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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: D.Mon in Oktober 06, 2020, 22:06:10 NACHMITTAGS

Titel: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Oktober 06, 2020, 22:06:10 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

ich habe am Wochenende spontan einen Tropfen aus einem Untersetzer untersucht, in dem ich einige Moorpflanzen in Anstaukultur halte. Ich hab eine ganz kleine Menge Detritus mit pipettiert und einfach mal geschaut, was ich darin finden kann. Ich finde es jedes mal aufs neue fantastisch, welche Universen sich in einem winzigen Wassertröpfchen mit etwas Schmodder auftun können.

Neben einem glasartig durchsichtige Wenigborster, der sehr an den Öltröpfchenwurm erinnert, den Gerd neulich gezeigt hat (nur eben ohne die Öltröpfchen), habe ich einen interessanten Wurm entdeckt, den ich für einen Strudelwurm unbekannter Spezies halte (Fotos s. unten).

Der Wurm ist etwa 1.250 µm lang und war sehr aktiv. Auffällig ist, dass er sich gleichermaßen vorwärts wie rückwärts bewegt, fast wie ein Zug auf einem Rangierbahnhof. Teilweise hat er sich auch stark geringelt und ist überhaupt sehr beweglich. Er hat sich aber nie mit einem Ende festgeheftet, sondern ist stets frei umhergeschwommen.

Der Körperbau weist einige Besonderheiten und auffällige Details auf. Etwa 1/5 hinter dem vorderen Ende eine hat er eine Ringfurche (RF) mit deutlich ausgeprägten Wimpernbüscheln, die fast wie ein Hals wirkt. Der vordere Teil erinnert an den Kopf eines Alligatoren und an der Spitze konnte ich einen "Bart" aus Wimpern erkennen, die vermutlich Sinnesorgane enthalten. Zusammen mit dem schlangenartigen Körper mit abgesetztem Schwanzende erinnert mich das stark an manche Darstellungen von chinesischen Drachenwesen (https://i.pinimg.com/originals/5a/1b/a4/5a1ba47d11bcf86d1e34ba63f386f518.jpg). Bei genauem Hinsehen lassen sich sehr viele Details erkennen. Leider fehlen mir die Kenntnisse, diese richtig interpretieren zu können.

Auf dem Kopf befindet sich ein auffälliger Punkt (aP). An der Ringfurche konnte ich außerdem eine lappenartige Struktur (lS) erkennen, von der ich annehme, dass sie mit dem Gehirn verbunden ist. Das ist aber reine Spekulation. Den Mund vermute ich unmittelbar hinter der ringförmigen Einschnürung und den Pharynx etwas dahinter. Mund und Rachen scheinen voneinander abgesetzt zu sein, was ja nicht bei allen Turbellarien so ist. Insgesamt gibt es am Vorderende mehrere Zonen mit ausgeprägt langen Wimpernbüscheln. Ich habe auch zwei etwas dunklere Punkte erkannt (A), die möglicherweise Augen sind.

Der gesamte restliche Körper ist mir mehr oder weniger gleich langen, etwa kürzeren Wimpern besetzt, die meiner Absicht nach hauptsächlich der Fortbewegung dienen. Der Darm scheint ungefähr halb so lang wie der Körper zu sein. After gibt es, wie bei Strudelwürmern üblich, keinen. Mir schien es so, dass die unbekannte Turbellaria mit seinem Mund den Boden abgesucht hat. Im Gegensatz zu anderen Strudelwürmern zeigte er aber keinerlei Interesse an größeren Infusorien, die immer wieder mal in die Nähe gekommen waren.

Im LiW (13. Auflage) und diversen Quellen im Internet kann ich keinen Strudelwurm finden, mit dem ich meinen identifizieren könnte. Am ähnlichsten scheint mir noch die Beschreibung von Catenula lemnae zu sein. Bie dieser Art ist die mit Zielien besetzte Ringfurche sowie eine Statocyste im Gehirn (der ap?) beschrieben, aber auch ein kurzer Darm und keine Augen. Auch sieht der "Kopf" auf der Abbildung anders aus. Überhaupt bin ich mir nicht sicher, ob die Abbildung ein Einzeltier oder eine kette aus zwei Tieren mit noch nicht vollständig entwickeltem Tochtertier darstellen soll. Auch die Bilder und Videos von C. Lemnae, die ich im internet gefunden habe, stimmen nicht mit meinem überein. Abgesehen davon, bin ich fast sichernd dass unter diesem Namen mindestens zwei verschiedenen Spezies abgebildet werden.

Und hier kommen die Fotos. Die Aktivität des Tierchens hat das fotografieren nicht unbedingt erleichtert. Ich arbeite zurzeit meist mit ziemlich großen Schichtdicken, um die Organismen weniger zu beinträchtigen und möglichst natürliches Verhalten beobachten zu können. Die daraus resultierende Unschärfe bitte ich zu verzeihen. Die Fotos sind hier eher ein Nebenprodukt. Die Beobachtung steht im Vordergrund.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/284793_32001227.jpg)
Bild 1 - Übersicht: M: Mund (?), RF: Ringfurche, lS: lappenartige Struktur, ap: auffälliger Punkt
Objektiv: Motic Planachromat UC 20x/0.45

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/284793_19575591.jpg)
Bild 3 - Körpermitte: W: Wimpern (vermutlich der Fortbewegung dienend), DD: Darmdrüsen (?) DD: Darmdrüsen (?)
Objektiv: Motic Planachromat UC 40x/0.65

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/284793_41962596.jpg)
Bild 3 - Detail "Kopf": SH: Sinneshärchen (?), RF: Ringfurche, lS: lappenartige Struktur, ap: auffälliger Punkt, M: Mund (?), P: Pharynx (?)
Objektiv: Motic Planachromat UC 40x/0.65

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/284793_42119052.jpg)
Bild 4 - Detail "Kopf", abgeknickt: SH: Sinneshärchen (?), A: Augen (?), RF: Ringfurche, lS: lappenartige Struktur, ap: auffälliger Punkt,
Objektiv: Motic Planachromat UC 40x/0.65

Ich hoffe die Bilder machen trotz der bescheidenen Qualität etwas Freude. Falls jemand weiss, um welche Spezies es sich hier handelt oder irgendwelche Detail erkennt und erklären kann, würde mich das freuen.

Herzliche Grüße
D.Mon

PS: Konstruktive Kritik (auch, aber nicht ausschließlich, zur Bildbearbeitung) ist ebenfalls ausdrücklich erwünscht.
Ich habe noch nicht so viel Erfahrung, wie man solche Bilder am besten aufbereitet.
Ich fotografiere im RAW Format und habe in etwa folgenden Workflow:
1. Ausschnittwahl,
2. Weiß-/Schwarzpukt, Farbe,
3. Belichtung, Kontrast gesamt, Kontrast selektiv
4. Schärfen (da bin ich oft unsicher, wie viel gut und wann es zu viel ist)
5. Rauschentfernung (Luminanzrauschen, Farbrauschen)
6. Danach noch einmal Feinabstimmung Belichtung, Kontrast
7. Beschriftung, Verkleinern, Export jpg
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in Oktober 07, 2020, 08:54:31 VORMITTAG
Hallo D.Mon,

ich kann zwar zur Bestimmung nicht wirklich was beitragen, möchte Dir aber zu der genauen Beobachtung gratulieren!

