Botanik: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte *

Begonnen von Fahrenheit, April 01, 2011, 17:21:18 NACHMITTAGS

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Thomas Böder

Hallo Jörg,

das ist absolut genial!
Respekt!

Viele Grüße, Thomas.
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Kleinmikroskope: Leitz, Reichert, ROW, Lomo

Mila

Lieber Jörg,

Zitat von: Fahrenheit in April 02, 2011, 23:05:19 NACHMITTAGS
über einen MKB-Atlas auf Basis eines Fotobuchs können wir wirklich einmal nachdenken...

... so in etwa:



;D

Herzliche Grüße
Mila

Fahrenheit

Lieber Thomas,

Dir ebenfalls herzlichen Dank für Dein Lob - es freut mich, dass Dir meine Beschreibung der Wachsblume gefällt!

Liebe Mila,

jaah, so in der Art - auch wenn ich Pizza lieber größer und nicht so unförmig mag - und vor allem auf dem Teller.  ;D

Euch beiden herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

nach einer Gemeinschaftsarbeit mit meiner Bonner Kollegin Frau Schemann möchte ich nun die Darstellung zu Hoya carnosa mit einem genaueren Blick auf die interessanten Blütenanatomie vervollständigen.

Ein wenig zur Technik:

Frau Schemann war so freundlich, klassische Paraffinschnitte mit einer Schnittdicke von 10µm von einer Blüte zu erstellen. Dafür auch hier noch einmal herzlichen Dank!
Die Färbungen erfolgten an den aufgeklebten Schnitten auf dem Objektträger mit leicht verlängerten Färbezeiten im Vergleich zum Färben im Uhrglas. Dazu wurde zunächst das Paraffin mittels Xylol aus dem Schnitt gelöst (Auftropfen und ca. 3 Minuten einwirken lassen, dann mehrmals mit Xylol abspülen). Danach wurden die Schnitte mit einer absteigenden Alkoholstufe in Aqua dest. überführt - auch wieder in Einzelarbeit direkt auf dem Objektträger, wie auch die nachfolgenden Färbeschritte:

Etzold FCA:
- Einwirkzeit der Farblösung ca. 7 Minuten mit einmaligem leichten Erhitzen
- Ausspülen mit Aqua dest.

Wacker W3A:
- Ende der Alkoholstufe bei 50%
- Färbung mit Acridinrot 1% in Ethanol 50% für ca. 8 Minuten
- Spülen mit Aqua dest.
- Färbung mit Acriflavin 1% in Aqua dest. für ca. 30 Sekunden
- Spülen mit Aqua dest.
- Färbung mit Astrablau 2% in Aqua dest für ca. 60 Sekunden
- Spülen mit Aqua dest.

Anschließendes Entwässern mit reinem Isopropanol und Eindecken in Euparal beendet die Präparation.

Nun aber zu den Bildern:

Bild 30: Makro der Blüte von Hoya carnosa mit Beschriftung


Über den 5 verwachsenen Blütenblättern (Corolla) steht eine Nebenkrone (Corona) aus den verwachsenen Staubblättern. Hier unterscheidet man noch einmal zwischen der bei Hoya carnosa satt rot gefärbten inneren Nebenkrone und der äußeren Nebenkrone.
Zwischen den einzelnen Blättern der Nebenkrone liegen die zu einem Pollinarium vereinigten Pollensäcke (Pollinien) mit einem Haftapparat (Klemmkörper), der bei der Befruchtung eine wichtige Rolle spielt. Die Pollinarien heften sich an die Beine der nach Necktar suchenden Insekten, die die Blüte besuchen. Auf der nächsten Blüte werden sie mit etwas Glück am Stempelrand abgestreift. Dabei wird in der Regel eines der Pollensäckchen in einer Art Scherenmechanismus eingefädelt und unter die Corona geschoben. Das zweite Pollensäckchen des Pollinariums steht dann für eine weitere Befruchtung an einer anderen Blüte bereit. Das zentral liegende Narbensäulchen spielt bei der Befruchtung keine Rolle.
Eine schöne Beschreibung zur Befruchtung bei Hoya findet sich auf der Seite www.simones-hoyas.de unter Wissenswertes/Botanik/Blüten.

