Lumbricus Hautmuskelschlauch

Begonnen von Jürgen H., August 18, 2011, 22:49:37 NACHMITTAGS

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Jürgen H.

Liebe Mitmikroskopiker,

anbei zwei Bilder zum Hautmuskelschlauch des Regenwurms, seinem Fortbewegungsmotor. Zunächst eine etwas größere Übersicht aus dem Querschnittspräparat:



Von links nach rechts ergibt sich folgende Gliederung:

Hinter der Kutikula K zeigt sich die Epidermis aus einer einreihigen Zellschicht unterschiedlicher Zellen.  Im Einzelnen sind im Präparat blau gefärbte oft mit granulärem Inhalt versehene Schleimdrüsen grSD, Stützzellen SZ und rot gefärbte Eiweißdrüsen  ED zu unterscheiden. Alle Zellen scheinen Kontakt sowohl zur Kutikula als auch zur äußeren Basalmembran äBM zu haben, der sie entspringen.  Die Zellschicht erinnert etwas an die Palisadenzellen der pflanzlichen Präparate.

Unter der äußeren Basalmembran befindet sich die ringförmig um den Wurm verlaufende Quermuskulatur QM, auf die - zum Wurminneren hin - die längs des Tieres verlaufende Längsmuskulatur LM folgt, die quer geschnitten ist. Diese Muskulatur ist in sogenannte Muskelkästchen eingeordent die durch Bindegewebe, den Septen S voneinander getrennt sind. Das Erscheinungsbild des kriechenden Wurms findet in der Muskulatur seine Entsprechung.

Zum Coelom hin ist der Muskelschlauch durch die innere Basalmembran iBM abgegrenzt. Vermutlich ist KiBM ein Kern dieser Basalmembran; die roten Flecke BK scheinen mir eher angeschnittene Blutkapillaren zu sein.

Links unten im Bild ist eine angeschnittene, durch die Epidermis durchstoßende Borste B zu sehen. An dieser Stelle ist die Epidermis ersichtlich umgebildet. Drüsenzellen finden sich hier nicht. Die Zellkörper biegen sich in dichter Reihe der Borste zu, vermutlich um eine optimale Verankerung der Borste zu erreichen. Man muss sich die Borste schräg nach unten auf den Punkt zulaufend vorstellen, den die Buchstaben BM anzeigen: Denn hier ist bereits etwas Borstenmuskulatur zu sehen, die als Retraktor funktioniert, die Borste also einziehen kann. Die Muskulatur ist - nicht im Bild zu sehen - an der inneren Basalmembran befestigt. Zu den Borsten später einmal.

Zum besseren Verständnis der Epidermis habe ich eine Aufnahme mit den 40er beigefügt, auf der auch noch ein Stück Nervengewebe N zu sehen ist. BG? sind wahrscheinlich Blutkapillaren. Auffällig ist, dass die blaugefärbten Schleimzellen unterschiedlichen Inhalt zu haben scheinen. Teilweise sind sie deutlich granulär, teilweise scheint ihr Inhalt geronnen. Näheres habe ich leider bisher nicht ermitteln können.



Schöne Grüße

Jürgen


Klaus Herrmann

Hallo Jürgen,

super Schnitt und tolle Färbung. Ist das AZAN?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Jürgen H.

Lieber Klaus,

Danke für Deine Worte... Ja, das ist Azan, allerdings in der Variante Geidies, die ich auch bei meinen Insekten benutze. Die Färbung ist recht einfach durchzuführen, benutzt statt des Azokarmin Kernechtrot/Aluminiumsulfat und braucht den problematischen Anilinalkohol nicht und auch keinen Wärmeschrank. Das Rezept findet sich z.B. hier: http://aeisner.de/

Schöne Grüße

Jürgen


Dieter Stoffels

Hallo Jürgen

wieder eine schöne Aufnahme von Lumbricus. Ich habe den Verdacht, dass Du Dich von den Insekten weg zu den Würmern orientierst. Hierbei gilt wohl das Motto:   "Endlich mal Fleisch und nicht nur harte Kruste".

Ich habe Lumbricus mit verschiedenen Orientierungen in Durcupan eingebettet, muss aber mal nachsehen, ob ich auch osmiert habe. Bitte sprich mich doch noch einmal darauf an.

Vielen Dank für Deine Aufnahmen!

Dieter

Klaus Herrmann

Lieber Jürgen,

Ronald ist auch auf Geidies gekommen er hat die Komponenten von mir bezogen.

Zitatproblematischen Anilinalkohol

Hast du denn mit dem unproblematischen ;D Sublimat fixiert, wie in der Vorschrift empfohlen wird?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Jürgen H.

ZitatHast du denn mit dem unproblematischen Grinsend Sublimat fixiert, wie in der Vorschrift empfohlen wird?

Lieber Klaus,

nein habe ich nicht.  Ich nicht. Aber vielleicht der, der das Wurmstückchen eingebettet hat vor langer Zeit.  Ich weiß nicht, wie der Block fixiert ist. Ich hab ja nur geschnitten und gefärbt. Susa ist natürlich eine hervorragende Fixierung. Aber eben eine Quecksilberverbindung. Xylol reicht mir......

Lieber Dieter,

ja, Du hast recht: Oft denke ich bei den Insekten: Oh schmölze doch dies allzu harte Chitin.....Dagegen schneidet sich so ein Würmchen doch ziemlich easy. Allerdings habe ich gerade ein wunderschön geschnittenes Simuliidaepräparat erhalten, als Paraffinschnitt. Nichts, aber auch gar nichts ist das weggebrochen. Und damit ist mein Ehrgeiz neu angestachelt.  Ich werde meinen Insekten grundsätzlich treu bleiben....Aber mal ein bisschen zu den Verwandten zu schielen, sei mir gestattet....

