Hauptmenü

Allende Meteorit

Begonnen von Holger Adelmann, Juli 12, 2011, 14:00:26 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

heute poste ich ein paar Bilder eines Meteoriten-Duennschliffs.
Es handelt sich um den Allende Meteoriten, ich denke es ist der grösste "kohlige Chondrit" (s.u.), der je auf der Erde gefunden wurde.
Am Himmel wurde das Eintauchen des Meteoriten in der Nacht auf den 8. Februar 1969 ueber der Mexikanischen Region Chihuahua beobachtet. Danach setzte eine intensive Suche nach den Bruchstuecken ein, von denen etliche ueber eine Region von ca. 50x8 km verteilt gefunden wurden.

Der Allende Meteorit besteht aus vielen rundlichen, Calcium-Aluminium reichen Einschluessen (Chondren) von ca 0.1 bis 2 mm Durchmesser in einer kohlig / metallischen, nahezu opaken  Matrix.

Die Materie des Meteoriten hat sich offenbar direkt aus der Gaswolke des enstehenden Sonnensystems geformt und ist damit noch etwas älter als die Erde, welche sich aus der gleichen Wolke vor etwa 4.65 Milliarden Jahren formte.

Die Chondren sind wunderbar strukturiert, die Kristalle oft wie die Saiten einer Harfe angeordnet.
Die volle Schönheit erstrahlt im polarisierten Licht.

Viel Spass beim Anschauen & herzliche Gruesse
Holger

Leitz Orthoplan POL, Moticam 2300.













olaf.med

Lieber Holger,

vielen Dank für Deinen schönen Beitrag :)! Vielleicht zur Ergänzung (bzw Richtigstellung) noch folgendes: Die Chondren sind nicht die Calcium-Aluminium reichen Einschlüsse, die den Allende Meteorit interessant machen, sondern sie sind ehemalige Schmelztropfen, die zu Olivin oder Enstatit (ein Pyroxen) auskristallisierten und haben sehr wenig oder gar kein Calcium und Aluminium. Chondren sind in den meisten Steinmeteoriten enthalten und gar nicht ungewöhnlich, aber dafür sehr schön, wie Deine Bilder ja belegen.

Die Calcium-Aluminium-Einschlüsse sind im Handstück weiß und eher amöboid als kugelig. Manche von Ihnen enthalten sogar präsolare Materie und sind daher wissenschaftlich höchst interessant, aber  optisch eher langweilig.

Herzliche Grüße und weiter so!

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Frank D.

#2
Hallo Holger,

einen feinen Dünnschliff zeigst Du uns da, danke.

Als Ergänzung zu Deinem Beitrag kann ich hier eine Allende-Scheibe und einen CaAl-Einschluss im Auflicht anbieten.
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4463.0

Vielleicht kann uns Olaf kurz erklären, wie diese parallelen Kristallanodnungen entstanden. Möglicherweise durch die Schockwirkung nach einem kosmischen Zusammenstoß?
Auf Deinen Fotos erkennt man auch sehr schön leicht versetzte Teilstücke, die offensichtlich zusammengehörten.
Diese treppenförmige Struktur ist mir von den "Riesbelemniten" bekannt.
(Das sind versteinerte Tintenfisch-Rostren, die nach dem Einschlag des Nördlinger Ries-Meteoriten, durch die Schockfront, in kleine Scheiben zerteilt und danach versetzt zusammengebacken wurden.

Herzliche Grüße
Frank

PS: Ich sehe gerade in dem verlinkten Thread, dass dort von einem bevorstehenden Dünnschliff die Rede war. Ist er das?

Holger Adelmann

Vielen Dank für das nette Feedback  :)

@ Olaf: Danke für deine Erläuterungen / Berichtigungen ! Jetzt schaue ich mal genauer auf das Unauffällige  ;D

@ Frank: Dein Auflicht-Bild ist ein schöne Ergänzung, vielen Dank dafür. PS: Der Holger in dem verlinkten Thread ist ein anderer ...

