Genregulation durch Hormone in Fluoreszens

Begonnen von Jan Dunst, März 29, 2013, 15:35:15 NACHMITTAGS

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Jan Dunst

Hallo,

endlich Feiertage, endlich Zeit mal etwas aufgestaute Arbeit aufzuholen, frei nach diesem netten Comic. :)


Ich sitze gerade an der Auswertung und Bearbeitung von Fluoreszensbildern aus molekularbiologischen Experimenten, ich hole dazu mal ein bisschen aus:

Hormone sind chemische Botenstoffe die von speziellen Zellen hergestellt und sezerniert werden können. Diese Hormone können dann auf diese Zellen selbst, auf Zellen im näheren Umfeld oder gar durch den Transport im Blut systemisch wirken. Ein bekanntes Beispiel ist das Cortisol das als Medikament in Form des inaktiven Cortison große Verbreitung findet. Cortisol ist ein Hormon das auf verschiedene Stoffwechselwege Einfluß nimmt, beispielsweise den Kohlenhydrathaushalt oder den Fettstoffwechsel.

Wie funktioniert das Ganze genauer, wie kann ein kleines chemisches Hormon das nur aus ein paar Kohlenstoffringen besteht so einen großen Einfluß auf die Zellmaschinerie nehmen? Erstmal sind Steroid-Hormone membrangängig, das heißt sie können die äußere Begrenzung der Zelle (die Zellmembran) durchdringen und in das innere der Zelle wandern. Sind sie dann im Cytoplasma, also der Flüssigkeit in der Zelle, können sie dort mit vorliegenden Proteinen nach dem Schlüssel und Schloss Prinzip interagieren. Im Fall von Cortisol wäre dieses Protein der Glucocorticoid-Rezeptor, also das Protein das Cortisol wahrnehmen kann. Kommt diese Interaktion zustande, verändert der Rezeptor seine Form und kann in den Zellkern vordringen. Dort kann er an spezifischen Stellen an der DNA binden und die dort befindlichen Gene positiv oder negativ regulieren. Diese Gene codieren beispielsweise für andere Proteine die Rollen im Stoffwechsel übernehmen.

Die Frage die man sich nun stellen kann wäre, warum Cortisol ein so wichtiges Medikament für viele Entzündungs Krankheiten ist. Hier kommt ein anderer Gesichtspunkt von Cortisol zum tragen, der im natürlichen Zustand des Körpers keine besondere Rolle spielt. Cortisol gebunden an seinen Rezeptor hat im Zellkern weitere Funktionen, so interagiert dieser Komplex ebenfalls mit einem sogenannten Transkriptionsfaktor. Transkriptionsfaktoren können an die DNA binden und dort Gene regulieren. Cortisol + Rezeptor interagieren mit dem bekannten immunologisch relevanten Transkriptionsfaktor NF-κB (NF kappa B).

Die Aktivierung von NF-κB gilt als kritisch für die Entstehung von Entzündungen, das heißt wenn NF-κB aktiv ist wird das Entzündungsprogramm von Zellen angeschaltet. Die Interaktion von Cortisol + Rezeptor mit NF-κB hindert diesen jedoch an seiner Funktion und vermindert die Aktivität von Entzündungsförderlichen Genen. Gibt man also Cortisol in großen Mengen zu wird diese normalerweise recht schwache Interaktion auch gehäuft vorkommen und Entzündungen gehemmt. Gleichzeitig steigern sich jedoch auch normalen Funktionen von Cortisol was zu den starken Nebenwirkungen führen kann.

Nach diesem großen Vorgeplänkel aber nun zu dem eigentlichen Zweck dieses Beitrags, ich möchte zwei Bilder von Voruntersuchungen von Fragestellungen des oben genannten Kontext zeigen, genauer geht es um die Wanderung des Transkriptionsfaktors NF-κB aus dem Cytoplasma in den Zellkern nach dem ein Entzündungssignal von außen gegeben wurde.