Die Artdiagnose bei Süsswasser-Strudelwürmer ist kompliziert und was für Spezialisten, wenn man bis zur Art kommen möchte. Ein guter Schlüssel ist hier frei zugänglich:
"Keys to the Freshwater Microturbellarians of Britain and Ireland" von J. O. Young (Download http://macrostomorpha.info/sites/macrostomorpha.info/files/Young2001_HQ_OPT_OCR.pdf (http://macrostomorpha.info/sites/macrostomorpha.info/files/Young2001_HQ_OPT_OCR.pdf))

Ich denke, dass die Richtung "Cantenulida" stimmt, vielleicht siehst Du Dir mal Rhynchoscolex simplex an.

Ich finde Deine Bilder recht gut, aber für meinen Geschmack zu kontrastreich. Möglicherweise hast Du auch die Aperturblende zu weit geschlossen. Aber andere sehen das vielleicht anders.

Mach weiter so,

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Fraenzel in Oktober 07, 2020, 10:07:06 VORMITTAG
Hallo Michael,
leider funktioniert bei mir der Link nicht richtig. File.com ist das Ergebnis.
Mikrogrüße
Peter
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in Oktober 07, 2020, 11:29:25 VORMITTAG
Hallo Peter,

man sollte halt alles ausprobieren, bevor mans los schickt  :-\!
Jetzt sollte es gehen.

Viele Grüße

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Oktober 07, 2020, 15:50:43 NACHMITTAGS
Zitat von: Michael in Oktober 07, 2020, 08:54:31 VORMITTAG

Ich finde Deine Bilder recht gut, aber für meinen Geschmack zu kontrastreich. Möglicherweise hast Du auch die Aperturblende zu weit geschlossen. Aber andere sehen das vielleicht anders.

Danke für die Anerkennung. Das motiviert natürlich.
Die Aperturblende mache ich - auch aufgrund eines hilfreichenHinweises von Gerd - zurzeit immer eher weit auf.
Beim Nachbearbeiten ist mir wichtig, dass die Zilien erkennbar abgebildet werden. Das ist immer eine Gratwanderung bei der Einstellung von Kontrast, Schärfe und Rauschen. Teilweise arbeite ich da auch mit Maskierungen, das treibt aber den Zeitaufwand noch weiter hoch.

In jedem Fall bin ich Dir für Deine Kritik sehr dankbar.
Ich habe in diesem Bereich noch nicht so viel Erfahrung und nur so wird man besser.

Deinen Bestimmungslink muss ich mir später anschauen. Ich kann dann auch mal heraussuchen, was ich online so gefunden habe.

Schöne Grüße
D.Mon

PS:
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Oktober 08, 2020, 00:42:56 VORMITTAG
Danke, das freut mich.
Stacks sind es keine.
Das wäre bei dem hyperaktiven Gesellen auch schwer möglich gewesen.
Ich musste ständig eine Hand an den Stellschrauben des Kreuztischs, eine an der Feintrieb der Schärfe und eine an der Kamerauslösung haben.
Das heißt, ich musste immer eines von dreien loslassen.

Ich hab mir schon überlegt, nächstens Intervallaufnahmen zu machen (z. B. alles zwei bis drei Sekunden).
Mehr Ausschuss als bisher, wird da auch nicht zustandekommen, aber vielleicht einige schärfere Bilder.

Hier einige Links, die ich in letzter Zeit gefunden habe. Vielleicht kennt sie der eine oder andere noch nicht:
Researchgate.net (https://www.researchgate.net) z. B. hier (https://www.researchgate.net/figure/a-Stenostomum-pseudoacetabulum-b-S-tenuicauda-c-S-uronephrium-and-d-S-aff_fig5_239731342)
Protist Information Server (http://protist.i.hosei.ac.jp/Protist_menuE.html) der Japan Science and Technology Corporation und
Wikidata (https://www.wikidata.org/wiki/Q19088) u. a. zum Nachschlagen von systematischen Zusammenhängen.
World Register of Marine Species (http://www.marinespecies.org/aphia.php?p=taxdetails&id=480385). Anders als der Name vermuten lässt, werde dort auch Süsswasserarten geführt.

@ Michael.
Danke für den Link. Rhynchoscolex simplex überzeugt mich nicht so recht. Größe (5-7 mm) und Lebensraum scheinen mir nicht so ganz zu passen und auch die Statocyste und die Ringfurche sind nicht beschrieben.

Schöne Grüße
D.Mon
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in Oktober 08, 2020, 08:57:14 VORMITTAG
Hallo D.Mon,

Zitat von: D.Mon in Oktober 08, 2020, 00:42:56 VORMITTAG
@ Michael.
Danke für den Link. Rhynchoscolex simplex überzeugt mich nicht so recht. Größe (5-7 mm) und Lebensraum scheinen mir nicht so ganz zu passen und auch die Statocyste und die Ringfurche sind nicht beschrieben.

Ob es Rhynchoscolex simplex ist, kann ich nicht sagen, aber diese Art hat, wie alle aus der Familie Catenulidae, eine bewimperte Furche (bzw. beidseitige Wimperngruben), die das Prostomium (den Bereich ohne Darm vor der Mundöffnung) vom hinteren Teil des Tieres abtrennt. Jungtiere besitzen Statocysten, die sich bei den erwachsenen Tieren zurückbilden. Für Jungtiere wäre die Größe (die immer ein schlechtes Bestimmungsmerkmal ist) wahrscheinlich OK.
Letztendlich müsste man die übrigen Artmerkmale überprüfen - was im Nachhinein bei einem temporären Präparat nur möglich ist, wenn man ein weiteres Exemplar findet.

Viele Grüße

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Oktober 08, 2020, 15:29:14 NACHMITTAGS
Hallo Michael,

ich habe gestern noch eine kleine Probe unters Mikroskop gelegt.
Darin waren mindestens fünf gleiche Exemplare, alle ca. gleich groß.
Aber das muss ja nichts heißen.

Im LiW ist - wenn ich mich richtig erinnere - bei der Art beschrieben, dass die sich eher langsam bewegt, was ich jetzt auch nicht unbedingt bestätigen kann.

Eigentlich wäre das ja mal ein Fall für eine Langzeitbeobachtung in einem Mikroaquarium.

