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Binse mal wieder

Begonnen von KateWalker, Mai 05, 2011, 20:49:36 NACHMITTAGS

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KateWalker

Hallo,

auch ich bin seit einiger Zeit Mikroskopiefan. Ich bin in der 12. Klasse eines Gymnasiums. Nun stehen die Facharbeiten an.
Das Thema meiner Facharbeit im Biologie-Leistungskurs lautet "Untersuchungen zur Anatomie der Binse". Der Rohentwurf ist so gut wie fertig.

Leider findet man ja nicht wirklich viel Literatur zu der Binse. Und nun bin ich bei den Bezeichnungen.
Habe zwar angefangen, meine Querschnitte der Binsen zu bezeichnen, komme aber nicht weiter und bin mir sehr unsicher. Außerdem, denke ich, fehlt da noch einiges. Ich hoffe, dass sich hier jemand findet, der mir weiterhelfen kann und mir gegebenenfalls meine Bezeichnungen verbessert.  :)



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Dann noch ein Foto des Leitbündels und die Bezeichnung. Auch hier bin ich mir wieder unsicher.  :- Das Foto des Leitbündels der Binse habe ich mithilfe des Beitrages über den Papyrus hier im Forum versucht zu bezeichnen.




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Ich habe bei uns zwei verschiedene Binsenarten gefunden. Es wäre sehr nützlich, wenn ich wüsste, um welche Arten es sich handelt. Vielleicht hat ja einer von euch hier zufällig eine Idee, welche Binsenarten das sind. Gefunden habe ich beide an einem Tümpelufer.



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Obere Binse = Binse 1, untere Binse = Binse 2



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Binse 1, möglicherweise Flatter-Binse - juncus effusus ?



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Binse 2, möglicherweise Blaugrüne Binse - juncus inflexus ?

Jetzt schonmal vielen Dank an alle, die sich mit meinen Fragen auseinandersetzen!

LG

Kate


Klaus Herrmann

Hallo Kate,

hier bist Du richtig mit Deinen Fragen. Die "Schnibbelfraktion" wird immer größer und wird kenntnisreich unterstützt durch Detlef. Ich kann nur eine Kleinigkeit aufklären: die von Dir vermutete Spaltöffnung ist natürlich in der Epidermis, aber viel kleiner.

Auf meinem Schnitt sieht man 2 und gleichzeitig das Verstärkungs-Sklerenchym, das sich um den gesamten Umfang des Sprosses schön symmetrisch verteilt. Das gibt dem dünnen Binsenrohr die enorme Festigkeit.



Du hast sicher Freihandschnitte gemacht, dafür sind sie ganz schön geworden.

Flatterbinse könnte sein. Eigentlich könnte es in den unergründlichen Tiefen des web auch Spross-Querschnitte geben zur Bestimmungshilfe bei Binsen-Varietäten. Bei Schachtelhalm habe ich so eine Seite mal gefunden.

Mein Bild kann gerne von den Experten für detailliertere Bezeichnungen verwendet werden!

Bei Deinem ersten Übersichtsbild fällt auf, dass wahrscheinlich der Kondensor nicht richtig zentriert ist. Am Kondensorträger sind 2 Schrauben, wenn Du da dran drehst bewegt sich in Deinem Gesichtsfeld die Leuchtfeldblende; so kannst Du sie zentrieren.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Detlef Kramer

Hallo Kate,

Klaus Herrmann hat ja schon einiges mitgeteilt. Ich möchte nur zu dem Foto des Leitbündels etwas schreiben: da hast Du die Sache irgendwie auf den Kopf gestellt. Das, was Du als Xylem beschriftet hast, ist das Phloem. Siebröhren und Geleitzellen kann man da leider nicht differenzieren, denn dazu ist das Foto zu unscharf. Im Xylem kann man deutlich die Tracheen erkennen, also richtig beschriftet, aber, das was Du als Phloem bezeichnest, ist das übrige Xylem-Gewebe und der Interzellulargang. Versuche einfach, noch einmal ein wenig dünner zu schneiden, dann wirst Du alles besser erkennen können.

