Mikrometeoriten - Wer hat konkrete Erfahrungen gemacht?

Begonnen von schuppi, Februar 25, 2017, 16:28:04 NACHMITTAGS

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TStein

Hallo in die Runde, hallo Gerhard,

dein Enthusiasmus in Ehren, aber ich denke du hast die Mengen- und Größenordnungen noch nicht richtig erfasst:
"4. Meine vorherige Mengenschätzung im Kilogramm-Bereich war natürlich völlig überzogen.
Realistisch dürften im Laufe einiger Jahre kumuliert vielleicht ein paar hundert Gramm auf dem Dach einiges Einfamilienhauses landen. Da demnächst wieder mal eine Dachrinnenreinigung ansteht, werde ich eine genauere quantitative Mengenfeststellung vornehmen sowie die feinkörnigeren Anteile nach Mikrometeoriten durchmustern, denn aller Wahrscheinlichkeit nach müssten davon ebenfalls einige auf einem 150-Quadratmeterdach auftreffen."

Der Artikel von DomeC in der Antarktis konstatiert etwa 12µg /m^2/Jahr. Dh. für ein 150m^2-Dach sind etwa 500 Jahre notwendig um auf 1g zu kommen. Da ist noch nicht einberechnet, dass ein Großteil wahrscheinlich schon durch den Wind wieder runtergewedelt wird, ohne in der Rinne zu landen.

Vg Tino 

Gerd Schmahl

#46
Hallo,
Zitat von: LARSEN,J. "Die Jagt nach dem SternenstaubMikrometeoriten stellen den größten Teil der drei Gruppen extraterrestrischer Materie dar. Die Fluxrate beträgt ein Objket mit einem Durchmesser von 0,1mm pro Quadratmeter pro Jahr. Allerdings beträgt die Durchschnittsgröße der gefundenen Sphärulen 0,3mm und hat somit 27mal mehr Masse als ein 0,1mm-Objket. Das bedeutet, dass wir bei unserer "Jagt" auf Mikrometeoriten in bewohnten Gebieten beispielsweise auf einem Hausdach von 50m2 Größe nur mit 2 Funden pro Jahr und nicht mit 50 rechnen müssen.
Diese 2 Objkete um 0,3mm Durchmesser muss man aus dem Dreck herausfischen, der sonst noch innerhalb eines Jahres auf dem Dach landet.

Die größten Chancen hat man auf Flachdächern, weil es hier immer Stellen gibt, wo das Wasser schlecht abfließt und sich Pfützen mit Staubansammlungen bilden, wo man das "Grundmaterial" zusammenkehren und anschließend die Spärulen anreichern kann, in dem man

1. diesen Kehricht siebt bzw. schlämmt (Sieben unter Wasserstrahl), denn dadurch werden zusammenheftende Teile besser getrennt. Günstige Maschenweite: 0,4..0,5mm. Was im Sieb bleibt kann getrost weg, denn Meteore die größer sind, sind so extrem selten, dass sich die Suche danach nicht lohnt. Zwischen 2mm und 1cm verglühen Meteore auf Grund der größeren kinetischen Energie komplett (Reste im Nanobereich). Beim Schlämmen braucht man dann natürlich noch ein zweites Sieb um 0,1mm Maschenweite. Das entspricht einem groben Planktonnetz. Was sich darauf sammelt, wird

2. mit einem Magneten weiter angereichert, denn der größte Teil der Mikrometerite ist ferromagnetisch. Das geschiet am besten unter Wasser, denn auch hier muss das Verbacken mehrerer Körner vermieden werden. Was dabei mit dem Magneten herausgefischt wurde muss vom Magneten getrennt, getrocknet und Korn für Korn durchgemustert (reine Fleißarbeit) und vielversprechende Kandidaten auch ausgelesen werden.

