Botanik: mal wieder was vom Efeu (Hedera helix): Spross-Wurzel-Blattstiel-Blatt*

Begonnen von Fahrenheit, Dezember 11, 2011, 09:37:37 VORMITTAG

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Detlef Kramer

Hallo Klaus,
ZitatGut, in der Natur gibt es nichts, das es nicht gibt

Damit habe ich mich schon lange abgefunden. Deshalb wird aus der Biologie vermutlich auch nie eine exakte Naturwissenschaft werden können. Ich habe mich (altersweise) damit abgefunden.

Aber, wir könnten ja mal selbst schnippeln!?

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Lieber Klaus,

ich hatte ja darauf hin gewiesen, dass die Schnitte von einem alten Blatt stammen - zuerst nur über den Durchmesser des Blattstiels von gut 4 mm, dann auch noch mal konkret bei der Beschreibung des Blattes. Leider habe ich keine Aufnahmen gemacht, ich hatte auch nicht erwartet, etwas Besonderes zu finden. Aber es zeigt sich mal wieder: Blattstiele sind immer für eine Überraschung gut, zumal es dazu vergleichsweise wenig Literatur gibt.

Eine Verwechslung kann ich ausschließen, da ich alle Eingänge gleich dokumentiere, nummeriere und bei der Stückfixierung getrennt in Filmdosen mit der jeweiligen Nummer aufbewahre. Auch betreibe ich ja nun kein Großlabor, in dem täglich duzende von Proben parallel bearbeitet werden ...
Dass ich mir mit der Identität der Schnitte sehr sicher bin, war ja eigentlich an meiner Antwort erkennbar ... was soll's - Schwamm drüber.

Herzliche Grüße
Jörg 

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Omaruru

Lieber Jörg,

das schreit ja geradezu nach einem Vergleich von Blattstielen.
a: junges und altes Blatt der Jugendform
b: Junges und altes Blatt der Altersform
Oder wie siehst du das?

Herzliche Grüße

Klaus
Ich bevorzuge ein kollegiales Du ;-).

Scientists like to name anything.
      Jack Horner

Fahrenheit

#48
Lieber Klaus,

der Punkt a ist quasi abgehakt: Bilder vom jungen Blattstiel der Jugendform hat uns Eckhard gezeigt und von mir stammen die Bilder des alten Blattstiels der Jugendform. Ein Präparat mit einem Querschnitt des alten Blattspreits (Schnitt und Färbung von den Teilnehmern des MINT Camps am Gymnasium Nonnenwerth vom vergangenen Samstag) liegt auf der Heizung, die Aufnahmen dazu werde ich am Wochenende hier einstellen. Die Mittelrippe eines jungen Blattes der Jugendform gibt es hier: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=8787.0

Ich würde mich sehr freuen, wenn Du den Thread hier mit Bildern vom Blattstiel und Blattspreit des jungen und alten Blattes der Altersform ergänzen würdest.

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#49
Liebe Efeubekränzte,

hier nun die angedrohten Bilder eines alten Blattes der Jugendform.

Schnitt und Färbung stammen von einem der LK 11 Teams, die am vergangenen Samstag im Rahmen eines MINT Camps am Gymnasium Nonnenwerth Efeublätter präpariert haben. Geschnitten wurde mit einem Haga Kastenmikrotom (Schnittdicke ca. 40 mm, jaa - mit den Tipps und Tricks von Rolf-Dieter geht das ...  ;D) und gefärbt wurde nach dem W3Asim II Rezept, das auch bei den anderen hier vorgestellten Präparaten zum Einsatz kam.

Wer mehr über das MINT Camp lesen möchte, wird hier fündig: MINT Camp Nonnenwerth vom 28.01.2012
Auch an dieser Stelle noch einmal vielen Dank an die Schulleitung, die LK Leiterin Frau Schramm und auch die Schülerinnen und Schüler, dass Rolf-Dieter Müller und ich letzte Woche Gäste auf der schönen Rheininsel sein durften.

Nun aber zu den Aufnahmen:

Bild 44a/b: die Mittelrippe in der Übersicht, Bild 44b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus 7 Bildern


Die Blattoberseite liegt hier rechts, über dem Hauptleitbündel liegt ein großes Nebenleitbündel, Beschriftung von innen nach außen:
Skl:  Sklerenchym
Xl:   Xylem mit innen liegendem primären Xylem
Pl:   Pholem
NXl: Xylem eines großen Nebenleitbündels
NPl: Phloem des Nebenleitbündels
Sk:  Sekretkanal
D:   Calciumoxalatdrusen
Pa:  Parenchym
Kol: Kollenchym
Ep:  Epidermis
Cu:  Cuticula
Interessant dazu im Vergleich der Schnitt von Manfred Großmann (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=8787.0). Das jüngere Blatt zeigt ein weniger stark ausgeprägtes Kollenchym und auch ein deutlich dünneres Parenchymgewebe um die Leitbündel. Aber es sind zwei - kleinere - Nebenleitbündel erkennbar. In dem Thread von Manfred haben wir übrigens schon mal über das Cambium beim Efeublatt diskutiert ...
Aufgrund der unterschiedlichen Anzahl der Nebenleitbündel vermute ich, dass die Anzahl der Leitbündel im Blattstiel nicht fest sondern in gewissen Grenzen variabel ist und auch keine Aussage auf das Alter des Blattes zulässt.

