Botanik: Zitronenmelisse (Melissa officinalis) - obere Epidermis rangezoomt *

Begonnen von Christian3000, März 29, 2016, 22:36:16 NACHMITTAGS

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Christian3000

Liebe Mikroskopiker,

kürzlich habe ich ein Präparat eines kleinen Blattes der Zitronenmelisse wieder mal angeschaut und dabei einige Testaufnahmen gemacht. Die Oberflächenstrukturen sehen schon recht interessant aus. Die Aufnahmen habe ich mit einem Philips SEM-515 gemacht, die angegebene Vergrößerung bezieht sich jeweils auf eine Bildgröße von ca. 11,5cm x 8,5cm (das sind die Abmessungen des Fotomonitors am Gerät). EDIT: Korrektur der Bildschirmgröße!

Übersichtsaufnahme; offenbar ist die leitende Folie unter dem Blättchen schon etwas gealtert und rissig geworden. 9.75x bei 6.3kV.


Etwas "näher ran", die Haare werden schon deutlich, man sieht Blattadern als regelrechte "Gräben". 39x bei 6.3kV.


Hier sieht man die Haare schon deutlicher, man erkennt dass sie mehrzellig (3-4 Zellen) sind. Auch einen Blattader-"Graben" sieht man genauer. 156x bei 6.3kV.


Wenn man genau schaut, sieht man auch die faserige Verankerung der Haare. Die gelappte Form der Epidermiszellen wird deutlich, und die auf fast jeder Zelle sitzenden Fortsätze, ich vermute das sind einzellige Haare - weiss vielleicht jemand genau Bescheid? 625x bei 6.3kV.


Abschliessend wollen wir die kleinen Haare mit den Verankerungsstrukturen doch mal genauer sehen. 2500x bei 25kV.


Das Präparat hat mir freundlicherweise Stefan überlassen. Das Blatt wurde mit Glutaraldehyd fixiert, in aufsteigender Alkoholreihe entwässert, in wasserfreies Aceton überführt und kritisch-Punkt-getrocknet (mit flüssigem CO2). Dann wurde es auf den Präparatehalter mit beidseitig klebender, leitfähiger Folie montiert und mit Platin besputtert.

Ich hoffe Euch gefallen die Fotos, ich muss demnächst die Kathode wechseln und dann mache ich wieder Aufnahmen, nachdem die direkte Digitalisierung per A/D Konverter ja ganz gut klappt (früher hat man per Langzeitbelichtung einen Scan mit einer Spiegelreflexkamera von einem hochauflösenden Foto-Monitor abfotografiert).

Viele Grüße,
Christian

Edit: habe nun als Bildhoster abload.de ausprobiert, da Photobucket nun auf 1024x768 begrenzt.
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vbandke

Guten Abend, Christian,

Die Bilder sind sehr detailreich und gefallen mir ausnehmend gut!

Mit besten Grüßen

Volker
P.S. Alle meine Bilder dürfen/sollen kommentiert, verrissen, gelobt, und zur Veranschaulichung in diesem Forum auch bearbeitet werden.

Christian3000

#2
Hallo, Volker,

das freut mich! Ich muss mich nur mittelfristig nach Bild-Hoster-Alternativen umschauen, ich habe gerade bemerkt dass Photobucket nun auf max. 1024x768 begrenzt.

Einen schönen Abend noch,
viele Grüße,
Christian

Edit: erledigt, s.o.!
Vorstellung: click

the_playstation

#3
Hallo Christian.
Wow. Beeindruckende Auflösung und Tiefenschärfe. REM/SEM in Perfektion.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Fahrenheit

Lieber Christian,

danke für die technisch einwandfreien und sehr schönen Aufnahmen. Ich habe den Beitrag gelistet.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

rhamvossen

Hallo Christian,

Das sind sehr interessante Aufnamen. Vor allem das 3e Bild gefält mir sehr gut. Beste Grüsse,

Rolf

wilfried48

Hallo Christian,

schöne Bilder, die Du aus der "alten Kiste" noch herausholst.

Hast du das Mikroskop selbst digitalisiert ?

viele Grüsse
Wilfried

vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Eckhard F. H.

ZitatDas Blatt wurde mit Glutaraldehyd fixiert, in aufsteigender Alkoholreihe entwässert, in wasserfreies Aceton überführt und kritisch-Punkt-getrocknet (mit flüssigem CO2). Dann wurde es auf den Präparatehalter mit beidseitig klebender, leitfähiger Folie montiert und mit Platin besputtert.