Gruß
D.Mon

PS:
Ich habs jetzt hinbekommen, eines richtig dicht zu bekommen, aber außer Bakterien kann ich da zurzeit nichts Lebendes mehr drin entdecken.
Ich warte jetzt mal eine Woche ab, wie von Dir empfohlen, aber im Moment glaube ich nicht, dass da noch viel kommt.
Anfangs konnte ich da diverse Kleinkrebschen, einen Stenosomum sowie etliche Glockentierchen, Bauchhärlinge und Nematoda beobachten.
Die Nematoden liegen reglos (tot) herum und die anderen sind verschwunden.
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in Oktober 09, 2020, 12:01:26 NACHMITTAGS
Hallo D.Mon,

Zitat von: D.Mon in Oktober 08, 2020, 15:29:14 NACHMITTAGS
Darin waren mindestens fünf gleiche Exemplare, alle ca. gleich groß.

Ist doch super - dann hast Du ausreichend Vergleichsmaterial, um den Bestimmungsschlüssel Schritt für Schritt durchzugehen. Das ist der einzige sichere Weg zur Artdiagnose, der uns nur leider oft wegen zu wenig Material verschlossen ist.

Zitat von: D.Mon in Oktober 08, 2020, 15:29:14 NACHMITTAGS
Ich habs jetzt hinbekommen, eines richtig dicht zu bekommen, aber außer Bakterien kann ich da zurzeit nichts Lebendes mehr drin entdecken.
Ich warte jetzt mal eine Woche ab, wie von Dir empfohlen, aber im Moment glaube ich nicht, dass da noch viel kommt.

Wenn da nichts mehr lebt, wird sich das auch nach einer Woche nicht ändern. Offensichtlich läuft bei Deinen Mikroaquarien irgend etwas grundlegend schief, was die Organismen umbringt. Verwendest Du zum Abdichten reine Vaseline (Arzneibuchqualiiät o.ä.) ohne Aromastoffen, Pflegezusätze und Konservierungsmittel? Ich hatte mal was ähnliches, als ich die Objektträger mit Aceton gereinigt hatte. Da blieben wohl Rückstände, die innerhalb eines Tages alles vergiftet hatten. Seither reinige ich die Objektträger und Deckgläser nur noch mit Spucke, Wasser und Isopropanol.

Viele Grüße

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Oktober 10, 2020, 08:26:17 VORMITTAG
Servus Michael,

ja, ich verwende Vaseline in Arzneibuchqualität. Die Tierchen hatten ja auch einige Tage überlebt. Ich werde es wohl noch einmal versuchen müssen.

Die Bestimmung nach dem Schlüssel habe ich mal versucht, aber sicher entscheiden kann ich mich noch nicht.

Grüße
D.Mon


Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Oktober 13, 2020, 17:47:43 NACHMITTAGS
Hallo nochmal,

obwohl ich sehr wenig Zeit hatte, habe ich die Tierchen - ich nenne sie mittlerweile "Krokodile", so lange ich sie nicht bestimmen kann - immer wieder beobachtet, viel im Internet gestöbert und inzwischen auch viel Fachliteratur (auch ältere) zu Strudelwürmern gefunden (Merke: gefunden ≠ gelesen; gelesen ≠ verstanden).

Den Bestimmungsschlüssel, den Michael oben gepostet hat, finde ich auch sehr interessant.  In den "Keys To The Freshwater Microturbellarians" sind nur zwei Catenulida aufgeführt, die Grünalgen fressen S. leucops und unicolor, aber die sind es definitiv beide nicht.

Ich finde meine "Krokodile" unglaublich faszinierend und ich kann jedes mal neue Details und Verhaltensweisen erkennen und beobachten. inzwischen habe ich angefangen, meine Beobachtungen in Stichpunkten aufzuschreiben, damit ich nicht wieder alles vergesse. Wie Michael an anderer Stelle geschrieben hat, kann man unglaublich viel entdecken, was man so noch nirgends lesen konnte. Inzwischen konnte ich mindestens dreißig Individuen, teils über längere Zeit, beobachten und auch mein neues Mikroaquarium scheint endlich stabil zu sein. Darin habe ich bisher etliche der Turbellaria unbekannter Spezies (Arbeitsbezeichnung Krokodil bzw. Turbellaria incognita), zwei Cyclops Nauplien, zwei Oligochaeta und ein merkwürdiges amöbenfömiges (soweit man Amöben überhaupt eine Form unterstellen kann) Tier mit langem, sehr aktivem Rüssel entdecken können. Letzteres habe ich heute noch nicht gefunden. Alle anderen sind wohlauf. Hoffentlich sind es nicht zu viele, aber ich hatte beim Pipettieren meine Lesebrille nicht auf  ::). Detritus habe ich diesmal ziemlich wenig mit drin, dafür - unbeabsichtigt - einige Luftblasen.

Zurück zu den Turbellaria: Schon öfter sind mir Tiere aufgefallen, die aufgebläht zu sein schienen. Inzwischen bin ich mir sicher, das die sich richtige Bäuche anfressen und dann in aller Ruhe verdauen.  Wenn es dunkel ist, scheinen sie zu ruhen. Beim Anknipsen des Lichts stehen sie erst noch ganz ruhig im Wasser, werden dann aber rasch aktiv. Die "Dicken" würgen dann manchmal nach kurzer Zeit ihren Darminhalt hervor und fangen wieder an zu fressen.

Den Fressvorgang konnte ich gestern sehr genau beobachten. Der Pharynx ist auf jeden Fall einer der Form simplex und weist stark fächernde Wimpern auf. Mit diesen kann ein starker Sog erzeugt werden, mit denen die Nahrung herbeigestrudelt wird. Gefressen wurden Grünalgen und zwar kugelförmige einzellige und plättchenförmig zusammenhängende. Die Nahrung wird zunächst in den vordern Mund aufgenommen. Dann kommt sie durch den Rachen in einen Art "Vorkammer", die sowohl vom Rachen als auch vom Darm abgetrennt ist. Nach ca. ein bis zwei Sekunden wird sie dem Darm zugeführt und ist dort immer noch lange gut erkennbar. Heute meine ich auch die Aufnahme von Cilliaten beobachtet zu haben. Der gesamte Fressapparat ist von komplexer Struktur und lohnt detaillierte weitere Beobachtung.

Weitere Einzelheiten (unter vielen anderen), die ich beobachten konnte, sind die ausgeprägten und sehr auffälligen "lappenartigen" Strukturen im Bereich der Ringfurche, die alle Tiere in jeweils individueller Ausprägung aufweisen. Das Prostomium ist im Übrigen auch sehr markant geformt und gibt den Tieren nach meiner Ansicht zusammen mit den "Lappen" einen sehr ausdrucksstarken Charakter. Alle Tiere (auch die größeren) weisen genau eine Statocyste auf. Der Statolith ist, wie zu erwarten, frei beweglich, was man manchmal sehr gut erkennen kann.

