Wartung an einem Zeiss - Objektiv

Begonnen von Nomarski, Juni 16, 2011, 21:23:53 NACHMITTAGS

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Nomarski

Guten Abend,

manche Objektive haben den Makel, daß der Präparateschutz nicht mehr einwandfrei funktioniert. Entweder ist die Führung sehr schwergängig, so daß die Federkraft nicht mehr ausreicht, um die Optik in die Arbeitsstellung zurückzubringen oder die Führung klemmt. Oftmals liegt es am verharzten oder eingetrockneten Schmierstoff.

Das folgende Beispiel zeigt die Demontage eines Planpos von Zeiss, 63/1,4 Öl:



Als erstes ist die Außenhülse mit der Gravur und dem Logo abzuschrauben. Der bewegliche Optikbecher aus Messing wird sichtbar. Eine dünne Schlitzmutter zwischen diesem Optikbecher und dem verchromten Außengehäuse ist nun herauszuschrauben.



Auf der Rückseite am RMS-Gewinde ist die Blende herauszudrehen und die Druckfeder zu entnehmen.
Da die Feder vorgespannt ist, muß diese bei Entnahme der Blende vorsichtig entlastet werden.



Nach Herausdrehen der kleinen Schraube in der L-förmigen Führungsnute läßt sich die Messinghülse mit den Linsen aus dem Außengehäuse herausnehmen:



Bis zu dieser Zerlegungsstufe bleibt die Optik als solche unangetastet, es wird nichts dejustiert.
Nach Säubern der Führungsflächen und dem Neuauftrag eines geeigneten Schmierstoffes lassen sich die gezeigten Schritte rückwärts ausführen. Die Federkraft sollte nun ausreichen, um den Linsenbecher wieder bis zum Anschlag ausfedern zu lassen.

Wie der Ausbau der Linsen erfolgt, falls erforderlich, zeigt die Fortsetzung.

Viele Grüße
Bernd

Nomarski

Bei einem 100er  Achromaten funktioniert das übrigens auf die gleiche Art uns Weise:


Hier das Objektiv vor der Demontage.


Nach dem Abschrauben der Hülse mit dem Logo und der Gravur.


Hier die Einzelteile. Die Linsen bleiben im Linsenbecher!


Der Zusammenbau. Hier gezeigt die Parkstellung, wenn es am Revolver nicht benutzt wird oder wenn das Präparat gewechselt werden soll.


Fertg mit intakter Federung. Nur wenn es bis zum Anschlag ausfedern kann, stimmt auch wieder der Abgleich.

VG
Bernd

TPL

#2
Hallo Bernd,
danke für die schön bebilderte Erklärung. Jetzt fehlen nur noch die Pol-Objektive ;D.
Was ist das für ein dünner Metall (?)-Ring, der auf dem dritten Bild ungefähr in der Mitte liegt? Eine Dichtung?
Schönen Gruß, Thomas

Nomarski

Hallo Thomas,

ZitatWas ist das für ein dünner Metall (?)-Ring, der auf dem zweiten Bild ungefähr in der Mitte liegt? Eine Dichtung?
Diese dünne Scheibe war auf der Ringauflagefläche über dem Feingewinde zu finden, auf dem die Chromhülse mit den Gravuren aufgeschraubt ist. Sie sollte bei der Montage auch wieder dort hin.
Sie ist allerdings nicht bei jedem Objektiv dort vorzufinden und dient wohl zum Ausgleich der Fertigungstoleranzen.

VG,
Bernd

Nomarski

Solange ein Objektiv ein einwandfreies Bild liefert, besteht kein Anlaß die Linsen auszubauen, da der Linsensatz als optische Einheit ab Werk schon genauesens justiert und vor allem zentriert ist. Ohne die entsprechenden Vorrichtungen und den nötigen Kenntnissen würde es schwerfallen, den Originalzustand wieder herzustellen.
Folgende Schritte sollte man also nur durchführen, wenn das Objektiv ohnehin kein brauchbares Bild mehr liefert und die Reparatur in einer Fachwerkstatt vom Kostenaufwand in keinem Verhältnis zum Marktpreis auf dem Gebrauchtmarkt stehen würde. Man hat also ohnehin nichts zu verlieren und die Chance das Objektiv vor dem Dasein als Briefbescherer zu bewahren.