45: Dem Leitbündel aufs Cambium geschaut, Vergrößerung 200x, Stapel aus 12 Bildern

Ich denke, auch hier kann man in beiden Leitbündeln das Cambium gut ausmachen.

46 a/b: Ein Querschnitt durch die Blattspreite, Bild 45b mit Beschriftung, Vergrößerung 200x, Stapel aus 15 Bildern


Das Palisadenparenchym ist nicht besonders ausgeprägt, der Unterschied zwischen den Parenchymen der Blattunterseite und -oberseite minimal.
Die Beschriftung diesmal von oben nach unten:
ca:   Cuticula
Ep:   Epidermis
PPa: Palisadenparenchym
Lb:   Leitbündel
D:    Drusen
SPa: Schwammparenchym
St:   Stoma
Sekretkanäle gibt es in der Blattspreite keine. Sie liegen nahe bei den Leitbündeln der Mittelrippe und der Hauptnerven.

47: Die Stoma aus der Nähe, Vergrößerung 400x, Stapel aus 10 Bildern

Die Stoma sind ca. 25 mm breit und 18 µm hoch.

Anregung und Kritik sind wie immer willkommen!

Herzliche Grüße
Jörg  
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Rolf-Dieter Müller

In einem ganz anderen Zusammenhang hatte ich Jörg die nachstehende Aufnahme gezeigt und er bat mich, diese in seinem Efeu-Beitrag zu ergänzen, was ich hiermit tue.

Jetzt bewege ich mich hinsichtlich der Pflanzenanatomie bekanntermaßen auf Glatteis und möchte mich deshalb bei der Interpretation zurückhalten, möchte aber kurz beschreiben, wie es zu dieser Aufnahme kam.

Aufgabe war eine Machbarkeitsstudie. Es war zu prüfen, ob man ein ansehnliches Bild erhält wenn eine Olympus PEN E-P1 mit einfachen ,,Bordmitteln" an ein Endlich-Stativ adaptiert wird. Für die Adaption stand kein Kameraobjektiv und kein passendes Projektiv zur Verfügung.

Gelöst habe ich es mit folgendem Setup: Stativ Zeiss Junior (mit Standard-Stativen geht das auch), Nomarskische LED-Belechtung, 0,9er Kondensor, Planapo 10/0,32, Mono-Geradtubus, Kpl, 8x geschultert als Projektiversatz, Hama-Mikroskopadapter (aus der Restekiste), Kameragehäuse über T2-Adapter angeschlossen.

Ich denke wenn man einige Besonderheiten bei der Kameraeinstellung beachtet und den doch erheblichen Bildausschnitt toleriert, ist diese Adaption, zumindest für einfache Belegaufnahmen brauchbar.

Efeu (Hedra helix), Blattquerschnitt (Mittelrippe), Simultanfärbung mit Acridinrot, Acriflavin, Alcianblau (W3Asim II), Euparal-Dauerpräparat


Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Fahrenheit

#51
Lieber Rolf-Dieter,

vielen Dank, dass Du Deine Aufnahme eingestellt hast! Mir gefällt sie nicht nur von der Farbintensität her sehr gut - insbesondere, da ich weiß, dass Du Deine Bilder grundsätzlich nicht nachbearbeitest und auch nicht stackst.

Der Grund für meine Bitte liegt aber in der hier sichtbaren Anordnung der Leitbündel, die in so fern eine Besonderheit aufweist, als dass wir bisher keine entsprechenden Aufnahmen gesehen haben (ich gehe aber davon aus, dass sie beim Efeu nicht ungewöhnlich ist).

Um zu verdeutlichen, was ich meine, habe ich mir erlaubt, Rolf-Dieters Aufnahme zu beschriften:



Vielleicht am augenfälligsten ist das kleine Nebenleitbündel, das zentral zwischen den größeren Bündeln liegt. Interessanter finde ich aber, dass in Rolf-Dieters Aufnahme deutlich wird, dass das obere Nebenleitbündel eigentlich aus mehreren Bündeln besteht, die nicht nur nebeneinander, sondern auch mit einander zugewandter Phloemseite übereinander liegen (die Grenzfläche zwischen den Phloemen habe ich zur Verdeutlichung einmal als Linie eingezeichnet).

Auch bei meinem Bild 45 ist auf "fünf vor Zwölf" ein Zipfelchen Xylem zu sehen, das allerdings nur aus wenigen Zellen besteht und das ich zunächst für Sklerenchym gehalten habe.

Ob es sich hier um die Abzweigungen der Nebenadern handelt? Aber warum die andere Orientierung der Bündel im oberen Teil? Vor allem: wie kommt die zustande? mit dem Blick auf die Anordnung der Leitbündel im Blattstiel muss da ja irgendwo eine Drehung oder Aufspaltung stattgefunden haben.

