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Begonnen von TPL, April 04, 2011, 23:45:46 NACHMITTAGS

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TPL

Liebe Zeiss-Amateure,
angeregt durch eine andere Diskussion möchte ich einmal ein paar seltene, oder seltsame, vielleicht aber auch nur inzwischen ungewöhnliche Geräte der Firma Zeiss (West) zeigen:

Ich habe an diesem Stativ einmal möglichst viele meiner "Erlkönige", Raritäten und Schrulligkeiten versammelt. Wer findet die meisten?

Viel Spaß und beste Grüße, Thomas

HCLange

Hallo Thomas,

da sehe ich
- ein Junior-Stativ von Opton,
- mit Durchbruch im Fuss (Version für Projektion, es fehlt noch der Lichtschutztubus für den Beleuchtungsstrahlengang),
- Achromat 40/0,85 Oel,
- Opton Objektive für das W-Stativ,
- der Einsatz für den Fuss zur Aufnahme des Beleuchtungsspiegels,
- der Oberflächenspiegel (starr? wofür?),
- der frühe DF-Kondensor mit zentrierbarer S-Fassung (A=1,2/1,1 ?),
- der kleine Binotubus für das Junior.

Späte Grüsse von
Christoph

TPL

#2
Hallo Christoph,
jetzt bin ich aber baff!!
Nicht nur, dass Dir das Opton-Stativ offensichtlich bekannt war (auch noch, was daran zu seiner ursprünglichen Bestimmung fehlt!), sondern ganz besonders, dass Du den kleinen Bino-Tubus erkannt hast. Übrigens wurde auch der Objektführer mit 'Opton' graviert:


Bis vor ein paar Jahren hatte ich diese kleiner gebauten, aber ansonsten in ihrer Gestaltung ganz dem STANDARD-Programm entsprechenden Binokulartuben nur mit dem Signet von Zeiss-Winkel gesehen. Offensichtlich wurde diese Bauform aber auch nach der vollen Eingliederung von Zeiss-Winkel und der Umbenennung in Carl Zeiss weiter geführt. Ein wenig Zweifel habe ich allerdings, dass der kleinere Bino-Tubus ausschließlich für das "Junior" gedacht war, denn auch auf frühen Abbildungen des Zeiss-Winkel Standard GF sieht mir der Bino-Tubus (Bestellwort OPKER, 235 DM im Jahr 1951) zierlicher aus, als bei den später ausgelieferten Modellen (Bestellwort OSAKI, 965 DM im Jahr 1955). Hier ein Bild von drei verschiedenen Versionen:


Der starre Oberflächenspiegel diente UV-Fluoreszenzanwendungen mit der Hochleistungs-Mikroskopierleuchte. Durch die Verbindungsschiene (die ich immer noch suche!) war eine freie Ausrichtung des Spiegels unnötig. Ich kannte den Spiegel von Bildern aus der CZ-Druckschrift "Fluoreszenz-Mikroskope" von 1958, allerdings mit dem großen Einsatz (70 mm). Dieser hier hat - wie der Einsatz zur Aufnahme des Beleuchtungsspiegel - 54 mm Durchmesser.


Der Achromat 40/0,85 Oel ist, wie schon in einem anderen Beitrag angegeben (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=8782.msg62474#msg62474), mit Zeiss-Winkel und der Nummer der optischen Rechnung graviert und war ein Prototyp für die Erprobung.

Die übrigen Objektive gehören von ihrer Bauform zum W-Stativ (das innerhalb weniger Jahre mit den Firmennamen Opton, Zeiss-Opton, und Carl Zeiss graviert wurde). Es sind der Planachromat Pl 2,5/o,o8 (Carl Zeiss), der Achromat 16/o,32 (Zeiss-Opton) und der Apochromat Apo 100/1,32 Öl (mit Ö!) (Carl Zeiss).


Ein weiteres, nicht abgebildetes Objektiv dieser Baureihe, ist der Achromat für Phasenkontrast (mit dem Ring 1 der Phako-Kondensoren!) Ph 16/o,32 (Zeiss-Opton). Es ist im Gegensatz zu seinem nicht-Phako-Pendant mehrfachvergütet:


Der Kopf des DF-Ultrakondensors ist noch mit Winkel-Zeiss, Göttingen graviert, stammt also aus der Vorkriegs- oder Kriegszeit. Die Zentrierfassung sieht etws moderner aus. Die Aperturen sind nicht graviert, aber ich glaube, Deine Angaben stimmen.

