Botanik: Die Kapstachelbeere - noch'en Nachtschatten *

Begonnen von Fahrenheit, November 06, 2010, 09:43:05 VORMITTAG

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

dieses Jahr hatten wir eine Kapstachelbeere (Physalis peruviana) zu Gast in unserem Garten. Die Beeren wurden zwar nicht so groß, wie die der Kultursorten, waren aber sehr lecker. Darüber wäre es mir fast entgangen, der Pflanze auch mikroskopisch auf den Spross zu rücken.  :)

Die Pflanze gehört zur Gattung der Blasenkirschen (Physalis) und damit in die Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae). Von daher war ich sehr gespannt auf die Anatomie der Leitbündel. Beim Schwarzen Nachtschatten hatten wir dazu ja schon eine lebhafte Diskussion (bikollateral oder nicht? Internes Phloem, Phloembündel).

Zunächst aber noch ein paar Informationen zur aus Südamerika stammenden Kapstachelbeere. Sie ist eine mehrjährige krautige Pflanze und kann Wuchshöhen von etwa 0,5 bis 2 m erreichen. Alle Pflanzenteile sind feinfilzig mit gelenkigen Trichome behaart. Die Laubblätter besitzen eine eiförmige Blattspreite mit einer oft sichelförmig auslaufenden Blattspitze an einem eher kurzen Blattstiel. Ihre Größe variiert in der Länge von 5 bis 10 cm und in der Breite von 4 bis 7 cm. Der Blattrand ist ganzrandig oder mit wenigen unregelmäßigen Zähnen besetzt und an Ober- und Unterseite mit anliegenden, gelenkigen Trichomen behaart.

Die Blüten stehen an 6 bis 8 mm langen Blütenstielen. Ihr Kelch ist zur Blütezeit langgestreckt-glockenförmig, 8 bis 9 mm lang und an der Basis der Kelchzähne 4 bis 6 mm breit. Die Kelchzähne sind dreieckig bis eiförmig-zugespitzt geformt und etwa genauso lang wie die Kelchröhre. Die gelbliche Krone hat eine Länge von 10 bis 14 mm und wird 12 bis 15 mm breit mit braun geflecktem Schlund. Die fünf Staubblätter bestehen aus 2 bis 4 mm langen Staubfäden und weiß-bläulichen, zwischen 3 und 4 mm langen Staubbeutel.

Die Beerenfrucht wird von den verwachsenen Kelchblättern umschlossen. Die so entstehende "Blase" erreicht eine Länge von 2 bis 4 cm bei einer Breite von 2 bis 3 cm. Auch diese namensgebende Blase oder Lampion ist dicht mit kurzen Trichomen besetzt. Die Beere selbst erreicht einen Durchmesser von 10 bis 20 mm und ist gelblich bis intensiv orange gefärbt. Dass sie nebenbei noch sehr gut schmeckt, hatte ich bereits erwähnt.  ;D

Wer mehr lesen möchte, wird zum Beispiel bei der Wikipedia unter dem Stichwort Kapstachelbeere fündig.

Leider habe ich das ganze Jahr über kein Bild von unserer Pflanze gemacht, weswegen ich hier auf eine sehr schöne Aufnahme von Rainer Zenz zurückgreife, die unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 - Lizenz steht.

Bild 1: Kapstachelbeere mit Blüte und unreifem "Lampion"


Kurz zur Präparation: geschnitten habe ich in AFE objektfixierte Stängel mit dem Zylindermikrotom und Einmalklingen (Leica) im Klingenhalter. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm. Die anschließende Färbung erfolgte nach Wacker W3A mit Acridinrot (1% in Ethanol 50% für ca. 8 Minuten), Acriflavin (1% in Aqua dest. für ca. 30 Sekunden) und Astrablau (1% in Aqua dest. mit einer Spur Acriflavin für ca. 40 Sekunden).

Das Sprossgewebe war recht mürbe und ist beim Schneiden und Präparieren an vielen Stellen gerissen. Eine schöne Übersicht kann ich diesmal also nicht bieten.

Bild 2: Leitbündel aus einer Ecke des sechseckigen Sprosses, Vergrößerung 50x, Stapel aus 7 Bildern

Der Durchmesser des Sprossstücks im Ganzen beträgt etwa 5 mm.

