Botanik: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte *

Begonnen von Fahrenheit, April 01, 2011, 17:21:18 NACHMITTAGS

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treinisch

Hallo Jörg,

Pflanzenanatomie interessiert mich eigentlich nicht. Ich schaue mir die Bilder jetzt
zum x-ten Mal an und ich muss jetzt einfach auch mal sagen, dass das was Du hier
abgeliefert hast für mich absoluter Gold-Standard ist. Ein ästhetischer Hochgenuss und
auch noch so umfangreich und lehrreich und informativ. Super!

Besten Dank!

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Fahrenheit

Liebe Freunde,

abermals herzlichen Dank!

Lieber Mike,

irgendwann werde ich vielleicht einmal ein Photobuch zusammen stellen. Dazu hätte ich aber gerne noch ein paar Mehr Pflanzen komplett, also mit Schnitten unterschiedlicher Gewebe. Und selbst hier bei der Hoya carnosa fehlt ja noch die Wurzel.
Das dauert also noch eine Weile ...  ;)

Lieber Ronald,

leider - oder Gott sei dank? - finde ich nicht viel Freunde am deutschen Fernsehprogramm. Somit habe ich abends oft ein wenig Zeit.

Lieber Timm,

da bekomme ich ja fast Angst. Gold-Standard werde ich auch nicht immer liefern könne.  ;D
Schön, dass Dir die Planzenschnitte gefallen, obwohl sie Dich normalerweise nicht interessieren.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Mila

Zitat von: Fahrenheit in Mai 18, 2011, 18:50:50 NACHMITTAGS
Liebe Mila,

das ist ja interessant! Kannst Du uns mitteilen, wie die Definitionen voneinander abweichen?

Lieber Jörg,

bisher habe ich nach dem Buch "Anatomie und Histologie der Samenpflanzen" von Stahl-Biskup/Reichling unterrichtet und dort steht:
Bei vielen Orchideen verklebt der Pollen einer Theke zu einem Pollinium (Pollenkitt) und wird als Ganzes mit einem Stielchen und einer Klebescheibe an das Insekt geheftet und so als Pollinarium übertragen.

DAS Buch von Lüttge/Kluge/Thiel hält sich zurück und ich finde die Begriffe weder im Index noch im Kapitel über Pollen.

Gestolpert war ich über den Wikipedia-Artikel zu Pollen, dort heißt es:
Bleibt der gesamte Inhalt eines oder mehrerer Pollensäcke zusammenhängend, wird er Pollinium genannt. Das Pollinium  ist oft von einer gemeinsamen Sporopollenin-Hülle umgeben, und tritt bei manchen Vertretern der Apocynaceae und der Orchideen auf. Als Pollinarium  bezeichnet man ein Pollinium mit den Anhangsorganen, die der Ausbreitung dienen; bei den Orchideen sind dies Stielchen und Klebscheibe.[5][6] Im Strasburger  ist die Definition davon abweichend als Pollinium aus einem Pollensack, Pollinarium aus mehreren Pollensäcken.


Den Strasburger habe ich leider nicht hier, ich muss in der Schule mal nachschlagen.

Herzliche Grüße
Mila

Fahrenheit

Liebe Mila,

vielen Dank fürs Nachschlagen!

Den Strasburger habe ich hier und auch den Raven/Evert/Eichhorn. Ich erlaube mir, zu zitieren:

Strasburger (36. Auflage, S.809):
Erläuterung von Monaden (einzelne Pollenkörner), Tetraden (vier verbundene Pollenkörner) und Polynaden (viele verbundene Pollenkörner) und dann
ZitatSchließlich kann auch der gesamte Inhalt eines Pollensacks zu einem Pollinium, jener aus zwei oder mehr Pollensäcken zu einem Pollinarium - häufig mit einer gemeinsamen Sporopolleninhülle - vereinigt bleiben (z.B. einige Apocynaceae, Orchidaceae ...)

Die Hoyas gehören zu den Hundsgiftgewächsen (Apocynaceae) und fallen somit unter die oben genannte Beschreibung.

Raven/Evert/Eichhorn (3. Auflage, S, 560):
Beschreibung der Orchidaceae, dabei
ZitatDie gesamte Pollenmasse einer Anthere klebt zusammen und wird als Einheit (Pollinium) übertragen.

Hier gibt es keine Erwähnung des Pollinariums.

Auf den Webseiten des Fachbereiches Biologie der Uni Marburg gibt es auch eine Definition, die das Pollinarium als eine Einheit aus einem Pollinium, Stiel und Haftscheibe beschreibt:
ZitatDie Pollenmasse der Staubblätter verklebt zum Pollinium und bildet mit  Caudicula (Stiel) und Viscidium (Haftscheibe) das Pollinarium (Abb. 16: rechte Zeichnung). Dadurch ist es möglich, die Pollenpakete an sehr definierte Stellen des bestäubenden Insekts anzuhaften und somit die Pollenverbreitung zu optimieren.
Als Schutz für die Haftscheibe fungiert ein umgebildetes Narbenblatt, das Rostellum (Abb. 16: linke Zeichnung).

