Liebe Ciliaten-Freunde,
hier der schon länger versprochen Beitrag über
Ophrydium versatile (alle Fotos DIC).
Ophrydium versatile wurde von Penard (1922) ausführlich untersucht und beschrieben. Seine Beschreibung wurde durch Wilbert (1977) ergänzt. Die hier gegebene Beschreibung folgt im wesentlichen diesen beiden Autoren, mit einigen Ergänzungen aus Foissner (1992).
Die Zooide von
Ophrydium versatile sitzen in großer Zahl mit ihrem Hinterende an der Peripherie einer bei jungen Kolonien mehr oder weniger kugelförmigen Gallertmasse. Auf der Oberfläche der Kolonie stehen die Tiere in becherartigen Gehäusen, in die sie sich zurückziehen können. Die Gallertgehäuse sind so klar, daß sie normalerweise unsichtbar sind. Im Inneren der Kolonie sind die Gallertmassen verschmolzen. Die Kolonien sind daher relativ feste Gebilde. Ältere oder von ihrer Unterlage losgerissen und frei im Wasser treibende Kolonien sind meist fladenförmig und schwabbelig. Die Kolonien haben oft einen Durchmesser von mehreren Zentimetern, können aber auch bis zu 15 cm groß werden, und sind durch die symbiontischen Grünalgen in den Zooiden intensiv grün gefärbt. Im Inneren der Kolonien finden sich häufig eine oder mehrere Gasblasen.
Ophrydium-Kolonien
Zooide in der Gallertkugel.
Die Zooide sind schlank, langgestreckt, vasenförmig und sehr kontraktil. Ihre maximale Länge kann 400 – 500 (600) µm erreichen. Das Hinterende ist zugespitzt und nicht wie der übrige Körper im Querschnitt rund, sondern lateral komprimiert und mit Längsfalten versehen.
Fast vollständig gestreckter und mit symbiontischen Algen gefüllter Zooid. Länge ca. 250 µm.

Zooide, Aufsicht auf das Peristom.
Die Pellicula ist fein quergestreift. Die kontraktile Vakuole, die sich etwas oberhalb der Körpermitte befindet, mündet über einen langen Kanal an der dorsalen Wand des Mundtrichters und entleert sich somit in das Vestibulum. Der Makronukleus ist sehr schmal, bandförmig, ganz fein granuliert und erstreckt sich fast über die gesamte Länge des Zooids. Der sehr schwer zu beobachtende Mikronukleus ist klein, oval und findet sich in der Nähe des Makronukleus, etwa auf der Hälfte seiner Länge. Die Zooide enthalten eine große Anzahl von Zoochlorellen, von denen die meisten im Vorderkörper liegen. Das Peristom ist nicht auffallend kopfartig abgesetzt und besitz einen nur schwach ausgeprägten Wulst, der nur wenig über den Körperrand herausragt. Die adorale Wimpernspirale beschreibt am fast ebenen, schräg herausgehobenen Peristomdiskus 1½ Umgänge, setzt sich in die Schlundröhre fort und steigt in derselben bis zum Pharynx herab.

Detailaufnahmen des Peristoms. Pfeil: Cilien des Mundtrichters.
Kontrahierte Zooide sind elliptisch bis fast kugelförmig und kleiner als 100 µm.
Kontrahierter Zooid, Länge ca. 80 µm.
Die Zooide sind gestielt, die Stiele aber nicht kontraktil. Sie verzweigen sich zur Peripherie hin dichotom.
Links: Hinterende mit dem dünnen, flexiblen, aber nicht kontraktilen Stiel (St) und der Skopula (Sk). Rechts oben: Skopula. Rechts unten: Teil des Makronucleus.
Unter ungünstigen Bedingungen können sich die Zooide nach der Ausbildung eines adoralen Wimpernbandes von ihrem Stiel ablösen und als Schwärmer (Telotroch) davon¬schwimmen.
Schwärmer, auf 2 verschiedene Ebenen fokussiert. Länge ca. 130 µm.
Die Zellteilung erfolgt durch die für peritriche Ciliaten typische Längsteilung. Teilungsbereite Zooide ziehen das Peristom ein und runden sich ab. Bei der Teilung wird der die Tochterzellen trennende Spalt zuerst am Vorderende des Zooids sichtbar. Etwas später entsteht ein zweiter Spalt am hinteren Ende des Zooids. Zu diesem Zeitpunkt ist bei beiden Tochterzellen schon eine neue Skopula ausgebildet und der Stiel in zwei Teile gespalten.
Verschiedene Phasen der Zellteilung.
Die beiden Spalten wandern aufeinander zu bis sie sich im hinteren Viertel des Zooids vereinen, wodurch die Trennung der beiden Tochterzellen erfolgt. Anschließend entfalten beide Tochterzellen wieder ihre Peristome. Die Zellteilung erfolgte bei meinen Beobachtungen in etwa 30 bis 45 Minuten.
Bei der Konjugation vereinigt sich ein freischwimmender Mikrokonjugant mit einem normal aussehenden, festsitzenden Zooid (Makrokonjugant), indem er sich mit seinem Hinterende immer an der gleichen Stelle, ein wenig vor der Mitte, an den Makrokonjuganten anheftet.
Konjugation. Der Mikrokonjugant hat sich mit seinem Hinterende an den Makrokonjuganten angeheftet. Länge des Makrokonjuganten ca. 165 µm. P: Peristom.
Danach erfolgt die Konjugation, die unter Umständen mehrere Tage dauern kann und bei der der Inhalt des Mikrokonjuganten mehr oder weniger vollständig in den Makrokonjuganten übergeht. Mikrokonjuganten entstehen, indem sich normale Individuen schnell hintereinander mehrfach teilen, so daß die Tochterzellen sehr klein werden. Diese kleinen Zooide, die ein normales Peristom besitzen, bilden einen postoralen Wimpernkranz und lösen sich als Mikrokonjuganten von ihrem Stiel ab.
Literatur:
Foissner, W., Berger, H. & Kohmann, F. (1992) Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems. – Band II: Peritrichia, Heterotrichida, Odontostomatida. Informationsbe¬richte des Bayer. Landesamtes für Wasserwirtschaft 5, 232-238.
Penard, E. (1922) Etudes sur les infusoires d'eau douce, 279-283.
Wilbert, N. (1977) Taxonomische Untersuchungen an Ophrydium versatile O. F. Müller 1786 (Ciliophora, Peritrichida). Arch. Protistenk. 119, 54-59
Unbedingt sehenswert sind auch die O. versatile-Fotos von Gerald Helbig
http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?2,26465,26465#msg-26465https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4297.0und der Film von Bernd Wiedemann
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5579.0hier im Forum.
Viele Grüße
Bernd