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Weitere Leichen (?) …

Begonnen von Heiko, November 22, 2014, 22:59:24 NACHMITTAGS

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Heiko


... auf der Festplatte (statt im Keller) – ich hoffe zwar nicht, aber nach den letzten Reinfällen ...  :-[

Diopsid, Kliochlor und Vesuvian – in dieser Reihenfolge und sämtlich aus dem Wallis, Saas Fee:



















Vielen Dank für's Anschauen,
Heiko


olaf.med

Lieber Heiko,

besonders schön finde ich den Vesuvian mit seinen ausgezeichneten Endflächen, aber auch der pseudohexagonale zonierte Chlorit ist herrlich. Beim Vesuvian solltest Du in der Orientierung des vorletzten Bildes auch ein sehr gutes Interferenzbild (Achsenbild) bekommen.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

limno

#2
Lieber Heiko,
mmh...wirklich schöne Leichen, die Du da hast ::) ;D. Nun sind ja Leichen im Keller, oder wie es die Engländer treffender sagen,"skeletons in the cupboard" bei Mikroskopikern nicht so selten. Man denke z.B. an die prächtigen Diatomeenarrangements und andere Dauerpräparate...Die können mit Tutenchamun  und anderen gut mithalten!
Viele Grüße
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Heiko

Danke Euch für die netten Worte.

Lieber Olaf,
konoskopisches Neuland betretend, bezweifle ich irgendwie, dass wir dies sehen wollen – zumal, wie ich lese, die einzuschwenkende Bertrand-Linse kein Baumerkmal meines fossilen Drehtisch-Mikros ist:



Viele Grüße,
Heiko

olaf.med

Lieber Heiko,

wenn Du nun einfach das Okular rausziehst und in den Tubus schaust, siehst Du das Interferenzbild auch ohne Bertrand-Linse. Wenn möglich solltest Du allerdings ein noch stärker vergrößerndes Objektiv nehemen, damit Du die einzelnen Sektoren individuell betrachten kannst.

Eine Besonderheit des Vesuvians ist die sog. Felderteilung, die man an Deinem Kristall sehr schön sieht. Es sind die Tortenstück-artigen Segmente, die durch schwarze Streifen voneinander getrennt sind. Sie entstehen durch Spannungen innerhalb des Kristalls, die ihren Ursprung in der komplexen Chemie dieses Minerals haben. So werden unterschiedlich große Kationen ins Kristallgitter eingebaut, das zu diesen intrakristallinen Spannungen führt. Das sieht man am Interferenzbild, das für den ungestörten Kristall schön einachsig ist, aber in den verspannten Segmenten zweiachsig. Solche Bilder siehst Du hier: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=10953.0.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Heiko

Lieber Olaf,

ich bekomm's nicht hin – weder mit Bertrand-Linse noch ,,mit ohne" Okular. Lohnt die Ausrede, dass das Säulchen mit gut einem Millimeter einfach zu dick ist? Oder kann der unregelmäßige Abbruch am unteren Ende störend wirken?

Nun warst Du so leichtsinnig, die Felderungslinien ,,lapidar" den heterogenen Kationen-Radien zuzuschreiben. Ich denke, wir reden von relativ großen Calcium- und eher kleinen Aluminium- sowie Magnesium- und Eisen-Ionen. Versuchst Du bitte, bitte auf H. erectus-Niveau eine Erklärung?

Viele Grüße,
Heiko

olaf.med

#6
Lieber Heiko,

Die größere Dicke des Kristalls ist für die Betrachtung eines Achsenbildes eher förderlich, da dies mit zunehmender Dicke schärfer und besser wird. Der unregelmäßige Abbruch wirkt sicher störend - da kommt mir die Warnung meines allerersten Mikroskopie-Lehrers in den Sinn: "....niemals gar nie nicht ohne Deckglas und Immersion....". Nur so schafft man ein homogenes optisches System. Versuch's einfach mal nach dieser Regel.