Am "Rand" des gesamte Körpers lassen sich in bandförmiger Abfolge kleinere dunkelgrüne Punkte bzw Flecken erkennen, von denen ich annehme, dass es eventuell die Protonephridien sein könnten (vage Vermutung). Sie ziehen sich vom Prostomium bis zum Schwanzende. Falls jemand Fotos verlinken kann, wo man das Aussehen von Protonephridien erkennen kann, würde mir das helfen.

Trotz Beobachtung einer größeren Anzahl von Individuen konnte ich keine einzige Tierkette entdecken, was mich einigermaßen stutzig macht, da sich die Tiere ja in meinem Untersetzer offenbar seit Monaten prächtig halten konnten. Vielleicht ergibt die Lanzeitbeobachtung in dem hoffentlich stabil bleibenden Mikroaquarium weitere Aufschlüsse.

All die oben geschilderten Beobachtungen sind natürlich bei weiteren Bestimmungsversuchen zu berücksichtigen.

Aber nun genug gequasselt. Da das hier schließlich das Mikrofoto- und nicht das Mikrotext-Unterforum ist, gibt es auch ein Bild. Es ist zwar nicht besonders scharf, aber es bildet sehr gut die drei oben beschriebenen Phasen der Nahrungsaufnahme ab. Ansonsten mache ich zurzeit natürlich sehr viele Bilder. Ich habe vor, die noch auszuwerten und nach und nach nur einige für die Nachbearbeitung auszuwählen. Falls Interesse besteht, kann ich die natürlich gerne hier posten.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285229_63208015.jpg)

Herzliche Grüße
D.Mon

Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in Oktober 14, 2020, 13:39:54 NACHMITTAGS
Hallo D.Mon,

es freut mich, dass Deine Beobachtungen und Präparationen so gut klappen und dass Du meine Faszination für die Beobachtung der Vorgänge bei diesen mikroskopischen Tiere teilst! Ob das Tier nun einen korrekten Namen bekommt oder nicht - man kann sehr viel entdecken und die Funktion der unterschiedlichen Organsysteme versuchen zu begreifen.

Viele Organismen sind lichtempfindlich. Das kann an der Temperaturbelastung durch die Beleuchtung liegen (verwendest Du einen Wärmeschutzfilter / Infrarotfilter?). Manchmal beobachte ich auch mit einem Grünfilter, den ich zum Fotografieren einfach kurz entferne.

Deine Beobachtung der Nahrungsaufnahme ist sehr detailliert. Ich nehme an, dass Deine "Vorkammer" eine Art Reuse ist, die die festen Bestandteile der eingesaugten "Suppe" zurückhält, während das Wasser wieder ausgestoßen wird. So gelangt nicht zuviel Flüssigkeit in den Darm.

Die Protonephridien selbst sind bei diesen Tieren im Vergleich zur Größe der Tiere recht unauffällig und bestehen nur aus einer bewimperten Zelle, die wie eine Pumpe Körperflüssigkeit in einen Sammelkanal pumpt. Mikroskopisch fallen diese "Wimpernflammen" nur durch Ihre Wimpernbewegung auf. Deutlicher ist der / die Sammelkanäle, deren Anordnung artspezifisch ist. Die erkennt man, wenn man den Fokus nahe die Oberfläche des Tieres legt. Meist münden sie an dem Hinterende des Tieres nach Außen. Ich lege mal ein Foto einer anderen Art bei (Geriatrix hermaphroditus), die zwei laterale Sammelkanäle besitzt, die sich am Hinterende in eine sog. Ampulle führen - dem Vorläufer einer Niere. Von hier münden sie dann ins Freie. Wenn Du bei Dir diese Sammelkanäle entdeckst, kommst Du vielleicht mit der Bestimmung einen Schritt weiter.

Und - natürlich - sind wir an weiteren Bildern / Erkenntnissen interessiert.

Viele Grüße

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Oktober 16, 2020, 20:11:54 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

vorgestern früh konnte ich erstmalig Tierketten beobachten.

Auf den folgenden Bildern kann man einige Strukturen erkenne, die ich nicht interpretieren kann, beispielsweise die beiden "Linien" im Detailbild, die vom Ende des Muttertiers in den "Kopf" des Tochtertiers münden und die körnige Struktur (was könnte das sein?)einzumünden scheinen.
Weiter hinten scheinen dann ähnliche Linien mehr mittig auszutreten und bewegen sich dann wieder nach außen.
Falls Du Michael (oder jemand anders) da was erklären kannst, wäre ich sehr interessiert.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285437_42119052.jpg)
Tierkette, Gesamtansicht.
Die "Charakterköpfe", wie hier beim Muttertier, begeistern mich jedes mal aufs neue.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285437_43527150.jpg)
Tierkette, Detail Übergang Mutter- / Tochtertier
Hier kann man auch die oben angesprochene "Kammer" vor dem Darm erkennen, in welcher die Nahrung kurz, manchmal auch mehrere Sekunden lang, zurückgehalten wird, bevor sie in den Darm eintritt.
Man erkennt außerdem die seitlich linienförmig angeordnete Kette von grünen, leicht länglichen Punkten, deren Funktion mich ebenfalls interessieren würde.

Viele Grüße
D.Mon

PS: An dieser Stelle möchte ich Olaf noch einmal meinen herzlichen Dank aussprechen für die Unterstützung bei der Kameraadaption.
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in Oktober 17, 2020, 11:38:06 VORMITTAG
Hallo D.Mon,

toll, dass sich Deine kleinen Freunde anfangen sich zu vermehren - sowas sieht man nicht jeden Tag!
Die Vermehrung durch Tierketten funktioniert so, dass sich in der Mitte des Muttertiers eine Einschnürung bildet, an der sich die Strukturen des neuen Kopfbereichs des Tochterzooides bilden. Das Tochterzooid wird aber weiterhin durch den Darm des Mutterzooides versorgt. Mutter und Tochter teilen sich also den selben Darm. Das sind die linearen Strukturen, die Du von Mutter zu Tochter übergehen siehst. Der Pharynx des Tochterzooides bildet sich erst langsam; erst nachdem er ausgebildet ist, ergießt sich der Darm des Mutterzooides in den Pharynx der Tochter, der dann an den "Tochterdarm" angeschlossen ist. Bis zur Trennung der Zooiden wird das Tochterzooid weiter von der Mutter versorgt. Während dieser Zeit bleibt das Darmstück im Prostomium erhalten und teilt sich den Raum mit dem neugebildetem Gewebe der Tochter. Nach der Trennung wird der Darm der Mutter mit Hautzellen geschlossen und im Tochterzooid wird das nun nutzlose Darmstück zurückgebildet. Erst jetzt nimmt der Pharynx seinen Betrieb auf und versorgt den neuen Klon jetzt eigenständig. Die Körnchen, die Du gesehen hast sind wohl Nährstoffen, die von der Mutter zur Tochter wandern (bei Rhynchoscolex sind z.B. körnige Reservestoffe beschrieben). Ich bin gespannt, ob sich bei der Tochter auch eine Statocyste ausbildet. Die anatomischen Verhältnisse bei den Tierketten habe ich mal hier gezeigt: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=30874.0 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=30874.0).
Die "Körnchen" die Du in der Haut zeigst, sind in den Fotos leider schwer zu beurteilen. Die Haut der Strudelwürmer ist sehr komplex aufgebaut und enthält oft auch Schleimdrüsen (genaueres kannst Du in der Beschreibung für  Rhynchoscolex nachlesen, die ich Dir per PN geschickt hatte). Möglicherweise sind es solche Drüsen (bzw. ihre Sekrete), die Dir aufgefallen sind.

