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Bakterien einfangen

Begonnen von Stefan27, Dezember 15, 2010, 11:16:13 VORMITTAG

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Stefan27

Hallo,

als völliger Neuling in Sachen Mikroskop habe ich einmal eine für euch vermutlich richtig dumme Frage:
Wenn ich von festen Gegenständen, z.B. Türklinke, Telefon etc. wissen möchte, wie viele oder welche Bakterien sich daran befinden, wie fange ich diese Biester dann ein?
Ich kann sie ja schlecht mit der Hand auf einen Objektträger schieben oder mit dem Staubsauger einfangen und dann den Beutel untersuchen ...
Und wie könnte ich die ungefähre Anzahl dieser Viecher bestimmen?

Vielen Dank schon mal im Voraus!
Stefan

reblaus

Hallo -

so einfach geht das nicht! Einzelne Bakterien auf einem Gegenstand mit dem Mikroskop zu finden ist erst mal aussichtslos.
Um einen Telefonhörer zu testen würde man z.B. einen Abdruck davon auf eine Nähragar-Platte machen, diese bei 20-38 Grad bebrüten und warten, dass die Bakterien mit bloßem Auge sichtbar werden, nachdem sie kleine, punktförmige Kolonien darauf gebildet haben.
Diese kann man dann unter dem Mikroskop untersuchen und wenn man Glück hat sieht man, dass es sich bei den Bakterien um kleine Pünktchen oder Strichlein handelt. Um herauszufinden, um welche Bakterien es sich handelt muss man weit aufwendiger arbeiten (Molekularbiologische Methoden, Spezialfärbungen, Wuchseigenschaften auf speziellen Nährböden usw.).

Mach erst mal einen Abstrich vom Zahnbelag oder von lang in der Vase stehenden Blumenstengeln, da finden sich dann auch begeißelte oder schraubenförmige Formen, die sich bewegen und etwas mehr Abwechslung bieten.

Viele Grüße

Rolf

Stefan27

Hallo Rolf,
vielen Dank für die schnelle Antwort!

ZitatUm einen Telefonhörer zu testen würde man z.B. einen Abdruck davon auf eine Nähragar-Platte machen, diese bei 20-38 Grad bebrüten und warten, dass die Bakterien mit bloßem Auge sichtbar werden, nachdem sie kleine, punktförmige Kolonien darauf gebildet haben.

Woher bekomme ich so eine Nähragar-Platte? Und dauert das denn Stunden, Tage oder eher Wochen?

Kann ich aus den entstandenen Kolonien auch ableiten, wie viele Bakterien ursprünglich pro Flächeneinheit vorhanden waren? Es müssten dann doch je nach Material und "Befall" unterschiedlich viele Kolonien entstehen.
Allerdings dachte ich, dass da pro cm² tausende dieser Bakterien leben, somit ist es wohl unmöglich, auf die ursprüngliche Menge zu schließen, da wohl kaum tausende Kolonien entstehen werden.

Die vorgeschlagenen einfachen Präparate habe ich schon versucht, ich fände es nur einmal interessant, was sich auf den Dingen, die man ständig in die Hand nimmt, so tummelt.

Viele Grüße
Stefan

NicLi

Zitat von: Stefan27 in Dezember 15, 2010, 11:50:00 VORMITTAG
Woher bekomme ich so eine Nähragar-Platte? Und dauert das denn Stunden, Tage oder eher Wochen?

Hmm,
also solche Untersuchungen zuHause zu machen (wie Du ja sagst, haben schon Türklinken BAkterien), ist m.A. schlichtweg unmöglich. Solche Nähragarplatten sind hochsteril und müssen auch mit viel Vorsicht bestrichen werden, sodass keine fremden Bakterien reinkommen. Um die Daten vernünftig auswerten zu können, muss die Temperatur beim Bebrüten außerdem sehr konstant bleiben, das erfordert wohl einen gut temperierten Wärmeschrank.
Im Übrigen müssen auch die Petrischalen sterilisiert werden.
Ich glaube, solche Untersuchungen werden gut ausgerüsteten Untersuchungslabors vorbehalten bleiben, zuhause wird das kaum qualitativ gehen.

