Nicht alles Kolwezit, was glänzt! Mineraluntersuchung mithilfe der Mikrochemie

Begonnen von Reinhard, Mai 21, 2018, 20:23:54 NACHMITTAGS

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Reinhard

Hallo Freunde,

Kolwezit (Kolwezite) ist ein seltenes Mineral, das der chemischen Formel  (Cu,Co) CO3(OH)2 entspricht, also in etwa einem Kupfer-Cobalt-Carbonat. Eine Verbindung von Kupfer
und Cobalt als Hauptelemente gibt es nur in wenigen weiteren Mineralen (z.B.: Leverettit, Lindackerit). Kolwezit tritt  meist in der Form eines beige-grünen bis braunen, weichen,
oft botryoidalen Belages auf. (Kristallsystem: triklin)
Die größten Vorkommen des Minerals gibt es im Kongo und hier im namengebenden Revier "Kolwezi" in der Provinz "Katanga". Weitere Vorkommen sind im Bezirk Düsseldorf (!), in Attika/Griechenland und in Colorado/USA.

Die Mineralstufen, die ich unter dem Namen Kolwezite bei Ebay ergattern konnte, stammen allesamt aus der "Musonoi-Mine" im Kongo. Der Kolwezit liegt hier als halbkugeliger grünlicher Belag (die Fachleute mögen mich gerne verbessern)
auf dem Cobalt-Calzit, bzw. dem Sphärocobaltit vor, der beeindruckende rosa- bis magentarote Kristalle bildet, die aus Cobaltcarbonat (CoCO3) bestehen.
Genausogut können aber Auflagerungen und Kristallformationen von Malachit mit der Matrix aus Cobaltcalzit/Sphärocobaltit vergesellschaftet sein. Malachit und Kolwezit sind "verwandte Mineralien"; zur Verwandtschaft
gehören (je nach Systematik) außerdem: Azurit, Rosasit und Aurichalcit, um nur die bekanntesten zu nennen.

Anlass für meine Untersuchungen war, daß die Kolwezit-Auflagerungen meiner teuersten "Kolwezit-Stufe sehr "grün" im Vergleich zu den Photos im Mineralienatlas und zu meiner anderen Stufe sind
und bei mir den Verdacht erweckten, daß es sich evtl. doch um "billiges" Malachit handeln könnte.

Zur Verwirrung trägt bei, daß im "Mineralienatlas", dieser kompetenten und maximal informativen Seite für Mineralieninteressierte, zwar die chemische Zusammensetzung des Kolwezit mit CuCo (CO3)(OH)2
angegeben, gleichzeitig aber eine stark davon abweichende chemische Analyse genannt wird, die besagt, daß in der Probe nur etwa halb soviel Co-Anteil vorhanden war, wie zu vermuten gewesen wäre.

Es musste also mikrochemisch möglichst quantitativ das etwa gleichgewichtete Vorhandensein von Cu und Co im Mineral nachgewiesen werden.

Einen halbquantitativen Hinweis auf die Zusammensetzung kann man vorab bekommen, wenn man sich zunutze macht, daß sowohl Cu (gelbe Nadeln) wie auch Co (tiefblaue Kristallformen) charakteristische
Kristalle mit dem Reagenz Ammonium- bzw. Kalium-Thiocyanatomercurat ergeben, sofern störende andere Metalle (Fe u.a.)abwesend sind.



Hier die Angaben des Ebay-Verkäufers bzgl. des Kolwezit-Anteils in der folgenden Mineralstufe, die ich mit (III) bezeichnet habe.



Die nächsten drei Bilder zeigen die Vielzahl der kleinen botryoidalen Kristallauflagerungen, die für Kolwezit m.E. zu "grün" sind.







Hier eine Mineralstufe (I), deren grüne Anteile eher nach Kolwezit aussehen.



Hier die Mineralstufe (II), ebenfalls eher Kolwezit-verdächtig.


Eine Probe von (III) unter dem Stereomikroskop


Die abgesprengte Probe landet auf dem Glasteller des Stemi und wird vorsichtig auf die Waagschale der Cahn-Waage bugsiert.


Bei dieser Wägung ergab sich zum Beispiel ein Gewicht von 1,639 mg.


Die Probe wird (hier) in etwa 50 µl 0,5m HCl aufgelöst.


Die semiquantitative Vorprobe (von II) zeigt schon ein starkes Vorherrschen von Kupfer gegenüber Cobalt in der Probe.


Eine Verteilung wie bei Kolwezit zu erwarten, müßte etwa so aussehen.


Eine quantitative Bestimmung von Cobalt neben Kupfer erfordert die vorherige Abtrennung des Cu, die hier mit einem Schnipsel aus Aluminium erfolgt.
Einzelheiten siehe im Chemieteil weiter unten.


Hier meine stark strapazierte Standardvorrichtung zur (Ultra-) Mikrotitration. Ein "Brummer" von Rolf (reblaus) und eine "Mikrospritze" (hier von Olaf)
Die Genauigkeit, mit der man so titrieren kann, setzt mich immer wieder in Erstaunen. (an Normallösungen verifizierbar)


Links das abgeschiedene und gewaschene Kupfer; rechts die Cobalt-Lösung, hier schon zur dreiwertigen Form oxidiert.