Viele Grüße und weiterhin eine spannende Beobachtungszeit

Michael

Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Klaus Henkel in Oktober 17, 2020, 14:46:20 NACHMITTAGS
Zitat von: D.Mon in Oktober 06, 2020, 22:06:10 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

ich habe am Wochenende spontan einen Tropfen aus einem Untersetzer untersucht, in dem ich einige Moorpflanzen in Anstaukultur halte. Ich hab eine ganz kleine Menge Detritus mit pipettiert und einfach mal geschaut, was ich darin finden kann. Ich finde es jedes mal aufs neue fantastisch, welche Universen sich in einem winzigen Wassertröpfchen mit etwas Schmodder auftun können.

Neben einem glasartig durchsichtige Wenigborster, der sehr an den Öltröpfchenwurm erinnert, den Gerd neulich gezeigt hat (nur eben ohne die Öltröpfchen), habe ich einen interessanten Wurm entdeckt, den ich für einen Strudelwurm unbekannter Spezies halte (Fotos s. unten).

Der Wurm ist etwa 1.250 µm lang ...

Guten Tag D. Mon!


Zur Bestimmung könnten Sie mal die Aperturblende weniger stark schließen - viel weniger.

Wie sicher sind Sie, daß es sich nicht um einen Wurm, sondern um einen Ciliaten handelt, z. B.
Spirostomum minus?

Gruß
KH
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Ole Riemann in Oktober 17, 2020, 21:35:10 NACHMITTAGS
Guten Abend Herr Henkel,

wenn ich Ihre Frage richtig interpretiere, schließen Sie die Diagnose Ciliat nicht aus. Der im Eingangsbeitrag dargestellte Organismus ist ganz klar ein Plathelminth - eindeutige Merkmale sind die gut sichtbare Statocyste sowie der Pharynx. Diese Strukturen sind auch bei etwas stärker geschlossener Aperturblende gut sichtbar, in der fotografischen Dokumentation im Hellfeldbild so vielleicht sogar noch besser erkennbar als bei weiter geöffneter Kondensorblende.

Beste Grüße

Ole Riemann
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Oktober 19, 2020, 19:38:12 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

vielen Dank für die neuen Beiträge.

Zitat von: Klaus Henkel in Oktober 17, 2020, 14:46:20 NACHMITTAGS
Zur Bestimmung könnten Sie mal die Aperturblende weniger stark schließen - viel weniger.

Danke für den Hinweis. Die Empfehlung habe ich an anderer Stelle schon einmal erhalten und eigentlich beherzige ich sie auch, aber anscheinend bin ich da immer noch zu zaghaft und orientiere mich noch zu stark an den Markierungen des Herstellers auf dem Kondensor. Ich bin noch Anfänger und immer froh über konkrete Ratschläge, die mit ermöglichen, den Umgang mit dem Mikroskop und die noch recht bescheidene Qualität meiner Aufnahmen zu verbessern.

Zitat von: Klaus Henkel in Oktober 17, 2020, 14:46:20 NACHMITTAGS
Wie sicher sind Sie, daß es sich nicht um einen Wurm, sondern um einen Ciliaten handelt, z. B.
Spirostomum minus?
Als ich meinen Beitrag gepostet hatte, war ich mir gar nicht sicher. Ich verfüge weder über besonders viel Erfahrung noch über eine entsprechende Vorbildung in Mikrobiologie. Es war lediglich eine Vermutung aufgrund der Beobachtung einer anderen Strudelwurm-Spezies (die ich - nebenbei bemerkt - wegen widersprüchlicher Merkmale auch noch nicht genau identifizieren kann).

Nachdem ich zwischenzeitlich versucht habe, mich einzulesen und etwa 40 Individuen beobachten konnte, hat sich meine Vermutung aber einigermaßen gefestigt. Trotzdem bin ich über alternative Anregungen froh und habe jetzt auch etwas über Spirostomum minus nachgelesen. Ich glaube, dass ich diese Art aus verschiedenen Gründen (Gestalt, Bewegungsmuster, übliches Vorkommen ...) relativ sicher ausschließen kann, bin aber jetzt besser vorbereitet, falls mir in dieser Richtung einmal etwas unter die Linse kommt.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich für die Veröffentlichung der Mikrofibel bedenken. Sie hat mir bei der Vorbereitung des Kaufs meines Mikroskop sehr geholfen und auch jetzt schaue ich immer wieder hinein, um etwas nachzulesen.

Hier noch zwei aktuellere Bilder, bei denen ich die Aperturblende weiter geöffnet habe. Wenn ich die Blende noch weiter öffne (Austrittspupille des Objektivs voll ausgeleuchtet), habe ich den Eindruck, dass die Bilder sehr flau werden. Die Schärfentiefe nimmt dann außerdem so stark ab, dass ich die Tiere nicht mehr vernünftig abbilden kann. Halbwegs scharfe Bilder von diesen Gesellen zu bekommen, ist ohnehin eine Herausforderung, wenn sie im Mikroaquarium in einem Objektträger mit eingeschliffener Vertiefung herum schwimmen, immer wieder abtauchen und vom Licht der Mikroskopbeleuchtung zu fliehen scheinen.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285633_33420276.jpg)
Volle Auflösung (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/201019/gross/201018-Catenulida_sp_toto_gr.jpg) - Gesamtansicht

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285633_32347029.jpg)
Volle Auflösung (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/201019/gross/201018-Catenulida_sp_Detail_gr.jpg) - Detail mit Prostomium, Statocyste, Ringfurche, Pharynx simplex (andeutungsweise erkennbar), Darmanfang. Die größeren, hellgrünen Punkte sind aufgenommene Nahrung.

Für Bewertungen und Kritik bin ich jederzeit offen.

Herzliche Grüße
D.Mon
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in Oktober 22, 2020, 16:56:40 NACHMITTAGS
Hallo D.Mon,

ich finde, Du musst Dich mit Deinen Bildern keinesfalls verstecken. Du hast Dir ein sehr schwieriges Objekt ausgesucht, das mit seiner Größe (2mm!) und seiner Kontrastlosigkeit fast nicht mehr für ein Mikroskop geeignet ist. Dazu kommt, dass Du den Wurm lebend beobachtest und die dazu notwendige Schichtdicke von geschätzt 0,4 mm jedes Objektiv fast überfordert. Es hat schon seinen Grund, dass hier sehr selten große Strudelwürmer im einfachen Hellfeld gezeigt werden.
Ein gutes Mikroskopbild zeigt die Details, die man zeigen will, deutlich. In diesem Sinne sind Deine Bilder gut - der Rest ist eine Frage der Ästhetik. Ich glaube nicht, dass mit einem Hellfeldbild unter diesen Umständen viel mehr rauszuholen ist.

