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Lumbricus Bauchmark

Begonnen von Jürgen H., August 16, 2011, 21:44:06 NACHMITTAGS

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Jürgen H.

Bist du es, der, von meinem Hauch umwittert,
In allen Lebenstiefen zittert,
Ein furchtsam weg gekrümmter Wurm?



Auch dafür braucht der Wurm allerdings hochentwickeltes Nervengewebe.....


Liebe Mitmikroskopiker,

einmal etwas anderes als Insekten von mir, aber doch etwas aus der Nähe der Arthropoden:



Den Block habe ich von Herrn Renz erhalten, dem ich sehr herzlich dafür danke. Die Schnitte sind ca. 4 µ stark und in Azan Geidies gefärbt.

Besonders auffällig sind im Schnitt die mediane Riesenfaser mRF und die beiden lateralen Riesenfasern lRF. Diese Riesenfasern dienen der schnellen neuronalen Reizleitung und sollen eine Leitungsgeschwindigkeit von 15 bis 45 m/sec erreichen. Die lateralen Fasern sollen - so der Farbatlas Histologie der Tiere von Streble/Bäuerle - von hinten nach vorne leiten und Maulwürfe registrieren, während die mittlere Riesenfaser in umgekehrter Richtung leitet und einen schnellen Rückzug in die Röhre bei einer Bedrohung durch Vögel ermöglichen soll. An anderer Stelle allerdings lese ich, dass die Fasern alle bidirektional leiten sollen - so die Mikroskopische Anatomie der Wirbellosen von Fiedler. Die Fasern sind von einem umfangreichen Gewebe umhüllt, das von Gliazellen ausgeht und als lockere Myelinscheide bezeichnet wird. Diese Myelinscheide dient der Isolation der Nervenfasern. Außerdem sind die Riesenfasern von Scheidewänden, den Septen S umhüllt, die im Präparat blau angefärbt sind. Median verlaufen unter der mittleren Riesenfaser zwei kurze Ansätze des Septums ins Nervengewebe, ins sog. Neuropil, das seine Fortsetzung an der unteren mit S gekennzeichneten Stelle findet. An anderen Stellen des Bauchmarks und daher anderen Schnitten ist die hier eher durch zwei blaue Punkte angedeutete teilweise Scheidewand zwischen der rechten und der linken Hälfte des Bauchmarks durchgängiger ausgebildet und nur an einigen Stellen von Konnektiven K zwischen der Rechten und der linken Hälfte durchbrochen; dieses mehr angedeutete Septum wird als Relikt des ursprünglichen Strickleitersystems, der fast durchgängigen Trennung zwischen Ganglienpaaren gedeutet. Im unteren Teil und seitlich des Neuropils finden sich die Perikaryen P des Nervengewebes.

Seitlich gehen die seitlichen Segmentalnerven ob. Von diesen Abzweigungen besitzt das Tier pro Segment drei Paar. 

Am unteren Rand ein großes Blutgefäß, das ventrale Neuronalgefäß.

Das Bauchmark ist grundsätzlich von einer vierfach geschichteten Hülle umgeben, nämlich dem Peritonealgewebe P, der äußeren Grenzlamelle äGL, der inneren Grenzlamelle iGl und den zwischen den Grenzlamellen längs der Körperachse verlaufenden Muskelsträngen M.

Viel Spaß beim Anschauen.

Jürgen


Holger Adelmann

Vielen Dank für den schönen Post Jürgen.
Haben denn die Riesenfasern des Regenwurns auch Ranvier'sche Schnürringe wie die schnellen Fasern der Säugetiere?
Hast Du mal einen Längsschnitt (idealerweiise von osmiertem Material) probiert?

Herzliche Grüsse
Holger


Jürgen H.

Lieber Holger,

ZitatHaben denn die Riesenfasern des Regenwurns auch Ranvier'sche Schnürringe wie die schnellen Fasern der Säugetiere?
Hast Du mal einen Längsschnitt (idealerweiise von osmiertem Material) probiert?

Nein, ich habe ja nur den einen Block, und Osmierung habe ich erst recht noch nicht versucht. Ich entnehme aber der Dissertation von Josef Breidenbach, die mit vielen Bildern vollständig im Netz abrufbar ist (http://miami.uni-muenster.de/servlets/DocumentServlet?id=117 ), dass die lockere Myelinscheide Poren zur inneren Grenzlamelle besitzt, die funktional der Ranvier´schen Schnürringen entsprechen sollen und die eine saltatorische Erregungsleitung ermöglichen sollen. Je zwei solcher Poren soll es nach Breidenbach pro Segment geben. Allerdings beschreibt er die Poren nur für die mittlere Riesenfaser. Offen bliebe dann, warum die lateralen Fasern (ebenso?) schnell leiten...

Schöne Grüße

Jürgen


Dieter Stoffels

Hallo Jürgen,

vielen Dank für die wunderschöne Aufnahme des Bauchmarks von Lumbricus . An Deinem Bild wird deutlich, aus welchem Grunde der Regenwurm nach wie vor zum Standardobjekt des zoologischen Grundpraktikums im Biologiestudium gehört. In Hinblick auf die Insekten ist besonders auf die metamere Gliederung zu achten, die ja letztendlich unter Verschmelzung aufgegeben wird um die Tagmata der Insekten zu bilden. Vielleicht hast Du auch noch die Möglichkeit vergleichende Schnitte eines Egels anzufertigen. Trotz der gleichen Zugehörigkeit fallen vor allem die Coelomverhältnisse beim Egel anders aus.

Nochmals vielen Dank für Deine Aufnahme!

Dieter