Frage zur Aufbereitung von Monterey Diatomit

Begonnen von felix, April 22, 2009, 16:04:14 NACHMITTAGS

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felix

Ich habe eine Probe Diatomit aus Monterey (Kalifornien), Toro Road.  Es handelt sich um einen klassischen Fundort, der in der Literatur gelegentlich erwähnt wird.  Eine erste Recherche ergab, daß es sich um "siliceous mudstone" handelt, also um eine Art Bodensediment.  Ich frage mich nun, wie ich diese Probe aufbereiten sollte. Hat jemand Erfahrung mit Monterey-Material?

-- Mit heißem Wasser kommt man nicht weiter.
-- Auf HCl reagiert das Material nicht.
-- Seit 3 Tagen liegt das Material nun in Peroxid, gelegentlich erhitzt um die Reaktion anzufachen.  Letztlich löst sich aber nur sehr wenig.

Wissings "Methoden der Mikropaläontologie" liegt auf meinem Schreibtisch.  Aber schön wäre es, wenn jemand etwas spezifischere Information hätte.  Insbesondere wüßte ich gern, ob ich bei diesem Material mit einem Laugenangriff weiterkomme ohne die Kieselstrukturen dabei zu zerstören.

Dank & Gruß in die Runde!
AF
"Du" angenehm.

TPL

#1
Hallo Felix,
es hat hier schon früher Fragen zur Aufbereitung von Proben aus der Monterey-Formation gegeben, die Dir helfen könnten. Wie Du schreibst, sind darunter auch kieselige Schlammsteine (siliceous mudstones), aber auch stärker kieselige und stärker tonige Partien.
Bei vielen dieser Proben hilft einfaches Benetzen mit Wasser nach vollständigem Trocken schon ein Stück weiter (und ist komplett ungefährlich!). Wenn das nicht funktioniert, gibt es REWOQUAT oder andere Tenside, die besonders die tonigeren Partien verblüffend schnell in Brei verwandeln.

Viel Erfolg, Thomas

PS: "Bodensediment"? Du meinst schon den Meeresboden, oder?

felix

Vielleicht sollte ich mir wirklich mal Rewoquat zulegen ...  Wie würde man denn die gelöste Gesteinsmasse aus dem Rewoquat auswaschen?  Rewoquat ist doch recht zähflüssig und in (kaltem) Wasser nicht löslich, oder?  Setzen sich die feinen Partikel überhaupt in akzeptabler Zeit ab oder bleiben die dispergiert?  Kann jemand aus eigener Erfahrung etwas über das Lösen von Diatomit mttels Rewoquat sagen?

Thomas, ich kann mich leider an keinen Thread über Monterey-Material hier im Forum erinnern.  Eine Suche im Archiv brachte auch nichts.  Es ist leider zu schade, daß man immer wieder auf Präparate von bestimmten Fundorten trifft aber über die Methode der Aufbereitung beinahe nichts erfährt.  Früher habe ich einmal vermutet, gehofft, daß man darüber nichts erfährt, weil die Verfahren letztlich trivial und allgemein bekannt sind.  Das ist leider überhaupt nicht der Fall.  (Aber vielleicht können wir ja hier im Forum einmal ein erfolgreiches Verfahren für Monterey u.ä. gemeinsam erarbeiten.)
"Du" angenehm.

TPL

#3
Zitat von: felix in April 23, 2009, 12:35:56 NACHMITTAGSThomas, ich kann mich leider an keinen Thread über Monterey-Material hier im Forum erinnern.  Eine Suche im Archiv brachte auch nichts.  Es ist leider zu schade, daß man immer wieder auf Präparate von bestimmten Fundorten trifft aber über die Methode der Aufbereitung beinahe nichts erfährt.  Früher habe ich einmal vermutet, gehofft, daß man darüber nichts erfährt, weil die Verfahren letztlich trivial und allgemein bekannt sind.  Das ist leider überhaupt nicht der Fall.  (Aber vielleicht können wir ja hier im Forum einmal ein erfolgreiches Verfahren für Monterey u.ä. gemeinsam erarbeiten.)
Hallo Felix,
Du hast recht: ich hatte damals fälschlich Monterrey mit zwei 'r' geschrieben. Bei meiner Recherche bin ich auch darauf gestoßen, dass wir uns ja bereits einmal im Zusammenhang mit Radiolarien von Barbados "begegnet" sind.

