Wie Linsenkitt an Zeiss Kpl-Okularen lösen?

Begonnen von mikro-bild, Dezember 23, 2010, 15:12:56 NACHMITTAGS

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Hallo,

die so gern delaminierten Zeiss Kpl-Okulare scheinen ja mit einer Art Epoxidharz verklebt zu sein. Jedenfalls haben die delaminierten Linsengruppen bisher allen meinen Lösemitteln (Aceton, Xylol, Nitro-Verdünnung, Universal-Verdünnung, Benzin, "das universelle Lösol", lösemittelhaltiger Farbablauger, ...) erfolgreich widerstanden.

Hat jemand aus der Bastler-Gemeinde noch eine Idee oder gar positive Erfahrungen mit dem Lösen des Kitts an diesen Okularen?

Danke für Eure Hilfe, man will die Feiertage ja der Familie und ein bisschen auch dem Basteln widmen.

Viele Grüße und ein Frohes Fest

Olaf

Dieter Stoffels

Hallo Olaf,

bei der Behandlung sprichst Du stets vom Lösen Deines Linsenkittes. Lösen lassen sich aber nur Polymer, die nicht zu einem Harz vernetzt sind. Kanadabalsam (ein Balsam) lässt sich gut in Xylol lösen, hier liegt keine Vernetzung vor. Bei einem Epoxid handelt es sich in der Regel um ein aminisches oder peroxidisches Vernetzungsprodukt, einem Harz,  bei dem die Lösungsmittelmolekül zwar in das polymere Gefüge eindringen und dieses quellen können, aber nicht in der Lage sind, die vernetzenden Bindungen zu lösen. Ich vermute, dass es sich bei Deinem Linsenkleber um einen Polyacrylharzester handelt. Ein geeignetes Quellungsmittel stellt reines Chloroform oder Dichlormethan dar. Der Quellungsprozess wird durch ein Erwärmen des Lösungsmittels stark beschleunigend (Temperatur ca. 40 Grad Celsius, keine offene Flamme!!!!). Wenn sich die Linsen getrennt haben, lässt sich das Quellungsprodukt durch ein Linsenpapier von den Glasoberflächen entfernen.

Vielleicht helfen Dir diese Ausführungen ein wenig weiter.

Viele Grüße!

Dieter






Klaus Herrmann

Also ich habe mal  bei KPLs versucht die verkitteten Linsen zu trennen. Das ging durch Kochen in Ethanol über mehrere Stunden am Rückfluss.

Nachdem Xylol und Dichlormethan nichts gebracht hatten, habe ich einen alten Zeissianer befragt und der meinte, dass der Klebstoff mehrfach gewechselt wurde und einer davon sich in Ethanol am besten weich kriegen lässt.

Wäre also noch einen Versuch wert!

Dabei hatte ich ein Linsentrippel  mit Durchmesser 30 cm (!) nur durch Kochen über eine Woche in Dichlormethan gelöst. Der Klebstoff wurde nur gummiartig weich und musste nach Trennen der Einzel-Linsen richtig abgerubbelt werden. Die wurden dann nicht mehr verklebt sondern mit einem Öl neu verkittet.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Hallo Klaus,

danke für den Tipp. Mehrtägiges Einlegen in Ethanol machte den Kitt mürbe und er konnte mit dem Fingernagel abgekratzt werden.

Viele Grüße

Olaf

Klaus Herrmann

#4
Hallo Olaf,

ZitatMehrtägiges Einlegen in Ethanol machte den Kitt mürbe

Nicht nur der Kitt wird mürbe, wir wären nach der Behandlung ebenfalls kirre!  ;D

freut mich, dass es geholfen hat!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Armin Z.

Hallo zusammen!

habe leider auch 2 Zeiss Kpl 10x Okulare mit "ermüdeter Verkittung" (Delamination), die leider so ausgepägt ist, dass sie im Gesichtsfeld sichtbar ist. Toll wäre es natürlich wenn man dies ausbessern könnte. Hat jemand bezüglich einer neuen Verkittung Erfahrung?
Zitat von: Klaus Herrmann in Dezember 23, 2010, 22:15:59 NACHMITTAGS
Die wurden dann nicht mehr verklebt sondern mit einem Öl neu verkittet.
@ Klaus Herrman: Hast Du diese selber verkittet? Könntest Du bitte nähere Angaben dazu machen? Danke!

