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Begonnen von Michael Plewka, Dezember 04, 2024, 09:55:20 VORMITTAG

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Michael Plewka

Hallo zusammen,

Als Tümpler hat man  am Mikroskop immer wieder mit Einzellern und kleinen Vielzellern  zu tun, in deren Leben Cilien eine große Rolle spielen.
Bei einigen Gruppen dieser kleinen Organismen  äußert sich die Bedeutung dieser Cilien schon in ihrem Namen, nämlich bei den ,,Wimpertierchen" (=Ciliophora, die ja keine Tiere, sondern Einzeller sind) und den Rädertierchen,    denen die charakteristische ,,räderartige" Bewegung der Cilien ihren  Namen  gegeben hat.

Cilien treten bei Ciliaten  und Rädertieren immer organisiert in Feldern auf. Die Variationsbreite  der Anordnung  reicht  von kammartigen Membranen bis zu fellartigen Überzügen über  die gesamte Oberfläche der äußeren Hülle der Organismen. Dabei erfolgt die Bewegung der  Cilien  nie zeitgleich, d.h. synchron, sondern immer zeitlich nacheinander, quasi in periodischen Wellen (metachron).

Im Vergleich zur Morphologie sowohl dieser beiden Organismengruppen, als auch der Cilien selbst, die in vielen Lehrbüchern ziemlich genau dargestellt ist, findet man  zur Art und Weise der metachronen Bewegung dieser Cilien sowohl bei Einzellern als auch bei den Rädertieren relativ wenig Literatur, was auch daran liegt, dass diese Bewegungen ziemlich schnell sind und es  früher technisch schwierig bzw. kostspielig war, diese Bewegungen im Film festzuhalten. Mittlerweile sind Aufnahmen mit 300 Bildern/ sec auch für Amateure möglich.

Somit kommt es beim Studium dieser Metachronie immer wieder  überraschenden bzw. rätselhaften Beobachtungen.
Nun hatte ich die Gelegenheit, dieses Phänomen bei verschiedenen Glocken"tierchen" (Gattungen Vorticella und Campanella) zu beobachten und zu dokumentieren. Bei diesen peritrichen Ciliaten sind die Cilien in einem  Wimperkranz am Mundbereich organisiert, durch den sich die Viecher einerseits fortbewegen können; andererseits wird dadurch die Nahrung in den Mund befördert.
Hier ein Bild:




Insofern weisen diese Einzeller  eine gewisse Ähnlichkeit  mit den vielzelligen Rädertieren auf, bei denen einige Gruppen einen vergleichbaren Wimpernkranz haben (Konvergenz).  Hat  man  beispielsweise  die Gelegenheit, ein  ,,Teleskop-Rädertier" (Gattung: Rotaria) von vorne zu betrachten, so wird man feststellen, dass  die scheinbare ,,Drehbewegung" des  Wimperkranzes  immer entgegen dem Uhrzeigersinn verläuft (quasi nach links).  Hier kann man das  nachvollziehen:


Obwohl diese Rädertiere einen spiegelsymmetrischen Aufbau haben, ist merkwürdigerweise ausschließlich diese Drehrichtung bei allen bdelloiden Rädertierarten, die eine solche Wimperkrone haben (=Philodinida) ohne Ausnahme zu finden.
Was Ursache der Bevorzugung dieser  ,,Drehrichtung" ist, ist weiterhin ein Rätsel.

Interessanterweise ergibt sich nun für diese zwei o.a. Gattungen von  Einzellern  genau das gleiche: auch hier ist der Drehsinn der metachronen Cilienbewegung entgegen dem Uhrzeigersinn. Als Beispiel deshalb hier  ein slo-mo-Video von Campanella umbellaria, einem Ciliat, das eigentlich sehr häufig ist:

https://www.youtube.com/watch?v=c6rvx_h4C2w

Da es bei Campanella mehrere Runden der Membrancilien gibt (hier eine Apikalansicht: Ausschnitt aus dem Video)


, ergeben sich demzufolge weitere merkwürdige Bewegungsformen der Cilien, die in der Seitenansicht ebenfalls zu Tage treten. Mehr dazu hier:

https://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenProtista/01e-protista/e-Ciliata/e-source/Campanella%20umbellaria.html

Beste Grüße
Michael Plewka