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4x zum Thema "Kieselalgen"

Begonnen von Monsti, März 05, 2011, 23:02:57 NACHMITTAGS

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Monsti

Hallo zusammen,

immer wieder finde ich zwischen Kieselalgen seltsame Objekte, die aber offensichtlich ebenfalls zu den Diatomeen gehören:





Könnten dies Zygoten sein?

Und diese Diatomee finde ich ebenfalls oft:







Im Streble/Krauter ist leider nichts dergleichen zu finden. Größe der Alge: 50-80 µm.

Und schließlich noch diese beiden:



Kann das Rhopalodia sein?



Ähnlich wie die vielen bekannten Cymbella, nur viel breiter.

Fundort: Pillersee-Verlandungsgebiet. Könnte das eine oder andere Rätsel gelöst werden, würde ich mich sehr freuen.

Liebe Grüße
Angie

Ralf

#1
Hallo Angie,

Bild 2 ist eine Auxozygote von Melosira.

Deine Bilder werden immer besser! Das meiner Meinung nach höchste Lob, dass man in dieser Hinsicht aussprechen kann, ist: Deine Bilder entsprechen dem, was man mit der vorhanden Ausrüstung im optimalen Fall erzielen kann. Das ist bei Dir sicherlich der Fall.



Monsti

Hallo Ralf,

herzlichen Dank für die Bestätigung einer Auxozygote und das tolle Lob. Mal sehen, ob ich bei meinen vielen Melosiras auch noch den Beginn der geschlechtlichen Vermehrung beobachten kann.

Liebe Grüße
Angie

Monsti

Hallo zusammen,

kann zu der Kieselalge auf den Fotos 3-5 denn wirklich niemand etwas sagen? Ich finde sie hier ständig, im Internet lande ich aber im Nirwana ...

Seeehr neugierige Grüße von
Angie

Diatom

Hallo Angie, Deine 2 Diatomeen sind Rhopalodia gibba (Ehrenberg) O.Müller und Cymbopleura inaequalis (Ehrenberg) Krammer. Die war früher unter dem namen Cymbella ehrenbergii Kützing 1844 bekannt, wurde aber im Zuge der Aufspaltung der Familie Cymbellaceae zu Cymbopleura gestellt.
Cymbella wurde übrigens gesplittet in:

Cymbella,
Encyonema,
Cymbopleura,
Cymbellopsis,
Encyonopsis,
Delicata,
Pseudencyonema (nur 1 Art!),
Navicymbula,
Gomphocymbella,
Gomphocymbellopsis.

Alles klar?
Grüße, Ditmar

Monsti

Hallo Ditmar,

öhm, sonnenklar!  ;D Herzlichen Dank für Deine Hilfe!

Liebe Grüße
Angie

Monsti

Hallo zusammen,

besonders brennend interessiert mich die Alge auf den Fotos 3-5, die ich an bestimmten Stellen massenhaft finde. Meine Literatur ist für eine Einordnung viel zu dürfte, auch die mir bekannten Diatomeen-Seiten im Internet geben leider nichts her. Hat da vielleicht jemand einen Geheimtipp für mich?

Danke und liebe Grüße
Angie

schmidt

Hallo Monsti,

die von Diatom angesprochene, manchmal rasante Weiterentwicklung der Taxonomie ist nicht immer einfach zu verfolgen.
Wenn man aber bei der Bezeichnung klar den Bezug nennt mit Autor und Datum kann es jeder nachvollziehen, auch wenn die betreffende Art zwischenzeitlich neu eingeordnet wurde.

Zu den Fotos 3 bis 5, wenn ich wirklich etwas sagen müsste würde ich auf Gattung Achnanthes tippen, aber ohne Gewähr. Die etwas deformierten Umrisse in Bild 3 und 5 könnten Teratologien sein, so nennt man Deformierungen der Schalenform und/oder Struktur.

Grüße Steffen
Mikroskope:
Lomo Biolam Ph+; DF; HF-Abbe; Epi HF/DF/Pol; Epi-Fl; //Biolar DIK, IK, Ph variabel+-//
Nikon Eclipse -U  HF; DIK, Ph+, Epi-Fl//
MBS 10

Monsti

Hallo Steffen,

erst einmal danke für Deine Antwort!