3. Das Auslesen so kleiner Objekte ist eine Herausforderung für sich, wie ich aus der Arbeit mit Mikrofossilien weiß. Ohne eine ordentliche Ausleseschale ist das kaum in vertretbarer Zeit zu bewerkstelligen. Dazu braucht man auch eine besonders feine Spitze. In dieser Größenordnung haben sich Borsten bewährt. Ich nutze für Mikrofossilien dieser Größe die Schnurrhaare die unser Kater zuweilen in der Wohnung verliert (mit Sekundenkleber an einen Griff kleben oder in einen Ösenhalter aus der Mikrobiologie klemmen). Diese Spitze wird in Bienenwachs gesteckt und damit die kleinen Objekte "angefasst" und anschließend in das nächste im Gesichtsfeld des Binokulares befindliche Loch der Ausleseschale "geworfen" (am Rand abgestreift). Für das MBS-10 gibt es bei Richter-Fossilien-Reisen passende Mikrozellenplatten, in deren Ausfräsung eine Frankezelle oder ein Objektträger mit Hohlschliff passt, dessen "Lagerraum" sich genau in der Mitte des Bildfeldes unter dem jeweiligen Loch der Ausleseplatte befindet. Solch kleine Objekte außerhalb des Sichtkreises er Stereolupe irgendwo ablegen zu wollen ist fast unmöglich.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich diese Erfahrungen (Ausschlämmen, Auslesen) bisher nur mit Mikrofossilien gesammelt habe. An die viel selteneren Mikrometeoriten-Schmelzkugeln habe ich mich selber noch nicht gewagt. Die dazu dargelegte Theorie habe ich dem Buch von Jon Larsen entnommen. Hier findet man auch schön katalogisiert die viel terrestrischen, überwiegend anthropogenen Sphrulen abgebildet, deren Kenntnis die Grundlage dafür bietet, die echten davon unterscheiden zu können, denn von diesen Objekten landet ja ungleich mehr auf dem Dach (siehe dazu "Keine Meteorite"

Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

newbieDoof

Zitat von: TStein in März 22, 2022, 18:37:47 NACHMITTAGS
Hallo in die Runde, hallo Gerhard,

dein Enthusiasmus in Ehren, aber ich denke du hast die Mengen- und Größenordnungen noch nicht richtig erfasst:
"4. Meine vorherige Mengenschätzung im Kilogramm-Bereich war natürlich völlig überzogen.
Realistisch dürften im Laufe einiger Jahre kumuliert vielleicht ein paar hundert Gramm auf dem Dach einiges Einfamilienhauses landen. Da demnächst wieder mal eine Dachrinnenreinigung ansteht, werde ich eine genauere quantitative Mengenfeststellung vornehmen sowie die feinkörnigeren Anteile nach Mikrometeoriten durchmustern, denn aller Wahrscheinlichkeit nach müssten davon ebenfalls einige auf einem 150-Quadratmeterdach auftreffen."

Der Artikel von DomeC in der Antarktis konstatiert etwa 12µg /m^2/Jahr. Dh. für ein 150m^2-Dach sind etwa 500 Jahre notwendig um auf 1g zu kommen. Da ist noch nicht einberechnet, dass ein Großteil wahrscheinlich schon durch den Wind wieder runtergewedelt wird, ohne in der Rinne zu landen.

Vg Tino
Ich schätze er meinte normalen Dach-Schmock und nicht "paar hundert gramm" MMs.   ??? :)
- Matthias :)
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bernd552

Hallo in die Runde,

mit diesem Thema hatte ich mich auch schon mal kurz beschäftigt z.B. https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=38364.0 jedoch ausschließlich per REM und mit Korngrößen ca 10-30µ.

Ich habe dass Gefühl, dass die gesamten Schätzungen der Gesamtmenge des MM Niederschlages auf Basis von Korngrößen > 100µ hochgerechnet werden, kleinere Größen werden da mehr oder weniger unterschlagen, wohl weil diese vorrangig Lichtmikroskopisch oder per Stemi identifiziert und ausgelesen werden.

Meine Erfahrung (per REM Blick + EDX + Larson-Bücher) ist jedenfalls, dass je kleiner die Korngrößen um so höher ist ihre Anzahl ..... und Schönheit.

Meine Materialquelle ist der Bodensatz einer Zysterne im ländlichen Bereich, die über 15 Jahre von mehreren Dachflächen mit ca. 200 qm gespeist wurde.

LG
Bernd



Gerhard P.

Zitat von: TStein in März 22, 2022, 18:37:47 NACHMITTAGS
Hallo in die Runde, hallo Gerhard,

dein Enthusiasmus in Ehren, aber ich denke du hast die Mengen- und Größenordnungen noch nicht richtig erfasst:
"4. Meine vorherige Mengenschätzung im Kilogramm-Bereich war natürlich völlig überzogen.
Realistisch dürften im Laufe einiger Jahre kumuliert vielleicht ein paar hundert Gramm auf dem Dach einiges Einfamilienhauses landen. Da demnächst wieder mal eine Dachrinnenreinigung ansteht, werde ich eine genauere quantitative Mengenfeststellung vornehmen sowie die feinkörnigeren Anteile nach Mikrometeoriten durchmustern, denn aller Wahrscheinlichkeit nach müssten davon ebenfalls einige auf einem 150-Quadratmeterdach auftreffen."

