Rp. Wasserlösliches Einschlussmittel variabler Brechzahl für Phako

Begonnen von purkinje, Februar 11, 2025, 14:47:27 NACHMITTAGS

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purkinje

Wertes Forum, Freunde der feinen Brechzahlunterschiede,

in meinen Aufzeichnungen aus früheren Jahrzehnten, aus den Tiefen eines Kellers in Schwabing  ;)  fand sich dieses Rezept für ein  wasserlösliches Einschlussmittel variabler Brechzahl zur Phasenkontrastmikroskopie, ein Glycerin-Phthalsäureester:

"Man koche 10 g wasserfreies Gycerin mit x g Phthalsäureanhydrid (PSA), unter Rühren kurz auf 200°C (keinesfalls höher!) auf und läßt es erkalten"

PSA    n
0      1,473
2      1,493
4      1,509
5      1,515*
6      1,522
8      1,533
10     1,542
12     1,549

* diese Mischung /Brechzahl war besonders tauglich für frische tierische Schnitte (hier Kryostatschnitte von Hirngewebe), damit frisch eingedeckt, OHNE vorherige Antrocknung.
Q: Überlieferung der Anleitung nach v. Hirsch, Hirnpathologie, DFA für Psychiatrie, München

Man kann darüber spekulieren, wie ähnlich dies dem früher mal von Zeiss vertriebenem Einschlussmittel W 15 sein könnte:  Einschlussmittel für Phasenkontrastpräparate

Es sei zudem auf die möglichen Gefahren beim Arbeiten mit PSA hingewiesen: Ätzend, Explosiv, also nichts für Jemanden ohne Erfahrung und Kenntnisse!
Beste Grüße Stefan

K. B.

Hallo Stefan,

klingt sehr interessant, eignen sich die Gemische auch für Dauerpräparate bzw. härtet das Eindeckmittel aus und hast du Erfahrungen bezüglich Fluoreszenzverhalten?

Viele Grüße
Kay
Mikroskop: Olympus BH-2 BHTU mit Trino (DL; PH; Fluo; DF)
                  Zeiss GFL Trinokular (DL; PH; Fluo; AL)
                  Olympus CK2 Invers Trino (DL; PH; Fluo)
                  Olympus GB (DL; PH)
Mikroskopkamera: Canon EOS 550D; EOS RP

Florian D.

Hallo Stefan,

Phthalsäureanhydrid war früher in den Kosmos Chemiekästen. Also ganz so schlimm ist es auch nicht.

Viele Grüsse
Florian

purkinje

#3
Hallo Florian,

da auch mir die jugendlichen Stuttgarter Chemie-Hilfsdiplome übers Chemie-Abi und später auch geholfen haben, kann ich Dir mitteilen das es u.a. genau diese Reaktion Glycerin + PSA war ;D, aber halt über dem Brenner und nicht wirklich definiertem Verhältnis, ohne Waage und Temp.kontrolle wird es ne ziemlich harte braune Plaste...

Hallo Kay,
es bleibt ein honiggelbes zähflüssiges Medium, der Überschuss neben dem Deckglas ließ sich am nächsten Tag vorsichtig wegkratzen und der Rest mit Wasser entfernen, dann mit Deckglaslack umranden. Fluoreszenz war damals nicht das Thema mit diesem Medium, weshalb ich dazu nichts sagen kann, wenn ich es recht erinnere war es aber Pol-tauglich.
Beste Grüße Stefan 

K. B.

Hallo Stefan,

ich nehme an die Angaben beziehen sich auf das 2:1 Gemisch, da müsste die Polymerkettenlänge ja bei 1:1 schon zu einem weitestgehend festen Eindeckmittel führen.
Dann muss ich mal bei Gelegenheit Proben herstellen und auf Fluoreszenz testen.

Viele Grüße
Kay
Mikroskop: Olympus BH-2 BHTU mit Trino (DL; PH; Fluo; DF)
                  Zeiss GFL Trinokular (DL; PH; Fluo; AL)
                  Olympus CK2 Invers Trino (DL; PH; Fluo)
                  Olympus GB (DL; PH)
Mikroskopkamera: Canon EOS 550D; EOS RP

purkinje

Hallo Kay,
ja richtig wir haben damals nur das mit n= 1,515 und eines hoher 1,522 hergestellt, ob wir die n gemessen hatten oder einfach den Angabe vertraut weiß ich nicht mehr. Mein "Supervisor" hatte damals Glycerin und PSA noch eimal kräftig exsikkiert, da Wasserfreiheit auch ein Thema bei dieser Synthese war.
Beste Grüße Stefan

Werner

Ich kann mich noch an ein ähnliches Gemisch erinnern:
Soviel festes Chloralhydrat (Kristalle) in Glycerin auflösen, bis der Glasstab zum Umrühren darin unsichtbar wurde. Beim Herausziehen schien der Glasstab wie durch Zauberei selbst abzutropfen.
Chloralhydrat gab es damals als Schlafmittel rezeptfrei in der Apotheke, heute muß man es sich selbst herstellen. Die Apotheker waren damals sehr hilfsbereit und konnten auch eine verschließbare Tüte aus einem Blatt Papier falten.

Gruß - Werner

spectator

Hallo Werner, hallo liebe Mikroskopiker,

da wir nun schon beim Chloralhydrat angekommen sind, seien noch 2 andere ehemals bekannte wasserlösliche Einschlußmittel  auf dieser Basis der Vergessenheit entrissen:
1. Einschlußmittel nach FAURE
In 10ml Wasser löst man 30g pulv. Gummi arabicum und fügt 20ml Glycerin hinzu. Zuletzt löst man im Gemisch 50g Chloralhydrat. Durch Glaswolle oder Watte filtrieren.
2. Einschlußmittel nach BERLESE
Man löst in 10ml Wasser 8g Gummi arabicum, 74g Chloralhydrat und 5g konzentr. Glucosesirup. Zuletzt fügt man 3ml Eisessig zu und filtriert durch Glaswolle oder Watte.

Beide Rezepte nach: H.Adam und G.Czihak, Arbeitsmethoden der makroskop. und mikroskop. Anatomie  - ein Laboratoriumshandbuch...

Hinweise: Das Wasser ist mit Thymol anzureichern! Gummi arabicum ist sonst ein Festschmaus für Mikroorganismen.
Die Filtration ist notwendig, da auch sauberes Gummi bzw. scheinbar klare Lösung jede Menge feinste Verunreinigungen enthällt. Wir haben zur Filtration ein leeres Chlorkalkröhrchen mit "Engelshaar" genutzt.
Die "Riesenmengen" Chloralhydrat sind kein Schreibfehler, es löst sich in der geringen Flüssigkeitsmenge tatsächlich auf.
Beide Einschlußmittel sind nicht für jahrzehntelang haltbare Präparate gedacht, es treten Kristallisationen auf, auch bei dichter Lackumrandung.

Viele Grüße

Helmut = spectator
Trinkt, o Augen, was die Wimper hält, von dem goldnen Überfluß der Welt!