildern



Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Jan Kros

Lieber Jörg,

Wie immer schöne Bilder und gut dokumentiert.
Ich habe das ganze schon ausgedruckt
Herzlichen Dank und Gruss
Jan

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

Herzlichen Dank für Deine tolle Präsentation.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Jan, lieber Hans-Jürgen,

gerne! es freut mich, dass Euch der Beitrag gefällt.

Herzliche Grüße
Jörg
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Mila

Lieber Jörg,

sehr schöne Bilder sind das wieder. Und die Darstellungen der Amyloplasten und Tüpfel sind super gelungen.

Vielen Dank für diese schöne ergänzende Dokumentation zu Bernds Beitrag.

Nun wissen wir auch, was Tüpfel und was Amyloplast ist ;), aber wo sind die Siebplatten ??? 8)
;D ;D ;D

Herzliche Grüße
Mila

Klaus Herrmann

Na liebe Mila, was für eine Frage

Zitataber wo sind die Siebplatten

ich seh jede Menge!  :P

Lieber Jörg

gelungen! Was auch ganz reizvoll ist: die BKB-Färbung wirkt hier richtig graphisch!

Schön auch die Zusatzuntersuchung mit Lugol!

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Nomarski

Lieber Jörg,

was soll ich sagen? Das hätte ich selbst nicht besser hinbekommen! ;D

ZitatWas auch ganz reizvoll ist: die BKB-Färbung wirkt hier richtig graphisch!

Ob das was mit dem Siebdruckverfahren zu tun hat? ???

Viele Grüße
Bernd

Klaus Herrmann

Kleiner Nachtrag:


Zitataber wo sind die Siebplatten
da sind sie doch und wunderbar zu sehen -sogar im Querschnitt:

http://www.lenaturaliste.net/forum/viewtopic.php?f=94&t=6347
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Fahrenheit

Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob!  :)

Liebe Mila,

ich bin trotzdem gespannt, was uns Detlef noch zum Thema Amyloplasten und Tüpfel zeigt.

Hier noch Aufnahmen von einer Siebplatte. Diesmal hatte ich Pech, ich musste lange suchen, bis ich eine brauchbare gefunden habe.

Bild 9: Phloem des Haselblattstiels, zentral ist eine Siebzelle mit einer ihrer Siebplatten erkennbar, Vergrößerung 400x, Stapel aus 4 Bildern


Bild 10: die gleiche Zelle, diesmal bei einer Vergrößerung von 1000x, Stapel aus 3 Bildern. Kondensor und Objektiv immergiert.

Die Siebplatte hat einen Durchmesser von ca. 15 µm. Die einzelnen Löcher liegen damit in einer Größenordnung von ca. 0,5 µm.
Hier ist wohl ganz klar die Grenze meiner Optik und meiner Kameraadaption erreicht.

Lieber Klaus,

so, Bernards Bilder sind zwar schöner, aber nun musst Du nicht mehr unbedingt in fremden Gewässern fischen.  ;D

Die Einzelfärbung mit dem BKB hatte ich gemacht, um die Tüpfel und die Amyloplasten ohne zu viel "Drumherum" zeigen zu können. Ich hatte auch gehofft, dass die Jod-Stärkekomplexe die BKB-Färbung überleben, das ist leider nicht der Fall. Hier wäre eine Fixierung, wie sie die Tage schon mal diskutiert wurde, wohl erfolgversprechender gewesen.

Lieber Bernd,

die feinste Siebdruckgaze, die ich da habe, hat eine Maschenweite von 25 µm. Ich hab's ja versucht, aber es hat nicht geklappt. Außerdem ist die vom Tümpeln ganz schön verunreinigt ...   ;D ;D ;D

Herzliche Grüße
Jörg


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Nomarski

Lieber Jörg,

man könnte meinen, daß die Fokusebene der Siebplatte nicht so recht getroffen wurde. Ich hatte aber auch Probleme, sie so recht scharf zu bekommen. Mag auch daran liegen, daß sie nicht nah genug am Deckglas sind und von dem Rest der Zelle verbaut sind.
Mit schiefer Beleuchtung müßte sich aber m.E. noch der Kontrast verbessern lassen.