Viele Grüße

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Oktober 23, 2020, 21:56:14 NACHMITTAGS
Hallo Michael,

vielen Dank für Deine positive Resonanz. Das motiviert natürlich dazu, hier weitere Bilder zu zeigen.

Ich bin aber auch an Anregungen und Kritik sehr interessiert und gehe diesen immer nach. Beispielsweise hat mich der knappe, aber dafür prägnante Hinweis von Herrn Henkel dazu veranlasst, mich noch einmal intensiver mit der Aperturblende zu beschäftigen und darüber erneut nachzulesen. In diesem Sinne sehe bei mir ich auch allgemein noch Verbesserungsbedarf sowohl beim Umgang mit dem Mikroskop als auch beim Fotografieren sowie beim Aufbereiten und Ausgestalten der Aufnahmen.

Was die Ästhetik angeht: Ich versuche gerade meinen eigenen Stil zu entwickeln.
Ich habe großen Respekt vor den Forenkollegen, in deren Fotos bestimmte Informationen sauber isoliert und auf höchstem Niveau wissenschaftlich präzise herausgearbeitet sind. Ich selbst bin aber kein Wissenschaftler und gehe an die Sache etwas anders heran. Für mich ist das Mikroskopieren und das Anfertigen der Bilder eine sehr emotionale Angelegenheit. Beispielsweise wäre es eine Sache von einer Minute, die (teils unscharfen) Strukturen und Bildstörungen im Hintergrund mit PS wegzustempeln. Für mich gehören die aber zum Bild dazu, was nicht jedem gefallen muss. Letztlich produziere ich aber keine Bilder für ein naturwissenschaftliches Fachbuch oder eine Vorlesung in Mikrobiologie sondern zur eigenen Freude und zum Zeigen im Familien- und Freundeskreis (oder eben hier). Die größte Unsicherheit habe ich noch beim Abwägen, wie viel Bildbearbeitung (Belichtung, Farbumfang, Kontrast, Schärfe ...) das Bild verbessern und wo es anfängt penetrant zu werden.

Ich mikroskopiere zurzeit auch ausgesprochen gerne in einer - wie es in der Mikrofibel etwas abfällig heißt - "dicken Suppe". Mir erschließen sich dabei nach Feierabend ganze Universen und jede Drehung am Fokussiertrieb kann neue, begeisternde Überraschungen ins Sichtfeld rücken. So habe ich beispielsweise schon vor einigen Wochen einen anderen Strudelwurm gefunden, zu dem ich auch noch jede Menge Fragen auf Lager habe. Ist das Interesse erst einmal geweckt, bietet heute das Internet Zugang zu einer Fülle von Informationen und auch die Möglichkeit zum Austausch mit Gleichgesinnten, wie zum Beispiel in diesem sehr sympathischen Forum.

In diesem Sinne: Herzliche Grüße
D.Mon
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Klaus Henkel in Oktober 29, 2020, 02:49:26 VORMITTAG
Zitat von: Ole Riemann in Oktober 17, 2020, 21:35:10 NACHMITTAGS
Guten Morgen Ole Riemann


wenn ich Ihre Frage richtig interpretiere, schließen Sie die Diagnose Ciliat nicht aus. Der im Eingangsbeitrag dargestellte Organismus ist ganz klar ein Plathelminth - eindeutige Merkmale sind die gut sichtbare Statocyste sowie der Pharynx. Diese Strukturen sind auch bei etwas stärker geschlossener Aperturblende gut sichtbar, in der fotografischen Dokumentation im Hellfeldbild so vielleicht sogar noch besser erkennbar als bei weiter geöffneter Kondensorblende.

Beste Grüße

Danke für die Berichtigung!
Hatte ich doch wohl zu flüchtig hingeschaut.
KH
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in November 01, 2020, 12:25:48 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

ich bin inzwischen zu der These gelangt, dass es sich bei meinem Bekannten um Catenula leptocephala handeln könnte.
Leider habe ich über diese Art nur sehr wenig Informationen gefunden, aber einige im Internet gefundene Bilder und Videos weisen eine weitgehende Übereinstimmung auf.
Kann jemand meine Vermutung bestätigen oder widerlegen?

Herzliche Grüße
Martin alias D.Mon
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in November 01, 2020, 15:55:59 NACHMITTAGS
Hallo Martin,

Zitat von: D.Mon in November 01, 2020, 12:25:48 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

ich bin inzwischen zu der These gelangt, dass es sich bei meinem Bekannten um Catenula leptocephala handeln könnte.


C. leptocephala könnte sein, aber die von Dir angegebene Größe von ca. 2mm ist recht groß. Vergleiche mal hier: https://www.mikro-tuemplerforum.at/viewtopic.php?f=57&t=801 (https://www.mikro-tuemplerforum.at/viewtopic.php?f=57&t=801). Hier ist auch ein Link auf das Orginalpaper von Nuttycombe angegeben mit einem Schlüssel für Cantnula:

J. W. Nuttycombe, "The Catenula of the Eastern United States," Am. Midl. Nat., vol. 55, no. 2, pp. 419–433, 1956.

Viele Grüße

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in November 01, 2020, 21:46:16 NACHMITTAGS
Hallo Michael,

ich weiß nicht, wo ich2mm angegeben haben soll. Wenn es so ist, war es ein Irrtum. Die größten waren gut einen Millimeter lang, viele unter einem Millimeter. Die Seite, die Du verlinkst hast, ist eine von denen, die ich oben meinte. Der dortige Beobachter war auch der Ansicht, die Würmer würden kleinen Krokodilen ähneln.

Viele Grüße
Martin
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in November 02, 2020, 10:11:43 VORMITTAG
Hallo Martin,

ich hatte 1950µm statt 1250µm gelesen - mein Fehler!

Viele Grüße

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in November 29, 2020, 12:26:36 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

die unbekannten Strudelwürmer beschäftigen mich noch immer.
Tierketten kann ich inzwischen regelmäßig in unterschiedlichen Entwicklungsstadien beobachten, bisher jedoch immer nur in der Länge von zwei Zooiden.
Eine Trennung habe ich bisher noch nicht mitverfolgt.

Falls jemand noch etwas zur Bestimmung der Art beitragen kann, würde mich das sehr freuen.
Die Würmchen sehen doch recht prägnant aus.