So, ich hoffe ich habe Niemanden gelangweilt mit diesen technisch-historischen Details und wünsche denjenigen, die sich für solchen "Kindereien" genauso begeistern können wie ich, viel Freude beim Anschauen.

Beste Grüße, Thomas

alemanne

Lieber Thomas,
auch nach dem 2. Weltkrieg wurden offensichtlich Ultra-Kondensoren mit der Marke "Winkel-Zeiss, Göttingen" vertrieben. Meinem Exemplar Nr. 121851 ohne Zentrierfassung ist eine Druckschrift Nr. 206 G, ebenfalls mit "Winkel-Zeiss" beschriftet, vom September 1946 beigelegt, und vermutlich - wie ich es interpretiere - mit der Druckerlaubnis der Besatzungsmacht: "MS-Druck Martin Sass & Co., CFA 613 Göttingen - 2258 - 1000 - 9.46 - Klasse A.". Bei den Kondensoren selbst kann es sich sicherlich noch um Restbestände der Kriegsproduktion handeln. Jedenfalls scheinen in der damaligen schlechten Zeit gute DF - Kondensoren für bakteriologische Untersuchungen dringend benötigt worden zu sein.
Viele Grüße
Helmut

ortholux

Hallo Thomas,

gelangweilt? Nicht mal einen Leitz-Ortholuxisten. Auch wenn ich die Details mangels Unkenntnis nicht wertschätzen kann, kenne ich doch Analogien auf meinem Gebiet.

Aber mal ganz was Anderes:
Zeiss Oberkochen hat offensichtlich mehrere Firmen vereinnahmt. Winkel, Opton und bestimmt noch weitere. Was hat es denn mit "Zeiss-Ikon" auf sich? Man kennt Ikonta und Ikorette, außerdem habe ich noch 2 Blutzuckerkolorimeter (zum Abgeben) von Zeiss-Ikon und letztendlich machen die auch Schließzylinder. Alles eine Firma? Und mit Zeiss verwandt?

Frage 2: Nach dem Krieg wurde Zeiss Jena unabhängig (?) weitergeführt. Gibt es denn in der Mikroskopie kompatible Komponenten oder Systeme zwischen Ost und West?

Neugierige Grüße aus dem anderen Lager
Wolfgang

PS: mein erstes Mikroskop war übrigens ein Zeiss Winkel, welches ich noch immer in Ehren halte.

TPL

#5
Lieber Helmut,
danke für Deine Angaben. Mein Ultra-Kondensor hat die Nummer 132365 und müsste demnach später als Deiner gebaut sein. Der in der Druckschrift ZW 500, (Universitäts-Buchdruckerei Kaestner, Göttingen, 1951) abgebildete Ultrakondensor (jetzt zusammen geschrieben) scheint schon die neueren Gravuren zu haben. Das ist nicht 100% verlässlich, denn in den Abbildungen der Druckschriften aus dieser Zeit sind Retuschen an den Gravuren keine Seltenheit.

Man darf sich also im Hinblick auf die zeitliche Einordnung nicht allzu sehr auf die Seriennummern und Gravuren der Druckschriften verlassen. Tun wir das dennoch einmal, dann legt die Differenz der Nummern unserer beiden Kondensoren nahe, dass in weniger als 5 Jahren mehr als 10.000 Ultra-Kondensoren bei Zeiss-Winkel montiert oder aus Altbeständen verkauft wurden. Das ist schon eine Marke...

@ Wolfgang:
freut mich, dass unsere Zeiss-Erbsenzählereien sogar im 'Leitz-Lager' auf Interesse stoßen! Mit Deinem Erst-Mikroskop erhälst Du für Dein Abweichlertum sicher auch Vergebung ;D

Zu Deinen Fragen nach den Vereinnahmungen und Verzweigungen bei Zeiss: ich hatte mich da einmal ein bisschen eingelesen und bin in zwei Büchern auf  Angaben gestoßen, die mir wohlrecherchiert und verlässlich erscheinen:
Armin Hermann (2002): Und trotzdem Brüder - Die deutsch-deutsche Geschichte der Firma Carl Zeiss, Piper, 569 p.
Armin Hermann (1989): Nur der Name war geblieben - Die abenteuerliche Geschichte der Firma Carl Zeiss, DVA, 368 p.

Dann gibt es noch einige Firmen-Publikationen (z.B. Walter David (1954): Die Carl-Zeiss-Stiftung - ihre Vergangenheit und ihre gegenwärtige rechtliche Lage, Carl-Zeiss-Stiftung, 285 p.) und die frühen Ausgaben der Zeiss-Werkzeitschrift, in denen diese Themen beschrieben werden - natürlich stark aus westdeutscher Sicht.