Bild 42: Hier die Zeichnung dazu:


Allerdings bezieht sich die Aussage auch auf die Orchidaceae.

Hier noch ein interessantes PDF vom Thailändischen Hoya Club (englisch), ab Seite 14 beginnt ein Artikel "A look at Hoya sections" von Mark Randal, die gezeigten Pollinarien bestehen alle aus zwei zusammenhängenden Pollinien, die an den Haftscheiben zusammen hängen.

Ich fürchte, die Literatur ist nicht ganz eindeutig - folgendes könnte Konsens sein:
Pollinium: oft mit einer Hülle aus Sporopollenin umgebene, zusammenhängende Pollenmasse einer Anthere
Pollinariium: eines oder mehrere Pollinien mit je einem Haftapparat Caudicula (Stiel) und Viscidium (Haftscheibe).

Der wachshaltige Mantel aus der Bildunterschrift der Bilder 37a/b müsste dann aus Sporopollinin bestehen.

Bild 43: Hier noch eine Aufnahme des Pollinariums von H. carnosa aus dem oben verlinkten Aufsatz von Mark Randal:


Herzliche Grüße
Jörg
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Mila

Lieber Jörg,

vielen Dank für das Recherchieren. Kann man doch mal wieder sehen, dass selbst Fachleute sich manchmal nicht ganz einig sind.
Deinen Beitrag werde ich zu meinen Unterlagen nehmen :)

Herzliche Grüße
Mila

Omaruru

#35
Hallo Jörg,
auf der Suche nach versteckten Schätzen im Forum bin ich auf deinen Artikel gestoßen.

Die Nomenklatur ist anscheinend komplizierter als ich dachte.
Also hier meine Erklärung:
Pollinien, sei es bei Orchideen oder bei den Asclepiadaceen, sind der Verbund zweier Pollensäcke eines Staubblattes.
Hintergrund: In beiden Familien haben sich die Pflanzen in ihrer Evolution entschlossen, die Pollen nicht mehr dem Wind anzuvertrauen und damit dem Schrotschußprinzip - ein Körnchen wird schon treffen. Sie pudern sie nicht einmal wahllos auf Jeden der seinen Kopf in die Blüte steckt.
Wenn auch Nadelbäume und z.B. die Haselnuß das Prinzip der Windbestäubung soweit perfektioniert haben, daß durch die aerodynamische Form der weiblichen Blüten die Wahrscheinlichkeit eines Treffers maximiert wird.
Bei den Pollinien geht es um alles oder nichts.
Das heist beide Pollensäcke eines Staubblattes werden einem Postboten also Insekt anvertraut. Dieser Dienstleister überbringt dann das gesamte genetische Paket. Fast wie bei uns Tieren - aberhunderte Spermien machen sich auf den Weg - aber wie schon im "Highlander", es kann nur einen geben.
Der rafinierte Unterschied zwischen den Pflanzenfamilien ist:
Asclepiadaceen sind so genannte Aasblumen, die ihre Bestäuber durch ihren Geruch anlocken und sie in die Klemmfalle trapsen lassen so daß sie die Pollinien auf die nächste Blüte transportieren.
Bei Hoya ist der Geruch für uns Menschen allerdings wesentlich angenehmer als bei anderen Mitgliedern der Famile.
Die Orchideen, als evolutionsmäßig höher entwickelte Familie, sind wesentlich stärker auf einen speziellen Bestäuber angepasst. Hier wird durch Geruch und Blütenform nur eine Insektengattung angelockt und die bekommt dann das Pollinium nicht als Fußfessel sondern als "Krönchen" auf die Stirn geklebt.

Leider habe ich meine Abzüge zum Thema gerade im Naturkundemuseum Stuttgart geparkt und meine Filmstreifen noch in einem Umzugskarton, den ich noch nicht  gefunden habe.

Fröhlichen Advent

Klaus
Ich bevorzuge ein kollegiales Du ;-).

Scientists like to name anything.
      Jack Horner

Fahrenheit

Lieber Klaus,

vielen Dank für Deine Erläuterungen. Ich finde es immer wieder spannend, wie weit die Spezialisierung in der Natur geht. Die Beziehung zwischen Pflanzen und ihren Bestäubern ist da ein faszinierendes Kapitel.

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Richtig, heute ist ja der erste Advent. Irgend wie will das mit dem Weihnachtsgefühl noch so gar nichts werden. Ob das wohl daran liegt, dass mich gestern bei der Gartenarbeit noch eine Wespe umschwirrt hat und ich noch mal alles durchgießen musste? Oder eher daran, dass die ersten Weihnachtsmänner dieses Jahr schon Ende August in den Regalen der üblichen Verdächtigen aufgetaucht sind?  ;)
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Klaus Herrmann

ZitatOder eher daran, dass die ersten Weihnachtsmänner dieses Jahr schon Ende August in den Regalen der üblichen Verdächtigen aufgetaucht sind

Das waren die umgepackten Osterhasen lieber Jörg; auch die müssen mal wech!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Lothar Gutjahr

Lieber Jörg,

nennen wir das einfach mal "Standing Ovations". Denn es ist schwer, jedesmal das Lob noch zu steigern. Für mich als Ingenieur, der sein lebenlang der Technik huldigte und das Mikroskop schon mal aus dem Schrank holte um nachzusehen, warum ein Bauteil ausfiel, sind das neue wunderbare Welten.