Herzliche Grüsse zur Nacht
Holger

Rawfoto

Hallo Holger

Ich finde die Bilder toll, danke fuers Zeigen :-))

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

olaf.med

#5
Hallo Frank,

ZitatVielleicht kann uns Olaf kurz erklären, wie diese parallelen Kristallanodnungen entstanden. Möglicherweise durch die Schockwirkung nach einem kosmischen Zusammenstoß?

Gerne kann ich das tun:  Solche Texturen haben nichts mit Schockphänomenen zu tun, sondern entstehen beim der schlagartigen Kristallisisation von unterkühlten Schmelzen. Experiment: Sprudelflasche für eine Stunde in die Kühltruhe legen, sehr vorsichtig herausnehmen und zart anklopfen. Nimm aber die PET-Version, sonst fegst Du viele Scherben ;D :D.

Bei dieser schnellen Kristallisation sprossen viele Kristalle gleichzeitig parallel, subparallel oder strahlig aus. Sowas gab's übrigens in der frühen Geschichte der Erde auch. Bei Gesteinen sind sehr hohe Temperaturen der Ausgangsschmelze erforderlich (Olivin schmilzt bei ca. 1800 °C) und solche Bedingungen herrschten nur im Präkambrium - heute erreichen Gesteinschmelzen (Magmen) gerade mal 1250-1300 °C.

Diese alten, ultraheiß entstandenen Gesteine heißen Komatiite (nach dem Komati Valley in Südafrika) und die Kristallgefüge nennt man Spinifex-Textur (nach einem sehr harten austalischen Gras, das in solchen Büscheln wächst). Hier sind Dünnschliff-Bilder von Komatiiten in linear polarisiertem Licht und bei gekreuzten Polarisatoren.













Ich bin sicher, dass wir von Holger demnächst noch bessere Bilder von Komatiiten sehen - er hat schon eine Probe für einen Dünnschliff bekommen.

Viel Spaß mit Spinifex,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

wie von Olaf ja schon angekündigt kommt hier als Ergänzung mein Komatiit, den ich dankenswerterweise auf der Kornrade als Geschenk bekam :)
Echte Komatiite sind selten, das gezeigte Stück stammt aus Zimbabwe. Dieser Fund ist beschrieben in: Nisbet et al, Geology 15 (Dez 1987), pp 1147-1150.

Das angesägte Handstück zeigte mir ja makroskopisch ohne Lupe schon die von Olaf genannte und in seinen Links gezeigte Textur ("Spinifex").

Aber erst im Dünnschliff zeigen sich die wahren Schönheiten dieses irren Gesteins, welches sich vor 2,7 Milliarden Jahren aus damals sehr heissen Schmelzen im Erdmantel bildete. Diese heute nicht mehr erreichbaren Schmelztemperaturen erklärt man durch eine grössere Häufigkeit radioaktiver Elemente in der frühen Erde des mittleren Archaikums (4,5 bis 2,6 Milliarden Jahre). Damals waren die Temperaturen im Erdmantel um bis zu 500 °C heißer als heute.

Ich möchte hier die Bilder noch durch meine aktuellen Aufnahmen am Leitz Orthoplan POL (mit Moticam 2300) ergänzen.
Bild 1 ist eine Übersicht, manche der abgebildeten Nadeln sind bis ca. 10 mm lang !!
Erstaunlicherweise gibt es nicht nur die Nadeln, sondern auch tolle geschwungene Formen, wie das letzte Bild zeigt.


Viel Spass beim Anschauen & herzliche Grüsse
Holger













Stefan_O

Sehr schön, Holger, vielen Dank!

Gruss,
Stefan

Johannes Kropiunig

Hallo
Diese Bilder sind der Beweis das die Natur der beste Künstler ist.

Danke
Johannes
Biologische Mikroskop: Zeiss Standard 16
Stereomikroskop: Lomo MBS 10
Kameras:  EOS 1100D, EOS 1000D, EOS 1000Da, und EOS 350Da Peltier gekühlt

Sag es mir - und ich werde es vergessen. Zeige es mir - und ich werde mich daran erinnern. Beteilige mich - und ich werde es verstehen.
Laotse

Frank D.