Die Winkel-Werke waren bis 1911 eigenständig. Danach stieg die Carl-Zeiss-Stiftung ein. Seitdem (und evtl. bis ganz kurz nach dem 2. Weltkrieg) wurden die Geräte mit 'Winkel-Zeiss' graviert. In den folgenden, für diesen Unternehmensteil so entscheidenden Jahren, wurde das STANDARD-Mikroskop entwickelt (1949) und in großen Zahlen gebaut. Die Modelle hießen zuerst Zeiss-Winkel STANDARD GF (mit Grob- und Feintrieb) oder STANDARD K (mit Kombinationstrieb); später kam das Zeiss-Winkel STANDARD Junior dazu.

1955 übernahm Carl Zeiss das Unternehmen vollständig und etwa ab 1957 wurden auch die in Göttingen produzierten Geräte nur noch mit dem 'Carl Zeiss'-Emblem graviert. Interessant ist dabei, dass konstruktive Eigenheiten aus den früheren Jahren auch unter dem neuen Namen noch eine Weile lang "mitgeschleppt" wurden: Es gab noch eine Weile lang ein Carl Zeiss GF - also ohne vollständig integrierte Beleuchtungsoptik, sondern mit dem Durchbruch für die wahlweise Verwendung eines Einsatzes für den Spiegel oder für die Kollektor-Blende und -Optik .

Opton steht für Optische Werke Oberkochen. Zuerst nach Heidenheim und später - noch weiter in die Provinz - nach Oberkochen, wurden am 24. Juni 1945 die führenden Mitarbeiter von Zeiss und Schott in Jena von den amerikanischen Befreiern Jenas deportiert (und nicht von den Russen vertrieben, wie man in manchen Internet-Legenden liest; z.B. hier http://greenmicroscope.wordpress.com/2007/03/19/zeiss-opton-w-triomf-des-wissens/).

Die praktisch komplett umgesiedelte Firmenleitung hatte aber zunächst noch keine Pläne, eine Trennung in zwei Unternehmen zu vollziehen und war deshab auch mit der Namenswahl der Firma vorsichtig: zuerst (ich meine ab 1946) Opton, ein paar Jahre später Zeiss-Opton und schließlich, nach der Beschlagnahmung des Vermöges der Carl-Zeiss-Stiftung in der SBZ, einem einsetzenden, heftigen Streit um Namensrechte, der inzwischen starken Abwanderung (=Flucht) von Jenaer Facharbeitern in die West-Werke und der sich politisch-juristisch verhärtenden Fronten nannte man sich und seine Produkte in Oberkochen ab etwa 1953 'Carl Zeiss'.

Von den anderen Firmenteilen der Carl-Zeiss-Stiftung weiß ich nicht viel. Nur dieses: bei Zeiss-Ikon in Stuttgart baute Küppenbender, der damalige Vorstand Teile der Kamera-Produktion wieder auf, an der er vor und während des Krieges in Dresden gearbeitet hatte.

Zu Deiner Frage nach der Kompatibilität zwischen Zeiss-Ost und -West: da gab es weniger, als man denken mag. Dazu später und/oder vielleicht von berufenerer Stelle...

Beste Grüße, Thomas

Alfons Renz

#6
Hallo Thomas und andere Geschichtsinteressierte:

Falls Jemand den "Armin Hermann (1989): Nur der Name war geblieben - Die abenteuerliche Geschichte der Firma Carl Zeiss, DVA, 368 p." sucht: Ich habe ihn zufällig doppelt und gebe ihn gerne ab!

... Und entschuldigt bitte die Unterbrechung dieser sehr interessanten Diskussion ...

Alfons


ortholux

Hallo Alfons,

da ich Fotoingenieurwesen studiert habe, kreuzte freilich das Triumvirat Schott, Abbe, Zeiss meinen Weg. Das erste Mikroskop war ein Winkel Zeiss, die erste Plattenkamera vom Flohmarkt eine Ernemann (meines Wissens auch von Zeiss aufgesogen). Da ich diese 3 Herren recht pfiffig fand, und irgendwann am Flohmarkt "Gläserne Wunder" von Scheffel entdeckte (Für die, die's nicht kennen: das ist ein biographischer Roman, der in schwarz/weiß mit Lichttonverfahren (also 40er oder 50er Jahre) verfilmt wurde) begann ich mich doch etwas mehr dafür zu interessieren. Zumal auch das soziale Werk Ernst Abbes Beachtung verdient!