Bei mir hast du aber auch erreicht, daß ich sage, diese Trauben hängen viel zu hoch. Ich werde gar nicht erst versuchen etwas halb so schönes selbst zu erreichen, weil ich jetzt schon weiß, dass ich erst Violine spielen lernen müßte um bei so ein Konzert mitspielem zu können.

So muss ich mir erst mal den Thread von Herrn Linkenheld  zur Unendlichoptik verinnerlichen um überhaupt erstmalig mit meinem Instrumentarium richtig umgehen zu lernen. Über Zwischenlinsen in Tuben habe ich mich früher eigentlich nur gewundert und inzwischen betreibe ich verschiedene Aufbauten aus zusammengewürfelten Teilen und wundere mich warum es manchmal funktioniert oder oft genug weniger gute Ergebnisse gibt.

Zuletzt die kleine verstohlene Frage: sind solche Bilder direkt erzielbar oder wurde da mit Bildbearbeitung Staub entfernt, Kontrast angehoben oder was da noch so alles möglich wäre?

Ja so ist so ein Beitrag wie ihrer ein hineinschnuppern, was machbar ist. Aber auch bis zu einem gewissen Grad der Hinweis "Schuster bleib bei deinen Leisten".
Mit einem herzlichen Dankeschön vom immer noch sonnigen Alpenrand und besten Sonntagsgrüßen.

Lothar

Fahrenheit

#39
Lieber Lothar,

danke, danke, das ist zu viel des Guten! Und lass' dich vor allem nicht abschrecken! Ich mache das nun seit etwa drei Jahren und arbeite mit vergleichsweise einfachem Equipment.

Meine Kamera ist eine alte Canon Powershot A520 mit der Herrmanschen Okularadaption über ein 10er KPL Brille von Zeiss. Das ganze kommt zum Fotografieren auf einen Okularstutzen meines Leica DME und wird am PC mit PSRemote ferngesteuert. Die Objektive sind eher Mittelklasse, bis auf ein 20er PlanApo, das ich nicht mehr missen möchte.

Meine Bilder bearbeite ich kaum nach. Ich passe den Schwarz- und Weißpunkt an und schärfe nach dem Verkleinern etwas nach (alles mit der Freeware XNView). Wenn nötig, putze ich manuell den Hintergrund etwas aus. Das wars.

Auch die Präparation ist nicht so schwer und braucht keinen großen Geräte-Park. Ich schneide in der Regel mit einem einfachen Handzylindermikrotom und Einmalklingen im SHK-Halter. Gefärbt wird meist nach Wacker W3A oder mit Rolf-Dieter Müllers W3Asim II. Wenn Du da mehr wissen möchtest, kannst Du Dich auf unserer Webseite (in der Bibliothek unter Botanische Mikrotechnik) einlesen. Die Arbeitsblätter können dann im Downloadbereich herunter geladen werden.

Die hier gezeigten Blütenquerschnitte sind allerdings in Paraffineinbettung mit dem Rotationsmikrotom geschnitten. Für diese Technik fehlt mir die Ausrüstung, die Schnitte hat eine liebe Kolleginn aus dem MKB für mich gemacht und aufgezogen.

Wie gesagt: lass' Dich bitte nicht entmutigen sondern fang einfach an, wenn Du gerne einmal Pflanzenschnitte machen möchtest. Wenn Du fragen hast, kannst Du mich auch gerne ansprechen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Lothar Gutjahr

Hallo Jörg,

ja, ja stelle du dein Licht ruhig unter den Scheffel,grins. An deinen Taten wirst du gemessen und da hast du ja offensichtlich ein Händchen dafür.

Nein entmutigen lassen tu ich mich nicht so schnell. Ich habe lediglich ganz schnell gelernt, dass meine Vorstellungen vom Umgang mit dem Mikroskop überholt sind und dass ich zwingend meine Komponenten sortieren und auf Tauglichkeit prüfen muß und da hilft der Thread zur Unendlichoptik ungemein. Ja ich hatte lange gemeint ich behersche mein Klavier. Aber ich freue mich auch, dass sich da noch eine Menge Optimierungspotential befindet und es kann bei richtigem Vorgehen nur besser werden. ;D

LG Lothar

Fahrenheit

Lieber Lothar,

dann wünsche ich Dir viel Erfolg beim Optimieren Deines Handwerkzeugs und viel Spaß bei Deinem neuen Hobby!

Und wenn Du beim Pflanzenschnippeln mal nicht weiter kommen solltest: sprich mich gerne an.  :)

Herzliche Grüße
Jörg
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Lothar Gutjahr

Guten Morgen Jörg,

wenn es wirklich so weit kommt, dann melde ich mich sicher . Vielen Dank noch mal. Erst werde ich mich nun mal mit dem Wassetropfen beschäftigen.

Einen schönen Tag und beste Grüße aus dem sonnigen Alpenvorland

Lothar