Diese Alge ist ganz sicher nicht deformiert. Ich habe sie an mehreren Stellen im Pillersee-Verlandungsgebiet zu Hunderten gefunden, und sie sieht immer gleich aus, d.h. etwas "verbogen" mit einem etwas undefinierbarem Muster im Zentrum. Die Größe schwankt zwischen 70 µm und gut 100 µm.

Über Achnanthes werde ich mich nun etwas intensiver schlau machen. In meinem Archiv habe ich von Achnanthes (cf. frequentissima) nur ein einziges Bild - von mir selbst so bestimmt, stimmt hoffentlich:



Diese sieht aber vollkommen anders aus als die obige "verbogene" Diatomee.

Liebe Grüße
Angie

Diatom

Hallo fleissige Angie, die Vermutung das hier Ach. frequentissima vorliegt ist richtig. ABER: Hoffentlich mache ich mich unbeliebt bei Dir und den Nutzern dieser Seite; auch die Großgattung Achnanthes wurde gesplittet. Übrig geblieben von Achnanthes sind hauptsächlich A. brevipes Agardh, A. coarctata (Brébisson) Grunow, A. longiceps und einige tropische Arten, z.B. A. crenulata. Das sind alles Arten mit grob areolierten Foramina (Löchern).
Die neuen, abgetrennten Gattungen (hier mit einigen Artnamen als Beispiel) lauten:

Achnanthidium,
z,B. petersenii; pyrenaicum, minutissimum !!!

Planotidium,
z.B. frequentissimum, peragalli, calcar

Platessa,
z. B. hustedtii, conspicua, bavarica

Karayevia,
z. B. ploenensis, clevei, laterostrata

Nupela,
z. B. silvahercynica, lapidosa

Lemnicola,
z. B. hungarica

Psammothidium,
z. B. helveticum, daoense, altaicum

Dein Teil heißt also jetzt mit gültigem Namen Planotidium frequentissimum (Lange-Bertalot) Lange-Bertalot aber nicht etwa frequentissima. In Planothidium enden alle nicht mehr mit einem a sondern mit einem um. (Lange-Bertalot) Lange-Bertalot deshalb, weil er die Art zuerst als Achnanthes beschrieben hatte, später zu Planothidium combiniert hat.
Die Planothidium-Arten sind übrigens leicht an ihrem "Tunnel" zu erkennen.
Erkenntlich wird, dass exakte Taxonomie nur noch zu leisten ist, wenn man ständig die neusten Veröffentlichungen kennt. Trotzdem, als Trost sei gesagt, daß auch die alten Namen nicht absolut ungültig sind. Die meisten Hydrobiologen kümmern sich nach meinem Wissen nicht besonders um die vielen neuen Gattungsnamen und benutzen z.B, für Cymbopleura inaequalis immer noch Cymbella ehrenbergii. Das ist jetzt nur noch der Synonymiename, aber da wissen auch alle Hobbydiatomologen was gemeint ist.

Das war's, Ditmar

Monsti

#10
Servus Ditmar,

Du machst Dich keineswegs unbeliebt, aber Du macht mich restlos feddisch. Ich arme Sau habe hier nur Streble/Krauter (immerhin schon Ausg. 2008) und ansonsten diverse Internetseiten in den Favoriten gespeichert, die mir als Bestimmungshilfe dienen könnten. Natürlich sind meist nur die älteren Bezeichnungen zu finden. Nichtsdestotrotz bin ich glücklich, dass ich mit meiner Artbestimmung nicht daneben lag - wurscht, wie das Teil inzwischen heißt.

Diese Namensänderungen finden ja nicht nur bei den Diatomeen statt, sondern z.B. auch in der Entomologie. Wehe dem, der nicht ständig liest ...  >:(

Vielen Dank und schneeweiße Tirol-Grüße

Angie

Bernhard Kaiser

#11
Liebe Angie,

ZitatDiese Namensänderungen finden ja nicht nur bei den Diatomeen statt, sondern z.B. auch in der Entomologie.

