Schneiden am Schlittenmikrotom

Begonnen von Muschelbluemchen, März 05, 2011, 18:33:25 NACHMITTAGS

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Muschelbluemchen

Der Vorteil eines Schlittenmikrotoms liegt in der Flexibilität die man bei der Messerführung hat.
Bei den Rotationsmikrotomen läßt sich üblicherweise die Inklination (die Neigung zur Blockoberfläche) des Messers
variieren, doch bei der Deklination hat man selten viel Spielraum.
Bei den Schlittenmikrotomen kann man durch extreme Deklination das Messer fast parallel zum Objekt führen,
was ein sehr langsames Eindringen der Messerschneide bedingt um Verformungen oder Zerreißungen im Schnitt zu verhindern.

Mikrotommesser schärfen:
Wichtig zum erfolgreichem Schneiden ist jedoch zuerst ein scharfes Mikrotommesser.
Die Vorgangsweise zum Schärfen eines Messers ist schon bei Romeis, Mikroskopische Technik, 1968, Seite 123, §428 vortrefflich beschrieben:
Zitat"Zum Abziehen und Schleifen des Mikrotommessers muß auf seinem Rücken eine Abziehvorrichtung, d.i. ein röhrenartige
einseitig offene Metallhülse aufgeschoben werden, deren Länge gleich der Länge des Messers sein soll; d-Messer erfordern eine
besondere Abziehvorrichtung. Man verwendet am besten einen 36cm langen Streichriemen mit gepolsterer Unterlage, der auf
eine am Tisch anschraubbare Zwinge aufgesetzt wird. Das Anfangsdrittel des Riemens wird mit roter, grobgekörnter Schleifpaste,
das mittlere mit schwarzer feinkörniger Paste eingerieben, das letzte Drittel bleibt unbehandelt. Das Messer, das mit Abziehvorrichtung
und Griff versehen ist, wird dann Rücken voran, zuerst über die rote Fläche des Riemens unter leichtem Druck, später ohne Druck geführt,
über den Rücken gewendet und dann wieder in die Anfangsstellung zurückgeführt. Dieses sog. Vorziehen ist beendet, wenn die
Messerschneide bei mikroskopischer Kontrolle völlig gerade ist und höchstens eine sehr feine Zähnung aufweist. Anschließend wird
das Messer auf dem Lederabschnitt nachgezogen, aber nun immer ohne Druck und nicht zu lange. Bei einem fertig abgezogenen
Messer ist die Schneide völlige gerade und ohne Zähnung, Zuletzt wird die Schneide durch 2-4maliges Abziehen (nicht öfter!) auf
einem unbehandelten Lederteil des Riemens vorsichtig poliert. Am besten ist es natürlich drei gesonderte Streichriemen zu verwenden.
Am häufigsten wird durch zu langes Abziehen gefehlt, wodurch die Schneide abgerundet wird. Von Zeit zu Zeit muß das Mikrotomesser
neu geschliffen werden."

Ich verwende drei gesonderte Streichriemen:

http://www.youtube.com/v/2rxsb5dfJ6w?fs=1&hl=de_DE&rel=0"%20type="application/x-shockwave-flash"%20allowscriptaccess="always"%20allowfullscreen="true"%20width="480"%20height="390">

Schneiden am Mikrotom:
Geschnitten wurde ein Aststück von Abies nordmanniana (http://de.wikipedia.org/wiki/Nordmann-Tanne).

Das Objekt wurde zuerst einige Wochen in AFE fixiert, wobei der Essigsäureanteil erhöht war.
Die klassische AFE-Mischung besteht aus: 5ml Formol 40%ig, 5ml Essigsäure und 90ml 70%iger Äthanol
Für die Nordmannstanne modifizierte ich die Mischung: 10ml Formol 40%ig, 10ml Essigsäure und 80ml 70%iger Äthanol.

