Botanik: Einblättrige Kiefer (Pinus monophyllum) *

Begonnen von Fahrenheit, September 26, 2010, 11:55:42 VORMITTAG

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

im August habe ich von Leopold Aichinger einige Nadeln der Einblättrigen Kiefer (Pinus monophylla) erhalten, die er in Ethanol aus Amerika mitgebracht hat. Nun habe ich meinen "Präparatestau" soweit abgearbeitet, dass ich die schönen Querschnitte dieser großen Nadeln zeigen kann.

Die Einblättrige Kiefer (Pinus monophylla), oder auch Nusskiefer bzw. Einnadelige Kiefer genannt, ist eine der vielen Arten aus der Gattung Pinus. Als einzige Kiefer bildet sie Kurztriebe mit nur einer Nadel. Auf ungünstigen Böden sind Bäume mit einem Alter von 300 Jahren keine Seltenheit, unter günstigen Bedingungen erreichen die Pflanzen ein Alter von mehr als 600 Jahre. Der Hauptteil des Verbreitungsgebietes von Pinus monophyllum liegt in Nevada, im westlichen Utah, sowie im Osten und im Süden Kaliforniens. Kleinere, isolierte Vorkommen gibt es auch noch im Südosten Idahos, im Nordwesten Arizonas und im mexikanischen Baja California.

Mit ihrem relativ langsamen Wachstum erreicht die Einblättrige Kiefer Wuchshöhen von regulär 6 bis 12 Meter bei einem Stammdurchmesser von 30 bis 50 Zentimeter. Der jährliche Höhenzuwachs junger Pflanzen liegt nur bei etwa 5 Zentimeter. Zwei Meter hohe und 60 Jahre alte Exemplare sind somit keine Seltenheit. Der größte bekannten Baum hat zur Zeit eine Höhe von 16 Meter. Im allgemeinen ist der Stamm zwei- oder dreimal gegabelt. Die bei der Jungpflanze pyramidenförmige Krone wird im Alter runder und offener.

Im Gegensatz zu anderen Kiefernarten, die an ihren Kurztrieben drei bis fünf Nadeln tragen, entspringt den Kurztrieben der Einblättrigen Kiefer in der Regel nur eine einzige Nadel (in seltenen Fällen sind auch zwei Nadeln möglich). Daher der Name des Baumes. Die Nadeln werden 4 bis 6 Jahre alt, bevor sie abgeworfen werden und eine neue Nadel austreibt. Die ein wenig zum Zweig hin gekrümmten, stumpf graugrünen Nadeln werden zwischen 2,5 und 6 Zentimeter lang und etwa 1,6 bis 2,3 Millimeter breit.

Der Name Nusskiefer leitet sich wohl von den mit einer Länge von 1,5 bis 2 cm bei einem Durchmesser von etwa 8 bis 10 mm sehr großen, nussförmigen Samen ab.

Näheres zur Einblättrigen Kiefer findet sich zum Beispiel in der Wikipedia.

Diesmal habe ich keine eigenen Bilder, so dass ich auf Aufnahmen aus den Wikimedia Commons zurückgreifen möchte, um einen Eindruck von der Pflanzenart zu geben.

Bild 1: Eine Nusskiefern aus dem Bristlecone Pine Forest in Kalifornien, Aufnahme von Clinton Steeds (freigegeben
unter den Bedingungen der Creative Commons Attribution Licence)


Bild 2: Männliche Blüten der Einblättrigen Kiefer, Aufnahme von "joedecruyenaere" (freigegeben unter den Bedingungen der Creative Commons Attribution Licence)


Bild 3: Zapfen der Einblättrigen Kiefer, Aufnahme von Dawn Endico (freigegeben unter den Bedingungen der Creative Commons Attribution Licence)


Geschnitten habe ich in AFE objektfixierte Nadeln mit dem Zylindermikrotom und Einmalklingen (Leica) im Klingenhalter. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm. Die anschließende Färbung erfolgte nach Wacker W3A mit Acridinrot (1% in Ethanol 50% für ca. 8 Minuten), Acriflavin (1% in Aqua dest. für ca. 30 Sekunden) und Astrablau (1% in Aqua dest. mit einer Spur Acriflavin für ca. 40 Sekunden).

