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Eine runde Sache

Begonnen von Dieter Stoffels, August 20, 2011, 15:31:56 NACHMITTAGS

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Dieter Stoffels

Liebe Mikroskopiker,

vermittelt durch Georg Abele bin ich von einem Diamantenschleifermuseum in Brügge (Belgien) um die Anfertigung einiger Dünnschliffe gebeten worden. Diese Dünnschliffe sollen als Exponate im Museum ausgestellt werden. Abweichend von üblichen, großflächigen Gesteinsschliffen habe ich mich aus eigenem ästhetischen Empfinden für eine runde Form entschieden. Hierbei war mir wichtig, auch runde Deckgläser mit einem maximalen Durchmesser von 22 mm gebrauchen zu können. Um runde Formen aus den Gesteinen ausbohren zu können, erhielt ich von Georg den Tipp, einen Kernbohrer zu benutzen (siehe Abb. 1). Der diamantbestückte Kernbohrer kann einen Durchmesser von 22 oder 27 mm besitzen und ist in einigen Baumärkten (hier aus einem Bauhaus des Aalener-Raumes; siehe Abb. 1) erhältlich.


Abb. 1:  Diamantbestückter Kernbohrer in Seiten- und Draufsicht

Das Ausbohren/Ausfräsen sollte unter Zuhilfenahme eines Bohrstatives mit großem Drehrad zum langsamen Absenken des Bohrers vorgenommen werden. Hierzu wird das Gestein oder besser, eine Scheibe des Gesteines (häufig bei Natursteinverarbeitern als Reststücke erhältlich) auf eine mittelfeste Schaumstoffunterlage gelegt. Diese Schaumstoffunterlage wird in eine mit Wasser gefüllte Kunststoffwanne (Plexiglasschale) eingelegt. Auf die Schaumstoffunterlage kann nicht verzichtet werden, da sie Sorge trägt, dass die Unwucht der Maschine und somit schlagende Kräfte nicht während des Bohrens auf den Bohrkern übertragen werden. Hierbei kann es zu einem Zerbrechen oder zu einer Mikrorissbildung im Gesteinsgefüge kommen. Solche Mikrorisse zeigen sich dann erst in Form von Ausbrüchen während des Schleifens. Der Druck, der über das Drehrad und den Bohrkopf auf die Gesteinscheibe ausgeübt wird, muss der Härte und Festigkeit des Gesteines angepasst sein. Während des Bohrens sollte der Kernbohrer im unteren Drittel in Wasser laufen. Da das Bohrklein unmittelbar vom Wasser suspendiert wird, tritt keine Staubbelastung auf. Das Ausbohren ist somit eine saubere Sache!


Abb. 2: Aufnahmen der geklebten Bohrkernproben


Die erhaltenen (flachen) Bohrkerne werden einseitig plan geschliffen und wie üblich auf Objektträger im Gießener Format aufgeklebt (Abb. 2). In dieser Form können die Schliffe maschinell (z.B. mit dem System Abele) oder von Hand geschliffen werden. Bei von Hand angefertigten Schliffen ist zu empfehlen, den hier sichtbaren Bohrkernüberstand mit einer Kleinbohrmaschine, bestückt mit einer Diamant-Trennscheibe, zu stutzen. Die runde Form ist auch beim Handschleifen angenehmer zu verarbeiten, als großflächige, rechteckige Formen.


Abb. 3:  Aufnahmen der fertiggestellten Gesteinsschliffe

In Abbildung 3 werden exemplarisch einige fertiggestellte, in Kanadabalsam eingeschlossene Schliffe gezeigt. Als kleiner Hinweis sei noch angemerkt, dass sich der Kanadabalsam-Überstand nach einer 3 bis 4-wöchigen Lagerung im Wärmeschrank hartkristallin verhält. Um bei einer Entbalsamierung des Überstandes das Deckglas nicht zu beschädigen, sollte zuvor der Deckglasrand mit einer heißen Nadel abgefahren werden. Hierbei trennt sich  der Balsam vom Rand des Deckglases und der Balsamüberstand kann auch in Deckglasnähe ohne Beschädigung desselben abgetragen werden. Da die hier  gezeigten Schliffe für den Eigengebrauch hergestellt wurden, ist nicht viel Wert auf eine dekorative Beschriftung gelegt worden.

Mir ist bewusst, dass die von mir gezeigten Schliffe der "kleinen, runden Form" nicht dazu geeignet sind, analytisch-petrografisch ausgewertet zu werden. Sie sind eher für den Hobbymikroskopiker gedacht, der sich eine kleine Schliffsammlung von Gesteinen anlegen möchte und etwas Wert auf Ästhetik legt.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei den Moderatoren und Administratoren dieses Forums, aber auch bei allen, die sich an meinen Beiträgen beteiligt haben, bedanken!!!

Herzliche Grüße und alles Gute

Dieter

Klaus Herrmann

Hallo Dieter,

eine saubere Präparation - auf jeden Fall aus ästhetischer Sicht - um die es dem Auftraggeber wohl auch ging.

Mir ist nur der Bezug zu Diamanten nicht ganz klar, denn Schillkalk und Sandstein sind ja nicht als Primärlagerstätte von Diamanten bekannt.