Viele Grüße
Nicolas

smashIt

hast du vieleicht eine uni in der nähe die solche versuche macht?

von einem freund weis ich das sie solche versuche auch bei den ernährungswissenschaftlern machen

vieleicht kanns du dich da mal an eine übung dranhengen
MfG,
Chris

Bildung ist das was uns vom Tier unterscheidet.

Funtech.org

Florian Stellmacher

Hallo Stefan,

prinzipiell ist es möglich, entsprechende Untersuchungen zu Hause durchzuführen. Mit einem großen Kochtopf (am besten Schnellkochtopf) als Sterilisator für die Glassachen, den Zutaten für die Nährböden (Agar Agar, Pepton etc. bekommt man über die Apotheke), einer selbsgebauten Impföse und einem Heizkörper als "Brutschrank" könntest Du tatsächlich Bakterien zu Hause züchten. Nachdem Du Dich dann an den verschiedenen Kolonien auf dem Nährboden erfreut hast (das nennt sich "die Platte ablesen"), wirst Du aber feststellen, dass man - eigentlich wie immer - eine ganze Menge wissen muss, um weiter zu kommen. Mikroskopisch kannst Du dann gerade mal lange und kurze Stäbchen von Haufen oder Kettenkokken unterscheiden (wenn Du ein ordentliches Mikroskop und kein Spielzeug hast!), sowie vielleicht noch ein paar besondere Formen, die auch lebend ganz interessant sein können, grampositiv oder-negativ, hoffentlich nichts Säurefestes - das war's dann auch schon! Der Aufwand ist überdies beträchtlich und steht zum Ergebnis in keinem vernünftigen Verhältnis. Vor allem muss man sehr sehr penibel arbeiten! Das mit dem Heizkörper geht zwar, ist aber hygienisch hochbedenklich! Ob ich Bakterien von der Haustürklinke auf meiner Heizung kultivieren möchte, kann ich Dir genau sagen: NEIN! Die weitaus meisten Keime in Deiner Umgebung sind wahrscheinlich harmlos, vor allem in den relativ kleinen Mengen, in denen Du Dich mit ihnen im Alltag kontaminierst; es gibt aber auch pathogene Keime darunter. In millionenfacher Anzahl solltest Du diese gewiss nicht kultivieren!

Wenn Du Dich für Hygiene, Aufwuchs auf Alltagsgegenständen etc. interessierst, wirst Du dazu reichlich Material im Web finden - viel genauer als Du es selbst jemals reprodizieren könntest.

Beste Grüße,
Florian

Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Pommbaer

#6
Die Gefahr, dass du so nicht nur pathogene Bakterien und Keime sondern auch irgendwelche Endosporen züchtest ist zwar nicht extrem aber vorhanden.

Es gibt nicht umsonst ein eigenes Gesetz, das den beruflichen Umgang mit Mikroorganismen regelt. Man braucht dafür eine Genehmigung die unter anderem eine einschlägiges Studium vorraussetzt.

Ich denke also nicht, dass es zu verharmlosen ist wenn man zuhause beliebig Keime, Bakterien und Mikroorganismen züchtet.

Du kannst dir einfachhalber wie schon erwähnt mal Zahnbelag ( streptokokkus mutans ) oder einfach etwas altes Obst vornehmen.