Hier nun die Bilder der Schnitte:

Bild 4: Nadelquerschnitt in der Übersicht, Vergrößerung 50x, Stapel aus 9 Bildern.

Der Durchmesser der Nadel beträgt ca. 1,5 mm.

Bild 5a/b: Das Leitbündel, Bild 5b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus 9 Bildern


AP :  Assimilationsparenchym mit dem bei den Kiefern typischen eingefalteten Zellwänden zur Oberflächenvergrößerung (Armparenchym, Faltenparenchym).
     Chloroplasten sind keine erhalten, was ggf. mit der langen Lagerung der Proben in Ethanol zusammen hängt.
LBS : Leitbündelscheide / Endodermis, siehe folgende Beiträge.
XL  : Xylem
Pl  : Phloem
Skl : Sklerenchymatische Zellen zur Stabilisierung des Leitbündels
SpZ : Speicherzellen mit Amyloplasten (Korrektur: eher Transfusionszellen mit großen Tüpfeln, siehe Beiträge weiter unten)

Bild 6: Ein Harzkanal, darüber ein Stoma, Vergrößerung 200x, Stapel aus 8 Bildern.

Der Harzkanal misst etwa 100*95 µm und ist von einem Ring von Sklerenchymzellen umgeben. Die innen liegenden blauen Zellen bilden das Harz und sondern es in den Kanal ab.

Bild 7a/b: Eine Atemöffnung (Stoma), Bild 7b mit Bemaßung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 6 Bildern


Die Schließzellen liegen eingesenkt hinter einem flaschenförmigen Atemkanal (Vorhof) von ca. 46 µm Länge. Hinter der einreihigen Epidermis befindet sich ein Sklerenchymring.

Bild 8: Zellen der Leitbündelscheide, Vergrößerung 400x, Stapel aus 11 Bildern

Die zwischen 50 und 70 µm langen Zellen zeigen große Tüpfel in den Zellwänden und einen rot gefärbten Streifen (Caspariestreifen?).
Wenn es sich tatsächlich um Caspariestreifen handelt, erfolgt der Stoffaustausch zwischen Assimilationsgewebe und Leitbündel ausschließlich durch das Zelllumen der Zellen der Leitbündelscheide und kann somit von der Pflanze aktiv kontrolliert werden. Die vielen großen Tüpfel in den Zellwänden legen m. E. eine solche Funktion nahe. (Hier lag ich falsch, auch wenn es sich bei der Struktur in den Zellwänden der Endodermis ebenfalls um Suberinstreifen handelt. Danke Detlef und Ludger).
Ebenfalls gut zu erkennen sind die großen runden Hoftüpfel in den Transfusionszellen..

Vielen Dank fürs Lesen! Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Freundliche Grüße
Jörg Weiß

Edit: einige Fehler in den anatomischen Beschreibungen korrigiert.
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Mila

Lieber Jörg,

das sind ja mal wieder tolle Aufnahmen! Schickes Leitbündel und schönes Stoma!
Wie wäre es, wenn wir eine Exkursion mit dem MKB zur Probennahme veranstalten würden? ;D

Der Caspary-Streifen ist mir nur im Zusammenhang mit der Wurzel bekannt. Was das hier sein könnte, muss ich mal recherchieren.

Herzliche Grüße aus dem Notdienst,
Mila

sirdul

Hallo Jörg,

ich denke es handelt sich bei den Zellring, der die Leitbündel umgibt, um eine Endodermis.
Im Strasburger, 34. Auflage, Seite 132, steht, dass diese nicht nur in den Wurzeln - dort immer -, sondern auch häufig in der Sprossachse und
in den Blättern zu finden ist. Was mich etwas wundert ist , dass die Endodermis hier von vielen Durchlasszellen besetzt ist.