Bild 31a/b: Makro-Querschnitt durch eine Blüte von Hoya carnosa, 31b mit Beschriftung


Hier noch einmal der Aufbau der Blüte im Querschnitt.

Bild 32: Trichome auf der Oberseite der Blütenblätter, Auflicht, 50x, Stapel aus 17 Bildern

Die Oberseite der Blütenblätter ist stark behaart. Die schlauchförmigen Trichome sind einzellig und laufen am Ende in einer kegelförmigen Spitze aus.

Nun zu den Schnitten:

Bild 33a/b: Übersicht, Vergrößerung 25x, Einzelbilder. Bild 33a Etzold FCA, Bild 33b Wacker W3a mit Beschriftung


Alle an den Makroaufnahmen bezeichneten Details finden sich auch in den Schnitten wieder.

Bild 34: Der Fruchtknoten, Vergrößerung 50x, Stapel aus 13 Bildern, Wacker W3A


Bild 35: Samenanlagen im Fruchtknoten, Vergrößerung 200x, Stapel aus 4 Bildern, Wacker W3A

Die einzelnen Samenanlagen messen etwa 50*30 µm. 

Bild 36: der obere Teil der Blüte mit den angeschnittenen Pollinien, Vergrößerung 50x, Stapel aus 11 Bildern, Wacker W3A

Neben der üblichen Anpassung des Schwarz- und Weißpunktes und dem leichten Nachschärfen ist hier ist der Hintergrund geputzt.

Bild 37a/b: angeschnittene Pollensäckchen (Pollinien), Vergrößerung 200x, Stapel aus 5 Bildern. Bild 37a Etzold FCA, Bild 37 B Wacker W3A


Die Färbung legt nahe, dass die Pollinien von einem wachshaltigen Mantel überzogen sind. Besonders interessant die Verankerung des Säckchens am Coronablatt.
Das Säckchen in Bild 37b misst etwa 180*100µm in der angeschnittenen Fläche. Das Stielchen mit dem Kugelkopf ist etwa 40 µm lang

Nun noch ein paar Einzelaufnahmen:

Bild 38: Trichome auf dem Blütenblatt, Vergrößerung 100x, Stapel aus 8 Bildern, Etzold FCA

Der Durchmesser des Blütenblattes beträgt ca. 400 µm, Die Trichome sind zwischen 240 und 440 µm lang. Leider sind sie wegen der geringen Dicke der Schnitte von nur 10 µm nicht sehr gut erhalten.

Bild 39: Leitbündel aus dem Blütenstiel im Längstschnitt, Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 Bildern, Wacker W3A


Bild 40: Leitbündelknoten am Ansatz eines Kelchblattes, Vergrößerung 200x, Stapel aus 7 Bildern, Wacker W3A


Bild 41: Vielleicht eine Nektardrüse auf einem Coronablatt, Vergrößerung 200x, Stapel aus 5 Bildern, Wacker W3A

Der Boden des "Bechers" ist ca. 220 µm lang.

Viel Spaß beim Betrachten, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Mila

Lieber Jörg,

ich durfte ja schon ein Preview genießen: eine tolle Ergänzung hast Du hier in diesem thread gebracht, klasse!
Schön, dass Marion Schemann die Schnitte gesponsort hat.
Inzwischen habe ich festgestellt, dass es je nach Lehrbuch unterschiedliche Definitionen von Pollinium und Pollinarium gibt ???
Insgesamt eine wertvolle Dokumentation zu dieser interessanten Pflanze :)

Herzliche Grüße
Mila

Holger Adelmann

Eine tolle Ergaenzung zum ersten Teil, lieber Joerg.
Die Auflicht Aufnahme ist ganz besonders gut gelungen, wer braucht da noch ein Rasterelektronenmikroskop  ;)
Das Pollensaeckchen ist auch komplett neu fuer mich.
Kannst Du mal sehen was fuer eine spannende Pflanze in eurer Kueche steht!

Herzliche Gruesse
Holger

Eckhard

Lieber Jörg,

vielen Dank für die tolle Dokumentation. Den Pollensack und das "Gelenk" finde ich grossartig!

