Phasenkontrast oder Hellfeld für Anfänger?

Begonnen von Bärtier, Dezember 16, 2023, 16:59:17 NACHMITTAGS

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Bärtier

Hallo liebe Forum-Mitglieder,

Als Neuling im Forum suche ich Hilfe bei der grundlegenden Entscheidung, ob mein neues Mikroskop Phasenkontrast können sollte oder nicht.

Weihnachten steht bevor, und ich will mir etwas schenken!

Was habe ich?
Ein 45 jahre altes, monokulares Leitz HM-Lux mit einer "Schiebehülse-Beleuchtung", kann Dunkel- und Hellfeld und zwischendrin so was ähnliches wie schiefe Beleuchtung. Wenn man im Hellfeld die Hülse nach unten schiebt, hat es wohl einen ähnlichen Effekt, als wenn man die Kondensorblende schließt (Bild wird schärfer). 10er Okulare, Objektive 4/0,12, 10/0,25, 25/0,5, 40/0,65.
Zum Finden und Einfangen besitze ich noch ein altes MBC-10.
Ich tümple gerne und suche die Gesellschaft von Bärtierchen (Tardigraden). Gelegentlich missbrauche ich das Leitz auch für Auflicht bei Ameisen.

Nun meine FRAGE:

Nach einigen Recherchen kam ich zu dem Schluss, dass für mich ein altes Zeiss Standard mit Phasenkontrast passen könnte.

Leider las ich, dass die Phasenobjektive durch den schwarzen Ring im Inneren naturgemäß eine geringere Auflösung bieten als vergleichbare non-Phasenobjektive.

Um mit einem normalen Hellfeld-Objektiv beim Tümpeln und bei Bärtierchen Kontrast zu bekommen, muss man die Kondensorblende schließen, was auch Auflösungsverlust bedeutet.

Was ist also die bessere Wahl?

Und da ich gerade dabei bin:

Bringt das "Köhlern" in meinem Anwendungsbereich wirklich etwas oder ist das nur für Objektive > 40x erforderlich/sinnvoll?
Lohnt sich ein Binokulartubus? Ich hatte noch keinen am Leitz, und daher auch nicht vermisst.

Vielen Dank vorab für eure Antwort. 




purkinje

#1
Hallo Bärtier  ;)
Also eine Schiebehülse habe ich nur an einem ganz kleinen Exkursionsmikroskop und an zweien für junge Besucher, damit diese nicht in Versuchung geraten daran rumzukurbeln.
Zum "Köhlern" gibt es ja aktuell und in der Vergangenheit hier viel zu lesen, to make a long story short:
Objekt scharf stellen, Kondensor/Aperturblende ganz auf und Kondensor bis ganz kurz vor Deckglaskontakt hoch.
Okular rausnehmen und etweder so oder mittels Lupe in den Tubus schauen.
Dann Aperturblende leicht schließen, damit etwas spielen und beobachten ob die hintere Objektivebene (auf die Du dann siehst) vollständig und gleichmäßig ausgeleuchtet wird.
Falls nicht, überlegen ob Beleuchtung ok und dann Kondensorhöhe leicht anpassen/ absenken, Effekt beobachten.
Wenn ja so lassen, Okular wieder rein, fertig !

Phako ist was feines bei dünnen durchscheinenden konturlosen Objekten, Ameisen gehören jetzt nicht dazu.

Und natürlich rate ich zu einem größerem schwarzen Leitz, die bieten auch mannigfaltige Ausbaumöglichkeiten:
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/imgmar08/go-leitz_microscopes5rev.pdf
aber auch andere Schmiede hatten und haben schöne Söhne und Töchter ;D
Letztlich ist es Geschmackssache und ganz wichtig beim Gebrauchtkauf ist die Rückgabemöglichkeit bzw. noch besser Möglichkeit es vor dem Kauf auszuprobieren. Leider wird gebrauchtes, oft aus Unwissenheit ("Erbsttück, Dachbodenfund, haben durchgeguckt: funktionstüchtig, weil irgendwas erkannt  ;) )" doch recht defekt angeboten. Ohne eigenen Augenschein ist man nie sicher, außer man hat es mit einem Mikroskopiker als Verkäufer zu tun der mögliche Einschränkungen selbst gut beurteilen kann, ehrlich zu einem ist und natürlich Rücknahme anbietet.
Beste Grüße Stefan

PS: an die Vorstellung HIER denken und Vornamen sind immer gern gesehen 8)

Bärtier

Hallo Stefan,

vielen Dank für deine Tipps.

