Polfilter, ein Auslöschungsvergleich

Begonnen von Johannes Kropiunig, Juli 22, 2013, 18:16:17 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Werner

... Nicolsche Prismen werden meines Wissens nicht mehr gefertigt, wohl aber Glan-Thompson-Prismen, weil diese geradsichtig sind.
Hauptverwendung finden sie in automatischen Polarimetern, Kantenlänge meist um 8mm. Hier wird aber grundsätzlich mit Parallelstrahlen gearbeitet, weil das Licht durch die 10 oder 20 cm langen Meßküvetten durch muß.
Die Auslöschung ist sehr hoch, besser als 1:100000, damit die Drehwinkel bis auf 0,0001 Winkelgrad (!) genau gemessen werden können.
Solch ein Prisma ist sehr gut zum Test von Polarisationsfolien auf Güte und Homogenität geeignet.
Als Bezugsquelle dafür können alte Polarimeter dienen, die oft gebraucht angeboten werden.
Manchmal werden sie als "Mikroskop" angepriesen, weil man halt durchgucken kann...

Interessanterweise wurden Polarisationsfolien vor etlichen Jahren von Erwin Käsemann in meinem Heimatort Oberaudorf hergestellt.
Herr Käsemann hatte dann alles an (ich glaube) Schneider Kreuznach verkauft, weil er endlich in Rente wollte.

Gruß   -   Werner

hinrich husemann

Hallo,
nur noch zur allgemeinen "Visualisierung" der oft als "Mikroskop" verkannten alten Polarimeter - hier eines von ZEISS Jena (leider fehlen der Beleuchtungs-Spiegel und die röhrenförmige 10cm-Küvette).



Polarisationsebenedrehende zuckersüsse Mikrogrüsse
H. Husemann

olaf.med

#17
... und hier noch ein schönes Polarimeter - nicht nur zum reinpinkeln, sondern für alle Arten der Untersuchung an Flüssigkeiten und Festkörpern.




Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

hinrich husemann

Wieder ein historisch-optischer Genuss! Messing vom Feinsten! Baujahr bekannt?
Danke fürs Zeigen!
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

peter-h

Herrliche Geräte !

Nun breche ich doch mein Versprechen keine Meßreihen zu veranstalten. Aber die Anzahl der Firmen und Objektive ist begrenzt.
Die Polfilter stammen von Olympus BH2 Reihe. Als Kondensor ein Zeiss 465267 mit Kappe 465265 für NA 0,63 , für die Polarisation geeignet - rote Beschriftung.
Beleuchtung mit weisser LED und einigen Filtern. 2 sehr unterschiedliche Objektive, wobei das Nikon als Polobjektiv bezeichnet ist. Analysator Olympus.  Empfänger eine Hamamatsu Fotodiode , linear über 6 Dekaden mit entspr. Verstärkermodul.



Und nun bestätigt sich das, was ich einige Berichte vorher geschrieben habe. Geht es nur um die "Güte" der Polelemente, so wäre nun eine Messung am Spektralfotometer sinnvoll.
Dass das Nikon Objektiv trotz der angeblichen Spannungsfreiheit so schlechte Werte liefert deutet auf einen Schaden hin. Eine andere Erklärung habe ich nun nicht.

Polarisierende Grüße
Peter

olaf.med

#20
Lieber Herr Husemann,

bei dem Gerät handelt es sich um das "Flaggschiff" der Fa. Schmidt & Haensch in Berlin, die auf dem Sektor des Polarimeter-Baus weltführend war. Es stammt aus der Zeit um 1890-1900 und heißt Landoltscher Apparat - ja, nach dem von Landolt-Börnstein.

Als Besonderheit verfügt es über einen sog. dreiteiligen Halbschattenpolarisator, d.h. nicht nur ein einzelnes Pol-Prisma, sondern ein Bauelement von 3 Polarisationsprismen die um einen kleinen definierten Winkel zueinader verkippt sind. Die Bauart sieht man hier:



Das Prinzip der Halbschattenpolarisatoren ist ganz einfach: kein Auge kann zwischen "ganztiefdunkelschwarz" und "tiefdunkelschwarz" unterscheiden, aber nebeneinander liegende Grautöne kann man extrem gut auf gleiche Farbe und Intensität abschätzen. Die Halbschattenpolarisatoren erzeugen graue, geteilte Gesichtsfelder die man perfekt auf gleiche Töne justieren kann. Wenn man dann ein doppelbrechendes Medium einschaltet, dessen beide Schwingungsrichtungen nicht absolut symmetrisch zu denen der Polarisatoren liegen, werden die unterschiedlichen Felder des Halbschattenpolarisators unterschiedlich gefärbt. Dies ist die allerhöchste Schule der Polarisationsoptik und so kann man allergrößte Genauigkeit bei der Einstellung von Auslöschungsstellungen erzielen!

Details findet man in der Monographie von Landolt (1879): "Das optische Drehungsvermögen...", Viehweg & Sohn, Braunschweig.

Herzliche Grüße,

Olaf

PS: Gerade finde ich beim Schmökern im Landolt noch ein Kapitel in dem er sich mit dem Einfluß des Erdmagnetismus auf das optische Drehungsvermögen auseinandersetzt. Kaum glaublich, aber es ist wohl tatsächlich so, dass bei dieser Meßgenauigkeit selbst solche Dinege brücksichtigt werden müssen!
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

hinrich husemann

#21
Lieber Herr Medenbach,
vielen Dank für die Beschreibung der Historie und der interessanten Funktionsweise dieses wunderschönen Polarimeters. Als Halbschatten-Methode bei Polarimetern war mir nur die etwas einfachere nach Lippich bekannt. Diese arbeitet m. E. zwar nach dem gleichen Grundprinzip, aber nur mit einem, halbseitig wirkenden Hilfsnikol und mit einer mittigen einfachen Teilung des Gesichtsfeldes.

Freundlich polarisierte Mikrogrüße
H. Husemann

olaf.med

Lieber Herr Husemann,

die meisten Halbschatteneinrichtungen haben ein zweigeteiltes Feld (Nakamura, Jellet, Calderon, Soleil, die von Ihnen erwähnte nach Lippich etc., etc.) und dies ist sicher auch für fast alle Messungen völlig ausreichend. Manchmal hat man das Gefühl, dass zur Blütezeit der Kristalloptik und Kristallpräparation aus Freude, Stolz, Ehrgeiz oder anderen hohen Beweggründen alles gemacht wurde, was technisch möglich war, auch wenn man nach heutiger Sicht manchmal über das Ziel hinausschoß. So ist es wohl auch bei den sehr komplexen Halbschatteneinrichtungen.

Mit herzlichen Grüßen aus dem Vollschatten bei 35°C,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0