HISTOLOGIE: PAS Färbung im Dickdarm Maus (Technovit 7100 Schnitt)

Begonnen von Ronald Schulte, April 20, 2011, 22:05:50 NACHMITTAGS

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Peter V.

Zitat von: Florian Stellmacher in April 23, 2011, 18:20:49 NACHMITTAGS
Lieber Dieter,

das Wort "Koprophile" gefällt mir großartig, betreibe ich doch selbst häufiger "Koproskopie" im Wurmfortsatz anderer Leute  ;D!

Ich finde, Du solltest Dich da aber im Interesse der Wissenschaft überwinden  ;) ...

Herzliche Grüße,
Florian

Hallo,

macht, was Ihr wollt - solange hier keine Koprolalie betrieben wird!!!

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Alfons Renz

Einen schönen Ostersonntag,
und zugleich Entschuldigung für die Bearbeitung eines interessanten, aber wenig appetitlichen Themas:

Koprophilie: Die 'Kotliebe' ist ein einzigartiges Merkmal ganzer Insektengruppen (Aas- und Mistkäfer), Nematoden etc.. Ohne deren Mithilfe wäre unsere Umwelt viel dreckiger!
Koprophobie: 'Kotscheu' ist eine zumeist angeborene Furcht vor den (eigenen) Exkrementen: Kühe fressen z.B. das saftige Gras um ihre Kuhfladen nicht. Das hat gute, nämlich parasitologische Gründe: Einer oral-fäkalen Übertragung von Pathogenen wird dadurch vorgebeugt.

Um die Übertragungsstadien der Parasiten in den Fäzes nachzuweisen - und hier sind wir beim Thema -, müsste man im konkreten Fall die Zysten der Sporozoen nachweisen und bestimmen ("Koprologische U-Techniken"). Dazu den frischen Mäusekot mit Eosin anfärben: Die lebenden Zysten werden nicht angefärbt und sind als helle Objekte in den sonst kräftig angefärbten organischen Resten leicht zu erkennen. Differentialdiagnostisch wichtig wäre die Zahl der Kerne/Sporozoiten in der Zyste. Dazu den Kot ggf. einige Tage reifen lassen, bis sich die Sporozoiten entwickelt haben. Vor der Zubereitung des mikroskopischen Präparats kann man einen Tropfen Formalin zugeben: Dann ist mikrobiologische Sicherheit weitgehend gewährleistet (Wurmeier können wohl auch in Formalin einige Zeit überleben).

Noch eine Bemerkung, mit der Bitte, die Wortklauberei nicht zu verübeln, aber es ist gerade Thema meiner Vorlesungsvorbereitung in die Epidemiologie:

"Epidemie einer Population"  ??? bezogen auf eine Durchseuchung mit Sporozoen bei Mäusen?

Die Epidemiologie ist die Wissenschaft (-logie) der Seuchen (gedacht sei hier an die Büchse der Pandora), die über (Epi-) das Volk (-demos-) ausgeschüttet wurden.  Entsprechend 'Epizootiologie' für die Seuchenlehre bei Tieren. Ein Zungenbrecher, zugegeben, und deswegen zwar korrekt, aber ungebräuchlich.

"Epidemie" wäre ein lokaler und zeitlich begrenzter Seuchenausbruch in einer menschlichen Population (Epizootie beim Tier), im Gegensatz zur Endemie, der zeitlich konstanten Durchseuchung (es gilt ein mathematisch-einfacher Zusammenhang: Prävalenz = Inzidenz x Dauer), eine Pandemie dagegen eine sich über mehrere Kontinente erstreckende Epidemie.

Die Wissenschaft hat leider eine Tendenz zur Schöpfung oft griechisch-lateinischer, heute denglischer Wortungetüme. Das hat seinen Sinn, wenn mit damit ein völlig neu entdeckter Sachverhalt beschrieben wird, etwa bei der 'Immunität", und setzt eine altsprachliche - heute anglophone - Sprachkenntnis voraus. Dort wo es treffende deutsche Begriffe gibt, wie in unserem Fall die "Seuche" (beim Tier oder Mensch) und "Durchseuchung" - für Epidemie, Epizootie und Endemie, Enzootie -, kann man ruhig diese verwenden, auch als Wissenschaftler, ohne Autoritätsverlust befürchten zu müssen.  