Gruß aus Kronach

Ludger Benning

Detlef Kramer

Lieber Jörg,

keine Frage, schöne, aussagekräftige Fotos.

Einige Anmerkungen: die Assimilationsparenchymzellen nennt man üblicherweise "Armpalisaden", wodurch die besondere Art der Oberflächenvergrößerung zum Ausdruck kommt.

Laut Braune, Leman, Taubert, enthalten die Radialwände der Endodermiszellen tatsächlich Suberin, was man mit Sudan III noch besser verifizieren könnte. Die Zellen mit den großen Tüpfeln sind Transfusionstracheiden, ein typisches Merkmal der Gymnospermen; es sind also tote Zellen, die dem Wasser und Nährsalztransport aus dem Xylem in das Parenchym dienen. Daneben hast Du in dem letzten Foto noch eine längliche, blaue Zelle, die in der Mitte der ED-Zelle ansitzt; dies ist eine Transfusionsparenchymzelle (lebend). Die relativ großen, blauen Zellen, die an den Seiten die Verbindung zwischen Phloem und ED bilden, sind wahrscheinlich Eiweiß- bzw. Strasburger-Zellen. Sie müssten einen großen Kern enthalten, der hier natürlich nicht mehr sichtbar ist.

Über den Schließzellen, die sehr stark eingesenkt sind, sieht man den engen, tiefen Vorhof, der meistens noch mit Harz gefüllt ist, das sich im Alkohol natürlich gelöst hat. Die sklerifizierten Zellen unter der einschichtigen Epidermis bilden die Hypodermis.

Das alles fasse nicht als Kritik, sondern als Aufwertung der Fotos auf.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

#4
Liebe Mila, lieber Detlef,

vielen Dank für Euer Lob!

Liebe Mila,

wenn Du uns einen Sponsor suchst (Pinus monophyllum ist doch auch eine Heilpflanze und sollte der Apothekerschaft lieb und teuer sein ...), organisiere ich sehr gerne eine sechswöchige Exkursion in das Hauptverbreitungsgebiet dieses schönen Baumes.
;D ;D ;D

Die Sache mit den Casparistreifen hat sich schon erledigt. Ich kannte sie auch nur von den Leitbündelscheiden der Wurzeln - aber es sah halt genau so aus.
;)


Lieber Ludger,

vielen Dank für Deinen Hinweis!

Lieber Detlef,

auch Dir vielen Dank für Deine Korrekturen und Hinweise! Ein wenig habe ich in meinem Ausgangsbeitrag korrigiert (die Vermutung zu den Casparistreifen habe ich zur besseren Verständlichkeit der folgenden Antworten stehen gelassen) und ansonsten habe ich einige Aufnahmen mit Deinen Angaben und ein wenig Input aus dem Raven/Evert/Eichhorn (3. Auflage, Seiten 502 ff.) erweitert.
Ich hatte lange nichts mehr von einer Gymnosperme unter dem Messer - und das hat man gemerkt.  ;)

Hier nun die neuen Bilder:

Bild 9: Leitbündel und umgebendes Faltenparenchym, Vergrößerung 100x, Stapel aus 9 Bildern

FP   : Faltenparenchym ist ein Synonym für Armpalisaden.
ED   : Endodermis mit Suberinring
TPZ : Transfusionsparenchymzelle
TP   : Transfusionsparenchym mit Transfusionstracheiden
Skl  : Sklerenchym
Xl   : Xylem
Pl    : Phloem

Bild 10: Stomata und Harzkanal, Vergrößerung 200x, Stapel aus 8 Bildern

Im Vorhof des oberen Stomas scheint noch etwas Harz erhalten zu sein (bläuliche Struktur).

