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Wasserfloh-Kristall

Begonnen von Ernst Hippe, Juni 17, 2011, 09:01:21 VORMITTAG

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wilfried48

Hallo Ernst,

dass die Kristalle innen an der Schale sind würde nicht stören, wenn die Schale nicht dicker als ca. 0,5 µm ist,
da es dem Elektronenstrahl egal ist ob er zuerst durch die Schale oder durch die Kristallite muss.

Wenn du noch ein ausgetrocknetes Präparat übrig hast darfst du es mir mal schicken, ich werde dann mal versuchen ob ich eine Schale auf ein TEM Trägernetzchen übertragen kann, weil oft macht erst Versuch klug

viele Grüsse
Wilfried
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Miner

Tag. Als Biologielaie wuerde ich erwarten dass die Flohschale (spricht man bei Insekten nicht von Panzern?) aus Chitin ist. Da sollte sich der Elektronenstrahl doch wohl nicht von beindrucken lassen. Eher koennte ich mir vorstellen dass er das Chitin vaporisiert und damit die Vakuumkammer beschichtet. In dem Sinne sollte der Praeparationsaufwand  nahe 0 sein.
Schoenen Sommerabend
Ole

Ernst Hippe

Hallo Wilfried,
leider habe ich kein Präparat mehr, auch kein ausgetrocknetes. Ich werde aber dran denken. Sollte so ein ausgetrocknetes mit Deckglas sein?
Gruß Ernst Hippe
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wilfried48

Hallo Ernst,

mit Deckglas austrocknen lassen wäre wahrscheinlich besser, dann ist die Präparatstelle beim Transport sogar geschützt. Ich muss dann das Decklas abmachen die Dapnia Schale im Stereomikroskop wiederfinden und per Mikropräparation mit eine feinen Nadel auf ein TEM Folien-Trägernetzchen übertragen.

@Ole
der Elektronenstrahl lässt sich von einer dicken Chitinschale sehr wohl beeindrucken. Bei einer zu dicken Schale werden zu viele Elektronen inelastisch gestreut und sind für eine Abbildung nicht mehr zu gebrauchen sondern heizen nur die Schale auf. Die Abbildung und auch die Elektonenbeugung (kohärente Elektronenstreuung) wird mit den elastisch gestreuten Elekronen gemacht, also mit Elektronen die beim Durchgang durch das Präparat keine Energie verloren haben sondern nur eine Winkelablenkung erfahren haben.

viele Grüsse
Wilfried
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Miner

Hallo Winfried
ich würde aber erwarten dass organischer Kram sich soweit aufheizt dass er früher oder später verdampft (wenn der Panzer dünn genug ist eher früher als später). Stimmt das nicht? Und dann wäre der Kristall im Handumdrehen freipräpariert.
Ole

wilfried48

#35
Hallo Ole,

nochmal,
ein Transmissionselektronenmikroskop ist kein Elektronenstrahlverdampfer für organische Präparate
sonst könnte man damit z.B. biologische Präparate (Ultramikrotomschnitte) gar nicht anschauen. Durch die hohe Elektronenenergie gehen die meisten Elektronen bei genügend dünnen Präparate ohne inelastische (also ohne energieübertragende) Wechselwirkung durch das Präparat durch (so wie das Licht beim Lichtmikroskop).
Wenn die Präparate zu dick sind kann man durch inelastische Wechselwirkung und der damit bedingten Energieverluste keine Abbildungsqualität mehr erhalten. Man könnte zwar mit Elektronenquellen mit sehr hoher Leistungsdichte das Material auch verdampfen aber dafür  sind die Elektronenmikroskope nicht ausgelegt, weil es ja auch gar nichts nützen würde und dann Teile des Präparats oder des Trägers vorher schmelzen würden.
Man würde ja auch nicht auf die Idee kommen ein zu dickes lichtmikroskopisches Präparat durch Einkoppeln eines starken Lasers in das Lichtmikroskop teilweise zu verdampfen und hoffen so ein schönes Präparat zu erhalten.

Die einzige Methode, wie man eine zu dicke Schale um die Kriställchen wegbekommen könnte, wäre eine Plasmaveraschung im Sauerstoffplasma. Dazu müsste man aber wissen, dass die Kristallite selbst keine organischen Bestandteile haben und man müsste spezielle TEM Trägerfolien haben die nicht kohlenstoffhaltig sind.

viele Grüsse
Wilfried


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wilfried48

#36
Hallo,

nachdem mir nun Ernst ein eingetrocknetes Präparat mit den Kristallen auf der Schale des Wasserflohs geschickt hat, habe ich versucht ein Präparat für das Transmissionselektronenmikroskop TEM daraus zu machen.