Meine Vermutung ist weiterhin, das es sich um Catenula leptocephala Nuttycombe, 1956 handeln könnte.
Dagegen spricht zwar, dass diese Art wohl hauptsächlich in den USA beobachtet wurde (in Asien soll sie auch vorkommen).
Auch aus anderen Gründen bin ich mir keineswegs sicher.

Die beste Beschreibung habe ich in  "The Catenula of the Eastern United States (https://booksc.xyz/book/42147049/ddb009%3Cbr%20/%3Ehttps://swab.zlibcdn.com/dtoken/894a3d764f3013e5f36bb50b2986b470)" gefunden.
Ich glaube, folgende Übereinstimmungen erkannt zu haben.

Auf Tafel II auf der vorletzten Seite der verlinkten PDF Datei gibt es einen Querschnitt, der mit meinen Tierchen, wie ich meine, doch hinreichend ähnlich sieht (s. zweites Foto unten).
Die gesamte "Kopf"form scheint mir weitgehend zu passen.
Der eher kleine Mund ist dorsal angeordnet, was ich bei meinen Tierchen auch so wahrgenommen habe.
Die sackfömige Zone vor dem Darm, die ich weiter oben (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=38738.msg285229;topicseen#msg285229) beschrieben habe, ist ebenfalls abgebildet (leider ohne Beschreibung).
Die textliche Beschreibung (S. 11 der PDF Datei) kommt mir zutreffend vor, zumindest so weit ich die aufgeführten Einzelheiten erkennen kann.
Sogar die von mir im Eingangsposting als "lappenartige Struktur" bezeichneten Lappen (lobes) sind im Text ausdrücklich erwähnt.
Hab ich etwas übersehen?

Hier kommen einige aktuelle Fotos (beim Anklicken des Kreuzes links unten öffnet sich ein Bild in höherer Auflösung).

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/288955_32001227.jpg)
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/201128-Catenula_sp/hr/201128-Catenula_sp-01.jpg)
Hier ein Tropfen aus einem Glas, in dem sich eine große Population entwickelt hat.
Allein in diesem Ausschnitt finden sich mindestens fünf Tierketten.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/288955_19575591.jpg)
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/201128-Catenula_sp/hr/201128-Catenula_sp-02.jpg)
Das Bild ist leider nicht besonders scharf. Es ist ein Ausschnitt aus dem Randbereich einer anderen Aufnahme.
Trotzdem glaube ich eine gewisse Ähnlichkeit mit dem oben erwähnten Querschnitt zu erkennen.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/288955_41962596.jpg)
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/201128-Catenula_sp/hr/201128-Catenula_sp-03.jpg)
Das sieht mir so aus, wie eine geraden entstehenden Teilungszone.
Außer der Einschnürung kann ich noch nichts erkennen.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/288955_42119052.jpg)
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/201128-Catenula_sp/hr/201128-Catenula_sp-04.jpg)
Hier könnte es bald soweit sein, dass die Tiere sich teilen.
Der Statozcyst, die bewimperte Ringfurche und der Pharynx sind bereits gut ausgeprägt.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/288955_43527150.jpg)
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/201128-Catenula_sp/hr/201128-Catenula_sp-05.jpg)
Zum Schluss noch ein Bild eines Wurms, der sich gerade zusammengezogen hat.
Der mittlere Teil des Körpers zieht sich am stärksten zusammen.
Das ist nichts ungewöhnliches, so auffällig habe ich das allerdings bei anderen Turbellaria noch nicht gesehen.

Erklärungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge sind mir stets willkommen.

Viele Grüße
Martin
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in November 29, 2020, 12:36:25 NACHMITTAGS
komisch; ich denke immer ich änder, und dann wird es als Zitat eingefügt.
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in November 29, 2020, 12:37:25 NACHMITTAGS
komisch; ich denke immer ich änder, und dann wird es als Zitat eingefügt.
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in November 29, 2020, 16:07:11 NACHMITTAGS
Hallo Martin,
Deine "Krokodile" vermehren sich bei Dir ja prächtig!


Zitat von: Artschlüssel aus: J. W. Nuttycombe, "The Catenula of the Eastern United States," Am. Midl. Nat., vol. 55, no. 2, pp. 419–433, 1956.
1. (a) Length of the cephalic region less than twice its width (fig. 4, F) - 2
(b) Length of the cephalic region more than twice its width (fig. 4, D and G) - 4

2. (a) Cephalic region approximately 1/2 the length of the first zooid (fig. 4, F); chain 4-8 or more zooids; form balustrade (fig. 4, B) (Plate I) - lemnae
(b) Cephalic region less than 1/2 the length of the first zooid (fig. 4, C and E); chain usually of 1-8 2ooids; form not balustrade (fig. 4, A) - 3

3. (a) With a dorsal, ciliated groove on pre-oral zone (Plate III, D) - virginia
(b) Without dorsal, ciliated groove on pre-oral zone (fig. 4, E) (Plate II, A and B) - confusa

4. (a) Cephalic region elongated anteriorly into a point, cephalic lobes located immediately anterior to the pre-oral groove (fig. 4 D) (Plate II, C and D) - leptocephala
(b) Cephalic region rounded anteriorly, lobes located midway in the cephalic region (fig. 4, G) (Plate III, A and B) - sekera


Wenn ich dem Artschlüssel bei Nuttycombe folge, verweist die erste Frage nach 4. Deine Tiere haben eine runde "Schnauze", und die Seitenlappen sind in der Mitte der Region vor der Mundöffnung, also 4b: C. sekera

Diese Art ist auch in Europa vertreten. Sieht man sich die Beschreibungen genauer an, fällt auf, das C. leptocephala ein rundes Hinterende hat, C. sekera dagegen spitz ausläuft. Ich glaube deshalb, dass Dein Krokodil der Art C. sekera zuzuordnen ist.

Das Problem bei allen Artbestimmungen ist, dass wir (zumindest ich) meist keinen Überblick über die Spannbreite der Arten haben. Keine zwei Individuen sind gleich und ich weiß meist nicht, ob es nicht eine ähnliche Art gibt, die besser als meine Vermutung passt. Aus diesem Grund sollte man sich an die Artschlüssel halten, bei denen die Unterscheidungsmerkmale von Experten so gewählt wurden, dass die Arteinordnung möglichst sicher ist.

Viele Grüße

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Dezember 01, 2020, 04:26:57 VORMITTAG
Hallo Michael,

vielen Dank für Deinen Beitrag.
Ich weiß es sehr zu schätzen, wenn ich darauf hingewiesen werde, wo ich möglicherweise ungenau oder oder falsch beobachtet oder recherchiert habe.