Gerade der Essigsäureanteil im Fixiergemisch erweicht die verholzten Anteile und macht das Objekt schneidbarer. Entsprechende
frühere Versuche an Tilia (http://de.wikipedia.org/wiki/Linden_%28Botanik%29) mit in nur 50%igen Äthanol
fixierten Stammstücken zeigten mir die deutliche Verbesserung der Schneidbarkeit durch die Essigsäure in den AFE-Gemischen.

Nach ausreichend langer Verweildauer im AFE (mehrere Wochen) habe ich das Fixiergemisch durch Einbringen der Objekte in
Leitungswasser - mehrmals gewechselt über eine paar Tage hinweg - ausgewaschen und zur Aufbewahrung in Strassburgers
Gemisch (http://www.aeisner.de/rezepte/rezept1.html) überführt. Dieses sollte noch ein paarmal gewechselt werden
um jegliche Reste von Essigsäure, die beim Schneiden das Messer angreifen könnten, weg zu bekommen.

Aus dem Strassburger Gemisch kann man die Objekte entnehmen und direkt in das Schlittenmikrotom einspannen und schneiden:

http://www.youtube.com/v/NDxBrzPLDJE?fs=1&hl=de_DE&rel=0"%20type="application/x-shockwave-flash"%20allowscriptaccess="always"%20allowfullscreen="true"%20width="480"%20height="390"

Auf das Messer wird eine ~70ige Äthanollösung aufgebracht, damit der Schnitt aufschwimmen kann und nicht durch Festkleben zerreißt.
Sollten die Schnitte einrollen kann man dies mit einem Pinsel verhindern, indem man ohne Druck die Haare des Pinsels auf das
Stammstück auflegt und anschließend mit dem Messer den Schnitt durchführt.

Der ideale Inklinationswinkel muß ausprobiert werden - ich denke mir immer die Abziehvorrichtung auf das Messer sobald
das Messer in das Mikrotom eingespannt ist, und ziehe eine Linie von der Mikrotomspitze zum unteren, äußeren Rand der
gedachten Abziehvorrichtung - diese Linie sollte einige wenige Winkelgerade von der Horizontalen nach oben abweichen.

Das Ergebnis:
Die Schnitte wurden zuerst in Natriumhypochlorit gebleicht und mehrmals in Leitungswasser ausgewaschen. Dann wurden die
Schnitte für ungefähr 15 Minuten in Etzold Grün gefärbt und über Isopropanol und Xylol in Malinol eingebettet:


Weiteres interessante Links zum Thema:
http://www.mikroskopie-muenchen.de/cut-mikrotom.html
http://www.univie.ac.at/mikroskopie/1_grundlagen/praeparation/7b2_typen.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Mikrotom
http://www.mikroskopie-bonn.de/downloads/index.html








Fahrenheit

Lieber Leopold,

schön, dass Du Deinen Blog-Beitrag auch hier eingestellt hast!

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Rawfoto

Hallo Leopold

Danke noch einmal fuers Borgen von Messer und Abziehhuelse, ich habe gerade auch noch einmal einen Thread zum Messerabziehen gepostet. Die Vermessung der Messer haben ein paar Dinge in Frage gestellt, so wie das fuer mich aussieht wird nur das C-Messer auf beiden Seiten mit der Abziehhuelse abgezogen!

Ich bin schon gespannt ob dazu Meldungen kommen. Bitte lies Dir Mal unsere Gedanken dazu durch ...

Bis bald :-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Herbert Dietrich

Liebes Muschelblümchen,

vielen Dank für den sehr informativen Beitrag.
Den Tipp mit der Essigsäure werde ich ausprobieren.
Ich habe mich schon mit mehr oder weniger Erfolg an verschiedene Hölzern gewagt (Tischmikrotom mit C-Messer)
Radial und tangential gings ja ganz passabel, jedoch quer da gings schwer und nur in Teilstücken.
Nun werde ich es in einigen Wochen wieder wagen.

Viele Grüße

Herbert Dietrich

Holger Adelmann

Lieber Leopold,
vielen Dank dass Du Dir die Mühe machst, das so toll zu beschreiben.

Herzliche Grüsse
Holger