Viele Grüße
Bernd

Fahrenheit

Lieber Bernd,

danke für Deine Tipps. Schiefe Beleuchtung were ich noch mal probieren.

Die Siebplatte liegt tatsächlich nicht ganz in der Fokus-Ebene. Die Aufnahme mit dem 100er-Objektiv ist aus 3 Einzelbildern im Z-Stack zusammengesetzt. Ich habe aus einem deutlich größeren Stapel schon die besten raus gesucht. Mehr ist da im Hellfeld nicht drin.

Das Objektiv ist ein HI-Plan von Leica - das ist unterhalb der N-Plane angesiedelt. Und auch meine Kameraadaption ist nicht gaz optimal, wie ich ja schon einmal geschrieben habe.  :-[

Herzliche Grüße
Jörg

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Detlef Kramer

Lieber Jörg,

Deine Fotos sind überzeugend. Ich hatte ja schon in dem Ursprungsthread zurück gerudert und eine Erklärung gegeben, wieso die Tüpfel bei gekreuzten Polfiltern Sphäritenkreuze erzeugen können. Deine Fotos zeigen ganz klar auch die Größenunterschiede zwischen Amyloplasten und Tüpfeln.

Die Siebplatte könnte etwas schärfer sein, aber dafür kann es m.E. mehrere Ursachen geben. Das ist auch ein wenig Glücksache.

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Nomarski

Lieber Jörg,

ZitatSchiefe Beleuchtung were ich noch mal probieren.
Nur der Versuch macht eben kluch. ;)

ZitatDas Objektiv ist ein HI-Plan von Leica - das ist unterhalb der N-Plane angesiedelt. Und auch meine Kameraadaption ist nicht gaz optimal, wie ich ja schon einmal geschrieben habe.  
Aber ich denke mal, wenn die Siebplatte vom Rest der Zelle verbaut ist, etwa wie eine Aufschrift auf der Hinterseite einer Glaskugel, dann wird dir selbst ein Hi-Plan auch nicht viel weiterhelfen.
In meinem Fall hatte ich mit dem 16er (mehr Tiefenschärfe) mehr Erfolg als mit dem 40er und dem 63er.

Viele Grüße
Bernd

Fahrenheit

Lieber Detlef,

danke für die Blumen!  :)
Die Tüpfel liefern tatsächlich auch Sphäritenkreuze und in meinen Präparaten sogar deutlicher, als die Amyloplasten.

Lieber Bernd,

die HI-Plane ersetzen bei Leica die alten C-Plane. Diese Objektive sind nicht so gut korrigiert, wie die N-(Normal-)Plane. Weiter ginge es dann mit Fluotaren und Apochromaten.
Da ist tatsächlich noch etwas Schmutz oberhalb der Siebplatte und ein Objektiv mit geringerer Schärfentiefe würde vielleicht besseres Ausgangsmaterial für einen Z-Stapel liefern. Aber das kann ich nicht prüfen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Nomarski

Lieber Jörg,

nun habe ich auch nochmal das Deckgläschen mit Öl überflutet, um zu sehen, wie es mit meinem Plan 100er klappt und konnte es auch nicht besser hinbekommen als etwa so:


Bei diesen Zellinhalten hatte ich dagegen weniger Probleme:


Dabei habe ich mir die Frage gestellt, die du sicherlich beantworten kannst: Was ist denn in einer Zelle drin? Luft? Öl? Ein Gelee?


Nebenbei fiel mir auf, daß auch die Härchen am Rande einen Hohlraum haben, der an die Wurzelbehandlung beim Zahnarzt erinnert:


Viele Grüße
Bernd