Zitat von: Michael in November 29, 2020, 16:07:11 NACHMITTAGSWenn ich dem Artschlüssel bei Nuttycombe folge, verweist die erste Frage nach 4. Deine Tiere haben eine runde "Schnauze", und die Seitenlappen sind in der Mitte der Region vor der Mundöffnung, also 4b: C. sekera
Hier kann ich Dir noch nicht ganz folgen. Nicht, dass ich unbedingt recht behalten möchte, aber ich sehe die Lappen (cephalic lobes) unmittelbar vor der Ringfurche (pre-oral groove). Hier noch zwei Fotos, wo ich versucht habe, die Lappen etwas besser abzubilden, was bei den doch recht agilen und lichtscheuen Kameraden gar nicht so einfach ist.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289087_32001227.jpg)
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/201201-Catenula_sp/201201-Catenula_sp-hr-01.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289087_19575591.jpg)
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/201201-Catenula_sp/201201-Catenula_sp-hr-03.jpg)


Zitat von: Michael in November 29, 2020, 16:07:11 NACHMITTAGSSieht man sich die Beschreibungen genauer an, fällt auf, das C. leptocephala ein rundes Hinterende hat, C. sekera dagegen spitz ausläuft. Ich glaube deshalb, dass Dein Krokodil der Art C. sekera zuzuordnen ist.
Ich habe nicht gefunden, wo Du das gesehen hast.
Ich finde, das Hinterende meiner Art ist eindeutig stumpf rund.
Vielleicht sieht man das auf den bisher geposteten Bildern nicht so deutlich, aber ich habe extra nochmal nachgesehenen und könnte ggf. auch dazu gerne noch einen Bildnachweis liefern.

Zitat von: Michael in November 29, 2020, 16:07:11 NACHMITTAGSDas Problem bei allen Artbestimmungen ist, dass wir (zumindest ich) meist keinen Überblick über die Spannbreite der Arten haben. Keine zwei Individuen sind gleich und ich weiß meist nicht, ob es nicht eine ähnliche Art gibt, die besser als meine Vermutung passt. Aus diesem Grund sollte man sich an die Artschlüssel halten, bei denen die Unterscheidungsmerkmale von Experten so gewählt wurden, dass die Arteinordnung möglichst sicher ist.
Da stimme ich Dir voll und ganz zu.
Ich bin in meinen Äußerungen auch schon sehr viel vorsichtiger geworden  8).
Ich will auch nicht unterschlagen, dass ich auch einen Widerspruch meiner Beobachtung zur Abbildung sowohl von C. leptocephala als auch von C. sekerai gefunden habe.
Auf Tafel 1, Fig 4 sitzt die Statocyste bei laptocephala sehr weit hinten im Bereich der hinteren Verdickung des prostomiums. Laut textlicher Beschreibung soll sie im Punkt der größten Breite des Gewebes des Ganglion sitzen.
Bei sekerai ist die Statocyste im Bereich der mittleren Verdickung des Prostomiums abgebildet.
Im Text ist beschrieben, dass die Statocyste weit vor der üblichen Stelle lokalisiert ist.

Unterm Strich gibt es Charakteristika die mehr in die eine Richtung und solche, die in die andere zu deuten scheinen.
Möglicherweise ist es auch keine der beiden Arten.
Damit bleibt es dabei, dass eine halbwegs gesicherte Artbestimmung nicht möglich ist.
Das ist ja auch nicht weiter schlimm, aber interessiert hätte es mich doch.

Herzliche Grüße
Martin
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: Michael Müller in Dezember 01, 2020, 10:48:53 VORMITTAG
Hallo Martin,

letztendlich bist Du der Experte für Deine kleinen Freunde - Du hast sie als einziger in Natura gesehen und ich kann mir bei meiner Artdiagnose keinesfalls sicher sein. Ich habe mir erlaubt, zwei Bilder von Dir zu kopieren und zu Beschriften, um Dir meine Argumentation aufzuzeigen. Das erste Bild ist ein Ausschnitt aus Deinem Übersichtsbild. Ich verstehe unter den "cephalic lobes" von Nuttycombe die Ausbuchtungen / Seitenlappen des präoralen Teils des Tieres. Diese Seitenlappen sind etwa in der Mitte dieses Teils vor der preoralen Furche (preoral grove"). Auf diesem Bilde glaube ich auch zu erkennen, dass das Tier im gestreckten Zustand eher spitz ausläuf t- aber das ist kein Bestimmungsmerkmal.

Das zweite Bild zeigt den Vorderteil des Tieres. Hier habe ich wieder die Seitenlappen beschriftet und die beiden Paare der rudimentären Wimperngruben vor und nach den Lappen eingezeichnet. Die Spitze des Tieres läuft rund aus. Die von Dir beschriftete Lappen scheinen mir mit dem Pharynx zusammen zu hängen und sind intern (?) zu liegen. Vielleicht sind das Pharynxdrüsen. Ich glaube jedenfalls nicht, dass Nuttycombe das mit "cephalic lobes" meint, das die "Gehirnmasse" rund um die Statocyste liegt. In dem ersten Bild Deines letzten Beitrags erkennt man ganz gut das "Gehirnganglion" rund um die Statocyste, das recht symmetrisch und diamantförmig aussieht. Auch das ist ein Merkmal für C. sekera.

Letztendlich gibt es nur zwei Arten, die lt. dem Artschlüssel in Frage kommen: C. leptocephala und C. sekera. Die Entscheidung, welche der beiden vorliegt, kann Dir keiner abnehmen - jede Artdiagnose ist mit Unsicherheiten behaftet. Ich finde es aber toll, dass Du Dich - inklusive Literaturrecherche - bemühst die richtige Entscheidung zu treffen. Dabei lernt man unheimlich viel über die vorliegende Gattung - egal ob man sich dann für einer Art sicher entscheiden kann.

Viele Grüße

Michael
Titel: Re: Unbekannter Strudelwurm aus Moorschale
Beitrag von: D.Mon in Dezember 03, 2020, 00:37:01 VORMITTAG
Hallo Michael,

ich danke Dir sehr für Deine Ausführungen.
Ich kann mir natürlich auch nicht sicher sein und neben dem Fachwissen fehlt mir auch erheblich an Erfahrung.
Aufgrund Deiner Argumentation kann und muss ich meine Interpretation erneut hinterfragen und die Quellen noch einmal genau studieren.
Selbst wenn eine halbwegs gesicherte Artbestimmung nicht gelingt, lerne ich so, wie Du ja auch schreibst, sehr viele Einzelheiten über die Tiere kennen, auf die ich sonst nie aufmerksam geworden wäre.
Ich werde wohl die freien Tag um Weihnachten nutzen und mich da noch einmal vertiefen.

Für mich hat es immer so ausgesehen, als wären die Strukturen am hinterste Teil des Prostomiums äußerlich.
Ich kann aber auch Deine Auffassung nachvollziehen.
Ich werde noch intensiver darauf achten und vielleicht gelingt mir mal ein besseres Foto auf dem man das deutlicher erkennen kann.

Danke auch für den Hinweis auf das "Gehirnganglion".
Ich hatte die graue Fläche ohne Granularität auch so interpretiert, war mir aber ziemlich unsicher damit.

Herzliche Grüße
Martin