Deshalb würde ich gerne nochmal - nicht in Romanform - etwas darüber lesen und Deine Dublette gerne erstehen.

Außerdem sind solche Unterbrechungen ausdrücklich gewünscht!

Viele Grüße
Wolfgang

TPL

Hallo Alfons,
wenn Dein Beitrag eine Unterbrechung war, dann bitte ich sogar um Unterbrechungen. Außerdem würde ich mich sehr freuen, wenn solche Themen um die Erfahrungen (auch solche aus Schriften oder mit den betreffenden Geräten) ergänzt - und, wo nötig, auch korrigiert - würden.
Beste Grüße, Thomas

alemanne

Liebe Winkel-Zeiss-Freunde,
vielleicht kann die gut recherchierte Publikation von Herrn Klaus Henkel zum Winkel-Zeiss-Verständnis beitragen:
http://www.mikroskopie-muenchen.de/standard.pdf
Mit Gruß
H.G.

Florian Stellmacher

Hallo Zeissianer!

Bei der Frage nach der Kompatibilität von Zeiss/West und Zeiss/Ost musste ich sofort an dieses Modell denken: http://www.arsmachina.com/carl_zeiss-jena.htm

Gab es das wirklich, oder war hier ein kreativer Bastler am Werk und hat ein L auf einen GFL-Fuß gesetzt?

Gespannte Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

TPL

Lieber Florian,
wo findet man denn solche Angebote?
Auf den beiden Abbildungen ist ja kaum etwas Genaueres zu erkennen, aber ich meine, im Bereich der Stativbasis, oberhalb des GFL-Fußes zwei Hutmuttern zu erkennen. Nach Allem, was ich sonst von Zeiss kenne, würde ich deren Verwendung noch am ehesten an einem Werksfahrrad erwarten, aber nicht an einem Mikroskop ;)
Auch die Angaben zu den Objektiven
Zitat5X Tasco, 10X B&L, 40X Zeiss, and HI 90X Apochromat Zeiss
lassen ja nicht unbedingt auf eine sklavische Firmentreue des Anbieters schließen. Erhebliche Unterschiede gab es ja z.B. bei den Objektiv- und Okular-Abgleichlängen.

Beste Grüße, Thomas

Florian Stellmacher

Lieber Thomas,

meinen Beitrag hatte auch ich mit einem gewissen Augenzwinkern geschrieben  ;).

Die Seite http://www.arsmachina.com/ ist eigentlich sehr schön aufgemacht und auch informativ, auch wenn die Bilder gelegentlich recht farbenfroh geraten sind. Dass es sich hier um eine selbsgebaute Chimäre handelt, scheint der Betreiber der Seite jedoch noch gar nicht realisiert zu haben - diese Bilder gibt es dort schon seit etlichen Jahren zu bestaunen!

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

hinrich husemann

Nur noch eine Ergänzung zu dem Hinweis von Herrn Renz, betreffend das Buch von Armin Hermann (1989) "Nur der Name war geblieben": Davon gab (gibt?) es eine erweiterte Taschenbuchausgabe beim Piper-Verlag unter dem Titel "CARL ZEISS - die abenteuerliche Geschichte einer deutschen Firma" (383 S.). Ich habe -in den späten Neunzigern - bei der Besichtigung des optischen Museums von ZEISS in Oberkochen ein Exemplar der 2. Auflage (1995) freundlicherweise geschenkt bekommen. Ein interessantes Buch!
Historisierende Mikrogrüsse
H. Husemann


Jürgen Boschert

Lieber Thomas,

Zitat... bei Zeiss-Ikon in Stuttgart baute Knappertsbusch, der damalige Vorstand Teile der Kamera-Produktion wieder auf, ...

Das war doch wohl eher Heinz Küppenbender.

Zum Name Opton: Nach den langwierigen und sehr teuren Auseinandersetzungen zwischen den beiden Betrieben, wer denn nun das Recht auf den Namen Carl Zeiss habe (die international geführten Prozesse, waren da so kostspielig, das Zeiss West finanziell durchaus in erhebliche Schwierigkeiten zu kommen drohte), hatte man sich schlussendlich darauf geeinigt, das Zeiss-Ost in den Staaten des Westblocks unter Aus  Jena und Zeiss West in den Ostblockstaaten und ihren Verbündeten unter Opton firmieren mussten. Nur im jeweils zugehörigen Block durfte von den beiden Betrieben der Name Carl Zeiss geführt werden.

Beste Grüße !

JB
Beste Grüße !

JB