Deine Verwunderung über das Fehlen detaillierter Methodenbeschreibungen teile ich. Allerdings kann es helfen, sich die Welt der Kieselplankton-Proben nicht topografisch sondern petrografisch aufzuteilen. Ob eine Probe nämlich aus Neuseeland oder von der Westküste der USA stammt, ist für die Wahl einer geeigneten Aufbereitungsmethode ziemlich egal. Hier im Forum heißt es immer wieder gern sinngemäß "ich hab' Material von Barbados das mit der Methode x nicht so schön wird, wie ich dachte. Warum?" Ich glaube, damit kommt man nur sehr langsam weiter, denn es gibt auf Barbados (und sicher auch in Monterey oder anderen Lokalitäten) eine Vielzahl verschiedener Gesteinstypen, die eine angepasste Aufbereitung erfordern. Es gilt also, herauszufinden, woraus die Probe besteht (Anteil des kieseligen Materials, Karbonatanteil, Tonanateil, organisches Material). Hat man so abgeschätzt, was für ein Gestein man da im Probenbeutel hat, dann ist man bei der Suche nach einer geeigneten Aufebreitungsmethode nicht mehr auf Beschreibungen für genau diesen Fundort angewiesen.

ZitatVielleicht sollte ich mir wirklich mal Rewoquat zulegen ...  Wie würde man denn die gelöste Gesteinsmasse aus dem Rewoquat auswaschen?  Rewoquat ist doch recht zähflüssig und in (kaltem) Wasser nicht löslich, oder?  Setzen sich die feinen Partikel überhaupt in akzeptabler Zeit ab oder bleiben die dispergiert?  Kann jemand aus eigener Erfahrung etwas über das Lösen von Diatomit mttels Rewoquat sagen?
Nein, ich habe selbst bisher keine ausgesprochenen Diatomite (Gesteine also, die -je nach Definition - zu mehr als der Hälfte aus Diatomeen-Schalen bestehen) mit REWOQUAT behandelt, aber viele hundert andere Gesteinsproben, darunter auch sehr diatomeenreiche. Was ich dazu weiß habe ich hier http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?1,46498,46621#msg-46621 beschrieben (und außerdem, was ich von der harten Chemie-Keule halte). Ich möchte hier nicht weiter ausholen, denn meine eigenen Fragen zu den Gründen für die harte chemische Behandlung wurden nie beantwortet. Ärgerlich!

REWOQUAT ist unverdünnt zähflüssig, wird aber mit Alkohol verdünnt eingesetzt. Auswaschen kann man es mit warmem oder kaltem Leitungswasser. Das ist tägliche Praxis in mindestens 4 mir bekannten Labors. Das Absetzen der Partikel ist kein Problem, da sie bis zum eigentlichen Schlämmen über dem Sieb gar nicht in Suspension kommen: die liegen träge am Grunde des Becherglases (oder Eimers, etc.).

Viel Spaß dabei, Thomas

felix

Hallo Thomas,

vielen Dank: Das fand ich ausgesprochen hilfreich.  Da ich häufiger sehr verschiedene Proben bearbeite, werde ich mir Rewoquat nun doch besorgen.

Zitat
REWOQUAT ist unverdünnt zähflüssig, wird aber mit Alkohol verdünnt eingesetzt.
Welche Verdünnng würdest Du als Anhaltspunkt empfehlen?

Zitat
Auswaschen kann man es mit warmem oder kaltem Leitungswasser ... Das Absetzen der Partikel ist kein Problem, da sie bis zum eigentlichen Schlämmen über dem Sieb gar nicht in Suspension kommen.
Das habe ich leider nicht verstanden.  1. Auswaschen in _kaltem_ Leitungswasser?  Löst Rewoquat sich in Wasser nicht erst ab 60 Grad? 2. Die abgelösten Teile kommen nicht in Suspension?  Bis sie am Boden ankommen, sind sie doch in Suspension, oder?  Meinst Du, daß die Teile ziemlich schnell absinken?  (Das wäre ja gut.)

Ich entnehme Deiner Beschreibung, daß es so funktionieren müßte:
1. Probe mit Rewoquat+Isopropanol übergießen. -- Abwarten bis sich genug löst. (Frage: Welche Verdünnung?)
2. Lösung mit Wasser verdünnen. -- Abwarten bis Schwebeteile sich gesetzt haben. (Frage: Wassertemperatur?)
3. Überstand abgießen.
(2-3)  wiederholen bis Rewoquat ausgewaschen ist.  (Frage: Wie oft sollte man 2-3 wiederholen?)

Liege ich einigermaßen richtig?

AF
"Du" angenehm.

TPL

#5
Hallo Felix,
freut mich, wenn ich helfen kann. Der Reihe nach:
Zitat von: felix in April 23, 2009, 14:20:29 NACHMITTAGSWelche Verdünnng würdest Du als Anhaltspunkt empfehlen?
1 : 1 ergibt auf jeden Fall einen schön dünnflüssigen Ansatz. Man kann aber auch weniger Spiritus verwenden und sogar unverdünnt arbeiten. Soooo zähflüssig ist das REWOQUAT auch nicht.