Kommen wir also zurück zu dem Planapo 63/1,4 Öl, das ohnehin defekt ist:


Nach herausdrehen der Schlitzmutter können die Linsen nacheinander entnommen werden.


Die oberste Linseneinheit ist nun ausgebaut.

Fortsetzung folgt.

VG
Bernd

Nomarski

Ein weiteres Beispiel:


Ein Plan 63/0,9 mit Deckglaskorrektur. Der Objektschutz funktioniert zwar noch, aber der Ring für die Deckglaskorrektur läßt sich oft schwer betätigen oder läuft rubbelig, weil das Fett im Schneckengang eingetrocknet ist. Auch das läßt sich beheben.


Schritt 1: Abschrauben der vorderen Hülse mit der Gravur.


Schritt 2: Abnehmen des Skalenringes. Dazu die eine Madenschraube lösen. Bei der Montage muß die Madenschraube wieder in die Senkung treffen, sonst stimmt die Skala nicht mehr.


Der Stellring läßt sich nun einfach abnehmen. Er besteht aus zwei Teilen, die ineinander verschraubt sind.


Es handelt sich dabei um ein mehrgängiges Schneckengewinde. Nach dem Trennen sind die Positionen zueinander zu kennzeichnen, da bei der Montage dieselben Gänge ineinandergreifen müssen, da sonst der Indexstrich auf dem Stellring nicht mehr zum Skalenwert (Deckglasdicke) passen wird. Nach dem Entfernen des alten Fettes ist der Schneckengang und die Ringfläche mit neuem Fett zu versehen.

Die Bildqualität hängt bei diesem Objektiv von der Einstellung der Deckglasdicke ab und ist je nach Präparat anzupassen. Daher sollte der Einstellring leichgängig sein. Dazu muß auch die Hülse mit der Optik unter der Fassung leicht gleiten können. Das Objektiv ist im Inneren daher mit zwei Druckfedern ausgestattet, eine für den Objektschutz und eine für die Deckglaskorrektur.

VG
Bernd

Nomarski

Und noch ein Problemfall:


Ein Plan-Neofluar 40 mit Einstellring für die Immersion.

Beim Drehen des Einstellringes tat sich jedenfalls kaum was, deswegen bin ich der Sache auf den Grund gegangen:


Um das Objektiv soweit zerlegen zu können, bedurfte es eines Tricks, denn der Ring mit der Steuerkurve war in dem Riffelring regelrecht festgegammelt und dieser nach dem Herausdrehen der Madenschraube nicht so ohne weiteres abzuziehen ging. Erst dann läßt sich nämlich die Bolzenschraube herausdrehen, um die Mechanik säubern zu können.

Klaus Herrmann

Lieber ernd,

eine reife Leistung und super dokumentiert!

Du bekommst den Titel Doc. Obj.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Nomarski

Zitat von: Herr Klausmann in Juli 08, 2011, 22:58:15 NACHMITTAGS
Lieber ernd,

eine reife Leistung und super dokumentiert!

Du bekommst den Titel Doc. Obj.
Und Du wärst die ideale Sprechstundenhilfe!  :D

Ich habe hier nämlich einen weiteren Patienten:


Ein Planapo 40/0,95 mit Deckglaskorrektur. Die Deckglaskorrektur ist zwar noch leichtgängig, aber es federt kaum noch.


Als erstes wird mal wieder die Hülse mit der Gravur abgeschraubt.


Als nächstes kommt der Skalenring dran, die Madenschraube sitzt mitunter fest, WD40 hilft ganz gut.


Der Ring für die Deckglaskorrektur läßt sich so noch nicht abnemen, man muß die äußere Hülse zuerst von der unteren abdrehen, damit das Langloch mit der Bolzenschraube zugänglich wird. Sie muß nicht vollständig abgedreht werden, da es sich mal wieder um ein mehrgängiges Schneckengewinde handelt. Die beiden Teile müssem dann auch wieder in die richtigen Gänge.


So sieht es aus, wenn der Ring abgenommen ist.