Die andere Erklärung ist ganz einfach, da muß man sich garnicht auf die Erectus-Ebene begeben, das haben sogar die Studenten kapiert, wenn man's nur oft genug erklärt hat ;D. Wir müssen nur ein wenig mit Formeln spielen:

Du hast ja einen chemischen Hintergrund - wie man Deinen Beiträgen unschwer entnimmt. Daher stellen sich bei Dir sicher die Nackenhaare, wenn Du die folgende mineralogische Formel für Dioptas siehst:

Cu6[Si6O18]●6H2O

Jeder Chemiker sagt: Die Mineralogen haben die Pfanne heiß, das ist doch ganz einfach CuSiO3●H2O

Richtig, aber die mineralogische Formel ist eine Strukturformel, und verrät dem Kenner, dass es sich um ein Silikat mit 6-er-Ringen von SiO4-Tetraedern handelt, vermittelt also ungleich mehr Information.

Für Vesuvian ist die idealisierte Formel:

Ca10Mg2Al4(Si2O7)2(SiO4)5(OH)4

Es handelt sich also um ein Silikat mit fünf isolierten SiO4-Tetraedern und 2 Si2O7-Doppeltetraeder pro Formeleinheit, die durch andere Koordinationspolyeder verbunden werden, also z.B. Oktaeder, in denen Magnesium und Aluminium sitzen und höher koordinierte Polyeder für das größere Calcium. Das ist aber die idealisierte Welt, in der realen Welt analysiert man z. B. folgende Zusammensetzung für einen Vesuvian von Tulare Co., Californien (berechnet auf eine andere Sauerstoffbasis):

Ca19,00(Al7,18Mg 3,62Fe2+1,54Fe3+1,42Ti0,16Mn0,06)Σ=13,98B2,76Si17,58O68[O7,30(OH)2,88]Σ=10,18

und das gilt nur für einen Punkt des Kristalls, je nach Angebot baut er direkt daneben andere Kationen oder Kationenverhältnisse ein, und dann wird's im eigentlichen Sinn des Wortes spannend.

Und nun wird alles klar: Auf verschiedene Gitterpositionen können eine ganz Menge ähnlicher Kationen eingebaut werden. Entscheidend ist nur die Ionengröße, die eine gewisse Toleranz nicht überschreiten darf, und die Wertigkeit, die aber auch auf anderen Gitterplätzen ausgeglichen werden kann. So kann man z.B. das vierwertige Silizium durch das ähnlich große dreiwertige Aluminium ersetzen, wenn man den Ladungsdefizit an anderer Stelle durch den Ersatz von einwertigen Natrium durch das zweiwertige Calcium kompensiert (wie z.B. bei den Feldspäten). Die Stöchiometrie muß nur erhalten bleiben.

Übrigens möchtest Du die Zusammensetzung von Amphibolen und Turmalinen garnicht wissen: da können bis zu 40 verschiedene Kationen eingebaut werden (wir nennen das eine geplatzte Apotheke!).

Herrlich ist das einfache Leben der Chemiker ;D.

Mit herzlichen Grüßen,

Olaf
Gerne per Du!

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Heiko

Lieber Olaf,

ich meine Dir folgen zu können – Du hast Dir ja auch wieder sehr viel Mühe gegeben mit Deiner Erklärung. Mit H. habilis: ,,Vergleichbar mit einer Legierung, wenn dies auch stark vereinfacht ist."
Aber welche Konsequenz hat diese Gitter-Heterogenität für den Kristall bzw. einzelne Segmente desselben? Die Physik dahinter ist mir schleierhaft, denn die ,,Felder" selbst sind doch nicht etwa (chemisch) homo-, zum Nachbarn aber heterogen?

Viele Grüße,
Heiko


P.S.:
Wenn Du Pech hast, liest unser ,,organischer" Klaus hier mit – eigentlich bin ich da sogar sicher – und der wird Dir ,,das einfache Leben der [organischen] Chemiker" bei Gelegenheit sicher ,,heimzahlen" wollen.    ;D
Aber keine Angst, ich helf' Dir über ...    :D

Klaus Herrmann

ZitatWenn Du Pech hast, liest unser ,,organischer" Klaus hier mit

Das ist kein Pech lieber Heiko, sonder ganz normal, da der "organische" Klaus auch ein begeisterter "mineralogischer" Klaus ist. Und intelligent ist er dazu noch: er hält sich nämlich klug zurück, wenn die Gefahr besteht, dass der Olaf als Top-Fachmann was beitragen könnte, wenns um sein Gebiet geht. Nur beim Calzit war ich zu langsam, den habe ich natürlich auch sofort erkannt, schon alleine der seidige Glanz durch die Mikroparkettierung der Kristallflächen war ein Indiz.