Eingesetzt wurde die humane Zellline HeLa, welche menschliche Epithelzellen eines Zervixkarzinoms sind. HeLa stammt von Henrietta Lacks, der Patientin der 1951 Zellen entnommen wurden und seitdem in unzähligen Labors kultiviert werden ( Artikel). Angefärbt wurde in diesen Zellen das DNA-Material, also der Zellkern, durch DAPI. Gleichzeitig wurde NF-κB durch eine Immunfärbung nachgewiesen und kann mittels Fluoreszens beobachtet werden.

Zunächst das Bild von unbehandelten HeLa-Zellen:

Deutlich ist hier der blaue Zellkern und rot gefärbt NF-κB zu erkennen. Ebenfalls deutlich sieht man das die rote Färbung nicht im Zellkern vorkommt, sondern die Umrisse des Zellkörpers nachzeichnet.

Behandelt man die Zellen nun allerdings mit einem körpereigenen Entzündungssignal (TNF-alpha) und schaut sich das ganze nach drei Stunden nochmals an so sieht man dies:

In vielen Zellen hat sich eine kreisförmige Anordnung der roten Färbung (NF-κB) um den Zellkern ergeben, die Konturen des Zellkörpers sind nicht mehr dargestellt. In vielen Zellen ist auch NF-κB stark im Zellkern nachzuweisen. Eine Wanderung in den Zellkern fand also statt. Aus solchen Experimenten kann man doch schon einige Informationen ziehen, außerdem faszinieren mich solche Bilder einfach immer wieder. :)

Das wärs erstmal von mir, vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen.

Schöne Ostern,
Jan

Holger Adelmann

Sehr schöne Bilder, Jan,

mit NF kappa B habe ich auch in der Pharmaindustrie gearbeitet, als Endzündungsmarker nach oxidativem Stress (z.B. Zigarettenrauch) in COPD (= chronische obstruktive Atemwegserkrankung).

Kernfärbung mit DAPI und UV-Anregung ist klar, war der Antikörper mit TRITC markiert? Grünanregung?

Herzliche Grüsse & schöne Ostern
Holger



Jan Dunst

Hallo Holger,

der sekundäre Antikörper für NFkB war mit Alexa Fluor® 633 konjugiert, Anregung bei 632 nm (warum auch immer er dann 633 heißt ;)) also im rot/orangen Bereich.

Schöne Grüße,
Jan

Ronald Schulte

Jan,

Schönen Beitrag, davon musste es mehr geben.

Dieses ist doch kein Schnitt sondern zeigt die Ganze Zelle oder? Dann begreife ich nicht warum im ersten Bild das Alexa Fluor nicht auch scheinbar im Kern zu sehen ist weil das Zytoplasma doch auch vor den Kern liegt (in 3D gedacht).
Es scheint alsob im zweiten Bild den Kern gar nicht in die Zelle liegt sondern oben auf die Zelle aber das kann scheinbar sein.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Jan Dunst

Hallo Ronald,

eine sehr gute Frage. Die Zellen sind zum einen adhärent Wachsen, d.h. sie kleben so schon relativ flach auf dem Boden der Kulturgefäße. Kann man sich so wie ein Spiegelei vorstellen, d.h. es ist vertikal nicht viel Raum vorhanden. Desweiteren werden die Zellen gegen Ende hin mit 90% Ethanol dehydriert, was sie dann noch flacher macht.

Für endültige Aussagen ob NFkB tatsächlich im Kern vorliegt müsste man mit konfokaler Mikroskopie arbeiten (d.h. virtuelle Schnitte anfertigen), oder (was wir gemacht haben) die Kerne isolieren und dort NFkB auf andere Art (Immunblot) nachweisen.

Generell behälst du Recht, diese Bilder zeigen nur erste Näherungen an die Sachlage, die wie immer in der Wissenschaft möglichst gut von allen Seiten gefestigt und bestätigt werden müssen. Diese Fluoreszensbilder sind hier nur Illustration weil einfach schön anzusehen. :)

Schöne Grüße,
Jan

Ronald Schulte

Jan,

Danke für deine Antwort.

ZitatDiese Fluoreszensbilder sind hier nur Illustration weil sie einfach schön anzusehen.

Das sieht es sicher, so wollte ich es auch mal machen.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.