Die hintere Blende am RMS-Gewinde läßt sich mit diesem Spezialwerkzeug wunderbar lösen. Aber Vorsicht, sie stützt auch gleichzeitig eine Druckfeder.


Die Optik läßt sich nach vorne hin rausziehen, sobald die Boltenschraube herausgedreht ist. Es folgt eine weitere Druckfeder.


Die Optik besteht aus zwei Teilen, die gegeneinander verschoben werden können mittels des Ringes für die Deckglaskorrektur.

Nach dem Reinigen der verharzten Führung und Neufettung erfolgt der Zusammenbau in umgekehrter Reihenfolge.

Alfons Renz

Hallo Bernd,

Ganz herzlichen Dank für diese vorbildlichen Beschreibungen!

Dennoch komme ich hier bei diesem Objektiv nicht weiter:



Hier stellt sich das Problem, ob dieses Objektiv überhaupt eine Federung besitzt und welches Teil sich bewegen lassen müsste: Sitzt die Gleitfuge bei der Markierung 1 oder 2 ?

Auf jeden Fall stimmt die Parfokalität nicht mehr: Ich muss das Objektiv ca 2 mm senken, bis es die Objektebene trifft. Das lässt eine blockierte Federung vermuten. Allerdings: Obwohl ich das Objektiv so weit wie möglich zerlegt habe, konnte ich keine gleitende Hülse finden. Die einzige Spiralfeder, die im Objektiv zu erkennen ist, drückt gegen das Korrektur-Glied zur Einstellung der Deckglasdicke. Wo oder wie könnte da noch eine zweite Federung der Frontlinsen-Hülse verbaut sein? Und wie bekomme ich die wieder gängig?

Mit freundlichen Grüßen und Dank im voraus!

Alfons

wilfried48

Hallo Alfons,

das ist ein long distance Objektiv für ein Umkehrmikroskop und der Korrekturring korrigiert nicht die Deckglasdicke
sondern die Objektträgerdicke.
Es besitzt keine Federung, da man die im Umkehrmikroskop nicht braucht (der Objektträger kann ja abheben). Es ist
auch im Umkehrmikroskop nicht ganz parfokal und muss etwas angehoben werden. Wenn du es im Aufrechten durch ein Deckglas verwendest musst du es natürlich um über 1mm absenken. Aber selbst wenn du einen Fokus erreichst wäre die Bildqualität natürlich wegen der falschen Korrektur misserabel.

Also das Objekt umdrehen den Korrekturring auf 1,1 stellen und gut ists (falls dein Objektträger nicht dünner ist)  ;D

schärfende Grüsse
Wilfried
vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Alfons Renz

#11
Lieber Wilfried,

Herzlichen Dank für diese sehr überzeugende Erklärung! Ich hätte doch meine Brille aufsetzen und die Beschriftung des Objektivs genau lesen sollen um nicht nach etwas suchen zu wollen, was es gar nicht gibt.

Nun stellt sich allerdings das nächste Problem: Es ist das 63 x Planapo, das auch Bernd in seinem Beitrag vorgestelltund zerlegt hat:



Nur kann ich die Hülse nicht wie beschrieben herunterdrehen. Es scheint, als wäre sie oben in der Fuge mit einem weißlichen Material eingegossen. Mit Gewalt möchte ich es nicht versuchen, da die ganze Kraft dann auf der kleinen Schraube in der L-förmigen Nut liegen würde. Oder kann man das Objektiv ev. auch an der mit roterm Strich markieren Stelle aufschrauben? 

Einen schönen Abend noch!

Alfons

Nomarski

#12
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Nomarski

Hallo,

nach längerer Pause mal wieder ein neuer Fall:


Wir haben hier ein zerlegtes Opton 100/1,25 Öl mit Iris. Das Immersionsöl, das normalerweise nur zwischen Objektivfrontlinse und dem Deckglas was zu suchen hat, war mysteriöserweise in das Innere des Objektives eingedrungen. Das Linsenpaket mußte also ausgebaut werden, damit man das eingedrungene Öl wieder entfernen konnte.


Auch die Iris mußte ein wenig gereinigt werden.


Auf diesem Bild ist die relativ unübliche Trennstelle der Objektivbaugruppen zu sehen.


Und das Objektiv im zusammengebauten Zustand.

VG
Bernd