Unbelebtes und undurchsichtiges - Aufnahmen aus der Materialographie

Begonnen von Tim Schubert, April 08, 2013, 01:15:08 VORMITTAG

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olaf.med

Lieber Tim,

ich meine tatsächlich Pol-Mikroskopie im Auflicht, die aber natürlich ein entsprechendes Mikroskop voraussetzt. Da wäre Hämatit wirklich leicht zu erkennen und vom isotropen Magnetit zu unterscheiden. Die fehlende magnetische Reaktion schließt aber schon Magnetit aus, dessen Name natürlich von seinem Verhalten kommt.

Trotz der Einschränkungen, auf die Bastian zu Recht für Oxidationsgrad und Kohlenstoffgehalt hinwies, wäre eine EDX-Untersuchung natürlich äußerst hilfreich. Könnte man hier nicht schon aufgrund der Zählraten zwischen Fe und Fe3C unterscheiden, vor allem wenn beide Phasen direkt nebeneinander liegen?

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Alfred Schaller

#16
Lieber Tim,
ich würde mich gern an der lustigen Rätselraterei beteiligen.
Als ausgebildeter Materialograph hast Du sicher Protokoll geführt über Deine Versuche.
Bitte lass uns daran teilhaben, z.B.
- Menge des Erzes, Körnigkeit, wie in den Ofen eingebracht (flach?, als Klumpen?)
- Dauer der Ofenbehandlung, Temperaturverlauf, Beobachtungen beim Ofenprozess
- wurde die Luppe nach Entnahme aus dem Ofen sofort geschmiedet? Oder nur abgekühlt?
- Probennahme (Oberfläche, Mitte ?)
Alle Daten sind wichtig!
Gut wäre es auch, Dein erstes Bild mit höherer Vergrößerung zu sehen: die hellbraunen Bestandteile scheinen eine innere Struktur zu haben.
Mit metallographischen Grüßen
Alfred Schaller

P.S. Ich bezweilfe, dass das Bild im Beitrag 16.44 Uhr Tertiärzementit zwischen den beiden Körnern zeigt.
- gern per Du  / Vorstellung -

moräne

Hallo
ich habe noch was gefunden:

Google books
S.S. Augustithis
Atlas of textural patterns of ore minerals.....Seite 552 Hämatit
als Anschauungsmaterial.
Sonst fällt mir nach gründlicherer Durchsicht des Klemm´schen Heftes nur noch Steadit ( ternäres Phosphoreutektikum) zum oberen Teil von Bild 1 ein.
Ich muß dazu schreiben, das mir jetzt erst klar wird was eine "Luppe" ist, ich dachte das wäre etwas was mit dem Eisensystem zu tun hat, wenn das aber nur eine Art " Vor "-Erz ist,( im Sinne des  Wortes  " Vorlegierung ") dann.... liege ich möglicherweise etwas daneben?

Grüße
Gerd

Tim Schubert

Hallo zusammen,

bitte entschuldigt dass ich mich erst nach so langer Zeit wieder zu Wort melde. Ich hatte leider in letzter Zeit wenig bis garkeine Möglichkeiten mal privat ans Mikroskop zu gehen.
Scheinbar hat auch jemand aus dem Institutsteam meine Proben aus dem Exikkator entf+hrt und irgendwo anders hin gepackt. Ich wollte heute dann endlich mal die Schliffe aufpolieren und die gewünschten Aufnahmen machen und die einzige Probe die ich finden konnte war der Schliff eines Erzbröckchens der meiner Meinung nach damals anders aussah, den ich aber nicht aufgenommen habe.
Alle anderen Proben bleiben bis auf weiteres verschwunden!

Ich habe dann trotzdem die Erzprobe aufpoliert und im Pollicht aufgenommen. Es sind, wie ich finde, sehr schöne Aufnahmen rausgekommen. Diese sagen mir natürlich wie früher bereits erwähnt garnichts, aber vllt. ja einem von euch hier.

@Alfred Schaller: Was spricht gegen Tertiärzementit? Bei geringem C-Gehalt kann dieser doch durchaus vorkommen oder habe ich da etwas falsches gelernt? Bzgl. der Versuche muss ich meine Aufzeichnungen mal rauskramen wenn ich wieder am heimischen Niederrhein bin. Liefere die Daten dann nach und sobald ich meine Schliffe wieder auftreiben konnte auch noch Detailaufnahmen.