Zitat1. Auswaschen in _kaltem_ Leitungswasser?  Löst Rewoquat sich in Wasser nicht erst ab 60 Grad?
Von den 60°C weiß ich nichts. Ich glaube auch nicht, dass das ein Lösungsvorgang ist. Wärmeres Wasser ist angenehmer, aber schon handwarmes Wasser reicht aus. Um alles auszuspülen braucht man am Ende evtl. noch einmal Alkohol, besonders wenn man die Proben bei Temperaturen über 80°C trocknen möchte (die verbacken sonst durch Tensid-Reste und stinken dann zum Himmel).

Zitat2. Die abgelösten Teile kommen nicht in Suspension?  Bis sie am Boden ankommen, sind sie doch in Suspension, oder?  Meinst Du, daß die Teile ziemlich schnell absinken?  (Das wäre ja gut.)
Welche Suspension? Die Proben werden mit dem Tensid/Alkohol-Gemisch übergossen. Da bleibt alles schön am Gefäßboden - es sei denn, Du schüttelst unnötigerweise.

Ich schreibe mal zusammen, wie ich die Aufbereitung im Kopf habe:
1. Probe auf den Boden des Gefäßes (z.B. Becherglas) legen
2. sehr gründlich trocknen (auf 2-3 cm Kantenlänge gebrochenes Material ca. 2 Tage bei 60°C)
3. Probe mit Rewoquat + Ethanol (Spiritus) übergießen. Manchmal zerfällt die Probe innerhalb weniger Minuten zu Brei. Wenn nicht: nach 1-3 Tagen zerlegtes Feinmaterial abtrennen (s.u.), groben Rest trocknen und erneut ansetzen
4 nach ausreichendem Zerfall klaren Tensid-Überstand in Voratsbehälter abgießen (ggfs. filtern) oder verwerfen
5. Probengefäß mit zerfallener Probe über (vorher) geprüftem Sieb mit gewünschter Maschenweite (für Radiolarien und Formaminiferen werden oft 63µm benutzt) mit handwarmem Wasser aus einer sanft eingestellten Brause in mehreren Etappen (so, wie es das Sieb verkraftet) ausspülen und im Sieb gründlich schlämmen
6. mit noch sanfterem Strahl den Rückstand im Sieb an einem Punkt sammeln und in vorbereitete Filter spülen
7. Filtrat mehrmals mit warmem Wasser und Alkohol ausspülen
8. Trocken, Umfüllen, Auslesen, etc.

Viel Erfolg, Thomas

felix

Hier nun der versprochene Bericht nach mehr oder weniger erfolgreicher Bearbeitung des Materials.

Der Diatomit von Monterey, Toro Road, hat einen hohen Gipsanteil--für Diatomite nicht untypisch.  Der Gips muß zunächsts gelöst werden.  Dann erst beginnt die Reinigung der Kieselschalen.

1. Der Gips löst sich in einer kaltgesättigten und bis etwa zum Siedepunkt erwärmten Kochsalzlösung.  Eine Stunde Köcheln und gelegentliches Umschwenken haben bei meiner Probe (etwa ein haselnußgroßes Stück) eine gute Menge Material gelöst (einige Millimeter Bodensatz in einem 80ml Becherglas). Gut auswaschen.

2. Reinigung der Diatomeen nach der jeweils bevorzugten Methode.

3. Das gereinigte Material wurde durch ein 30um-Sieb gegossen.  (Ungelöste Brocken blieben im Becherglas zurück und können später weiterbearbetet werden.)  Der "Schrott" <30um interessiert nicht weiter.  Der Rückstand auf dem Sieb wurde weiter dekantiert bis die Schalen möglichst sauber zurückblieben.  (Hier muß man Kompromisse schließen oder hohen Materialverlust in Kauf nehmen.)

[4. Möglicherweise tut jetzt ein Peroxid-Bad oder ein _kurzes_ Aufkochen in Soda noch Gutes um die Schalen von anhaftenden Partikeln zu reinigen. Ich habe das nicht ausprobiert.]

Toro Rd. enthält fast ausschließlich große Coscinodisci, einige andere runde Formen sowie Schwammnadeln.  Wie immer bei den großen fossilen Formen ist mit viel Bruch zu rechnen.

Ich danke Herrn Fritz-Nielsen Wissing (Reinbek) für den Hinweis auf den Aufschluß mittels Kochsalzlösung.  Die Methode ist beschrieben in Pokornys _Grundzüge der Mikropaläontologie_, Bd. 1, pp. 13f.

Hier ein Photo nach der oben beschrieben Aufbereitung (Reinigung mit Schwefelsäure und Salpeter):

"Du" angenehm.