Der Artikel von DomeC in der Antarktis konstatiert etwa 12µg /m^2/Jahr. Dh. für ein 150m^2-Dach sind etwa 500 Jahre notwendig um auf 1g zu kommen. Da ist noch nicht einberechnet, dass ein Großteil wahrscheinlich schon durch den Wind wieder runtergewedelt wird, ohne in der Rinne zu landen.

Vg Tino

Hallo Tino,

ja, das ganze Missverständnis wurde durch eine völlige Fehleinschätzung meinerseits verursacht. Dafür kann ich alle Diskussionsteilnehmer nur noch nachträglich um Verständnis bitten.

In meiner Euphorie über die vermeintlichen Boten aus dem Weltraum, für die ich die rostbraunen, bei Druck leicht bröselnden Krümel in der Dachrinne hielt, kam mir einfach nicht die logische Erklärung in den Sinn, dass es sich dabei um ganz natürlichen irdischen "Unrat" handeln könnte.

Sowas kann wohl mal passieren, wenn die Begeisterung über die Logik siegt....  ;)

Woher das Zeug in Wirklichkeit nun kommt, ist mir zwar immer noch nicht klar, ist aber eigentlich irrelevant, da mit Sicherheit nur ein irdischer Ursprung infrage kommt.

Dank der Hinweise in diesem Thread und vor allem aufgrund der sehr interessanten und fundierten Hinweise durch den Kollegen Gerd werde ich mich zukünftig etwas sorgfältiger und akribisch auf diesen speziellen Aspekt unseres Hobbys vorbereiten.

Also nochmals Entschuldigung für meine (selbstredend unbeabsichtigte) Irreführung aller Beteiligten in diesem Thread.

Beste Grüße
Gerhard
- ZEISS Universal (Pol, Phako, DIK, Fluoreszenz)
- ZEISS SV Stereo

PetrM

#50
Sehr geehrte Damen und Herren,

es gibt ein sehr lustiges Filmchen, wie man Mikrometeoriten finden kann:

https://www.youtube.com/watch?v=VsUIVthgnSA

Einfach mal entlang eines Schotterwegs oder eines Waldrandes eine Lautsprechermagneten hinter sich herziehen. Warum nicht? Schließlich kann man sie wirklich überall finden. Bei einer vier stündigen Wanderung könnte durchaus das eine oder andere Teilchen anhaften. Wieviele allerdings wieder verloren gehen ist eine andere Frage.

Ich würde aber eher den Schlitten bevorzugen an dem Magneten angebracht sind. Das zugehörige Video aus den USA finde ich nicht mehr. Ein magnetischer Schlitten? Klingt gut, warum nicht? Mal was anderes als Dächer zu kehren! Und die Gesichter der entgegenkommenden Wanderer würde ich nur zu gerne sehen. XD

Dieses Video finde ich zumindest interessant, ach von wegen: https://www.youtube.com/watch?v=0xD7SvtPAMM
So eine Ausrüstung hätte ich auch gerne. Ob die Proben laut seiner Bestimmung wirklich Mikrometeoriten sind?

Ganz klassisch Fegen und Sieben:

https://www.micrometeorites.org/

Grüße
Petr







Ohne Pflanz - kein Mensch
Ohne Pilz - kein Pflanz
Ohne Alg - kein Pilz?
Und wie sieht es überhaupt mit den ganzen Mikroorganismen aus?

Ralf Feller

Sehr schön, danke,

besonders interessant: Das kleinste Raster-EM der Welt,
schon für 60 000 E
https://www.voxa.co/solutions/mochii/faqs

LG Ralf

PetrM

#52
War jetzt nicht mein Ansinnen, aber warum nicht. Wer es sich leisten kann!?

Der Raster unserer Naturhistorischen Gesellschaft in Nürnberg hat leider einen Wasserschaden erlitten! Oh Weh! Oh Weh! Und konnte nach einer Reparatur leider nicht wieder in Betrieb genommen werden!

Nein das ist keine indirekte Aufforderung zu einer Spende... Naja, wer zu viel Geld hat und gerne an die NHG Nürnberg sprenden möchte, ist hiermit dazu aufgerufen.

Studenten können das Problem sicher auch nicht lösen.



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Und wie sieht es überhaupt mit den ganzen Mikroorganismen aus?