Die Bestimmung Juncus effusus, Flatterbinse dürfte stimmen.

Ich bin natürlich gerne bereit auch weiter zu helfen.
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

#3
Liebe Kate,

die Antwort von Klaus möchte ich noch ein wenig ergänzen.

Die in Deinem ersten Bild mit einem "?" versehene Struktur ist ein Luftraum, der nur von wenigen Markzellen durchzogen ist. Auf die anderen Punkte hat Klaus ja schon hingewiesen.
Interessant ist vielleicht, dass sich die Leitbündel der Binse nicht, wie bei den meisten Monokotylen, über den gesamten Querschnitt verteilen, sondern am Rand des Blattes angeordnet sind. Gemeinsam mit den Sklerenchymstreifen unterhalb der Epidermis erklärt sich durch diese Anordnung die Stabilität des Blattes (Korrektur: es handelt sich nicht um einen Stängel sondern um ein Blatt, daher ist die Anordnung sicherlich auch nicht so ungewöhnlich).

Beim Leitbündel ist Dir ein kleiner Fehler unterlaufen: Xylem und Phloem sind vertauscht. Im Phloem sind die größeren Zellen die Siebzellen (eventuell findest Du angeschnittene Siebplatten), die kleineren sind die Geleitzellen.

Im Xylem finden sich Tracheen und Zellen des Xylemparenchyms. Ein Cambium zwischen Xylem und Phloem fehlt (geschlossen kollaterales Leitbündel). In Klaus' Bild ist auch schön ein Interzellulargang zu sehen. Einen solchen glaube ich in Deinem Bild ebenfalls zu erkennen, aber leider etwas zerdrückt.

Chloroplasten sind Zellorganellen. Das entsprechende Gewebe würde ich als Assimilationsparenchym bezeichnen.

Zur Bestimmung der Binsenarten kann ich anhand der vorliegenden Bilder leider nichts sagen.

Vielleicht helfen Dir noch ein paar Literaturverweise:
- Farbatlas Pflanzenanatomie (Bryan G Bowes), S. 66 und 122, zwei Bilder mit kurzem Text zum Sternparenchym (Aerenchymatisches Mark) und dem Stängelaufbau
- Mikroskopisch-Botanisches Praktikum (Gerhard Wanner), S. 162 ff. zum Aufbau der Leitbündel
- Flora von Deutschland und den angrenzenden Ländern (Schmeil-Fitschen), 93. Auflage, S. 700ff, Bestimmungsschlüssel für die Juncaceae
- Grundkurs Pflanzenbestimmung (Rita Lüder), S. 317, wie oben, nur die wichtigsten Arten, bebildert und nicht ganz so kompliziert ...  ;D

Herzliche Grüße und viel Erfolg bei Deiner FA
Jörg  

oh ... Detlef war schneller  :)
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Für draussen: Leitz HM

KateWalker


Lieber Klaus, lieber Detlef, lieber Jörg,


vielen Dank erstmal!! Ihr habt mir schonmal sehr geholfen!! Anbei neue Bilder mit korrigierten Bezeichnungen. Ich hoffe, diesmal stimmt es.





Ist das Leitbündel deutlich genug? Besser bekomme ich das nicht hin. Ist es sinnvoll, die Fragezeichen auch noch zu beschriften? Wenn ja, wie?




Ist das auf diesem Bild eine Spaltöffnung?



Es wäre auch sehr nett, wenn jemand die Facharbeit vor Abgabe lesen würde. Darf ich jemandem die Arbeit mailen?

LG
Kate


Fahrenheit

#5
Liebe Kate,

aus meiner Sicht sind die Freihandschnitte wirklich gut - Binse ist gar nicht so einfach zu schneiden. Die Fotos scheinen durch das Okular gemacht zu sein und sind vermutlich nicht besser hin zu bekommen. Vielleicht machst Du noch mal eine Serie Aufnahmen und wählst dann die beste aus. Hat Deine Schule ein Mikroskop mit Trinotubus und Kamera? Vielleicht kannst Du auch dieses nutzen.

Wenn Du mit den Gewebearten noch unsicher bist, nutze z.B. die von mir oben empfohlene Literatur, insbesondere den Wanner. Immerhin ist die Anatomie das Thema Deiner Arbeit ...