Herzliche Grüße
Tim


Objektiv 10x, Pol bei gekreuzten Filtern


Objektiv 20x, Hellfeld


korrelativ dazu im Pollicht


und noch eines mit 50x Objektiv im Pollicht

olaf.med

Lieber Tim,

sehr schöne Bilder, aber es ist natürlich jammerschade wenn die Informationen zu den Proben verloren gegangen sind. Die herrlichen Gefüge in Deinem "Erzbröckchen" halte ich für ein Kristallisationsgefüge von 3 unterschiedlichen Phasen aus einer Schmelze, also wahrscheinlich eher um ein Produkt des Schmelzprozesses im Ofen als um ein Erz. Dafür sprechen die tropfenförmigen Einschlüsse und die buchtigen interkristallinen Partien der dunkelgrauen Phase (Glas???). Die Anisotropieeffekte und die schöne Entmischung in Bild 2 und 3 am linken Bildrand finde ich sehr beeindruckend, sowie auch die leuchtend roten Innenreflexe.

Bin sehr gespannt auf die Phasenanalyse.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Tim Schubert

Hallo Olaf,

es sind ja nicht die Informationen die verloren sind, ich weiß im Moment nur nicht wo die Proben sind ;-)
Scheinbar hat die jemand zu Anschauungszwecken "entwendet" und da ich ja nicht alleine bei uns im Institut bin muss ich nun noch rausfinden WER und WO.
Sobald ich die Proben wieder habe werde ich auch nochmal mein erstes Erz und die Luppe aufnehmen. Ob und wann ich zur chemischen Phasenanalyse komme weiß ich aber leider noch nicht, da die Messzeit für Privates eher gering gehalten wird.

Das Erzstück aus den letzten Bildern war so wie es ist garnicht im Ofen, es handelt sich hierbei um einen größeren Brocken aus der Erzcharge die ich für meine erste Ofenreise benutzt habe.
Da ich keinerlei Erfahrung mit Erzen (oder sagen wir "Steinen" an sich) habe, waren meine Aufnahmen wohl eher ein Glückstreffer ;-)

Danke jedenfalls für die positive Rückmeldung!

Gruß
Tim

olaf.med

Lieber Tim,

ZitatDas Erzstück aus den letzten Bildern war so wie es ist garnicht im Ofen, es handelt sich hierbei um einen größeren Brocken aus der Erzcharge die ich für meine erste Ofenreise benutzt habe.

Wenn das so ist, dann muß es sich um ein hochtemperiert gebildetes (liquidmagmatisches) Erz handeln. Meine Vermutung ist dann:


  • Hämatit, rote Innenreflexe und starke Anisotropie
  • Magnetit, braun im linear polarisierten Licht und isotrop
  • Ilmenit als Entmischung im Magnetit (Lamellen am linken Bildrand)

Herzliche Grüße,

Olaf
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Alfred Schaller

Zu Tertiärzementit:
Hallo Tim,
leider gibt es bisher keinerlei Daten über die durchgeführte Wärmebehandlung der Erze, die zu den von Dir gezeigten Bildern führen.
Üblicherweise möchte ein Metallkundler nicht nur "schöne Bilder" (dann wäre er ein Künstler) sondern er will wissen, welche Phasen oder Gefüge die Bilder zeigen und wie diese entstanden sind.
Aber ohne Angaben zur Vorbehandlung bleibt das eben nur Rätselraten.

In diesem Bild erkennst Du Tertiärzementit entlang der Korngrenzen. Dieser entsteht nur bei Weicheisen (Fe + max. 0,02%C) bei Abkühlung unter 723°C.
Meines Erachtens bräuchte es mindestens einige Stunden bei 600-700°C, um eine so dicke Linie von Tertiärzementit-Ausscheidungen zu erhalten, falls vorher Ferrit vorgelegen hat - das erscheint mir daher nicht wahrscheinlich.
Aber wie gesagt: Ferndiagnosen ohne jegliche Kenntnisse des Ausgangszustandes und der Wärmebehandlung sind Unsinn!
mfg Alfred Schaller
- gern per Du  / Vorstellung -