Hallo Christian!
Vielen Dank. Es sieht aus, als hätte dieses biologische Objekt alle obigen Prozeduren schadlos und unverändert überstanden. Das will mir nicht in den Kopf. Bei Pilzsporen oder -hyphen (Lichtmikroskopie) führt allein schon die beginnende Trocknung zu markanten Veränderungen der Objektstruktur, an chemische Einflüsse mag ich gar nicht denken. Wie erklärt sich das?
Gruß - EFH

Christian3000

Hallo,

zunächst vielen Dank für Eure netten Antworten, und Jörg, danke auch für das Listen!

Zu Wilfried's Frage bzgl. Digitalisierung:
Es handelt sich um ein Philips SEM-515 von 1985, mit Standardausstattung (Öldiffpumpe und Wolframkathode). Die Bild-Digitalisierung wurde nachgerüstet in Form eines per USB an den PC angeschlossenen A/D-Wandlers, der durch ein angezapftes Signal aus dem REM jeweils pro Zeile getriggert wird und eben eine einstellbare Anzahl Punkte aus dem Bildsignal digitalisiert. Das PC-Programm setzt daraus dann das Bild zusammen. Ansonsten wird die "Vintage"-Elektronik des REMs ganz normal verwendet, also steuert der PC nichts weiter, er liest sozusagen nur beim Scan mit. Der Vorteil ist, dass dafür eine A/D-Karte für 200€ ausreicht, im Vergleich zu den Nachrüstmöglichkeiten am Markt also ein winziger Bruchteil an Kosten. Das zugehörige PC-Programm sowie die Adaption an das REM hat ein anderer "Vintage-REM-Betreiber", der praktischerweise auch ein Philips-Gerät hatte, entwickelt und mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Klar wäre eine komplette Digitalisierung mit einer DISS5 und Computersteuerung schön, aber eben teuer, wenn auch das REM dann vielleicht ein Kilowatt weniger Leistung für die viele eingesparte gute alte Originalelektronik verbrauchen würde :-)

Zu Eckhard's Anmerkung zum Erhalt der Strukturen trotz Trocknung:
Die Präparation ist recht aufwendig, biologische Objekte habe ich daher bisher ausser an der Uni auch noch nicht selbst präpariert (einen geöffneten Mikrochip oder andere trockene Objekte kann man ja vergleichsweise sehr leicht kurz besputtern und anschauen). Die Standardprozedur wie ich sie vor einer gefühlten Ewigkeit während meines Studiums durchgeführt habe ist auch wegen der benötigten Chemie etwas für ein Labor und für zu Hause ungeeignet (Fixierung in Kakodylatpuffer (Salz der Dimethylarsinsäure) mit Glutardialdehyd, evtl. Osmiumtetroxid etc.). Neben einer guten Fixierung in dieser eher unangenehmen Mischung und schonender Entwässerung in der aufsteigenden Alkoholreihe denke ich ist vor allem die Art der Trocknung für den Erhalt der Mikrostrukturen entscheidend. Bei der Kritisch-Punkt-Trocknung wird im Objekt das wasserfreie Lösungsmittel (nach der Schnapsreihe folgt meist Aceton) in einer Druckkammer (ca. 80 bar) zunächst durch flüssiges Kohlendioxid ersetzt. Dann wird die Temperatur erhöht, so dass eine überkritische Flüssigkeit entsteht. Durch langsames Ablassen des Drucks kann diese nun entfernt werden, und zwar ohne Phasenübergang, wie er beim Verdunsten einer "herkömmlichen", unterkritischen Flüssigkeit auftritt. Das Problem beim Verdunsten ist wohl die Mikrostrukturen zerstörende Wirkung von Kapillarkräften die durch die Oberflächenspannung entstehen. Somit wäre also unser Objekt nun getrocknet und kann auf den Träger geklebt, besputtert und ins REM gebracht werden. (Nicht dass ich die Physik dabei wirklich verinnerlicht hätte, aber Wikipedia ist eine nette Gedankenstütze, siehe "Überkritische Trocknung" - etwas anderer Anwendungskontext aber das Prinzip ist dasselbe).
Alles also recht aufwendig. Aber es gibt eine alternative Trocknungsmethode, die wohl zunehmend routinemäßig zum Einsatz kommt: Man ersetzt das Aceton im Objekt durch HMDS (Hexamethyldisilazan) durch einfaches Einlegen und lässt das Objekt dann an der Luft trocknen. Scheint sehr gute Ergebnisse zu bringen, nur ist HMDS auch nicht ganz ungefährlich.

Ich hoffe ich hab' nicht zu viel geschrieben; zu Eckhard's Frage bzgl. Mikrostrukturen grabe ich aber gerne noch meine alten REM-Aufnahmen auf Photopapier aus dem Praktikum im Studium aus und poste demnächst noch ein, zwei Aufnahmen, die recht feine Strukturen in sehr schön erhaltenem Zustand zeigen, sozusagen als visueller Ausgleich für die vielen Worte zu später Stunde.