Oder geht es hier nur um die prinzipielle Darstellung der Präparation, die du übrigens sehr schön beschrieben hast.

Eine "Massenproduktion" könnte man auf der Basis machen, indem man längere Kerne herstellt und die resultierenden Stäbe mit der Diamantsäge in einigermaßen planparallele Scheiben schneidet.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Rawfoto

Guten Abend Dieter

Mir gefaellt Dein Beitrag sehr gut und ich finde die runden Praeperate sind ein guter Ansatz, die Aufnahmeformate sind aber alle rechteckig oder Quadratisch ...

Besonders spannent finde ich den Ansatz mit dem Bohrer, man kommt aber auch bei der Technik nicht um die Diamantkreissaege herum und im Feld Bohren halte ich fuer sehr anstrengend. Kannst Du ein Bild von der Bohrvorrichtung einstellen. Mir gehen die Gedanken durch, ich habe Kernbohrer nur in Carara und in einem Stollen im Einsatz gesehen und das waren sehr maechtige Teile ...

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Ragin

Hallo Dieter,
Zuerst muss ich Dir mal herzlich gratulieren, muss gestehen, dass ich von solch einem Auftrag nur träumen kann. Na gut, da ich noch händisch schleife, wäre da sicher auch nicht die Welt dran verdient ;D
Immerhin fallen solche Bohrkerne gelegentlich bei mir an wenn ich meine Wasserspiele herstelle. Ich hab da einen Kernbohrmotor angeschafft um die Kiesel und Findlinge zu bohren die ich hier In den Kiesablagerungen des Inntalgletschers finde. Ist schon ein bisschen Schlaraffenland für Steinemöger wie mich in der Gegend hier :D
Ich hab die Bohrkerne wie Klaus schon angeregt hat mit meiner Diamanttischkreissäge in Scheibchen geschnitten und dann weiter verarbeitet. Ich finde es ist schon vorteilhaft, solch kleine Proben zu schleifen wenn keine geeignete Maschine dazu vorhanden ist. Grade die harten kristallienen Gesteine wie Granatamphibolit, Eklogit , Granat-Epidotgneise und so Zeugs sind schon ne Herausforderung.
Wer mag, kann sich hier mal ein bisschen was aus meiner Werkstatt ansehen, ist halt nix mikroskopisches..
http://www.flickr.com/photos/59970395@N02/6063168042/in/set-72157627478368298/lightbox/

Herzliche Grüße, Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Klaus Herrmann

Schön Rainer,

aber wo ist die Bohmaschin? ???
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Ragin

Hallo Klaus,
Ich meinte eigentlich einige Werke aus meiner Werkstatt.
Na gut, kann verstehen, dass Du mehr der Werkzeugfetischist bist :D
Wenn´s sein muss, dann mach ich morgen mal Bilder, sonst hab ich hier so ein Gerät im Netz entdeckt.
Den Bohrständer dazu hab ich grade nicht gefunden.
http://cgi.ebay.de/CARDI-TALPA-2200-EL-41-Freihand-Bohrmaschine-Diamant-/260727902393?pt=DE_Haus_Garten_Heimwerker_Elektrowerkzeuge&hash=item3cb49810b9
schöne Grüße,
Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Hugo Halfmann

Hallo Rainer,
tolle Skupturen machst Du !

Jetzt weiss ich auch endlich, was ich mit meinem Sammelsurium an Ostseegeröll anstellen werde ;D  ;D

Einen Brunnen mache ich aber nicht daraus, hier regnets oft genug ::)
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Ragin

Hallo Hugo,
Freut mich, wenn´s Dir gefällt. Dünnere Löcher lassen sich auch mit einer Schlagbohrmaschine herstellen, nur ist dabei die Gefahr recht groß, dass da am Ende ein Scherben ausbricht. Bei Ostseegeröll muss ich an den Flintstein denken, der ist sicher ne Herausforderung selbst für Diamantwerkzeuge.

Ich hab mal schnell ein Bild von meinem improvisierten Kernbohrarbeitsplatz gemacht.http://www.flickr.com/photos/59970395@N02/sets/72157627357741903
Dazu hab ich als Auffangbehälter vom Kühlwasser ein Kunststoffwasserfass hergenommen und aus Holzbrettern ein Kreuz darüber gebaut, worauf der Bohrständer befestigt ist. Größere Steine können mit dem Bohrmotor auch freihändig gebohrt werden. Dazu habe ich verschieden lange Bohrer je nach der erforderlichen Bohrtiefe bis 40cm.
Beim Bohren halte ich den Stein mit der linken Hand fest und bediene mit der rechten den Hebel um den Bohrer abzusenken. Ich habe eine durchbohrte Styrodurplatte drunter positioniert wo der Stein etwas eingedückt wird damit er besser festzuhalten ist. Wenn sich der Bohrer fängt, was ab und zu passieren kann, dann ist das nicht ganz ohne.