Herzliche Grüsse
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Thomas Böder

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Herne

Hallo Jörg,
ich schließe mich dem Lob der anderen uneingeschränkt an.
Diese Arbeit ist gründlich, exakt, umfassend und - wunderschön!
Selten bekommt man derartige Informationen so hochästhetisch nahe gebracht. Vielen Dank!
Als Anregung zum Lackabdruck : Ich benütze zu diesem Zweck einen Trennlack (Abziehlack), der im Maschinenbau zur Dehnmessstreifentechnik verwendet wird. Er ist recht dünnflüssig und bildet daher von selbst dünne Schichten, die ich mit einem Tesafilmstreifen und ´ner Pinzette abziehe. Den Rest mache ich so, wie du´s beschreibst.

Bis Donnerstag,
l.G.
Herbert
Die animalcula infusoria sind Blasen mit Neigungen.
G. Chr. Lichtenberg

Jan Kros

Hallo Jörg,
ich schließe mich auch dem Lob der anderen uneingeschränkt an
Schon wieder eine schöne Dokumentation die ich gleich ausgedruckt habe.
Herzlichen Gruss
Jan

Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

vielen Dank für Euer Lob! Es freut mich sehr, dass die Darstellung der interessanten Blütenanatomie von H. carnosa so gut ankommt. Ohne die Schnitte von Frau Schemann wäre das aber nicht möglich gewesen, die Hälfte des Lobes geht also an sie!  :)

Liebe Mila,

das ist ja interessant! Kannst Du uns mitteilen, wie die Definitionen voneinander abweichen?

Lieber Holger,

die wäre bestimmt nicht in unsere Küche gekommen, wenn sie gewusst hätte, dass ich anfange, an ihr rum zu schnibbeln.  : ;D

Lieber Eckhard,

ja, das "Gelenk" ist faszinierend - ich war ziemlich baff, als ich das gesehen habe. Auch wenn es so aussieht, ist es aber wohl keine kugelige, sondern eher eine längliche Struktur, vielleicht so in der Art der Verschlussleisten von Plastiktüten (die, die Du immer zur Probenahme verwendest ...). Ich vermute, das Ganze dient zur Fixierung des Polliniums, damit es nicht frühzeitig abfällt. Die beiden Pollinien, die wir auf den Bildern 33 und 36 im Anschnitt sehen, sind außerhalb der Schnittebene ja über den Klemmkörper (Translator, manchmal auch Caudicula und Viscidium) miteinander verbunden und bilden so das Pollinarium. Zumindest, wenn ich die mir vorliegende Literatur richtig verstanden habe ...
Dabei fällt mir gerade auf, dass die Beschriftung "Pollinarium" in Bild 33 etwas missverständlich ist, da sie für den gesamten Pollenkörper gilt, von dem im Bild aber nur die beiden angeschnittenen Pollinien zu sehen sind.   

Lieber Herbert,

Danke für den Hinweis! Könntest Du ggf. morgen etwas von dem Lack mitbringen, ich würde ihn gerne einmal ausprobieren.

Allenherzliche Grüße!
Jörg
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mikrohelmi

#26
danke für die aufwendigen Informationen. Eine perfekte und schöne Arbeit!
Gruß Helmut Gutjahr

Fahrenheit

Lieber Helmut,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob!

Herzliche Grüße
Jörg
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Lieber Jörg

Da hast du aber eine sehr schöne Arbeit abgeliefert. Hut ab, kann man da nur sagen.
Was das Thema Atlas angeht, was Mila da angesprochen hat, haben wir beide ja schon mal darüber gesprochen, vor langer Zeit  ;)
Warte nicht zu lange damit. Alles was du jetzt hast, solltest du auch schon als Buch Form dir Zurecht machen. Wenn du das später machst, hast du Arbeit, die nicht zu überschauen ist.
Spreche da aus eigener Erfahrung. Das Ausarbeiten kostet mehr Zeit, als die Bilder zu machen.


Ronald Schulte

Jörg,

Wunderschöne Arbeit und sehr gute scharfe Bilder. Es fehlt dir auch nicht an Zeit glaube ich oder arbeitest du nachts weiter?

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.