Zerkarien – Trichobilharzia ocellata

Begonnen von Manfred Melcher, August 04, 2011, 22:36:16 NACHMITTAGS

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Manfred Melcher

Hallo Mikrofreunde,

das Sichten meines letzten Fundwassers brachte sie wieder zu Tage:  Zerkarien.

Durch das Y- oder T-förmige Aussehen der Zerkarien schließe ich auf Trichobilharzia ocellata, dem Erreger der Enten-Bilharziose. Die Zerkarien (oder Cercarien) sind das Stadium im Entwicklungskreislauf der Trichobilharzia ocellata, welches die Wasserschnecke verlässt und in die Entenhaut eindringt. Leider schreckt sie auch vor einem Eindringen in Menschenhaut nicht zurück, was die unangenehme Badedermatitis verursacht.
Für Interessierte habe ich eine interessante Webseite gefunden: http://akademie-oegw.de/Publikationen/U8/U8_11_Kalbe_Badedermatitis.pdf






Beim folgenden Bild sieht man das Organ das dem Anheften am Wirtskörper dient.




Als Zwischenwirt habe ich in meiner Probe eine Blasenschnecke identifiziert. Die Blasenschnecken sind eine Familie der Wasserlungenschnecken und bekannter Zwischenwirt von Trichobilharzia ocellata.
Eine Besonderheit konnte ich bei meinem Exemplar sehen, für die ich bisher keine Erklärung gefunden habe. Für Hinweise wäre ich deshalb sehr dankbar: Die abgebildete Schnecke war durch Gewebelappen bedeckt die die Form von zwei fast ineinandergreifende Hände hatten. Dieses Gewebe hatte die Erscheinungsform von Schneckengewebe und war auch beweglich. Ich hoffe man kann es auf den Fotos erkennen, sie sind durch die dicke Wasserschicht leider etwas suboptimal. Ich habe nichts dergleichen im WWW gefunden und konnte auch einen plattwurmartigen Parasiten nicht ausschließen, wobei ich mir dergleichen kaum vorstellen kann. Es scheint eher ein Teil der Schnecke zu sein, das ich so noch nie gesehen habe und dessen Funktion mir nicht bekannt ist.








Ich hoffe ich habe mit diesem Beitrag niemandem die Badeferien verdorben.

Viele Grüße
Manfred

Rene

Tag Manfred,

These Cercarians look too small to be Trichobilharzia, they really should be close to 1mm. I haven't got my literature at hand, but there are other cercaria that look exactly like it but are half the size, like these sp. I'm told they don't produce Badedermatitis, but have never tried out  ;)

Best wishes, René


Manfred Melcher

Hallo René,

danke für Deine Antwort. Ich glaube Du hast recht. Es fehlt mir an Literatur um genauere Vergleiche anzustellen und im Internet konnte ich auch noch keine Bestimmungshilfe finden.

Hast Du oder sonst ein Mitleser eine Erklärung für das Gewebe das die Schneckenschale umschließt? Ich konnte nirgends im www eine Abbildung oder einen Hinweis finden, der dieses Phänomen erklärt. Die Schnecke war zusätzlich noch von mehreren wurm- oder schlauchartigen Parasiten befallen, die sich aber alle unterhalb bzw. innerhalb der Gehäuseöffnung aufhielten.

Liebe Grüße
Manfred

Alfons Renz

#4
Hallo Manfred,

Bei den 'schlauchartigen Parasiten' an der Schalenöffnung der Schnecke handelt es sich sehr wahrscheinlich um den Oligochaeten Chaetogaster. Ch. limnaei fand sich auf fast jeder Lymnaeide, die ich untersucht habe. Ihm wird nachgesagt, er fresse sogar die frisch geschlüpften Zerkarien. Gesehen habe ich dies allerdings noch nicht.



Chaetogaster limnaei von Lymnae stagnalis


Kopf

Bei den Fortsätzen um die Schneckenschale dürfte es sich um Ausstülpungen des Schneckenmantels (Kiemen??) handeln. Näheres dazu später - ich muss gleich los zu unserem Tümpeltermin am Kirchentellinsfurter Baggersee, wo wir vor vier Wochen ganz ähnliche Furcozerkarien in Radix auriculata beobachtet haben.

---- Leider waren dort heute keine größeren Schnecken zu finden, die als Zwischenwirtsschnecken in Frage kämen, trotz längerer Suche. Weshalb? Darüber rätseln wir noch... Bislang hatten wir (d.h. die Tümpelgruppe der Tübinger Mikroskopischen Gesellschaft und Studenten bei einer Exkursion) dort trotz langer Suche nur eine einzige Radix auriculata gefunden. Und eben diese schied Massen an Zerkarien aus. An der Öffnung der Schale auch dieser Radix saßen massenhaft Chaetogaster-Würmer, die wie Tentakel einer Seeanemone aussahen.

Zur Demonstration einige Bilder:


'Zerkarie aus Lymnaea stagnalis' - gefärbt mit Carmin (??) - Sammlung Parasitologie Uni-Hohenheim. Die Anwesenheit einer unreifen Zerkarie (unten) verweist auf eine 'abnormale' Situation: Wahrscheinlich wurde die Schnecke seziert.


Xiphidio-Zerkarie aus Lymnaea stagnalis, Teich bei Tübingen


Zerkarie 'Schistosoma' - Sammlung Parasitologie Uni-Hohenheim.

Zur Demonstration der Vielzahl möglicher Zerkarientypen:


Aus dem Parasitologie-Lehrbuch von Dönges (Er hat in seiner Tübinger Zeit die Trematoden im Federsee erforscht und den Lebenszyklus von Posthodiplostomum beschrieben).



Aus dem Lehrbuch Foundations of Parasitology von Roberts & Janovy.

Leider gibt es keinen einfachen Bestimmungsschlüssel für solche Zerkarien'typen' und ihre zugehörigen Adulttiere sowie (Zwischen-)Wirte. En weites Feld für Interessierte! Es genügt, Schnecken in einem Marmeladenglas ein paar Tage zu hältern. Die schlüpfenden Zerkarien sieht man schon mit dem bloßen Auge. Zur näheren Untersuchung dann mit dem Mikroskop.

Herzliche Grüße,

Alfons

Manfred Melcher

Hallo Afons,

vielen herzlichen Dank für diesen sehr informativen Beitrag, der alle meine Fragen beantwortet hat. Ich habe noch keine so umfangreiche Darstellung über Zerkarien gefunden, wie Du sie hier präsentiert hast. Ich hatte bei meinen Recherchen auch den Eindruck, dass dieses Gebiet noch nicht ausreichend gegliedert ist. Solche Gegenüberstellungen wie die gezeigte Tafel von Dönges konnte ich nirgends finden, woran allerdings auch meine Suchmethodik schuld sein kann.
Auch Deine Vermutung mit Chaetogaster dürfte zutreffen. Vielleicht kann ich ein Exemplar isolieren und genauer betrachten.

Ich beneide Euch um Eure Tümpelgruppe! Schade, dass es in meiner Nähe keine solche Gruppe gibt. An Tümpeln würde es nicht fehlen.

Weiterhin viel "Jagderfolg"

Liebe Grüße
Manfred