Herzliche Grüße
Jörg  
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Omaruru

Lieber Jörg,

nach einigen eigenen Recherchen möchte ich doch noch einige Kommentare beisteuern.
Ich habe nur wildwachsenden Efeu untersucht. Welche Mutanten durch Gärtner erzeugt oder selektiert wurden und in Gärten in Umlauf sind wage ich nicht zu beurteilen.
Bei meinen Proben waren, im Blattstiel, grundsätzlich genau so viele einzelne Leitbündel vorhanden, wie Blattnerven in die Blattspreite ziehen.
Am Blattansatz noch sichelförmig verteilt, in der Mitte des Blattstiels kreisförmig angeordnet und im Übergang zur Spreite wieder auffächernd.
Eine Vermehrung der Zahl der Leitbündel mit zunehmendem Alter ist für mich nicht plausibel, da das Blatt im Alter nicht weiter wächst und somit kein erhöhter Transportbedarf entsteht. Plausibel wäre eventuell noch eine Vermehrung der sekundären Elemente im Leitbündel.
Was nach ersten Literaturrecherchen noch völlig unklar ist, ist die Bildung der Leitbündel für die Blattnerven niedrigerer Ordnung.
Auch ich würde deine Sog. "Nebenleitbündel" so interpretieren. Es überrascht mich allerdings, daß sie sich oberhalb des Hauptleitbündels entwickeln und nicht einfach seitlich abzweigen. Außerdem überrascht mich, daß das "Nebenleitbündel" aus zwei gespiegelten Leitbündeln besteht und davon das obere später seine Xylemelemente bildet.
Es scheint eine meristematische Zellschicht aktiv zu sein, die für die Neubildung sorgt.

Klären liese sich der Sachverhalt nur dur Serienschnitte. Mit dem Mikrotom vielleicht jeder 10. Schnitt, also im Abstand von 300 - 500 Mikrometern.

Herzliche Grüße

Klaus
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      Jack Horner

Fahrenheit

Lieber Klaus,

erst einmal danke für Deine Anmerkungen!

Liebe Pflanzenfreunde,

im Versuch, mich den oben aufgeworfenen Fragen ein wenig zu nähern, habe ich mir nochmal einen Blattstiel vorgenommen und Schnitte vom Blattgrund, der Mitte des Blattstiels und vom Übergang des Stiels in die Blattspreite gemacht. Die Färbung ist wieder W3Asim II. Die Schnitte sind ein wenig zerflededert - den Geweben ist der schnelle Wechsel von -13°C auf rund 20°C wohl nicht so gut bekommen.
Weiterhin läßt die Bildqualität trotz großer Stapel zu wünschen übrig. Des großen Bildausschnittes wegen habe ich mein altes 4x CPlan benutzt, dass am Rand sehr deutlich Schwächen aufweist. Am Blattgrund und dem Übergang zur Spreite verlaufen die Leitbündel quer und drehen sich, was zusätzlich zu einem verwaschenen Eindruck führt.

Bild 50: Schnittführung
   
1: Schnitt am Blattgrund
2: Schnitt in der Mitte des Blattstiels
3: Schnitt am Übergang zur Blattspreite
Die Länge des Blattstiels beträgt ca. 13 cm.
Das fünffingerige Blatt hat fünf Blattnerven.

Bild 51: Ausschnitt vom Blattgrund (1), Vergrößerung 40x, Stapel aus 24 Bildern

Die Anordnung der Leitbündel ist grob sichelförmig, allerdings mit einem zentralen Bündel und Verbindungen zwischen diesem und den in der Nähe liegenden kleineren Bündeln.
Insgesamt finden sich im Querschnitt 13 Leitbündel.

Bild 52: Querschnitt aus der Mitte des Blattstiels (2), Vergrößerung 40x, Stapel aus 17 Bildern

Kreisförmige Anordnung der Leitbündel mit mehr oder weniger großen Lücken. Teilweise sind die Bündel auch verwachsen.
Trotz der fünf Hauptnerven des Blattes gibt es hier sieben Leitbündel. Das Blatt, von dem die Bilder 36 udn 43 stammen, hat 8 Bündel in der Mitte des Blattstiels, war aber auch klassisch fünffingerig.

Bild 53: Am Übergang zur Blattspreite (3), Vergrößerung 40x, Stapel aus 20 Bildern

Hier wird es wieder chaotisch. Teilweise liegen die Bündel einzeln vor, teilweise sind sie miteinander verwachsen. In der Mitte gibt es eine kleine Stelle, aus der die Phloem an Phloem liegenden Nebenleitbündel hervorgehen könnten:

Bild 54: Bild 53 mit Markierung.


Die Verwachsungen zwischen den Leitbündeln stellen zumindest sicher, dass bei einer Verletzung eines Bündels nicht die Versorgung eines ganzen Blattteils ausfallen würde. Natürliche Redundanzen.

Nicht, dass ich jetzt wirklich klarer sehen würde ...
;D

Herzliche Grüße
Jörg
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