Gerösteter Siderit im Erzmikroskop

Begonnen von Holger Adelmann, Februar 04, 2014, 18:31:09 NACHMITTAGS

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Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

bei einem Besuch der Grube Stahlberg in Müsen bekam ich vom dortigen Museumsleiter, Rolf Golze, ein schlackiges Stück geröstetes Siderit-Erz.
Dieser unansehnlich erscheinende dunkelgraue Brocken war früher ein wertvoller Rohstoff im Spateisenstein-Bezirk Siegerland.
Um teure Transportkosten zu sparen wurden viele Erze vor Ort an den Gruben geröstet, um das Metall anzureichern.
Bei sulfidischen Erzen wie Pyrit FeS2 oder Kupferkies CuFeS2 war dies eine Umweltverpestung erster Güte, da die freigesetzten Schwefelgase oft die gesamte Vegetation an den Berghängen um die Gruben zerstörten.
Etwas umweltverträglicher war da das sogenannte Abrösten des Siderits (Spateisenstein, Eisenspat, Eisencarbonat, FeCO3).

In Meyers 'Großem Konversations-Lexikon', Band 5. Leipzig 1906 (http://www.zeno.org/nid/20007737580 Lizenz: Gemeinfrei) steht zu den hierbei verwendeten Öfen:
"Am häufigsten verwendet man Röstschachtöfen von verschiedener Konstruktion. Wo es hauptsächlich auf starkes Durchglühen der Erze behufs ihrer Auflockerung oder Verflüchtigung von Wasser,
Kohlensäure etc. und weniger auf eine oxydierende Wirkung der Luft ankommt, bringt man die Erze in abwechselnden Lagen mit billigem Brennmaterial in den Ofenschacht,
zündet letzteres an und gibt immer frische Materialien oben auf, sobald unten eine Partie abgerösteten Erzes ausgezogen wird.
In der unmittelbaren Berührung mit dem Erz wird das Brennmaterial gut ausgenutzt; aber dessen Asche kann das Erz verunreinigen,
und an den Berührungsstellen geht letzteres leicht in Eisenoxydul über.
Die Modifikationen bei diesen Öfen bestellen hauptsächlich in der abweichenden Innengestalt (bauchig, zylindrisch, abgestumpft pyramidal oder konisch, oval etc.),
in dem Fehlen oder Vorhandensein eines Rostes (Plan-, Treppen-, Sattel-, Kegelrost), in dem Anbringen von seitlichen oder innern Zügen behufs vermehrter Luftzuführung etc.
Als Typus hierher gehöriger Öfen mag ein Siegener Ofen (Röstkessel, Fig. 1) gelten, der große Leistungsfähigkeit bei leichter Bedienung hat.
Er besteht aus einem in einer gewissen Höhe über der Hüttensohle schwebenden kegelförmigen Ofen von 17 cbm Inhalt und ohne Boden,
dessen obere Öffnung von einer mit Bahngleise versehenen Bühne zugänglich ist.
Das feuerfeste Ofenfutter, nur einen Stein stark, ist in einem konischen Blechmantel, oben und unten durch Gußeisenringe und -Kränze verstärkt und versteift, eingebaut.
Der Blechmantel hängt an drei regelmäßig verteilten Gußeisenstützen. Die Erze fallen frei aus dem Ofen und bilden unter demselben einen Schuttkegel, der an der Seite gezogen wird.
Diese offene Konstruktion und die geringe Höhe des Schachtes machen den Ofen hauptsächlich nur zur Verjagung der Kohlensäure aus reinem Erzen und zur leichten Oxydation geeignet.
Man röstet in einem solchen Ofen täglich 51 Ton. Sphärosiderit ohne Brennstoffaufwand oder 24 T. Eisenkalk."


Fig 1: Siegener Röstofen (gleiche Quelle):




Eine Batterie solcher Röstöfen hat der Amateurfotograf Peter Josef Kirschbaum (1866 - 1926) im Siegerland auf der Grube Bindweide fotografiert.
(http://www.ub.uni-siegen.de/expo/kirschbaum/), Fig. 2:



Bei der Oxidation des Siderits enstehen unter Austreibung von gasförmigem CO2 dann Hämatit Fe2O3 und Magnetit Fe3O4
Der Magnetit zeigt im Erzmikroskop einen bräunlichen Farbton im linear polarisierten Auflicht, er ist isotrop (Fig. 3).
Der Hämatit dagegen zeigt im Erzmikroskop einen hellgrauen Farbton im linear polarisierten Auflicht.
Er ist anisotrop, und zeigt diese Eigenschaft deutlich unter gekreuten POL Filtern (jew. +/- 3 Grad dejustiert, Fig. 4 & 5).

Der unansehnliche schlackige Brocken ist im Anschliff unter dem Mikroskop dann doch recht schön mit den rundlichen, hellbraunen Magnetit-Körnern,
die recht ästhetisch mit dem eher plattigen und daher als Nadeln imponierenden Hämatit verwachsen ist.

Herzliche Grüsse
Holger

Fig. 3:



Fig. 4 & 5: