Fragen zu Zeiss Jena Objektiven

Begonnen von Muschelbluemchen, Dezember 02, 2010, 11:24:05 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Muschelbluemchen

Hallo Mikrofreunde

Von den ZeissJena Objektiven besitze ich einen Achromaten 40/0.65. Das Objektiv ist schlank und hat das typische schwarze/chrom-Design.
Das Objektiv besitzt keinen Objektivschutz (ungefedert), die Linsen sind nicht vergütet und ist beschriftet mit "aus Jena"

Kürzlich ist mir ein Achromat 40/0.65 aus der gleichen Schmiede in die Hände gefallen (leider defekt, weil da hat einer drinnen
herumgewerkt und die Zentrierung vergeigt - wieder mal so ein ebay-Schnäppchen). Dieses Objektiv hat Objektivschutz (gefedert)
die Linsen sind vergütet, die Frontlinse hat einen kleineren Durchmesser und es ist beschriftet mit "Zeiss Jena"
also so was da: http://www.mikroskop-online.de/PICT0365.JPG

Was mir eigenartig erscheint ist die Beschriftung "aus Jena" und "Zeiss Jena", da ich das erste Objektiv älter einschätzen würde (nicht vergütet,
nicht gefedert) aber für mich nur die neueren Objektive die Bezeichnung "aus Jena" tragen, das gefederte Objektiv sollte - da mit "Zeiss Jena" beschriftet doch älter sein  ???

So und wer bisher durchgehalten hat (Danke!) - es gibt Zeiss Jena Objektive die haben hinter der Deckglasdickenangabe noch ein A:
http://www.mikroskop-online.de/PICT6427.JPG
oder ein C stehen: http://www.mikroskop-online.de/PICT0362.JPG.
Was bedeuten diese Buchstaben??

Herzlichen Dank für Aufklärung!
Leopold


Nomarski

Hallo Leopold,

ZitatDas Objektiv besitzt keinen Objektivschutz (ungefedert),...

Wirklich nicht oder ist diese nur festgeharzt? ;D

VG
Bernd

cicindela

Hallo,

Zitat von: Muschelbluemchen in Dezember 02, 2010, 11:24:05 VORMITTAG
Was mir eigenartig erscheint ist die Beschriftung "aus Jena" und "Zeiss Jena",
Mit "aus Jena" wurde meines Wissens die Exportware beschriftet, weil "Zeiss" aus Markenschutzgründen nicht
verwendet werden durfte.
Zitat
So und wer bisher durchgehalten hat (Danke!) - es gibt Zeiss Jena Objektive die haben hinter der Deckglasdickenangabe noch ein A:
http://www.mikroskop-online.de/PICT6427.JPG
oder ein C stehen: http://www.mikroskop-online.de/PICT0362.JPG.
Was bedeuten diese Buchstaben??
Wollte ich auch schon immer wissen. Ich glaube, die sind anders korrigiert und
mit den neueren P-Okularen zu verwenden.
Zitat von: Nomarski in Dezember 02, 2010, 11:29:30 VORMITTAG
Wirklich nicht oder ist diese nur festgeharzt? ;D
nein, die gibt es wirklich.

Gruss
Franz

Jürgen Boschert

Hallo zusammen,

das mit der Firmenbezeichnung hängt in der Tat mit einer Übereinkunft zwischen Zeiss Ost und Zeiss West bzgl. der Nutzung des Namens Zeiss zusammen.  Die beiden Firmen hatten hier ja auch jahrzehntelange Prozesse auf internationaler Ebene geführt. Kurzum: Zeiss West durfte in den westlich orientierten Nationen den Namen Zeiss führen, nicht jedoch in den Ostblock ausgerichteten Staaten; dort mussten die Oberkochener unter Opton firmieren. Man findet insbesondere bei chinesischen Anbietern in ebay immer wieder Objektive von Zeiss West, bei denen sogar auf den eingestellten Fotos dtl. erkenntlich mit einem Opton-Aufkleber das Zeiss-Logo getüncht ist.
Umgekehrt musste Zeiss Ost in den westlichen Staaten unter aus Jena auftreten und durfte den Namen Zeiss nur in den Ostlock-orientierten Ländern benutzen.

Diese Einteilung ist hier nur recht grob wiedergegeben, die Weltkarte war sehr dezidiert zwischen den beiden Schwesterfrmen aufgeteilt, zum Teil Land für Land auf dem Klageweg erstritten. Das hat Oberkochen übrigens nahezu an den Rand des Ruins gebracht.

Wen´s interessiert, hier einige durchaus z.T. spannend zu lesende Bücher zu diesem Thema:

A. Hermann: Nur der Name war geblieben. Die abenteuerliche Geschichte der Firma Carl Zeiss. DVA 3. Auflage 1991 (1. Aufl. 1989) ISBN: 3-421-06515-2 . Antiqurisch oder über Ebay zu bekommen.

A. Hermann: Und trotzdem Brüder. Die deutsch-deutsche Geschichte der Firma Zeiss. Piper-Verlg. 2002

K. Schreiner, K.-D. Gattnar, H. Skoludek: Carl Zeiss Ost und West Geschichte einer Wiedervereinigung. Quartus-Verlag 2006. ISBN: 3-936455-48-1 .

Beste Grüße !

JB
Beste Grüße !

JB

Klaus

Hallo Leopold,

A bedeutet: ohne chromatische Vergrößerungsdifferenz. Ich habe selber CZJ 250er GF-Objektive, die  chromatisch so korrigiert sind.