Nun zu den Beschriftungen. Soweit alles OK, bis auf die Chloroplasten - die sind mit Sicherheit in den Zellen des Assimilationsparenchyms vorhanden aber Du beschriftest ja Gewebearten und nicht Zellinhalte ...
Das Mark mit den Sternzellen und die Zellen in den Lufträumen sind Aerenchyme. Deine Färbung lässt auch gut die wachsartige Cuticula über der einschichtigen Epidermis erkennen.

Die drei Fragezeichen gehören alle zur Leitbündelscheide, deren Zellen sklerenchymatisch verstärkte Zellwände haben. Die Tracheen hast Du schon einzeln beschriftet, die Xylemzellen dazwischen sind Xylemparenchym. Vielleicht gelingt es Dir, in einem Bild Siebröhren und Geleitzellen einzeln zu beschriften. In Deinem Bild würde ich die kleineren, dunkleren Zellen im Phloem als Geleitzellen ansprechen.

Ja, im Deinem dritten Bild hast Du ein Stoma eingefangen. Ganz schwach lässt sich dahinter die Atemhöhle erahnen. Und in den Zellen des Assimilationsparenchyms kann man tatsächlich noch Chloroplasten erkennen.

Wenn Du über die Anatomie der Binse schreibst, wäre es sicher nicht schlecht, zusätzlich zwei oder drei Zeichnungen auf Basis Deiner Fotos zu erstellen (nur die jeweils wichtigen Aspekte, z.B. ein einzelnes Leitbündel) und diese zu beschriften. Dinge, die das Foto nicht so deutlich wieder gibt, kannst Du dort idealisiert darstellen. Dieser Transfer zeigt auch, dass Du verstanden hast, was Du siehst (ein Grund dafür, dass Biologen in den Praktika auch heute noch Zeichnen müssen). Wenn ich Deine FA zu benoten hätte, würde ich gute Zeichnungen deutlich höher bewerten als Fotos. Aber das ist meine persönliche Meinung.

Deine Bilder kannst Du übrigens auch noch ein wenig nachbearbeiten. Ich nehme an, die Originalauflösung liegt höher als 800*600 Punkte? Was Du tun kannst, ist den Schwarz- und Weißpunkt anpassen, dann das Bild auf die gewünschte Auflösung verkleinern und anschließend nachschärfen. Das geht z.B. recht einfach mit der Freeware XNView (nur, falls Du nicht schon ein Grafikprogramm hast). Wenn Du dazu fragen hast, komm gerne auf mich zu. Du kannst mir auch einmal eine Deiner Originalaufnahmen zusenden und ich schicke sie Dir bearbeitet zurück, damit Du einen Eindruck bekommst.

Diese Bildbearbeitung sollte natürlich in der der Arbeit (z.B. im Rahmen eines Methodenanhangs, sonst gibt es ggf. Probleme mit der Seitenzahl) kurz beschrieben werden, genau wie die Schritte der Präparation (Probenaufbereitung, Fixierung, Färbung, Einschluss ...).

Ich schaue auch gerne einmal über die Arbeit, wenn Du das möchtest - aber erst, wenn Du der Meinung bist, dass sie fertig ist.  ;D
Meine E-Mail Adresse schicke ich Dir gerne per PN.

Herzliche Grüße
Jörg
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Detlef Kramer

Liebe Kate,

nur, weil ich mich auch schon rein gehängt hatte: Jörg hat mit allem Recht.

Ich wäre ggf. auch bereit das Manuskript zu lesen. Meine email-Adresse ist offen.

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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KateWalker

Hallo nochmal,

vielen Dank für die Antworten! Facharbeit ist jetzt so gut wie fertig.

Inzwischen habe ich noch eine Binse einer anderen Gattung mikroskopiert, die nicht das Sternparenchym hat.



Es handelt sich um eine Schoenoplectus. Wie könnte man hier wohl das Mark bezeichnen? In den "Freiräumen" befindet sich teilweise ein hauchdünnes Gewebe, das aussieht wie eine Art "Häutchen".