Du hast eine Mail...

Schöne Grüße

Jürgen

Ronald Schulte

Jürgen,

Das ist dir doch schön gelungen denke ich!
Wie lange hast du hier mit Kernechtrot-Alusulfat gefärbt? Meist färbe ich mit 3µm dicke Schnitte so 45 Minuten auf Zimmertemperatur.
Ein Sublimat haltige Fixierung ist absolut ein 'pré' aber es Funktioniert auch um z.B. ein Formol Fixierung auf Schnittebene nach zu fixieren mit z.B. Kaliumdichromat oder Zenker.
Sehr wichtig ist es um gleich vor das Färben die Kwik2Chlorid Niederschläge zu entfernen mit Jod-Jodkali (Lugol) und den Braunstein Bleichen mit Natriumthiosulfat.
Wenn das vergessen wird sind meist viele Kristalle sichtbar und immer auf die stelle die du gerade am schönsten findest.
Sieht dann so aus wie in diese zwei Bilder. Die sind mit Susa Fixiert und das enthält auch Kwik2Chlorid (Sublimat).

Noch eine Frage zu den Borsten. Sind das die 'Beine'?

Grüße Ronald





Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Klaus Herrmann

Ronald,

eine fachliche Anmerkung: Aiser schreibt, dass man kein Dichromat nehmen soll!

Und das hat mir natürlich gefallen ;)
ZitatKwik2Chlorid

Ich vermute sicher richtig: Quecksilber heist im Holländischen Kwiksilver

Im Lateinischen Hydrargyrum. Die Alchemisten haben sich gehalten auch heute schreiben wir Chemiker Hg Cl2

Hg2 Cl gibt es nicht nur Hg2 Cl2
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Ronald Schulte

Klaus,

Hast du aber recht. Kaliumchromat kann bei z.B. Mallory 1900 gebraucht werden um nach zu fixieren und bei diesen AZAN Variante nicht.
Ich nehme meist am einfachsten ein wenig Zenker in ein kleinen hohen Becherglas für eine Nacht.

Mein Deutsch ist manchmal schrecklich aber das kommt weil die Arbeit Englisch hat, zu Hause Holländisch und abends im Forum wider Deutsch. Das wird mir zu viel  ;).

Grüße Ronald
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Klaus Herrmann

Ronald,

ZitatMein Deutsch ist manchmal schrecklich

An meinem Holländisch hat noch nie jemand etwas auzusetzen gehabt!  ;D ;D ;D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Jürgen H.

Lieber Ronald,

ich hab nur 30 min gebraucht fürs Kernechtrotaluminiumsulfat;-)

Ich habe allerdings ein Problem mit der Lösung. Die Lösung flockt nach kurzer Zeit (ein zwei Tage)  aus. Das heißt, man muss sie vor der Verwendung entweder frisch ansetzen, jedesmal, oder die alte Lösung zumindest wieder aufkochen und dann - abgekühlt -  verwenden. Nur Filtern geht nicht, dann wird die Lösung schwach.

Zu den Borsten: Da gibt es verschiedene Funktionen verschiedener Borsten. Aber ich werde zu jedenfalls einer Borstenart einen weiteren Beitrag schreiben. Als Beinersatz könnte man diese Art Borsten schon verstehen....


Schöne Grüße

Jürgen

Ronald Schulte

Jürgen,

Wie setzt du die Lösung denn an? Ich gebrauche noch meine fertige Chroma Lösung und die Flockt (noch) nicht.

Das ist auch Futter für Chemiker. Hoffe das noch jemand Reagiert.

Grüße Ronald
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Ronald Schulte

Jürgen,

Vielleicht fragst du Armin Eisner mal. Der weis sicher warum es bei dir Flockt.
Auf seine Website schreibt er: "Kernechtrotlösung: In 100ml einer kochenden 5%igen Aluminiumsulfatlösung werden 0.1g Kernechtrot gelöst. Nach dem Erkalten wird filtriert.
Die Lösung ist gut verschlossen lange haltbar".
Wenn du aber die Antwort/Lösung hast berichte hier dann bitte weil das für mich auch sehr interessant wäre.

Grüße Ronald
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Jürgen H.

Lieber Ronald,

Ich habe von Chroma das Pulvergemisch Kernechtrotaluminiumsulfat bezogen. Davon 5,2 gr. auf 95 ccm a.d. laut Vorschrift von Chroma. Aufkochen, Abkühlen, Filtern. Ich verwahre die Flüssigkeit in einem Kolben mit eingeschliffenem Glasverschluss. Es flockt nach wenigen Tagen aus.

Früher habe ich neu gefiltert und die gefilterte Lösung verwendet. Der Überrest flockte nach einiger Zeit wieder aus. Die Färbekraft lässt nach.  Deshalb koche ich jetzt die Lösung neu kurz auf. Die Flocken verschwinden. Ich kühle ab und verwende die Lösung.  Für das Präparat gibt das eine schöne starke Färbung.  Ich filtere jedesmal nur das, was ich brauche.

Aluminiumsulfat ist ein Flockungsmittel für kolloidale Partikel. Welche Partikel da bei mir aber ausgeflockt werden ist, mir selbst nicht klar. Möglicherweise sind das Verunreinigungsspuren, die zunächst gelöst vorliegen, dann aber durch Aluminiumsulfat zur Ausflockung gebracht werden, z.B. Phosphate.  Der Ehrlichkeit halber ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass ich kein aqua dest verwende, sondern das übliche demineralisierte Wasser.

Schöne Grüße

Jürgen