Botanik: Schlehdorn (Prunus spinosa) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Oktober 03, 2010, 11:02:43 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

Schlehdorn (Prunus spinosa)
Einjähriger Spross,  Querschnitt
Systematik
Ordnung: Rosenartige (Rosales)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: (Spiraeoideae)
Gattung: (Prunus)
Art: Schlehdorn
Wissenschaftlicher Name: (Prunus spinosa)
englischer Name: Bullace
volkstümliche Namen:
Schlehe, Bockbeerli, Dornschleha,Effken, Hageldorn, Haferpflaume,  Kietschkepflaumen, Saudorn, Schlaia, Schlechbeeri, Schliehen, Schlingenstrauch, Schlinken, Schwarzdorn

Verwendete Pflanzenteile:
Blüten, Wurzelrinde, Früchte
Sammelzeit:
Blüten: April und Mai
Wurzelrinde: Oktober und November
Früchte: Spätherbst und Winter

Inhaltsstoffe:
Gerbstoffe, Amygdalin, Emulsin, Nitritglykosid, fettes Öl, Apfelsäure, Glykoside, wenig Blausäure
Identifizierungskennzeichen
1.   Meist stark dornig: Zweige mit stechender Spitze: Sprossdornen
2. Verzweigung meist auffällig rechtwinklig


Der Schlehdorn ist ein Strauch, der bis zu 3 m hoch werden kann. Er kommt in Europa und auch in Teilen Asiens vor. Der Schlehdorn hat weiße Blüten, die noch vor den Blättern erscheinen.

Man findet den Schlehdorn meist am Waldrand wild wachsend, er wird aber auch als Hecke angepflanzt. Dabei nutzt man die Eigenschaft, daß der Schlehdorn stark verwächst und mit seinen Dornen eine natürliche Mauer bildet.

Verwendet werden vom Schlehdorn die Blüten und die Früchte. Die Blüten sammelt man vom April bis zum Mai. Von Oktober bis November sammelt man die Früchte. Sie sollten völlig ausgereift sein und sollten schon einmal Frost abbekommen haben.
Die Blüten verströmen einen Geruch, der bitteren Mandeln ähnelt.


Geschichtliches
Der Volksmund weiß zu berichten: "Blüht der Schlehdorn reichlich, werden die Jungfrauen weniger und es gibt viele uneheliche Geburten". Somit ist der Schlehdorn ein Fruchtbarkeitssymbol!
Im Handbuch des Aberglaubens ist nachzuschlagen, dass alle Dornensträucher, so auch der Schlehdorn, Hexen abwehren. Man nagelte am Walpurgisabend die Zweige an die Stalltüren oder steckt sie auf den Misthaufen. Melkt dann die Hexe die Kuh wieder, so stechen die Dornen sie in die Hand. Im landwirtschaftlichen Aberglauben spielte das Blühen und Fruchten der Schlehe eine große Rolle. Je früher die Schlehen blühen, desto früher ist auch die Getreideernte. Wenn es viele Schlehenfrüchte gibt, gibt es auch einen strengen Winter.
Aus Bernhard Kronenbergers "Kräuterhannes" (1932) ist das Teerezept zur Stärkung der Nerven entnommen und setzt sich zusammen aus der Wurzel von Baldrian und Engelwurz, aus dem Kraut von Melisse, Schafgarbe und Thymian und aus den Blüten von Lavendel und Schlehdorn. Zu gleichen Teilen eine Kräutermischung herstellen lassen, 2 Esslöffel davon mit 500 ml heißem Wasser überbrühen und mit Honig gesüßt über den Tag verteilt trinken.
Wer jetzt Lust bekommen hat, die Schlehe in der Natur zu bewundern, dem sein noch folgender Tipp gewidmet. Jetzt ist auch die Zeit, in der man den Schlehdorn sicher vom Weißdorn unterscheiden kann. Die Blüten des Schlehdorns stehen an den nackten Zweigen, während die Blüten des Weißdorns erst nach den Blättern erscheinen.


Ein Rezept für Likörfreunde
Schlehenlikör
Verwendung
als Stärkungsmittel, bei Erschöpfung, nach Krankheiten.
Jeweils ein Gläschen kühl servieren als Stärkungsmittel und zur Anregung der Verdauung nach üppigem Essen.