Lieber Olaf, lieber Holger,

das sind wirklich äußerst interessante Aufnahmen und wunderbar abgelichtet.
Für die Erklärung der Kristallbildung in den Chondren bin ich Dir auch dankbar Olaf. Die Harfen-, radiale Streifen- und Federformen sind zwar in meinen Büchern abgebildet und beschrieben, deren Entstehung wurde aber leider ausgelassen.

Eine ähnliche Chondre fand ich in einem gekauften Meteoriten-Dünnschliff (NWA869). Kann es sich hierbei auch um eine "schlagartige Kristallisation" handeln?
Holger, entschuldige bitte mein Bild, es hat ja eigentlich mit Allende nichts mehr zu tun.

Herzliche Grüße
Frank


Holger Adelmann

Lieber Frank,

kein Problem, der Komatiit hat ja mit Allende eigentlich auch nichts mehr zu tun. Ist halt nun eh ein gemischter Beitrag geworden, um die Kristallisationen zu vergleichen - ich habe damit überhaupt kein Problem, im Gegenteil.
Olaf's fachliche Ergänzungen hierzu sind doch sehr passend.  :)

Ich finde, Dein Bild zeigt in der Tat eine ähnliche Kristallstruktur wie im Allende Chondrit, also vermutlich ähnliche Entstehung.

Zu meinen Komatiit Bildern habe ich hier noch einen Link angegeben, wo man das Übersichtsbild in höherer Auflösung abholen kann:
http://www.fotos-hochladen.net/uploads/komatiitzimbabgk62jsym8q.jpg

Herzliche Grüsse
Holger

olaf.med

Lieber Frank,

ZitatEine ähnliche Chondre fand ich in einem gekauften Meteoriten-Dünnschliff (NWA869). Kann es sich hierbei auch um eine "schlagartige Kristallisation" handeln?

Alle Chondren waren ursprünglich unterkühlte Schmelztropfen solarer Materie, die später auskristallisierten. Somit ist dieses Phänomen nicht auf den Allende beschränkt, sondern gilt für alle Chondrite, die mit Abstand die häufigsten Vertreter unter den Meteoriten sind.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Klaus Herrmann

Lieber Holger,

da Frank schon deine außerirdisch schönen Bilder durch ein weiteres ergänzt hat trau ich mich auch aus der Deckung mit einer irdischen Ergänzung, die aber vielleicht zum Ziel hatte außerirdische Vorgänge nachzuvollziehen.

Olaf, der das Präparat kennt kann vielleicht wissenschaftlich erläutern.

In einer Kollektion von schönen Voigt & Hochgesang-Präparaten waren drei mit der Bezeichnung: Olivinknolle im Lichtbogen erschmolzen

beides Mal PlanNeo 10 einmal gekreuzte Polarisatoren und einmal ohne.



Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

olaf.med

#13
Lieber Klaus,

was Du da zeigst ist nichts anderes als eine synthetische Chondre. Der Mechanismus ist immer gleich: bei spontaner blitzartiger Kristallisation sprießen langnadelige, z.T. skelettförmig ausgebildete Kristalle; siehe ganz oben erwähntes Experiment mit der Sprudelflasche. Crémant geht übrigens auch, ist aber viel zu schade ;D.

Deine "Pseudochondre" entstand, weil es sich um einen Schmelztropfen handelte. Hier sind noch einige Bilder von schnell kristallisierten Produkten in anderen Formen, die Skelettwachstum in voller Schönheit zeigen. Viel Spaß beim Anschauen!

1. Abgeschreckte Schmelze in einem Riß in einem Korund-Tiegel, ca. 5mm Bildbreite:



und ein Detail daraus:



2. Synthetische abgeschreckte Gesteinsschmelze basaltischer Zusammensetzung im linear polarisierten Licht und bei gekreuzten Polarisatoren:









Gruß, Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Rawfoto

Hallo Holger

Das letzte von Dir gezeigte Bild ist unglaublich schoen! Es sind natuerlich alle toll, aber dieses gefaellt mir besonders ...

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...