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Kurz vor dem Zufrieren

Begonnen von KayZed, Dezember 13, 2022, 09:33:23 VORMITTAG

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KayZed

Hallo Tümplerfreunde,

kurz bevor mein Lieblingsweiher vor ein paar Tagen seine winterliche Eisdecke erhielt, habe ich nochmal eine Wasserprobe vom Ufer genommen.
Ich war überrascht, wie reichhaltig das Mikroleben im Benthos und Plankton noch entwickelt war.

Ich habe einige Schnappschüsse gemacht und möchte euch davon zwei Beispiele zeigen.

Die Oedogoniumfäden waren immer noch kräftig besiedelt
Seit langem fanden sich wieder mal einige Reusen-Rädertiere ein, vemutlich Collotheca ornata (auf der Aufnahme bereits vom Faden abgelöst, DIK 40)



Neben einer Menge Aufsitzer-Diatomeen waren auf den Oedogoniumsträngen immer wieder Acanthocystis-Sonnentiere (vermutlich aculeata) zu finden (DIK 100).



Wäre mal interessant wie reichhaltig sich das Mikroleben im Winter unter der Eisdecke darstellt. Wenn die Temperaturen am Alpenrand so wie zur Zeit wirklich frostig bleiben, bräuchte es dann bei Eisdicken über 20 cm schon etwas schwereres Gerät.

Eine nicht nur am Okular beschauliche Vorweihnachtszeit wünscht
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Siegfried

Hallo Klaus
2 schöne Aufnahmen des Vorweihnachtlichen Mikrolebens
aus dem Weiher zeigst du hier.
      lg von Siegfried

Ole Riemann

Lieber Klaus,

schönen Dank für die beiden Aufnahmen. Ich meine, das auf Oedogonium sitzende Sonnentier Choanocystis (Acanthocystis) aculeata auch schon mehrfach gefunden zu haben. Wenn ich es schaffe, stelle ich in den nächsten Tagen mal ein paar aktuelle Bilder in einem separaten Beitrag ein.

Beste Grüße

Ole


Kurt

Hallo Klaus,

wir hatten wohl die gleiche Idee, denn ich bin auch noch mal an einen meiner Teiche gegangen und habe eine Probe geholt.
Hier ein Gehäusecilliat an einer Fadengrünalge und ein grünes Trompetentierchen...

Viele Grüße
Kurt



KayZed

Lieber Siegfried, Ole und Kurt,

danke für eure netten Rückmeldungen.

Das Peristom deines Trompetentiers hat wieder mal eine wunderbare Feinauflösung, Kurt.

Wie schön erwähnt war ich über die Bio-Produktivität bei gut 4° C sehr erstaunt.
Es gab im Plankton sogar eine Massenentwicklung von Tetraspora, vermutlich Carteria multifilis.

Dazu noch eine Aufnahme im DIK 100.



Gibt es denn Erfahrung über die Mikroorganismen-Produktivität unter einer winterlichen Eisdecke?

Liebe Grüße
Klaus Z
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Kurt

Hallo Klaus,

Erfahrungen mit Plankton unter der winterlichen Eisdecke habe ich bisher auch nicht, wäre jedoch interessant.

In meiner Probe habe ich neben verschiedenen Kieselalgen und die bereits gezeigten Gehäuseciliaten noch einige dieser Tierchen (s. Bild) gefunden. Sie sehen aus wie die Gehäuseciliaten, haben aber kein Gehäuse und sind mit ca. 100 µm relativ groß. Ich kann sie nicht richtig zuordnen. Kann jemand helfen?

Viele Grüße
Kurt


Ole Riemann

Hallo Kurt,

ich halte dies für den Ciliaten Gerda crassicaule.

Beste Grüße

Ole


Kurt

Hallo Ole,

danke für die schnelle Antwort.

Beste Grüße
Kurt

KayZed

Hallo Kurt,

Ole hat ja dankenswerterweise dein Tier schon bestimmt.

Die Schärfenebene liegt bei dir schön auf dem Makronukleus. Ich hatte Gerda crassicaule auch schon im Okular. Bei mir war er an einem dünnen Stiel am Substrat angeheftet, kann aber wohl auch frei schwimmen.

In der rechten oberen Ecke deiner Aufnahme hast du noch einen häufigen Stiel-Flagellaten abgelichtet. Ich vermute mal, dass es Codosiga (oder Codonosiga) botrytis ist, der auch in meiner Winter-Plankton-Probe sehr verbreitet vorkommt. Auffällig sind bei diesem Flagellaten die regelmäßig anzutreffenden "Stäbchen-Kränze" um den Zellkörper. Ich nehme mal an, dass es sich um Bakterien in der Schleimhülle handelt. Vielleicht kann Ole oder ein anderer Experte dazu Genaueres sagen.