Mit österlichen, parasitenfreien Mikrogrüßen,

Alfons  



Taenia-Bandwurm'kopf' im Dünndarm (Jejunum, Mensch, Azan, Heidenhain-Präparat). Das Dauerpräparat des Bandwurms wurde für das Photo auf den Schnitt durch den Dünndarm gelegt. So sieht man die realen Größenverhältnisse in situ, muss jedoch gewisse Unschärfen in Kauf nehmen (oder stacken). Man erkennt sogleich, dass jeder der vier Saugnäpfe des Bandwurm'Kopfes' zur Verankerung je eine Darmzotte packt. 'Kopf' in Anführungsstrichen, weil dieser Kopf kein Gehirn enthält und entsprechend als 'Capitulum' (lat. Köpfchen) zu beschreiben wäre.

Ronald Schulte

Alfons,

Danke für dein Beitrag, es wird ja immer spannender aber auch lehrsamer und so muss es sein.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

crabtack

Hallo Alfons,
ist das der kopf oder die Tentakelartigen Nahrungsaufnahmedinger, mir ist der Name entfallen.
Schönes Bild.
Gruß Olaf

Alfons Renz

Hallo Olaf,

Die 4 runden 'Dinger' sind die Saugnäpfe am Bandwurmkopf, mit denen sich die Taenia an den 'tentakelartigen' Zotten des Dünndarms (rechts im Bild)festsaugt. Diese, durch die Darmperistaltik bedingte Notwendigkeit haben die verschiedenen Gattungen der Bandwürmer auf ganz unterschiedliche Weise gelöst:



(Zeichnung von P. Wenk aus Wenk & Renz, Parasitologie, Thieme, 2003)

Die Einen saugen sich an den Darmzotten fest, Andere bohren ihre vier mit Haken bewehrte Rüssel in die Lieberkühnschen Kryten der Darmwand. Je nach Darmabschnitt und Wirt (Mäuse haben einen kleineren Darm als z.B. Flußpferde und Elefanten) gelten da ganz unterschiedliche Gesetze. In den Lehrbüchern (auch in unserem, muss ich leider sagen..) findet man allerdings 'nur' Abbildungen sei es des Darms oder der verschiedenen Bandwürmern. Immer in der Größe der Satzspiegel angepasst. Dabei verliert der Betrachter leicht das Gespür für die realen Größenverhältnisse: Der Mäusedarm ist ja in gleicher Größe abgebildet wie der des Wals.

Im Unterricht praktizieren wir deshalb eine ganz einfache, aber offenbar kaum geläufige Methode: Wir legen die Dauerpräparate von Parasit und Darmwand unter dem Mikroskop übereinander (Deckglas auf Deckglas). Mit schwacher Vergrößerung hat man beide Objekte im Blick und kann das obere Präparat (hier z.B. den Bandwurmkopf) so orientieren, dass er eine 'natürliche' Position im Darm des Wirts einnimmt. Gewisse Unschärfen -die Präparate liegen in etwas unterschiedlichen Ebenen - kann man beim Beobachten leicht kompensieren. Da es sich dabei um die realen Organismen (Totalpräparat und histologischer Schnitt) handelt, stimmen die Größenverhältnisse exakt.

Diese Methode der synoptischen Kombination ganz unterschiedlicher Objekte hat sich im Kurs hervorragend bewährt, z.B. auch beim Vergleich der Mundwerkzeuge von blutsaugenden Arthropoden über einem Schntt durch die Haut. Oft ist man selbst erstaunt, wie stark das vermutete Verhältnis von der Wirklichkeit differiert.

Einen schönen Ostermontag,
wünscht Allen

Alfons

crabtack