Rechts jetzt die gelbe Farbe des freigesetzten Jods, das mit Natriumthiosulfat-Normlösung titriert wird und das äquivalent zur Menge des Cobalt
aus KJ freigesetzt wird. (Jodometrie)



--Den chemischen Teil habe ich wiederum für Interessierte ans Ende des Beitrages gestellt.--



Das Ergebnis zeigt, daß bei keiner meiner Proben ein erwartetes Cu/ Co-Verhältnis von etwa 1:1 erreicht wird.
Meine kleine Kolwezit-Stufe (I) weist ein Verhältnis von etwa 30% Cu (29,35% zu erwarten), aber nur etwa 14% Co (27,2% zu erwarten), besteht also grob gesagt zur Hälfte aus Kolwezit, zur anderen Hälfte aus Malachit.
Meine zweite große Stufe enthält, wie befürchtet, nur Malachit. Das zeigt sich schon in der Vorprobe, in der sich keine blauen Kristalle der Co-Verbindung zeigen.
Inwieweit der Händler bewußt Malachit als Kolwezit verkauft, vermag ich nicht einzuschätzen. ich unterstelle es ihm aber nicht.
Ich frage mich aber auch sonst oft, wie die Händler bei schwierigen Mineralen wissen, was es nun wirklich ist, ohne jedesmal eine aufwändige Untersuchung zu veranlassen.


viele Grüße
Reinhard





Für Chemie-Interessierte:
Den quantitativen Nachweis von Cobalt neben Kupfer könnte man getrost als ziemlich anspruchsvoll bezeichnen, zumindest wenn man Verfahren wie Ionenaustauscherchromatographie außen vor läßt.
In einem Großteil der bekannten Nachweisverfahren reagieren die beiden Metalle ähnlich oder stören sich aus anderen Gründen gegenseitig.
Ursprünglich hatte ich mir ausgedacht, den Kupferanteil jodometrisch zu bestimmen und dann in einer weiteren Probe auch Cobalt, nachdem dieses zunächst in Anwesenheit von Kaliumhydrogencarbonat (zur Bildung einer relativ stabilen olivgrünen Komplexverbindung) mithilfe von H2O2 in die dreiwertige Oxidationsstufe überführt wurde, sodaß dann in dieser Probe sowohl Kupfer wie auch Cobalt zusammen jodometrisch bestimmt werden könnten.
Leider ließen sich aber auf diese Weise keine konstanten Ergebnisse bei bekannten Proben erzielen, sodaß doch eine vorherige Abtrennung des Kupfers zur Cobaltbestimmung notwendig wurde.
Diese ist elegant mithilfe eines Aluminiumschnipsels möglich. (mit Zinkfolie werden auch Teile des Cobalts abgeschieden!) Nach Abtrennen des Filtrates mithilfe eines Filterstäbchens nach Emich wird dieses mit KHCO3 und 10 µl H2O2 versetzt. Nach mindestens 5 Minuten Wartezeit ist das Oxidationsmittel zersetzt und es werden einige Kristalle KJ zugesetzt.Nach Ansäuern mit 10% HCl bildet sich bei Anwesenheit von Co(III)sofort das freie Jod, das mit 0,05m Na-Thiosulfat-Lösung titriert werden kann.


Laitinen,H.A., Burdett, L.W. "Iodometric Determination of Cobalt"
Anal. Chem., 23, 1951
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

TPL

Hallo Reinhard,

vielen Dank für Deinen sehr instruktiven Beitrag!
Ohne auch nur den leisesten Schimmer von den von Dir gezeigten Analyseverfahren zu haben, freut es mich sehr, dass Du damit einen Verdacht, den ich nicht hätte weiter erhärten können, so eindrücklich belegst. Schade nur, dass sich damit bestätigt, was im "Mineral-Business" (v.a. im Kongo) leider Realität ist: Kobalt ist sexy und 'sex sells'.

Wer aktuell etwas zu bieten hat, dass auch nur Spuren von Kobalt enthält, sollte dies tunlichst als Schlagwort verwenden: Das möchten gerade nicht nur ambitionierte Mikro-Chemiker auf ihrem Labortisch haben, sondern auch Broker, Manager und Investmentbanker auf dem Bartresen ihrer 30-Meter-Yacht. Natürlich nur zum Besten der Abbauregion und ihrer Bewohner...

Beste Grüße
Thomas

olaf.med

Lieber Reinhard,

wieder einmal ein beeindruckendes Beispiel Deiner mikrochemischen Künste liebevoll in Szene gesetzt - Danke!

Leider habe ich auf die Schnelle keinen Zugang zur Primärliteratur, daher kann ich nicht fundiert diskutieren, sondern nur (fundiert) vermuten ;D. Komplexe Minerale entsprechen ja nur in den seltensten Fällen den idealisierten chemischen Formeln, die für sie angegeben werden. Sehr häufig handelt es sich um Mischkristalle, und das trifft ganz sicher auch für den Kolwezit zu. Ich denke, dass der Mineralname Kolwezit für die idealisierte Zusammensetzung CuCo[CO3](OH)2vergeben wurde. Das wäre also genau 1:1 zwischen Malachit Cu2[CO3](OH)2 und dem hypothetischen Endglied Co2[CO3](OH)2, für das man einen neuen Namen kreieren dürfte, wenn man es denn fände. Das würde bedeuten, dass alle Zusammensetzungen zwischen 100 und 75 Mol des Malachit-Endglieds auch Malachit heißen, zwischen 75 und 25 Mol wäre es Kolwezit und bei weniger als 25 Mol das neue Endglied. Soweit ist alles sehr schlüssig, streng und starr "beamtisch" geregelt. Komisch in diesem Falle ist nur, dass Malachit monoklin kristallisiert und Kolwezit triklin. Würde man also ein triklines Mineral der Zusammensetzung Cu2[CO3](OH)2 finden, könnte man dies auch neu benennen - z.B. netterweise Klinomalachit, wenn man die Sprachverwirrung nicht noch verschlimmern wollte.

Lange Rede kurzer Sinn: die Abweichung von der 1:1 Zusammensetzung der einen Probe stört mich garnicht, wenn aber garkein Kobalt drin ist, ist's natürlich Betrug.

Herzliche Grüße,

Olaf

... ach ja, lieber Reinhard, Mineralnamen sind in aller Regel maskulin, also der Kolwezit und der Malachit. Das ist so wie beim Kristall: das Kristall steht bei Omma im Buffet und der Kristall hat schöne Flächen 8)
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Reinhard

Hallo Thomas, hallo Olaf,

danke für Eure Anmerkungen!
Dann werde ich mal versuchen, an den "Klinomalachit" zu kommen. ;-)
Der Malachit und der Kolwezit, daran muss ich mich erst gewöhnen, so wie damals an "der Optovar".  ;)

viele Grüße
Reinhard
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Klaus Herrmann

Lieber Reinhard,

ZitatDer Malachit und der Kolwezit, daran muss ich mich erst gewöhnen, so wie damals an "der Optovar".  ;)

Dieser schwere Fehler sei dir verziehen, du machst das gut mit einer phantastischen richtig spannenden Dokumentation deiner Untersuchungen. Ich möchte nicht wissen, wieviel Fehlbestimmungen in Sammlungen von der Grube Clara liegen. Dort ist alles grüne problematisch.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Reinhard

Hallo Klaus,

für den eigentlichen Mineralsammler ist die chemische Zusammensetzung seines Guten Stücks wahrscheinlich ohne weitere Bedeutung.
In den meisten Fällen werden ja Morphologie und Herkunft (sofern gesichert) eine hinreichende Bestimmung ermöglichen.
Die von mir anfangs vermutete "saubere" chemische Definition eines gut ausgebildeten Kristalls läßt sich aber wahrscheinlich nicht halten,
was ja die Sache erschweren, aber auch interessanter machen kann.
In meinen zahlreichen Voruntersuchungen hatte ich z.B. gedacht, daß ich die "Matrix" des Kolwezit, den Cobaltocalzit (CoCO3) als Vergleich nehmen könnte;
auch hier zeigten sich aber von Kristall zu Kristall Unterschiede, die mich dann auf Stammlösungen aus Kobaltsalzen zurückgreifen liessen.

viele Grüße
Reinhard
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Klaus Herrmann

Hallo Reinhard,

die chemische Zusammensetzung ist schon sehr hilfreich wie bei diesem Uranglimmer der sich dann als Mischkristall Heinrichit -Uranocircit herausgestellt hat, nachdem Wilfried eine Analyse gemacht hat:

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=28999.15

hier der Anfang, die Auflösung kam später.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

olaf.med

Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Klaus Herrmann

Deutsche Sprach, schwere Sprach - hat in eine Wort 3 Artikel: das die der Deifel hol! 8)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Reinhard

Hallo Olaf,

ich sehe schon, das wird schwierig mit dem "der".
Der Grund liegt wahrscheinlich darin, daß für einen auf chemischen Wegen Wandelnden Endungen mit -it sächlich
sind, also das Nitrit, das Sulfit, das Cyanid usw., aber auch Bezeichnungen chemischer Stoffe überhaupt, wie das Dynamit.
Wenn dann noch der Altersstarrsinn dazukommt, wird es für die Minerale schwierig.
Etwas anderes ist es natürlich, wenn man Merkhilfen hat, also sagen kann: der mineralische "Lübecker Rotspon", der mineralische (z.B. Grauwacke)
"Meyer Näckel" oder der ebensolche "blanc de noir".
Ich bleibe dran!

viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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TPL

Hallo Reinhard,

versuche lieber nicht, Dir über Weine Merkhilfen zu besorgen. Sobald Dir ein Franzose, Spanier oder Italiener unterkommt (und das soll bei Weintrinkern ja passieren), wird's nämlich schwierig: in den romanischen Sprachen sind die meisten Minerale... waiblisch :o.

Bon courage!
Die Thomas