Die eingetrocknete Wasserflohschale auf dem Glasobjektträger sah im STEMI bei 90 facher Vergösserung so aus:


Die nächste Aufnahme zeigt im Vergleich dazu ein TEM Trägernetz bei 50 fach im STEMI:

Ein TEM Trägernetz ist ein Kupfernetz mit ca. 20 µm Dicke und 3 mm Durchmesser. Die Maschen diese Netzes haben eine Weite von ca. 40 µm und sind mit einer dünnen Kohlenstofffolie mit ca 20 nm Dicke überspannt. Der Kohlenstofffilm ist mit Elektronen gut durchstrahlbar sodass er nicht stört.
Es galt nun unter dem STEMI den Wasserflohkrümel auf das Netzchen zu präparieren, ohne dass alles zerreisst.
Ich habe daher mit einer feinen Drahtöse von Durchmesser des TEM Netzchens einen Tropfen Wasser auf das Objekt gesetzt und mit einer feinen Präpariernadel die Wasserflohschale mit den Kristalliten vorsichtig vom Objektträger gelöst bis das Objekt in diesem Wassertropfen schwamm. Nun kann man mit der Drahtöse den Wassertropfen mit dem darin schwimmenden Objekt aufnehmen und über dem TEM Trägernetz absetzen und wieder eintrocknen lassen.
Das ganze sieht dann im Auflichtmikroskop im Hellfeld bei 100 facher Vergrösserung so aus:


Man sieht dass einige Maschen der Trägernetzchens vom Objekt bedeckt sind und im Auflicht  Polarisationskontrast
kann man bereits erahnen, dass auch die kristallinen Bestandteile noch enthalten sind:

Letzte Gewissheit bringt dann die Aufnahme im Durchlicht Polarisationskontrast durch die Trägerfolie hindurch
mit Hilfsobjekt Rot 1.:


Mal sehen was nächste Woche das TEM dazu sagt d.h. ob die Kristalle mit 200 KeV schnellen Elektronen für Elektronenbeugung durchstrahlbar sind. Aber für Energiedispersive Röntgenmikrosanalyse (EDX) müsste es in jedem Fall reichen.

Das war nach 20 Jahren das erste TEM Präparat, das ich wieder selbst präpariert habe  ;D ;D ;D

viele Grüsse
Wilfried


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Ernst Hippe

Gratuliere zu dieser schwierigen Präparation und bin gespannt auf weiteres!!
Gruß Ernst Hippe
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wilfried48

#38
Hallo,

ich konnte diese Woche kurz ins Transmissionselektronenmikroskop. Wie erwartet sind die Kristalle bzw. die Wasserflohschale zu dick um eine vernünftige Abbildung zu erhalten. Man sieht nur die Umrisse. Im Beugungsstrahlengang sieht man aber immerhin ein verwaschenes Beugungsbild, das sich aber schlecht auswerten lässt.
Aber mit der energiedispersiven Röntgenmikroanalyse (EDX) findet man die Linien für die Elemente Ca, C, und O.
Das heisst es ist entweder Kalziumkarbonat CaCO3, oder da der Kohlenstoff ja auch aus der Wasserflohschale stammen könnte, vielleicht auch "nur" Kalziumoxid oder Kalziumhydroxid.
Wären die beiden letzteren auch doppelbrechend ?
Wenn nicht, dann wäre ja alles klar.

viele Grüsse
Wilfried

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Miner

Tag.
Wikipädia weiß alles: CaO (Branntkalk) ist kubisch und also nicht doppelbechend. Ca(OH)2 (Löschkalk, Portlandit) ist trigonal und somit in der Regel doppelbrechend. Allerdings würde in einem Wasserfloh Branntkalk mit Wasser sofort zu Löschkalk reagieren, und dieser zusammen mit CO2 zu Kalk. Welche der drei Phasen auch immer im TEM vorliegen mag, im Floh wird es wohl Kalk gewesen sein.
Aber wenn du schon grad dabei bist:
Branntkalk, CaO:      Ca:O = 1:1
Löschkalk, Ca(OH)2: Ca:O = 1:2
Kalk, CaCO3:           Ca:O = 1:3
Vielleicht lässt sich das Verhältnis von 1:3 ja bestätigen, das wäre dann eine Beruhigungspille.
Grüße
Ole

Ernst Hippe

Hallo Wilfried,
die große Mühe scheint sich doch "ein Stück weit" gelohnt zu haben. Vielleicht gibt es noch mehr Klarheit - wir haben ja auch Chemiker unter uns!
Gruß Ernst Hippe
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