Bild 3: Bild 2 mit Beschriftung

MP   =  Markparenchym
PlS   =  Phloemstrang mit Sklerenchymkappe
PXl   =  Protoxylem
Xl    =  Xylem
Tr   =  Trichom
T    =  Trachee im Xylem
Pl    =  Phloem
SklZ =  einzelne Sklerenchymzellen zur Stabilisierung, ein durchgehender Sklerenchymring fehlt.
RP   =  Rindenparenchym
Ep   =  Epidermis
Cu   =  die hier sehr feine Cuticula

Im groben Aufbau besteht eine große Ähnlichkeit zum Sprossquerschnitt des Schwarzen Nachtschattens:
Bild 4: Sprossquerschnitt von Solanum nigra, Vergrößerung 50x, Stapel aus 6 Bildern


Bild 5: Ein Sprossabschnitt mit einigen Trichomen, Vergrößerung 100x, Stapel aus 16 Bildern

Der durchgehende Xylemring sorgt für die Stabilisierung des Sprosses.

Bild 6: was die einzelnen Sklerenchymzellen um das Phloem nicht leisten können, Vergrößerung 200x, Stapel aus 7 Bildern

Rechts von der unteren Sklerenchymzelle, etwa auf 6 Uhr, ist eine Siebzelle im Phloem erkennbar.

Bild 7: einer der vielen Phloemstränge mit innenliegender Sklerenchymkappe, Vergrößerung 200x, Stapel aus 6 Bildern


Im Gegensatz zum Schwarzen Nachtschatten mit seinen ausschließlich "nackten" Phloemsträngen finden sich bei der Kapstachelbeere Phloemstränge mit einer innen liegenden Sklerenchymkappe, die ebenfalls hinter dem Xylemring verteilt im Markparenchym liegen. Gehäuft treten diese Phloemstränge hier wie da hinter den Hauptleitbündeln an den Sprossecken auf.

Vielen Dank für's Lesen! Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Für draussen: Leitz HM

Holger Adelmann

Lieber Jörg,
Du machst das mittlerweile in einer unglaublichen Perfektion, was die Schitte, die Färbung und die Fotodukumentation angeht - ist m.E. nicht mehr zu toppen  :)
Wie immer ein Genuss anzusehen.

Herzliche Grüsse
Holger

Jürgen Boschert

Hallo Jörg,

kann mich da Holger nur anschließen, einfach großartig !

Beste Grüße !

JB
Beste Grüße !

JB

Jan Kros

Hallo Jörg

Sehr schöne bilder und auch wieder gut dokumentiert.
Ich habe es ausgedruckt.

Herzlichen Gruss
Jan

Fahrenheit

Liebe Freunde,

herzlichen Dank für das große Lob!

Lieber Jan,

bitte entschuldige, ich hatte in meinem letzten Thread ganz vergessen, Dir zu antworten.
Schön, dass Dir meine Beiträge so gut gefallen, dass sie in Deine Mappe dürfen.  :)

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Mila

Lieber Jörg,

ganz ganz große Klasse!

Und ich liebe die Nachtschattengewächse ;D

Und ich weiß, warum ich im MKB bin :)

Herzlich Grüße
Mila

Eckhard

Lieber Jörg,

das mit dem reissenden Gewebe ist nervig. Das passiert mir auch manchmal. Besonders verärgert bin ich, wenn das Gewebe nach dem Auflegen des Deckglasses und vorsichtigen Andrücken reisst  >:(

Da hilft alles nichts, nochmal schneiden, etwas dicker.

Ansonsten ist es ein guter Schnitt, recht dünn (ich denke weniger als 50 µm) und ordentlich gefärbt. Die Dokumentation des Gewebes ist super, vielen Dank!

Herzliche Grüsse
Eckhard



Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Fahrenheit

Liebe Mila,

vielen Dank! Die Nachtschattengewächse sind allerdings mit ihren vagabundierenden Phloembündeln auch sehr interessant. Das es die mit Sklerenchym-"Kappen" gibt, hat mich aber doch gewundert.

Lieber Eckhard,

auch Dir vielen Dank! Dein scharfes Auge täuscht Dich nicht. Die Bilder 2,3 und 5 stammen von einem Schnitt, dereine dünnere und eine dickere Seite hat (kein Keil sondern stufig). Da ist beim vorangegangenen Schnitt wohl der Stängel etwas verrutscht oder ich bin mit dem Teflongleiter des Klingenhalters angestoßen.
Zum Glück zeigt der dünne Teil des Schnittes nur wenig Risse ...

Ich denke mal, das mürbe Gewebe hat auch mit dem Alter der einjährigen Kapstachelbeere zu tun. Die Pflanze war bei der Probename schon recht mitgenommen.
Bei einer Schnittdicke von satten 50 µm sollte ja eigentlich nichts mehr passieren.

Ich hatte schon eine Scharte in der Einmalklinge vermutet, aber die war nach Prüfung unter dem Stemi ok.

Herzliche Grüße
Jörg

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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

Glüchwunsch zu den schönen Aufnahmen (besonders das zweite Bild).

Viele Grüße

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob!

Herzliche Grüße
Jörg
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