Ich habe bislang noch wenige meiner Schliffe eingedeckt. Wo bekommt man denn solche runden Deckgläser her?
Mein Kanadabalsam ist schon etwas älter und bei weitem nimmer so  flüssig wie am Anfang. Macht es da Sinn, wenn ich etwas Xylol dazu gebe oder macht das später nur Blasen unter dem Deckglas?
Einen schönen Sonntag,
Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Klaus Herrmann

#8
Hallo Rainer,

dat isn Maschin! ;D

Zwei Dinge fallen mir dabei ein:

Arbeitssicherheit - lass blos niemand anderes außer dir selbst an den Aufbau ran! Die Arbeitshöhe ist gut für schwere Verletzungen im Bauch/Brustbereich. Typen wie Schwarzenegger würden so einen "Steinwurf" zwar mit dem Waschbrettbauch abfedern - aber bist Du so trainiert?

Dieter hat in seiner sorgfältigen Beschreibung auf die Gefahr des Verkantens des Bohrers hingewiesen - und das bei vegleichsweise "mirkoskopischen" Dimensionen. Bei deinem Aufbau wirken ganz andere Kräfte im Unglücksfall!

Das andere wurde schon angesprochen und trifft für deine Dimension noch stärker zu: wenig geeignet für die Ecke im Wohnzimmer, die die Gaddin dem Hobbyisten eingeräumt hat.  ;D

Zu Deiner Frage: Kanadabalsam kannst du natürlich dünnflüssiger machen durch Zugabe von Xylol. Vorsichtig dosieren und gut umrühren und dann lange stehen lassen, damit die Luftblasen wieder rausgehen - evakuieren geht auch, da verflüchtigt sich aber auch das Xylol wieder!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Ragin

Hallo Klaus,
Ich danke Dir für den Tip. Nun hab ich etwas Xylol in das Fläschchen gegeben und das in die Sonne gestellt um es warm zu machen.
Der Kernbohrmotor hat schon auch eine Rutschkupplung, was den meisten Bohrmaschinen, ausgenommen den Bohrhämmern ja fehlt.
Wegen meinem Bauch mache ich mir da weniger Sorgen, sind eher die Finger wenn das Steinchen sich plötzlich zu drehen beginnt.
Ich hab auch schon die nötige Erfahrung und ein Gefühl dafür entwickelt, mit wie viel Druck ich bohren kann. Hab natürlich schon mehr als die vorhin gezeigten Brunnen hergestellt. Falls Du die aufgehängten Steine in dem steinernen Tor gesehen hast, die sind bis auf die letzten 3 cm mit dem Bohrhammer mit nem 10er Bohrer gebohrt und dann von der anderen Seite mit dem Kernbohrer bearbeitet worden um die Halteklammern im inneren zu verstecken und damit nichts ausbricht
Ich glaube, ich hab Dir auch mal so eine Probe von dem Schillkalk geschickt. Hast Du den mal geschliffen?
Ich würde ja gerne mal Bilder der Schliffe betrachten, wie die unter dem Mikroskop aussehen. Ich merke schon, wie es mich wieder juckt, was zu schleifen, hab noch ein bisschen was vorbereitet, einen recht hübschen Onkoidenkalk vielleicht.
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Klaus Herrmann

Hallo Rainer,

ich mach mal einen neuen Thread auf, weil Dieters Beitrag jetzt nicht verziert werden soll mit anderem Zeug.

Hätte man schon eher machen können! ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Ragin

Hallo Klaus, willst Du im neuen Thread über Kanadabalsam oder Kernbohrmotoren sprechen?
Tut mir Leid, das mit dem Abschweifen muss wohl mit meiner kreativen Ader verknüpft sein.
Ich denke, Dieter sieht es mir nach, dass ich seinen wohl letzten Thread hier ein bisschen gekapert habe.
Er hat mir mitgeteilt, dass er sich abmelden will.
Ich will ihm hiermit alles Gute wünschen und mich nochmal bei ihm für all seine Beiträge bedanken.
Schöne Grüße,
Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Jürgen H.

ZitatEr hat mir mitgeteilt, dass er sich abmelden will.
Ich will ihm hiermit alles Gute wünschen und mich nochmal bei ihm für all seine Beiträge bedanken.

Lieber Dieter,

diesen Wünschen schließe ich mich unbedingt und mit großem Bedauern an! Viele gute und nützliche Tipps zu meinen histologischen Problemen hast Du mir - und nicht nur mir - gegeben und viele Erkenntnisse über histologische Zusammenhänge vermittelt, auch außerhalb dieses Forums. Ich danke Dir sehr dafür.  Die Nachricht Rainers von Deiner Abmeldung möchte ich noch nicht recht wahrhaben. Ich hoffe doch auf baldiges Wiedersehen!

Einen herzlichen Gruß

Jürgen

Ronald Schulte

Dieter,

Auch ich möchte dich sehr bedanken für deine schöne beiträge und die angenehme Histologische und Technische Hilfe die ich von dir bekommen habe.
Das ich jetzt Kunststoff schneide kam nicht so in eine Stunde vorbei, deine Perfektion hat mich damals beim Besuch an dich überzeugt und das schätze ich sehr.
Hoffe das wir Privat in Kontakt bleiben.

Grüße und es geht dir gut, Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.