Viele Grüße
Martin

Detlef Kramer

Lieber Martin,

Die Frage Phaco j/n möchte ich so beantworten: Der PH ist keine Methode der Kontaststeigerung, sondern der Sichtbarmachung von (in der Regel intracellulärer) Stukturen, die man im HF kaum oder garnicht sieht. Wenn es lediglich um klareres Bild geht, ist Färben u. ä. die bessere Wahl. PH-Objektive haben wegen des PH-Rings naturgemäß ein etwas reduziertes Auflösungsvermögen. Ob das bemerkbar ist? Bei meinen Zeiss-Objektiven kann ich das nicht erkennen. Auch der Kontrast soll im HF schlechter sein, bei Zeiss ist dies so marginal, dass man ein PH 40 : 1 (N.A. 0,65)prblem auch im HF benutzen kann.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Bärtier

Hallo Detlef,

Färben ist für mich keine Variante, da ich gerne Lebendiges anschaue und die Tierchen danach wieder in die Freiheit entlasse. So ein blau gefärbter Makrobiotus würde nach seiner Rückkehr in die Familie zuviel Aufmerksamkeit erregen :)
 
Aber trotzdem vielen Dank für deine Erklärungen, da wird mir von einem "alten Hasen" bestätigt, was ich insgeheim zu hoffen wagte:

Der Auflösungsverlust bei Phaco ist gering, in der Praxis nicht relevant. Dieser wird durch andere Vorteile wieder kompensiert, v.a. bei sehr durchsichtigen Motiven.

Viele Grüße
Martin

Gerd Schmahl

Hallo Martin,
Bärtierchen brauchen keinen Phaco. Das ist wirklich was für sehr kleine Objekte, z.B. für Geißeln. Die Schichtdicke des Präparates sollte auch gering sein. Natürlich hatte ich mir als "Tümpler" auch Phasenkontrast besorgt, benutzte ihn heute aber nur noch ausgesprochen selten. Wenn es mehr um die Ästhetik geht als um Wissenschaft, brachst Du definitiv keinen Phaco, denn die Bilder sind nicht wirklich schön und haben meist schwer zu deutende Artefakte z.B. Halos.

In Deinem Vorstellungsfaden haben sich ja schon Leute in Deiner Nähe gemeldet, und es gibt eine sehr aktive Gruppe, bei der Du sicher mal einen Phaco ausprobieren kannst, um Dich selber davon zu überzeugen, ob Dir Phaco das Geld wert ist.

Ein Binotubus ist hingegen schon eine feine Sache, wenn man längere Zeit mikroskopiert. Das ist schon ein entspannteres Gucken, als am Monotubus.

Auch etwas mehr Sehfeld ist eine feine Sache. Ich weiß ja nicht, was Du am Leitz für Okulare hast, aber ich nehme mal an, dass das eher eine Schlüssellochgucken ist und kein all zu großes Sehfeld. Sehfeld von 18 oder 20 ist schon fein, Großfeld (25+) der pure Luxus (und Luxus ist natürlich ein Genuss ;) )

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Bärtier

Hallo Gerd,


Auf meinem Okular steht "Periplan NF 10x", das war damals beim Kauf mit dabei und wohl das Set-Okular. Die Sache mit dem größeren Sehfeld behalte ich jedenfalls im Auge. Ich kenne die Analogie bei den Digitalkameras: da liegen zwischen den unterschiedlichen Suchern teilweise Welten.

Du hast schon recht: Probieren geht über Studieren. Phaco oder nicht - das werde ich erst mal direkt miteinander vergleichen. Notfalls schenke ich mir das Neue erst zu Ostern statt zu Weihnachten.

Viele Grüße
Martin

Aljoscha

Hallo,

Das NF hat ein Sehfeld von 18. Mehr geht bei dem Tubus auch nicht.

Viele Grüße

Alexander

Gerd Schmahl

Hallo Alexander und Martin,
wenn das Okular ein Sehfeld von 18 hat, dann ist es ja auch kein Schlüsselloch, wie viele gleich alte Zeiss-Jena-Okulare es bieten. Also alles gut, aber bei der Anschaffung eines Binokulares und den dazugehörigen Okularen darauf achten, dass es auch so bleibt.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Bob

Hallo Martin,
für Deine momentanen Zwecke ist Phasenkontrast nicht notwendig, es gibt aber schon Objekte im Plankton, die damit schön sichtbar gemacht werden. Falls Du also sowieso ein neues Mikroskop kaufen möchtest, wäre eins mit vollständiger Phasenkontrastausstattung gar nicht verkehrt. Bei Deinem Mikroskop könntest Du Dich erstmal mit der optimalen Einstellung des Kondensors in Höhe und Blende befassen und danach mal mit schiefer Beleuchtung experimentieren. Zu beidem findest Du hier im Forum oder in der Mikrofibel nützliche Hinweise. Wenn Du uns Fotos vom Mikroskop, dem Kondensor und dem Bild im Okular (Handy) zeigst, können wir sicherlich auch etwas dazu sagen.

Viele Grüße,

Bob