Viele Grüße,
Christian

Vorstellung: click

Ronald Schulte

Christian,

Bilder sind wirklich sehr beeindruckend und wäre sicher was für mich aber wie ich die Präparation lese, ja dann ist das für zu hause einfach was aufwendig und wird auch nicht richtig billig werden. Das ist wirklich schade weil ich die Bilder sehr gut finde und mich schon viele Anwendungen ausdenken könnte.

Grusse Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Christian3000

Hallo Ronald,

freut mich, dass Dir die Bilder gefallen! Ich möchte mich bei der Gelegenheit auch gleich für Deine Methodenbeiträge im Forum bedanken - superklasse, die verfolge ich schon lange! Wo erfährt man z.B. sonst schon so schön mit Fotos dokumentiert wie man einen LKB Knifemaker benutzt...

Die Präparation fürs REM an sich ist zwar schon aufwendig, aber vielleicht sogar weniger als in der Histologie für die Lichtmikroskopie (soviel ich das beurteilen kann, ich habe selbst leider noch nie mit Paraffinblöcken am Mikrotom geschnitten - das möchte ich noch lernen). Und, wie gesagt, HMDS ist wohl eine wesentliche Vereinfachung, es fällt der Kritisch-Punkt-Trockner nebst CO2 Flasche weg. Eine Bekannte von uns, die an der New York University arbeitet, hat erzählt dass dort in der Pathologie inzwischen standardmäßig HMDS verwendet wird.
Zu Hause wiederum möchte man vielleicht wegen der giftigen Chemikalien eher nicht mit dem Standardverfahren arbeiten, das Problem habe ich ja auch und habe daher bisher nur technische Objekte, die man nicht präparieren muss angeschaut, oder ich habe ein paar fertige biologische Präparate geschenkt bekommen. Daher möchte ich nun sowieso versuchen ein alternatives Verfahren zu etablieren, erste Gedanken wären:

- Kakodylatpuffer durch Phosphatpuffer ersetzen (-> ungiftig, kein Entsorgungsproblem)
- Glutardialdehyd durch frisch aus Paramformaldehyd hergestellte Formaldehydlösung ersetzen (-> keine Lagerprobleme mehr (Glutardialdehyd muss in den Kühlschrank...))
- Alkoholreihe (sowieso kein Problem)
- Aceton (kein Problem)
- HMDS (einziger etwas bedenklicher Schritt, da müssen wir mal das Sicherheitsdatenblatt studieren; soll eher ein Geruchs- als Giftigkeitsproblem sein)

Die Präparation wäre also durchaus machbar und auch nicht zu teuer - lass Dich nicht abschrecken!

Was man halt unbedingt braucht ist ein Sputter-Coater. Dieser Schritt funktioniert aber schnell und problemlos. Normalerweise verwendet man eine Argonatmosphäre bei niedrigem Druck, doch man kann das Argon einfach weglassen und mit Luft arbeiten, auch eine Vereinfachung.

Das eigentlich Thema ist das REM: Du brauchst eine Möglichkeit es aufzustellen, mit fließend Wasser zur Kühlung und einem Kompressor für die Druckluft, die von den Ventilen benötigt wird.  Ältere Geräte - und das sind eben die die man am ehesten relativ günstig bekommt - wiegen schon mal 600kg und sind sperrig. Dann muss man meist noch eine digitale Bilderfassung nachrüsten - wenn man mit Elektronik bastelt kann man das auch selbst machen.

Wenn man es sich leisten könnte, es gibt inzwischen kleine REMs, die auf dem Tisch Platz finden - einfach mal "tabletop sem" oder "benchtop sem" googlen...

Viele Grüße,
Christian
Vorstellung: click

Tommay

Hallo,

ich dachte bei 2500 Facher Vergrösserung sieht mann nicht mehr scharf???.

knipser009

ein "Hallo" an den Namenlosen

Du verwechselst wahrscheinlich Lichtmikroskopie mit REM (=Rasterelektronenmikroskopie)
Viele Grüße aus dem SaarPfalzKreis

Wolfgang
gerne per "Du"

Klaus Herrmann

Zitatich dachte bei 2500 Facher Vergrösserung sieht mann nicht mehr scharf???.

Hallo Tommay, du bist neu hier also erst mal ein herzliches Willkommen im Club. Ein Tipp: stell dich doch mal vor in der Rubrik "Mikroskopiker im Netz" und erzähl ein wenig, dass man mehr background hat. Keine Sorge: deinen Nachnamen will hier keiner wissen und auch nicht die Nummer deines Kontos in Lichtenstein. Orientier dich einfach an den vielen Beispielen die du dort findest.

Und dann wird man dir ganz sicher deine Fragen sorgfältig beantworten. Aus dem, was du bisher gefragt hast schließe ich, dass du noch nicht so mit der Mikroskopie vertraut bist. Kein Problem: jeder fängt mal an.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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