Wenn du auf einem Nährboden wirklich viele Bakterien züchten willst, dann mach einen Abstrich deiner Tastatur. In einer Computertastatur befinden sich i.d.R. mehr Keime und Bakterien als in der Toilette.

rhamvossen

#7
Hallo,

Wenn ich so etwas lese dan frage ich mich immer ab: warum und für welchen Zweck? Wenn Sie Bakterien sehen wollen, dann sind dies nicht wirklich interessante Proben. Und viele Bakterien werden nicht auf eine Türklinke oder Telefon sitzen. Bakterien sind da, wo viele Nährstoffe vorhanden sind, zum Beispiel in ihre eigene Mund, wie bereits aufgemerkt wurde. Dort werden Sie auch mehr unterschiedlichen Formen sehen. Das einfachste Beispiel steht in Ihrem Kühlschrank: Joghurt. Das ist eine schöne probe wo in man Lactobacillus und Streptococcus sehen kan. Viele Grüsse,

Rolf

Hyperion

#8
Hallo,

als jemand der seit geraumer Zeit mit Bakterien just for fun in den eigenen 4 Wänden arbeitet, kann ich dir sagen:

Es ist durchaus möglich! Als Autoklav kann man einen ganz normalen Schnellkochtopf benutzen. Heißluftsterilisieren kann man im heimischen Backofen. Ansonsten benutze ich fast nur Wegwerfartikel aus Kunststoff (Pipetten, Impfösen, Petrischalen, Spatel, Zahstocher).

Eine steril bench ist nicht nötig. Ich kenne mikrobiologische Institute die gießen Platten und beimpfen Kulturen direkt am Platz neben einem Brenner an und haben kaum Verkeimungen. Wen man schnell ist und gründlich arbeitet kein Problem.

Nur sollte man wissen, was man macht....

Rückautoklavieren nicht vergessen und immer Handshcuhe tragen und Spritzer und Aerosole durch entsprechende Arbeitsweise vermeiden (und nicht in der Küche arbeiten)

Wenn ich Zeit habe, suche ich mal ein paar Bilder raus. Mein nächstes großes Projekt wird ein chemostat Reaktor den ich mit E. colis beschicken möchte....

Peter V.

#9
Hallo!

Ich glaube, dass der Fragesteller hier deslab nach "Bakterien" fragt, weil diese quasi synonym for die Mikrowelt allgemein gehandelt werden.
Frag mal  ganz allgemein auf der Strasse: "Wie heißen kleine Lebewesen, die man mit dem Mikroskop sehen kann" - man wird zu 90% die Antwort "Bakterien" bekommen, vielleicht auch noch "Viren" ( obgleich man Letztere natürlich nicht lichtmikroskopisch sehen kann ).
Tatsächlich ist aber gerade das "Sehen" von Bakterien so ziemlich das Langweiligste, was man sich vorstellen kann. Man sieht eben ein paar kleine ( angefärbte ) blaue Punkte, Doppelpunkte odr Stäbchen, und das war's!
Um "Bakteriologie" als Hobby zu betreiben, muss man schon recht spziell sein  ;)
Ich denke, dass es insofern kontraproduktiiv ist, bei diesem Fragesteller auf die Frage nach den "Bakterien" überhaupt genauer einzugehen, er wird sicher kein bakteriologisches Hobbylabor aufbauen wollen.
Und die Art und Anzahl der "Viecher" kann man mikroskopisch ohnehin nicht betsimmen, sondern nur über die schon erwänten kulturellen Verfahren.

Herzliche Grüße
Peter

Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Harald Schmitt

Hallo Peter,

dann will ich mich mal outen. Ich bin auch sehr speziell  :D. Ich arbeite in einer Firma, die sich als eine der größten Arzneimittelherstellers Europa der Bakterienbekämpfung verschrieben hat. In unseren Laboratorien wird natürlich einerseits zur Qualitätskontrolle, andererseits auch auf der Suche nach Verunreinigungen (unsteril) mit Bakterien und Pilzen gearbeitet. Ich finde, die Laboruntersuchungen- also nicht nur die mikroskopischen, aber die am meisten- von Bakterien hochinteressant.