Damit müssen wir alle leben. Bei den Diatomeen scheint es mir allerdings besonders ausgeprägt zu sein.

Vor Jahren habe ich einmal geschrieben:
Zu beklagen ist in der Bryologie – wie auch in anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen – die ständig wechselnden Artnamen, welche laufend zum Nachschlagen nötigen und geradezu das Weiterlesen verleiden. Diese lästigen Änderungen mögen wissenschaftlich vielleicht begründet sein, was allerdings auch in Frage gestellt werden kann.
Um zwei Beispiele für den Namenswirrwar anzuführen. Bei Frahm & Frey (1987) steht Leiocolea collaris, Frey & Frahm (1995) nennt das gleiche Moos Leiocolea alpestris. Düll (1989) schreibt Lophozia collaris und Müller (1954) bezeichnet es als Leiocolea Mülleri (nach Philipp, Jakob Müller; Zweibrücken). – Jeder Bryologe kann sich unter Barbula reflexa ein ganz bestimmtes Moos vorstellen. Bei Düll (1989) heißt diese Sippe Didymodon ferrugineus var. ferrugineus. Buzas (1995) nennt unser Moos Didymodon rigidicaulis.
Eine derartige Vielfalt läßt sich beliebig fortführen.
Die Kritik an den laufenden Namensänderungen ist übrigens nicht neu. Schon Milde (1869) kritisiert diese zweifelhafte Gepflogenheit und zitiert dabei Otto Brunfels 1488 – 1534: ,,Wäre nit unrecht, wenn man die alten Namen auch het lassen bleiben. Sintemahl so man einen bekannten Menschen seinen Namen darin er getauft, verwandelt, wird er unbekannt, also auch mit den Kräutern."


Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser


schmidt

Hallo, allerseits,

"Die meisten Hydrobiologen kümmern sich nach meinem Wissen nicht besonders um die vielen neuen Gattungsnamen und benutzen z.B, für Cymbopleura inaequalis immer noch Cymbella ehrenbergii. "
Ja das machen Viele, kenne ich auch welche ;D, wichtig ist eben nur dass man den Namen dann auch genau zitiert z.B. Diatoma tenuis, Agardh 1812, und am Besten noch das benutze Bestimmungswerk angibt, z.B. Süßwasserflora  von Mitteleuropa Band 2/3 usw., dann kann nichts schiefgehen.
Angie, dass Du viele gleich aussehende Formen findest, kann sein. Ich hatte mal bei einer Untersuchung eine "Harte Nuss" die mir dann auf Nachfrage von Herrn Lange-Bertalot als teratologe Form identifiziert wurde. Und diese Formen können dann auch ganze Populationen bilden, also alle Individuen haben dann ähnliches Aussehen. Die Form bei meiner Untersuchung war nur eine Jahr da und dann wieder weg. (War eine Langzeitstudie über mehrere Jahre)
Mikroskope:
Lomo Biolam Ph+; DF; HF-Abbe; Epi HF/DF/Pol; Epi-Fl; //Biolar DIK, IK, Ph variabel+-//
Nikon Eclipse -U  HF; DIK, Ph+, Epi-Fl//
MBS 10

Diatom

Hi Angie,
ein Wort zu Bild 2 (Melosira varians Agardh). Das ist keine Auxozygote sondern eine Auxospore die sich aus der Zygote bildet. Die wie kleine Handgranaten aussehenden Auxosporen von Melosira varians legen sich mit den trommelförmigen Enden aneinander und bilden die Erstlingszellen.
Es ist übrigens eine der am häufigsten in Europa vorkommenden Kieselalgenart. Hoffe das macht Dich nicht feddisch!
Grüsse nach Tirol, Ditmar

Monsti

Servus Ditmar,

danke für die Korrektur. Habe dazu jetzt auch schon einiges gelesen.

Dass Melosira varians allgegenwärtig ist, weiß ich. Hier ist sie in manchen Bächen in Massen zu finden. Das Wasser daraus trinkt man dann besser nicht, denn es schmeckt ekelhaft.

Liebe Grüße
Angie