Bild 11: Endodermis des Leitbündels und Transfusionsparenchym, Vergrößerung 400x, Stapel aus 11 Bildern


Vielleicht ist noch interessant, dass es sich bei der Nadel der Einblättrigen Kiefer um ein äquifaziales und amphistomatisches Blatt handelt, bei dem sich Ober- und Unterseite im Aufbau nicht unterscheiden und somit auch die Stomata auf beiden Blattseiten vorkommen.
Dazu und zum grundsätzlichen Aufbau des Nadelblatts findet sich ein schöner Überblick auf den Seiten 156 und 157 in Gerhard Wanners "Mikroskopisch-Botanischem Praktikum" (2004).

Herzliche Grüße
Jörg
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Mila

#5
Lieber Jörg,

klasse! Danke für die Beschriftungen :)

(Ausdrucken, Beschriftung wegtippexen, Test schreiben lassen ;D)

Und: Sponsor suchen :D

Viele Grüße
Mila

Fahrenheit

#6
Liebe Mila,

prima, dann drücke ich mich die Tage mit Schlapphut und Trench vor der Schule rum und verkaufe Lösungen.

Die Einnahmen hauen wir dann im Anschluß an die gesponsorte Forschungsreise der MKB in Vegas auf den Kopf.
;D

Wobei: beim dritten Lesen von Detlefs Beitrag bin ich mir nicht mehr ganz sicher, ob ich das mit den Strasburgerzellen und Transfusionszellen richtig verstanden habe.
Der Strasburger selbst (36. Auflage) schweigt sich dazu aus (zumindest gibt es das Stichwort nicht) und die im Raven/Evert/Eichhorn gezeigten Zellen (3. Auflage, Seite 615) kann ich in meinen Schnitten leider nicht verorten, da das Klorix die Zellkerne zerstört hat.

Bei den "Amyloplasten" habe ich auch noch mal etwas genauer hingeschaut. Das sieht mir nun eher nach großen (Hof?)Tüpfeln aus, die sich in den Zellwänden auch im Querschnitt zeigen. Dazu heute Abend mehr.

Also vielleicht noch was warten mit den Ausdrucken.  :)

Herzliche Grüße
Jörg
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Detlef Kramer

Lieber Jörg,

doch, Du hast das richtig verstanden. Das müssten sie sein. Bei den Amyloplasten in den Transfusionstracheiden ist Dir ein Fehler unterlaufen: das sind Hoftüpfel, die genau so aufgebaut sind, wie die in den Radialwänden des Xylems. Das solltest Du noch korrigieren. Ich sehe gerade, dass Dir das auch schon aufgefallen ist.

Detlef
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Fahrenheit

Lieber Detlef,

danke für die Bestätigung, ich habe die Beschriftung und den Text noch einmal korrigiert.

Wenn ich wieder einmal "Amyloplasten" mit regelmäßig runden "Kristallisationskeimen" sehe, wird sofort die Tüpfelwarnlampe an gehen.
;D

Herzliche Grüße
Jörg
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Frank Fox

Lieber Jörg,

tolle Fotos. !!!
Besonders gefallen mir Bild 4 und 5.   8)

Herzliche Grüße
Frank
Mikrofotografie
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Faszination Mikroskopie
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Fahrenheit

Lieber Frank,

vielen Dank für Dein Lob!
Habe gerade Deine Bilder in der Bestimmungsanfrage gesehen und konnte mich auch nicht zurück halten.
;D

Herzliche Grüße
Jörg
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Frank Fox

Lieber Jörg,

Bitte und Danke.
Ich habe noch weitere Fotos zur Bestimmung eingestellt. :).

Herzliche Grüße
Frank
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

durch die Beschriftung Deiner Bilder lerne ich immer etwas dazu.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

es freut mich, dass Dir die Beschriftung der Bilder weiter hilft, die hier allerdings zum großen Teil auf den Hinweisen der Mitdiskutanten beruht. Ich habe also anhand der Nadelpräparate der Einblättrigen Kiefer auch einiges gelernt.

Herzliche Grüße
Jörg
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Rawfoto

Hallo Joerg

Wie immer topp, danke, ich lese Deine Beitraege immer gerne mehrmals. Da gibt es immer was neues zu lernen ...

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...