Grüße

Armin
"Wir zerstören Millionen Blüten,
um Schlösser zu errichten.
Dabei ist eine einzige Distelblüte
wertvoller als tausend Schlösser."
                                      
                                  L.N. Tolstoi

Mein Vorstellungs: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4884.

Klaus Herrmann

Hallo Armin,

nein das waren Linsen von einem Refraktor Durchmesser 30 cm. Ich war nur der Hiwi  ;D meine Aufgabe bestand darin die Linsen zu trennen. "Verkitten" ist auch der falsche Ausdruck, sie wurden mit Immersionsöl gefügt und dann in einer Fassung fixiert. Hat ja die Dimension eines Suppentellers!
Ich habe noch nie Linsen verkebt!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Alfons Renz

Hallo, liebe KPL-Reparierer,

   Meine eigenen Erfahrungen beschränken sich auf den erfolgreichen Versuch, die delaminierten Linsen mit den Fingernägeln zu 'knacken' - das ging ganz leicht (die von Klaus vorgeschlagene Methode mit Lösungsmittel/Ethanol ist sicher die bessere Wahl!). Den restlichen Linsenkitt habe ich mit Lösungsmittel entfernt und die beiden Linsen dann mit Eukitt wieder verbunden. Das ging einfacher als ich dachte. Man darf nur nicht zu viel Kitt nehmen. Dann das Linsenpaar möglichst plan auf einer Wärmeplatte trocknen. Wenn kein Staubfussel zwischen den Linsen stört, gleiten diese fast 'automatisch' in ihre richtige Position. Ich vermute, sie sind sphärisch geschliffen.

Einfacher und besser (?) wäre ein UV-härtender Linsenkleber. Aber dieser ist nach dem Aushärten kaum mehr zu lösen. Die Eukitt-Methode hat den Nachteil, sehr langsam zu trocknen (und womöglich nach Jahren wieder Luft anzuziehen, wenn man zuviel Xylol verwendet hat), aber den Vorteil, jederzeit mit Xylol und leichter Wärme zu lösen zu sein.

Eigentlich kann man bei den delaminierten Okularen nichts mehr kaputt machen: In ihrem Zustand sind sie unbrauchbar und können durch die Reparatur nur besser werden.

Es wäre schön, wenn über erfolgreiche Reparaturversuche (und eventuelle Fehlschläge) hier berichtet würde. Allerdings gibt es unzählige Varianten der KPL-Okulare, so dass der jeweilige Typ möglichst genau beschrieben werden sollte.

Bei meinen Versuchen (vor Jahren!) war es wohl ein schwarzes Ganzmetall Okular mit geraden Flanken. Genau kann ich es nicht mehr sagen, da es in der allgemeinen Menge meiner KPLs wieder untergetaucht ist. Also: Das reparierte Okular entsprechend markieren (mit Stahlnadel eine entsprechende Notiz mit Datum in den Okulartubus, so wie es die Uhrmacher zu tun pflegen).

Mit der Zeit ergibt sich dann die Information, die offenbar den Herstellern nicht zu entlocken ist:

Mit welchen Techniken wurden die verschiedenen Typen der Okulare gefertigt und verkittet?

Jeder sachdienliche Hinweis seitens der Hersteller wäre natürlich hochwillkommen! Zumal es von dort immer lautete: Okulare NIEMALS zur Reinigung auseinanderschrauben, da sehr empfindliche Glassorten verbaut seien. Bei meinen neueren KPLs habe ich nichts Derartiges feststellen können, mag mich aber täuschen. Und bei den neuesten Okularen kommen Kunststofflinsen zunehmend in Gebrauch.

Mit herzlichen Mikrogrüßen,

Alfons

carypt

na , ich weiß ja nicht viel , aber ich habe mal ein zeiss 85mm tessar (ca 6cm durchmesser) mit sich lösender verkittung  , linse ausgebaut , auf herdplatte leicht erhitzt  ( tasse drüber ) 80°C ?. der kleber wurde weich und die beiden linsen ließen sich voneinander schieben . super ! aber weil sie dann nicht weiter geheizt wurden sind beide linsen 2 sekunden später gesprungen . in kamera-foren las ich , daß man heizen kann , aber bitte im ofen lassen , und vorsichtig abkühlen .

so long

Eckhard F. H.

