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"Meeresnymphe"

Begonnen von Dünnschliffbohrer, Dezember 26, 2017, 21:06:39 NACHMITTAGS

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Dünnschliffbohrer

In Strandnähe am Boden oft zwischen Steinen finden sich u.a. an der Ostsee, woher dieses Viech stammt, deutlich segmentierte Würmer, die zu Lebzeiten meist grünlich gefärbt sind. Es dürfte sich dabei um den Seeringelwurm, Nereis diversicolor handeln. Der Name Nereis, d.h. ,,Meeresnymphe", erscheint beim Blick durch das Stemi aber als blanker Hohn - hatte denn der Meeresgott Nereus keine schöneren Töchter? Diese Namensgebung wird nur noch durch Aphrodite, Göttin der Schönheit, für die Seemaus überboten, die aus der selben Verwandtschaft kommt.

Nereis soll neben Nord- und Ostsee auch im Atlantik und im Mittelmeer vorkommen und bis zu 10 cm groß werden. Solche Ungeheuer sind mir aber beim Baden noch nicht begegnet, die größten waren um die 3-4 cm, und eigenartiger Weise so wie dieser hier meist nur noch in halblebigem Zustand oder frischtot. Im Atlantik gibt es eine bis zu 60 cm lange Art, N. virens, die sich aber wenigsten nur von Grünalgen ernährt. Das Vieh dringt weit bis in das Brackwasser vor, ist also euryhalin, und soll in im Boden eingegrabenen Gängen leben. Aufgrund ihres Habitus werden sie auch Meerskolopender genannt, was sich beim Anblick der Kieferzangen von selbst erklärt. Diese Kieferzangen, von den Mikropaläontologen als Scolecodonten bezeichnet, finden sich schon im Altpaläozoikum, z.B. im obersilurischen Beyrichienkalk, u.a. an exakt der gleichen Stelle an der ich auch das hier gezeigte rezente Exemplar aufgesammelt hatte.



Das Kopfende vonschräg unten:



Vorderende von ventral:

Und von schräg oben(dorsal):



Hier die Borsten am ventralen Ast des Parapodiums:


Und Parapodien mit dorsalem und ventralem Borstenbüschel:
]

Hier die Ventralseite:

"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Heiko

Hallo Dünnschliffbohrer,

das Viech hatte ich deutlich pigmentierter in Erinnerung, von vor zig Jahren – ein Effekt der Konservierung oder dürfen die auch frisch schon ,,Albino-like" sein?
Jedenfalls eindrucksvolle Detailaufnahmen, die Du da zeigst.

Viele Grüße,
Heiko

Dünnschliffbohrer

Hallo Heiko,

ja, das Ausbleichen der Farbe kommt vom Schnaps, in dem das Vieh badet. Ansonsten hatte ich vor ein paar Wochen schon mal schönere Bilder davon gemacht, die entsprechende Speicherkarte aber gestern Abend nicht wiedergefunden, so dass ich alles auf die Schnelle erneut fotografieren musste. Aber Hauptsache, man erkennt die morphologischen Strukturen.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]