Hallo Stefan,

ich denke, wenn man steril und mit der gebotenen Vorsicht arbeitet, wenn man sich in das Thema ordentlich einliest, und eventuell kompetente Ratgeber kennt, ist das Arbeiten mit Bakterien auch Zuhause möglich.
Aber Achtung:
Bakterien der S1 zu kultivieren ist wohl problemlos möglich. Aber mit Krankheitserregern der Klasse S2 solltest Du zumindest einen Mediziner zuhause wohnen haben. Ab Risikogruppe S3 oder gar S4 wird es auch dann problematisch. Das kann unter Umständen sogar als ein Verstoß gegen das Kriegswaffengesetz ausgelegt werden, und wird auch als solches geahndet. Du solltest also schon vorher wissen, welches Risiko Du eingehst. Sehr schnell hast Du z.b. eine Samonellenart kultiviert und gefährtest Dich und andere.

Hallo Dominik,

die Arbeiten werden aber in der Regel in einem Laminarflow durchgeführt. Ach so, und die Mikrobiologen und Laboranten (natürlich auch die Laborantinnen und Mikrobiologinnen  ;)) haben echt Ahnung von dem, was sie da tun.

Viele Liebe Bakteriellen Grüße

Harald

Hyperion

Hallo Harald,

Zitatdie Arbeiten werden aber in der Regel in einem Laminarflow durchgeführt

da haben Sie Recht - wenn mann denn einen hat. Mikrobiologie hat aber auch schon zu prä Laminarflow Zeiten recht gut funktioniert. Oder hatten Koch und Flemming sowas  ;)

Peter V.

Zitat von: Hyperion in Dezember 15, 2010, 23:03:32 NACHMITTAGS
Hallo Harald,

Zitatdie Arbeiten werden aber in der Regel in einem Laminarflow durchgeführt

da haben Sie Recht - wenn mann denn einen hat. Mikrobiologie hat aber auch schon zu prä Laminarflow Zeiten recht gut funktioniert. Oder hatten Koch und Flemming sowas  ;)

Nein, hatten Koch und Fleming auch nicht. So, wie auch die Automechaniker jahrzehntelang ohne Bedenken tausendfach Bremsbesläge gewechselt und den Bremsstaub durch die Gegend gepustet haben, Dachdecker Eternitplatten geflext haben....und die meisten von denen haben kein Pleuramesotheliom bekommen! Na gut, ein paar schon...aber was machts? Ein bisschen Schwund ist immer. Und Oma hat eben auch den Schimmel vom Brot weggeschnitten und gut wars!
Wie heißt es so schön: Die Guten haltens aus und um die Schlechten is net schad......
O.k. - nicht jede bewachsene Agarplatte wird zur tödlichen Gefahr, aber man sollte eben gerade in dem Bereich wissen, genau was man tut!
Aber ich wollte nur die etwas lockere Bemerkung von der nicht vorhandenen Airflow-Einrichtung bei Fleming und Co. ad absurdum führen.

Übrigens schützt m.E. die üblicherweise als "Sterilwerkbank" bezeichnete Laminar-Airflow-Einrichtung keineswegs den Benutzer von Keinem, sondern die Agarplatten und Nährmedien von Fremdkontamination!

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Mila

Lieber Peter,

es gibt verschiedene LAF-Varianten: Produktschutz und Produkt- und Personenschutz (z.B. für die Zytostatikaherstellung).

Ich wollte gerne Abklatschtests mit Nährböden im Galenik-Labor machen (Hände, Kittel, Handtücher...), doch auch dazu brauchen wir eine Genehmigung.

Viele Grüße
Mila

Guy Marson

#14
Zitat von: Mila in Dezember 15, 2010, 23:30:06 NACHMITTAGS
... doch auch dazu brauchen wir eine Genehmigung.

Also ehrlich, das ist doch nicht zu fassen! Bin ich froh dass ich diesseits der Mosel wohne!!! Im hiesigen Staatslaboratorium (*) gab man mir schon vor über 30 Jahren den Namen "Wildwestchemiker".. Ich hätte 30km weiter östlich wohl ein äusserst illegales Leben geführt (.............).
Gesetzlose Grüsse,
Guy

(" Abt. Toxikologie)