Hat jemand eine Idee, wie man das Gewebe und das "Häutchen" bezeichnet? Die Leitbündel verteilen sich hier auf den ganzen Querschnitt, nicht nur am Rand.

Vielleicht bekomme ich ja noch eine schnelle Antwort ;)

Viele Grüße
Kate

Fahrenheit

#8
Liebe Kate,

die beiden wichtigsten Unterschiede hast Du bereits benannt: die Verteilung der Leitbündel und der andere Aufbau der Lufträume im Mark. Auch sind die Sklerenchymstreifen bei der neuen Binse wohl nicht so stark ausgeprägt.
(Welche Auswirkungen die unterschiedliche Anatomie wohl auf die Steifigkeit der Blätter hat? Man könnte gleichlange und etwa gleich dicke Blattstücke der Arten an einem Ende vorsichtig einspannen (nicht quetschen) und am anderen mit Gewichten belasten, bis sie abknicken ...  ;D)

Die Oberbezeichnung für die luftigen Gewebe ist Aerenchym. Und auch bei der Schoenoplectus finden sich die Sternzellen, sie sind nur ein wenig derangiert und etwas voluminöser - dein zweites Bild zeigt das schön: das Häutchen ist aus diesen zusammengefallenen Sternzellen aufgebaut. Sie sind wohl nicht so stabil, wie bei den anderen beiden Arten und haben unter der Fixierung gelitten (Wasserentzug).
Wenn Du es versuchen möchtest: hier könnte ein AFE-Gemisch mit geringerem Ethanolanteil helfen.

Unter Umständen füllt das Sternparenchym bei Schoenoplectus auch nicht den gesamten Luftraum, sondern liegt in einzelnen Ebenen darin, zumindest scheinen die Kontaktstellen zu den umgebenden Zellen in Deinem Beispielbild alle mehr oder weniger in einer Ebene zu liegen.

Das kannst Du schön prüfen, in dem Du ein frisches Blatt quer und dann ein Stück davon vorsichtig längst mit einem scharfen(!) Skalpell oder einer Rasierklinge aufschneidest. Bei der Gelegenheit kannst Du auch schöne Makroaufnahmen machen, die wohl schon den unterschiedlichen Aufbau der beiden Blätter zeigen werden - eine gute Ergänzung zu Mikrobildern und Zeichnungen.

Herzliche Grüße
Jörg  
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Fahrenheit

#9
... nur noch mal zur Sicherheit:

Die Arten der Gattung Teichbinse (Schoenoplectus) sind - trotz des Namens - keine Binsengewächse, gehören also nicht zur Familie der Juncaceae.

Beide Gattungen gehören in die Ordnung der Süßgrasartigen (Poales), aber dann trennen sich die Wege:

Die Gewöhnliche Teichbinse (Schoenoplectus lacustris) aus der Gattung Schoenoplectus gehört in die Familie der Sauergrasgewächse (Cyperaceae).
Der echte Papyrus (Cyperus papyrus) gehört übrigens auch hier her. Auch bei ihm sind die Leitbündel im gesamten Mark verteilt und er hat ein Sternparenchym. Die Schnitte hast Du ja im Forum gesehen.

Die Flatterbinse (Juncus effusus) hingegen ist aus der Gattung Juncus und gehört in die Familie der Binsengewächse (Juncaceae).

Herzliche Grüße
Jörg
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KateWalker

Hallo Jörg, Klaus und Detlef!

Nochmal vielen Dank für eure Hilfe bei der Bezeichnung der Bestandteile der Leitbündel. Ich habe die Facharbeit inzwischen abgegeben. Leider bin ich so in Zeitstress geraten, dass ich sie euch vor der Abgabe nicht mehr zuschicken konnte. Ich hoffe, dass trotzdem alles okay ist. Jedenfalls bin ich sehr froh, dass es jetzt geschafft ist! Wer Interesse hat, dem kann ich die Arbeit gerne zumailen zum Schmökern ;)

LG

Kate

Fahrenheit

Liebe Kate,

gerne geschehen! Der Rest per PN.  :)

Herzliche Grüße
Jörg
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