Zitatsind beide linsen 2 sekunden später gesprungen

Hallo, (´so long´ erspar ich mir  ;D )
die Sprünge weisen drastisch auf einem Aspekt hin: Spannungen im Glas. Wenn Linsen schon bei Abkühlung in freier Luft springen, nachdem sie auf 80 Grad erwärmt wurden, kann man schließen, daß Erwärmung grundsätzlich zu meiden ist. Es ist nicht auszuschließen, zumal für Laien, daß selbst lange Abkühlzeiten Spannungshysteresen hinterlassen und somit optische Eigenschaften beeinflussen.
Gruß - EFH

Herbert Dietrich

#10
Hallo liebe Zeiss Kpl Reparierer,

wie viele Kpl's ich schon geheilt habe kann ich nicht mehr sagen, aber es ist kinderleicht.

Ich verwende dazu: Schublehre, Salznäpfchen, Xylol, Caedax, Zahnstocher, Gurkenglas.

Das Okular wird auseinander geschraubt, mit der Schublehre (Innenmess-Zinken) löse ich den Fixierring, dadurch liegt die Doublette lose und kann entnommen werden.
Nun lege ich die Doublette in das Salznäpfchen das in dem umgedrehten Deckel des Gurkenglases steht und fülle bis zum Rand mit Xylol auf.
Gurkenglas drüber und verschraubt, so duftet die Wohnung nicht nach Xylol.  Über Nacht einwirken lassen.
Am nächsten Tag fülle ich den Spalt zwischen den Linsen mit Caedax, lege die Doublette in ein zweites Salznäpfchen und stelle dies über das mit Xylol gefüllt Näpfchen.
Im Gurkenglas wieder einen Tag "reifen" lassen. Nun mit wenig Xylol die Doublette reinigen, finish mit "Opical Wonder", zusammenbauen - fertig.

Einige Doubletten sind hartnäckig, besonders die der Kpl 12,5X, da wiederhole ich die Prozedur 2-3x.

Dem einen oder anderen aus dem Forum habe ich die Kpl's schon wieder geheilt.

Viel Erfolg beim Nachmachen.

Herzliche Grüße
Herbert

the_playstation

Zitat von: Klaus Herrmann in Dezember 23, 2010, 22:15:59 NACHMITTAGS
Dabei hatte ich ein Linsentrippel  mit Durchmesser 30 cm (!) nur durch Kochen über eine Woche in Dichlormethan gelöst.
Hallo lieber Klaus.
Eine Woche! Das ist "krass". Allein das Durchhaltevermögen. Ich hätte spätestens nach 12 Std. aufgegeben. Das ist ja ein Langzeitmarathon.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

carypt

80°C war sehr frei geschätzt , es war zu heiß zum anfassen , aber die finger sind auch nicht gleich geröstet . gott ja , es könnten auch schon 200 °C gewesen sein . ich weiß es nicht . es hat nicht geglüht , ) . das doublett hatte einen durchmesser von 7 cm und war ca 4 cm dick . die kleinere linse war innen ca 0,4 cm stark . die dicke linse hatte einen riß quer durch , die kleine  ringförmig .
es könnte eine art acryl-kleber gewesen sein .
allerberst

Klaus Herrmann

#13
ZitatEine Woche! Das ist "krass". Allein das Durchhaltevermögen. Ich hätte spätestens nach 12 Std. aufgegeben. Das ist ja ein Langzeitmarathon.

Hallo Jorrit,

ich habe den Aufbau im Labor damals nicht fotografiert, hatte aber schon Technikumsmaßstab. 30 cm Durchmesser kriegt man nicht in einen Glaskolben. Wir haben damals einen großen Exsikkator aus Duranglas genommen, der im Deckel einen Normschliff hatte, so dass ein langer Intensivkühler draufgesetzt werden konnten - Dichlormethan siedet ja schon bei 40°! Geheizt wurde über ein temperaturgesteuertes Sandbad. Montag begonnen und nach erfolgloser  Zwischenprüfung nach 2 Tagen einfach durchlaufen lassen bis Freitag.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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carypt

die erwärmung auf die 80°C + im sommer ist wahrscheinlich auch die ursache manchen kittfehlers . kein wunder oder ?  soll man nicht so warm werden lassen , die optik .
tot ziens