Zutaten für unseren Schlehenlikör
Zutaten:
•   400 Gramm ganze Früchte der Schlehe
•   2 Flaschen Wodka à 0,7 Liter (alternativ auch Korn oder Doppelkorn)
•   500 Gramm Zucker (weiß oder braun)
•   eine Vanilleschote
•   eine Stange Zimt
Die Zubereitung des Schlehenlikörs ist einfach. Die Früchte müssen mindestens einmal richtig Frost abbekommen haben (draußen oder im Gefrierschrank) um ihren bitteren Geschmack zu verlieren. Alle Zutaten werden in ein verschließbares Glasgefäß gegeben und für gut einen Monat hell aufgestellt. Da sich der Zucker erst mit der Zeit ganz auflöst, sollte man ein etwas überdimensioniertes Gefäß wählen, damit man den Likör gelegentlich etwas schwenken kann.
Nach ein paar Wochen kann man schon mal vorsichtig probieren ob einem der Geschmack schon zusagt. Nach maximal zwei Monaten ändern sich Geschmack und Farbe dann aber nicht mehr und der Likör kann durch ein Sieb in geeignete Flaschen abgefüllt werden

Arbeitsanleitung:
Original Färberezept siehe Seite von Herrn Armin Eisner   http://www.aeisner.de/
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert
Arbeitsablauf :
1. (Querschnitt  35 µm) mit 70 % Ethanol
2. Fixieren in 70 % Ethanol  24 Stunden
3.  Alkoholreihe bis zum 30%igen Ethanol
4. Wasser entmin. 3x wechseln je 1 Minute
5. Zellinhalte entfernen: mit  Cholrix ; 1:10 verdünnt
     mit verdünntem Essigwasser neutralisieren
     kräftig wässern
6.  Vorfärbung  Acridinrotlösung      8 Min.
7. Auswaschen mit Aqua dest.  15 Sek.
8.  Acriflavinlösung     30 Sekunden
9. Auswaschen mit Aqua dest.  15 Sek.
10.  Nachfärbung  Astrablaulösung    40 Sek.
      Bei der Nachfärbung mit Astrablau habe ich eine kleine Spur Acrflavin beigemischt.
11.  Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben
12.  Entwässern mit 2x  gewechseltem Isopropylalkohol   ( 99,9 % )
13.  Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einzusetzen
14.  Einschluss in Entellan  
 

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot. Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb. Zellwände der innenliegenden Hypodermis  tiefrot, Suberin  hellrosa.

Bild 1 Mikrotomschnitt Schlehdorn (Prunus spinosa)


Bild 2 Übersicht Schlehdorn (Prunus spinosa)


Bild 3 Vergrößerung Schlehdorn (Prunus spinosa)


Bild 4 Dunkelfeld Schlehdorn (Prunus spinosa)


Bild 5 stärkere Vergrößerung Schlehdorn (Prunus spinosa)

Im einjährigen Spross ist die Epidermis verholzt; Zellen im Rindenparenchym strecken sich in radialer Richtung. Der Sklerenchymring ist fast ausgebildet. Die Leitbündel vergrößern sich stark unter Bildung von Bast und Holz.

Bild 6  Fluoreszenz mit Pilot-Licht-Halogen (Durchlicht)  Schlehdorn (Prunus spinosa)

Die Epidermis beginnt abzusterben; als sekundäres Abschlussgewebe wird Kork gebildet.

Einen schönen Sonntag wünscht

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

wieder eine sehr schöne Präsentation!

Obwohl ich diesmal geneigt bin, der makroskopischen Nutzung mehr Aufmerksamkeit zu schenken, wie der mikroskopischen.  ;D
Schlehen setzen wir auch immer mal wieder auf. Unser Rezept basiert auf Wodka und verzichtet auf den Zimt, was die fruchtige Note schön hervorbringt, die von der Vanille (nicht zu viel!) schön unterstützt wird.

In den Bildern Deines Schnittes sind schön zwei Blattspuren zu sehen. Wenn er an genau der Stelle des in Bild 1 gezeigten Zweigleins erfolgte, dann sind es die Blattspuren zu den direkt darüber liegenden Blättern.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

danke für Deine Worte.
Der rote Pfeil zeigt genau die Schnittstelle.
Interessant Dein Hinweis auf die beiden Blattspuren.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Mila

Lieber Hans-Jürgen,

sehr schöne Fotos sind das :)
Sehr interessant ist das Foto, auf dem man die Korkbildung erkennt.

Viele Grüße
Mila

(P.S.: ich nehme Kandis, keinen Zimt und eine aufgeschlitzte Vanille"schote" ;))

beamish

Da häng ich mich auch noch dran, weil Hans-Jürgen und Jörgs Pflanzensteckbriefe immer so (und auch jetzt wieder) toll sind!
Nicht ohne meinen Schlehendrink zu verschweigen: Sloegin! Das sind Schlehen auf Gin aufgesetzt. Ich mach es ganz ohne Zucker. Die herben bzw. adstringierenden Bestandteile der beiden Zutaten scheinen sich gegenseitig aufzuheben. Heraus kommt ein wunderbar fruchtiger Aperitiv. Ich fülle eine Flasche etwa 1/3 hoch mit Schlehen und gieße mit Gin auf. Und dann die üblichen Monate auf dem Fensterbrett stehen lassen. Zwischendurch immer mal wieder probieren, obs denn wohl schon so weit ist.... ;-) und dann abfiltern. 
Prost!
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Fahrenheit

Lieber Martin,

danke, das hört sich interessant an - Dein Rezept werden wir dieses Jahr auch einmal probieren.

Herzliche Grüße
Jörg
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