"heimzahlen" was für ein abwegiger Gedanke! ::)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

olaf.med

Lieber Heiko,

mit einer Legierung ist das nur bedingt vergleichbar, da es hier um Substitution auf diskreten Gitterplätzen geht. Mit Deinen Bedenken zur Physik hast Du völlig recht. Man hat thermodynamische Ungleichgewichte, und das geht nur, weil die Kinetik zu langsam ist und diese Ungleichgewichte eingefroren werden.

Felder, die in sich chemisch homogen und zum Nachbarn inhomogen sind findet man durchaus. So werden manchmal selektiv auf einzelnen Kristallflächen andere Zusammensetzungen ausgeschieden als auf anderen. Dadurch entsteht z. B. die Sanduhrstruktur bei Pyroxen.

Zu dem ganzen Fragenkomplex kannst Du auch einmal diesen Thread befragen - das war wohl vor Deiner Zeit im Forum...http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=10332.0 (hier auch ein Bild einer Sanduhrstruktur beim Pyroxen).

Ja, Klaus wird jammern, aber er hat ja auch ein Herz für die Mineralogie (und die Mineralogen). Ich hoffe, er teilt nicht zu kräftig aus, da mein Statement ja auch durch den Smiley als das gekennzeichtet war, was es ein sollte.

herzliche Grüße,

Olaf

Gerne per Du!

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olaf.med

Wow, Klaus, da waren Millisekunden zwischen den Beiträgen!

Schön, Danke!
Gerne per Du!

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Heiko

Hallo für einen Nachtrag,

nachdem ich nun gewisse Anfangserfahrung bez. der Aufnahme von Achsenbildern vorweisen kann – unter maßgeblicher Beteiligung zweier ,,fremder Mächte" – Klinochlor:



Viele Grüße,
Heiko

PS: Der Vesuvian war nicht zu überzeugen.

olaf.med

Hallo Heiko,

das sieht doch schon prima aus - man sieht sogar die Dispersion des Klinochlors sehr schön anhand der Tatsache, dass in verschiedenen Quadranten die Isogyren farblich unterschiedlich gesäumt sind.

Benutzt Du eigentlich ein spannungsfreies Objektiv? bei 3:00 Uhr und 8:00 Uhr sind die Isogyren ziemlich eigenartig gekrümmt. Sieh' Dir doch einmal die hintere Brennebene des Objektivs bei gekreuzten Polarisatoren aber ohne Präparat an. Gibt es dort Aufhellungen, die da nichts zu suchen haben?

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Heiko

Lieber Olaf,

,,Aufhellungen, die da nichts zu suchen haben" – Du machst mir Spaß. Unsereiner (speziell ,,Meinereiner") steht ,,Aufhellungen" prinzipiell positiv gegenüber – bis jetzt jedenfalls.  ;)
Aber im Ernst, ich kann das nicht beurteilen. Aufhellungen sind da, aber bei allen Objektiven gleichermaßen – und die sind prima (die Objektive, meine ich), soweit ich das beurteilen kann.
Ich vermute als Ursache die Inhomogenität des Klinochlor-Plättchens. Selbst innerhalb eines anscheinend homogenen Gitterbereichs verändert sich das Bild bei Positionsveränderung.

Viele Grüße,
Heiko

Heiko

Lieber Olaf,

dieses ,,ungeschummelte" Achsenbild eines monoklinen und damit zweiachsigen Kristalls – da der liebe Klaus so gerne rätselt: ein hellgrünes Doppelsalz (;)) – stammt von einem wirklich jämmerlichen, zudem noch recht kleinen Kristall und ist doch wohl als ,,aussagekräftig" zu bezeichnen:



Dagegen ist unser ,,wohlgeformter" Vesuvian ...



... in keinster Weise zu überreden. Kann das an der von Dir weiter oben angesprochenen systemischen Inhomogenität liegen ...



... oder habe ich das Ding – ,,agrargenossenschaftlich"* gesprochen – nur unglücklich aus der Matrix heraus gebrochen?

* bitte nicht als abwertend deuten

Viele Grüße,
Heiko