Limoniidae Thorax quer in Höhe der Coxen

Begonnen von Jürgen H., Juni 18, 2011, 14:23:40 NACHMITTAGS

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Jürgen H.

Liebe Mitmikroskopiker,

Hier ist ein Querschnitt durch den Thorax meiner Limoniidae zu sehen. Oben im Bild befindet sich der Rücken, unten der Bauch mit den Ansätzen der ersten Beinglieder, der Coxen. Der Darm D liegt hier relativ weit oben im Thorax, eines der drei Thorakalganglien G ist im Anschnitt ventral zu sehen.   Die großen Thoraxtracheen Tr, die beiderseits zu den Stiegmen laufen, sind ebenfalls angeschnitten, dorsal und an den Seiten zeigen sich schmale Fettkörperlappen FK.

Vom großen Beinnerv N, der von einem Thorakalganglion ausgeht, ist beiderseits ein kleines Stück zu erblicken. Im oberen Bereich des Bildes verlaufen in der Mitte paarig, quer geschnitten, mächtige Muskelstränge, die den Thorax zwischen Vorder- und  Hinterende zusammenziehen können. Deren Antagonisten, die den Thorax annährend zwischen Rücken und Bauch zusammenziehen können, sind hingegen paarig an den Seiten des Thorax zu sehen. Diese Muskeln sorgen in ihrem Wechselspiel für eine rhythmische Verformung des Thorax, die mit einer Hebelwirkung indirekt die Flügelbewegung zur Folge hat. Das Prinzip ist hier in einer Animation nett anzusehen.

http://www.google.de/imgres?imgurl=http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c2/Motion_of_Insectwing.gif&imgrefurl=http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Motion_of_Insectwing.gif%3Fuselang%3Dde&usg=__hpmP8cijs-3cvOShG5grp2cA1dc=&h=400&w=480&sz=351&hl=de&start=4&zoom=1&tbnid=6RduKsYye6s7pM:&tbnh=108&tbnw=129&ei=ipL8TdDuHI_DswbxwI30DQ&prev=/search%3Fq%3Dinsekten%2Bflugmuskulatur%26hl%3Dde%26client%3Dfirefox-a%26hs%3DwOa%26sa%3DX%26rlz%3D1R1GGGL_de___DE358%26biw%3D1600%26bih%3D1030%26tbm%3Disch%26prmd%3Divnsb&itbs=1&biw=1600&bih=1030






Gut zu erkennen ist auch im unteren Bereich die umfangreiche Muskulatur der Coxen und ihre Bestigung und Chitinwänden.

Mit S bezeichnet ist eine Stelle der Coxen, die ich hier vergrößert zeigen möchte:



N wieder der angeschnittene Nerv Bei S zeigt sich eine weichhäutige nicht chitinöse Verbindungsstelle, die mit kuppelförmigen blaugefärbten Körperchen bedeckt sind, die zudem auch noch leicht behaart sind. Es besteht eine offenbare Ähnlichkeit zu den Kuppelsensillen an den Halteren, die Dieter Stoffels hier https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=9245.0 so gezeigt hat:



Daher gehe ich davon aus, dass es sich hier ebenso um Sensillen handelt, mit denen das Tierchen die Beinstellung kontrollieren kann.

Schnitte in Paraffin, ca. 5µ. Färbung mit Hämatoxylin Ehrlich und Azophloxin. Das obere Bild ist ein Stich aus 17 Teilbildern, das zweite ist ein isoliertes Bild, das mit dem 40er Objektiv geschossen worde.

Mikrogrüße

Jürgen




Dieter Stoffels

Hallo Jürgen,

vielen Dank für die Aufnahmen dieses tollen Schnittes durch den Thorax der Mücke. An Deinem Schnitten wird wieder deutlich, um was für Kraftpakete es sich bei den Insekten handelt. Was mich an solchen Insektenschnitten immer besonders beeindruckt, ist  das im Schnitt unscheinbare Tracheensystem, dass sich als verzweigtes (innenstabilisiertes) "Rohrsystem" durch den gesamten Organismus des Tieres zieht und ihn mit Sauerstoff versorgt. Ob es sich bei Deinen Strukturen um Kuppensensillen handelt, vermag ich so nicht zu entscheiden. Hierfür wären Semidünnschnitte erforderlich (darüber müssen wir mal gesondert sprechen). Die Strukturen ähneln aber tatächlich den Sensillen, die ich bei der Haltere beschrieben habe. Biegerezeptoren an einer derartigen Stelle, wären sicher sinnvoll. Bei der Durchmusterung der Technovitschnitte "Thorax" werde ich gesondert auf diesen Bereich achten.

Nochmals vielen Dank für Deine Ausführungen!!!

Dieter

Jürgen H.

Lieber Dieter, herzlichen Dank für Deine Worte!

Natürlich lässt sich leider anhand meines Bildes nicht entscheiden, ob es sich wirklich um Kuppelsensillen an den Coxen handelt. Grund für meine Vermutung ist allerdings nicht nur die Gestalt. Vielmehr entnehme ich der Literatur,  dass  sich in der Nähe der Gelenke solche Sensillen befinden - insbesondere auch an den Coxen. So schreiben etwa Kükenthal u. Weidner in Morphologie, Anatomie und Histologie: "Die Sinneskuppeln finden sich an vielen Stellen der Imagines.... hauptsächlich in der Nähe der Gelenke oder an Strukture, wo die Kutikula Verbiegungen ausgesetzt ist.... Sie orientieren über Durchbiegungen und andere Beanspruchungen an den Kutikularflächen."

In jedem Fall liegt hier eine Stelle vor, die dem Insekt trotz der starren Chitinhüllen die Beweglichkeit ermöglicht. Existieren Sensillen an den Beinen, dann wären sie hier zu suchen. Es ist zu vermuten, dass sich die Kuppeln verflachen, wenn die chitinbewehrten angrenzenden Stellen auseinandergezogen werden. Funktional könnte sich daher unter den Kuppeln ein Sinneskörper befinden, der bei dieser Verflachung gedrückt und gereizt wird, wie das bei den campaniformen Sinneszellen der Fall ist. Was mich zögern lässt, ist der Umstand, dass sich unter den kuppelförmigen häutigen Stellen kein deutlicher zellulärer Unterbau zeigt.

Ich bin sehr gespannt, ob Du in Deinen Schnitten diesbezüglich etwas findest.

Herzlichen Gruß

Jürgen