Gruß

Klaus

Muschelbluemchen

Danke für die sehr interessanten Antworten und Informationen!

Ein altes Objektiv "aus Jena" ist also ein Westexport und ein Objektiv neueren Typs mit "Carl Zeiss" Gravur also ein Ostblockverkaufsartikel.
Gibt es eigentlich Qualitätsunterschiede zwischen einem z.B. 40er Objektiv "aus Jena" und einem "Carl Zeiss Jena".
Das nach Westen verkaufte hat doch harte, begehrte Dollars reingebracht??
Zumindest wird diese Mär erzählt von den Lomogeräten, die noch zur Zeit des kalten Krieges produziert wurden und nach Westen verkauft
wurden - diese sollen wesentlich bessere Qualität haben, als die für den Osten produzierten, die dann nach Fall des "Eisernen Vorhangs" den
Westen überschwemmten.

mit lieben Mikrogrüßen
Leopold

Eckhard F. H.

#6
Zitatdiese sollen wesentlich bessere Qualität haben, als die für den Osten produzierten,

Hallo Leopold,
ich lebte bis exakt ein Jahr vor dem Mauerfall in der DDR und hatte in dortigen Industriegepflogenheiten guten Einblick. Zwar wurde an Erzeugnisse bzw. Serien für den Export ins Kapitalistische Ausland besondere qualitative Kriterien angelegt, aber wenn Verträge platzten oder auch ´Not am Mann´war, galten die nicht mehr, denn Planerfüllung ging über alles.
Gruß - Eckhard N.

Muschelbluemchen

Zitat
So und wer bisher durchgehalten hat (Danke!) - es gibt Zeiss Jena Objektive die haben hinter der Deckglasdickenangabe noch ein A:
http://www.mikroskop-online.de/PICT6427.JPG
oder ein C stehen: http://www.mikroskop-online.de/PICT0362.JPG.
Was bedeuten diese Buchstaben??
Danke Klaus für die Info - ich habe da aber noch eine genauere Formulierung gefunden, die vielleicht von Interesse ist:
Zitat aus: "Applikationsorientierter Mikroskopobjektivkatalog" von VEB Carl Zeiss Jena:
ZitatCVD-Freiheit:
1967/68 wurden mit den Objektiven für großen Arbeitsabstand Mikroskopobjektive ohne Bildfehler der chromatischen Vergrößerungs-
differenz (CVD) entwickelt und angeboten. Dieser Bildfehler führt dazu, daß sich in Abhängigkeit von der Wellenlänge unterschiedliche
Bildgrößen (quer zu optischen Achse; Farbvergrößerungsfehler: lateraler Farbfehler) ergeben. Die Eliminierung dieses vom Objektiv erzeugten
Farbfehlers erfolgte bisher durch die Kombination mit einem Kompensationsokular mit entsprechendem Farbvergrösserungsfehler.
Das Kompensationssystem hat seine Grenzen insbesondere bei Großfeldabbildung. Besonders nachteilig wirkt sich der Farbvergrößerungsfehler
bei der Abbildung von Objektiven (z.B.Strichplatten) in der Blendenebene der Okulare (in Form farbiger Säume besonders außerhalb der
Bildmitte und am Blendenrand) aus.
Alle diese Überlegungen führten dazu, daß mit der Einführung der neuen Mikroskope ausschließlich CVD-freie Systeme entwickelt wurden. Die
Farbfehlerfreiheit betrifft sowohl Okulare und Projektive als auch Objektive. Letztere werden hinter der Objektivbezeichnung durch "A"
gekennzeichnet. Im Gegensatz dazu werden Objektive mit CVD durch ein aufgraviertes "C" markiert und erfordern die Verwendung
von Okularen mit chromatischer Kompensationswirkung.

Herzlichen Dank an Ing. Franz Ganster, dieser stellt auf: http://interphako.at.vu/ unter Grundlagen -> "Alles über Objektive" ein sehr
interessantes pdf zur Verfügung - hoffentlich werden es noch mehr!

mit herzlichen Mikrogrüßen
Leopold

gast

Hallo Leopold

Wie  schon im CF250 Objektive Thread beschrieben,
Alles über die CZJ Objektive findet man unter

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=8974.0
oder
http://interphako.at.vu

unter Grundlagen, Objektive Applikation.
Ein wirklich einzigartiges, sehr ausführliches Werk über die Objektive von CZJ und  mehr.

mfg
Bernd

liftboy

Hallo in die Runde,
dann will ich noch einen bezüglich der kurz erwähnten Lomo Geräte raustun.
Mein erstes war ein Importgerät (Neckermann) zu einem, für damalige Verhältnisse akzeptablen Preis.
Später fielen mir dann die "Bresser" Importgeräte auf, mit einer teilweise schlampigen Verarbeitung.
Wer "Russentechnik" kennt, weiss wovon ich rede! Diese Geräte mussten unter widrigsten Umständen funktionieren; jeder einfache Mechaniker musste sie reparieren können..... und das Ganze sollte nicht viel kosten. Ich finde, unter diesen Vorgaben sind hervorragende Geräte entstanden.
Persönlich würde ich nicht wagen, an einem Zeiss/Wewst oder Olympus ein ausgeleiertes Gewinde aufzubohren und neu zu schneiden; da ist viel zu wenig Material.
Mit den Jena Geräten wird es nicht anders gewesen sein (die guten ins Töpfchen [Export=Q1] die schlechten ins Kröpfchen=Eigenbedarf)
Gruß
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr