Rotiferen-Eier? Und eine andere seltsame Erscheinung

Begonnen von Peter T., Oktober 08, 2024, 21:02:15 NACHMITTAGS

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Peter T.

In einer schon etwas älteren Süßwasser-Probe (> 1 Woche) mit vielen Rädertierchen sehe ich jetzt gehäuft diese Strukturen.
Sind das Eier der Rotiferen?

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20241008-Bildschirmfoto 2024-10-08 um 19.57.05.jpg

Und diese Struktur hatte ich schon mal gezeigt, aber in der schiefen Beleuchtung sieht man, dass sie in einer Art Hülle liegt. (Auf dem Bild sieht es so aus, als würde sie auf der Hülle liegen, aber zumindest an den Rändern scheint sich die Hülle auch auf der Struktur zu befinden.) Um was könnte es sich handeln?

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20241008-Bildschirmfoto 2024-10-08 um 19.58.21.jpg

Liebe Grüße
Peter

Peter T.

Was mir gerade einfällt: Nachdem ich neulich eine Gnitzenlarve im Präparat hatte: Könnte das ein Gnitzenei sein?
Liebe Grüße
Peter

Michael Müller

Hallo Peter,
die ersten beiden Fotos zeigen Eier von Gastrotrichen (Bauchhärling). Man erkennt deutlich, dass der Embryo auf typische Art einmal gefaltet ist. Das liegt daran, dass sich bei Gastrotrichen zuerst der Kopf bildet und dann erst die Zellteilung auf der ,,Darmseite" des Kopfes beginnt. Dadurch wächst der Hinterleib des Tieres und der Körper faltet sich einmal um. Nur so passt der kleine Freund in das Ei.
Zur Art lässt sich in diesem Entwicklungsstadium natürlich keine Aussage machen. 
Schön finde ich, dass Du dokumentiert hast, dass viele Einzelindividuen der Gastrotrichen ein gemeinsames Gelege verwenden (eine Tatsache, die noch keinen Eingang in die Literatur gefunden hat). Die Embryonalentwicklung bis zum Schlüpfen dauert etwa genauso lange, wie die Entwicklung des Eies in der Mutter. Da sich jeweils nur ein Ei entwickelt, muss jedes Ei deshalb von einem anderen Tier stammen.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Peter T.

Hallo Michael,

vielen Dank für Deine Bestimmung!
Gastrotrichen hatte ich bisher noch keine gesehen. Dann werde ich die Probe täglich überprüfen, vielleicht schlüpft ja noch das eine oder andere Tier.
 :)
Liebe Grüße
Peter

Michael Plewka

Hallo zusammen,

Die zentrale Struktur im ersten Bild ist m. E. zweifellos ein Farnsporangium.  Darin befinden sich sechs ,,Kugeln", die genauso aussehen (soweit man das erkennen kann) wie die sechs" Kugeln" außerhalb. Deshalb ist die Annahme naheliegend, dass es sich dabei bei diesen ,,Kugeln" um Farnsporen handelt. 
Zitatsehe ich jetzt gehäuft diese Strukturen.

Jetzt sind bei den Farnen die Sporenkapseln reif

Strukturen in den ,,Kugeln" wären dann: sich entwickelnde  Prothallien. 

Die Annahme, dass zwölf Gastrotrichen-Weibchen ihre Eier (haben Gastrotrichen  Eier mit einer braunen Hülle?) an dieser Stelle abgelegt haben, davon sechs Weibchen in das Sporangium  gekrochen sind und dort ihre Eier abgelegt haben, erscheint mir dagegen etwas unwahrscheinlich.

@ Michael:

1.wieso hast Du Farnsporen  ausgeschlossen?

2.Leider habe ich auf Deiner website zum Thema: Fortpflanzung nichts zu der ,,Tatsache" des gemeinsamen Geleges gefunden. Weil ich das Thema sehr spannend finde: hast Du dazu mal ein Bild, welches dieses Verhalten "tatsächlich" (=unzweifelhaft) belegt?


Beste Grüße
Michael Plewka







Michael Müller

Hallo Michael,

Farnsporen ausschließen kann ich natürlich ohne genauere Untersuchungen nicht. Aber meiner Erfahrung nach handelt es sich um die typische Struktur von Gastrotricheneier. Ich habe Peters Bild mit Anmerkungen versehen und an diesen Beitrag angehängt. Meines Erachtens sieht man eindeutig Kopf und Hinterleib des Embryos.

Die Frage nach gemeinsamen Gelegen bei Gastrotrichen ist natürlich interessant - zumal man solche Strukturen bei diesen kleinen Mehrzellern nicht vermutet. Ich hänge mal ein eindeutigeres Bild eines gemeinsamen Geleges an. Hier erkennt man deutlich Gastrotricheneier (deren Schlupf ich auch mit einer Zeitraffer-Aufnahme dokumentiert habe) von mindestens drei unterschiedlichen Arten.
Nicht alle Gastrotrichenarten verwenden solche Gelege - manche Arten legen Ihre Eier auch mehr oder weniger "unbedacht" irgendwo hin. Andere "verstecken" Ihre Eier in leere Pflanzenzellen, die sie sogar im Vorfeld ausräumen (auch dazu habe ich irgendwo lokal ein Video).
Einige Arten wieder (z.B. Ch. elegans) legen die Eiere in leere Schalen von Wasserflöhen ab und verwenden dazu bevorzugt Schalen, in denen sich bereits Eier befinden. Angrenzende Schalen bleiben dann leer, während sich die Eier in besetzten Schalen häufen. Das angehängte Bild zeigt sogar, dass auch artübergreifend Gelege genutzt werden (durch die Beobachtung des Schlüpfens verifiziert).
Der Grund für dieses Verhalten ist wohl, dass Eier als Beute sehr beliebt sind - schließlich können sie nicht weglaufen. Wären die Eier gleichmäßig verteilt, wäre es um das Ei geschehen, sobald ein hungriger Feind darauf stößt. Bei einem Gelege werden aber bestenfalls 1-2 Eier von einem einzelnen Feind gefressen - dann ist er satt und zieht sich zum Verdauen zurück. Die übrigen Eier bleiben unbehelligt, ihre Überlebenschance erhöht sich.

Meine Webseite ist immer noch in Arbeit (und sträflich vernachlässigt). Das Kapitel über Fortpflanzung bin ich leider noch nicht angegangen  :'(

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Peter T.

In der Probe sind übrigens noch keine Gastrotrichen aufgetaucht. Nachdem sich deren Eier wohl sehr zügig entwickeln, sollten aber allmählich einige Exemplare zu finden sein. Weiterhin sind nur die braunen Strukturen zahlreich vertreten.

Insofern stellt sich schon die Frage, ob es wirklich Gastrotricheneier sind oder ab es hier nicht doch handfeste Differentialdiagnosen gibt.

Farnsporangien sind übrigens tatsächlich oft in dieser und anderen Proben vom Südfriedhof zu finden, aber meist ohne räumliche Verbindung zu den eiartigen Strukturen.
Liebe Grüße
Peter

Michael Plewka

#7
Hallo zusammen,

@ Michael,

vielen Dank für deine weiteren Hinweise zu den Gastrotrichen. Obwohl ich selbst sehr viel mikroskopjere, sind mehr solche Gelege bisher nicht aufgefallen. Wahrscheinlich geht es anderen ,,Tümpler(inne)n" ähnlich.  Somit  haben nun alle Mikroskopiker in Zukunft die Gelegenheit, genauer auf dieses Phänomen zu achten und gegebenenfalls zu dokumentieren. Dabei wäre es natürlich hilfreich zu wissen, bei welchen Arten du bisher dieses Phänomen beobachtet hast.



@ Peter:

mir ist aufgefallen, dass  deine Hellfeld-Bilder wirklich sehr hell sind. Im Fall des Beitrags hier zeigt das Histogramm beispielsweise des 2. Bilds, dass mit dem Bild etwas nicht stimmt:


Eine solche Überbelichtung, die  somit das Erkennen von wichtigen Details erschwert, lässt sich ziemlich einfach vermeiden, so dass  das Erkennen von wichtigen Details  besser bzw überhaupt erst möglich wird.

Beste Grüße Michael Plewka

Michael Müller

Hallo Michael,

die "Gelege" finden sich am einfachsten in einer Detritus-Probe mit leeren Wasserfloh-Schalen und sind - zumindest in meinem Gartenteich - recht häufig.
Die Neigung, Eier in der Nähe anderer Eier abzulegen, scheint bei vielen Arten aufzutreten. So berichtet  z.B. bereits Renate Peters 1963 im Mikrokosmos von der "Wald- und Wiesenart" Lepidodermella sqamata:

"Die Ablage dieser Eier erfolgt nicht wahllos, wie man früher annahm, sondern in der Nähe anderer Eier oder von Gegenständen irgendwelcher Art. Wenn man den Boden der Kulturschalen sorgfältig ab sucht, wird man diese Eiablageplätze leicht finden."

(Mikrokosmos 52 99, 1963 Peters R., Bauchhärlinge. Kultur und Beobachtung von Gastrotrichen)

Bei den meisten Arten fällt dieses Verhalten aber nicht auf, da die Gelege räumlich nicht klar abgegrenzt sind und sich lediglich als eine Häufung von Eiern zeigen.

Nur bei Arten, die zusätzlich die Eiablage in leeren Schalen bevorzugen, sind die Gelege räumlich abgegrenzt und daher sehr deutlich. Diese Arten werden aber - meines Wissens- nicht in Kultur gehalten.
Arten aus Eiern zu bestimmen ist bei einer statischen Beobachtung unmöglich. Nur wenn man die Eiablage selbst beobachtet oder die Eientwicklung und den Schlupf mit Zeitraffer-Aufnahmen dokumentiert, hat man eine Chance, die Art zu bestimmen. Das ist mir bisher nur bei zwei Arten gelungen: Chaetonotus elegans und Aspidiophorus squamulosus die im selben Lebensraum vorkommen und auch gemeinsame Gelege nutzen.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du