Ich habe mal ein Bild aus der gleichen Probe im DIK 100 angehängt.



Liebe Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

schmidt

Hallo KlausZ

Richtig, das sind Bakterien, diese sitzen meist unter dem Reusenkragen, weil hier vermutlich  viele Nährstoffe durch das heranstrudeln konzentriert werden.
Man findet aber mitunter auch Zellen  auf denen die Bakterien anders verteilt sind, über die ganze Zelloberfläche z.B.
Manchmal ist auch eine Schleimhülle um die Zellen ausgebildet in der Bakterien eingelagert sind.
Und wenn man genau hinsieht sieht man auch ab und zu feine Borsten, die von den Zellen +- kranzförmig  am unteren Ende abstehen. Eventuell sollen sie den Abstand zwischen den Zellen gewährleisten.
Kurz gesagt der Flagellat ist recht interessant.
Ich hatte dazu schon mal ein paar Bilder eingestellt, finde ich aber auf die Schnelle nicht über die Suchfunktion ist bestimmt schon 1-2 Jahre her.

LG
pschmidt
Mikroskope:
Lomo Biolam Ph+; DF; HF-Abbe; Epi HF/DF/Pol; Epi-Fl; //Biolar DIK, IK, Ph variabel+-//
Nikon Eclipse -U  HF; DIK, Ph+, Epi-Fl//
MBS 10

KayZed

#10
Hallo pschmidt,

herzlichen Dank für deine interessante Erklärung.

Ich habe über die Suchfunktion deine Codosiga-Aufnahmen gefunden.
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39842.msg293665#msg293665

Nach den Borsten muss ich auch mal schauen.

Weil ich dich als Spezialisten gerade an der Hand habe, gleich noch ein weiteres Bild.
Man sieht zwar keine Borsten, aber im Kragen befinden sich ganz feine Mikrovilli, ich nehme mal an so Art Plasmafilamente.
Kommen diese bei botrytis auch vor oder handelt es sich um eine andere Art?



LG KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

schmidt

Hallo KlausZ,

Das ist der prinzipielle Aufbau bei allen Arten dieser Gruppe:

https://de.wikipedia.org/wiki/Kragengei%C3%9Feltierchen

So eine Art Fangreuse, Die Geißel erzeugt eine Sog, so daß der Kragen von außen angeströmt wird. Nahrungspartikel bleiben hängen und könne aufgenommen werden.
Im allgemeinen nur mit Immersions erkennbar, am besten im Phasenkontrast. Aber auch im schlichten Hellfeld mit schiefer Beleuchtung sichtbar.

LG pschmidt
Mikroskope:
Lomo Biolam Ph+; DF; HF-Abbe; Epi HF/DF/Pol; Epi-Fl; //Biolar DIK, IK, Ph variabel+-//
Nikon Eclipse -U  HF; DIK, Ph+, Epi-Fl//
MBS 10

KayZed

Danke pschmidt,

ich habe es inzwischen auch so nachgelesen. Wenn ich es richtig verstehe, wird praktisch der Kragen aus den Mikrovilli aufgebaut. Damit kann er natürlich nicht arttypisch sein.
An ihnen bleiben die Bakterien (wohl auch Viren) kleben und werden in den Zellkörper gezogen.

Ich habe eine ältere Aufnahme, wo einzelne Stäbchenbakterien am Kragenrand hängen. Sie könnten sich zur Nahrungsaufnahme an den Mikrovilli verfangen haben.

Ich merke wieder mal wie selbst eine so unscheinbare Gruppe wie die Flagellaten bei genauerem Hinsehen sehr interessant werden kann.

Liebe Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

KayZed

Hallo zusammen,

ich hab nochmal bei Codosiga nach den Borsten, die pschmidt beschrieben hat, Ausschau gehalten.
So wie auf seiner Zeichnung bzw. den Bildern habe ich sie nicht gefunden.

Auffälligerweise befanden sich aber in der Nähe der Flagellaten-Zellen wiederholt starre Gebilde (Borsten), die an einem Ende von einem Ring abgeschlossen wurden.
Die Länge betrug etwa 20-30 µm, deutlich größer als der Zelldurchmesser.

Ich hänge ein Bild im DIK 100 an.



Könnte es sich hierbei um Borsten von Codosiga handeln?

LG KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Kurt

Hallo Klaus,

diese starren Gebilde mit dem Ring habe ich auch schon sehr oft gesehen. Ich beobachte sie immer, wenn eine Euglena durch DG-Druck die Geißel abwirft. Auf Deinen Bild sind es sehr wahrscheinlich auch die angeworfenen Geißeln der 3 Codosiga, die Länge passt ebenfalls zu den Codosiga.

Grüße aus FG
Kurt