Apertur- und Feldblende - Hilfe

Begonnen von Mawora, September 05, 2018, 18:04:27 NACHMITTAGS

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Mawora

Hallo liebe Fachleute, mein Name ist Matthias. Mikroskopie ist ziemlich neu für mich, dazu gekommen bin ich durch die Zucht von Lebendfutter für meine Fische (Artemien, Grindalwürmer, ...). Das sind nun keine allzu anspruchsvollen Aufgaben für ein Mikroskop, aber wenn so was schon mal im Haus ist, möchte ich gerne auch etwas mehr davon verstehen. Besorgt habe ich mir also gebraucht ein Steindorff, dürfte etwa mein Alter haben :). Dann angefangen die Mikrofibel zu lesen und jetzt kommt das Dilemma. Lt Theorie sollte die Feldblende (in Kollektornähe) im Bild als solche sichtbar sein und die Aperturblende am Kondensor die Tiefenschärfe regeln. Nun hat das Steindorff aber gar keine Feldblende, jedoch verhält sich die Aperturblende wie eine Feldblende, d.h. ich kann diese schließen, durch Einstellen der Kondesorhöhe scharf stellen und dann eben öffnen. Habe ich da etwas Grundsätzliches übersehen oder falsch verstanden? Ich bin verwirrt und hoffe auf Aufklärung. Vielen Dank vorab und beste Grüße. Matthias

plaenerdd

#1
Hallo Matthias,
erstmal herzlich wilkommen im Forum! Schön wäre eine konkretere Bezeichnung des Mikroskopes, denn Steindorff hat ja nicht nur einen Gerätetyp gabaut. Wenn Du den nicht benennen kannst hilft ein Foto weiter. Wie  das ins Forum kommt steht hier.
Es ist so, dass bei weitem nicht alle Mikroskope zwei Blenden haben. Wenn Du nur eine Aperturblende hast, kannst Du auch keine Köhlersche Beleuchtung realisieren. Ich würde, ohne Dein Mikroskop zu kennen, folgendermaßen vorgehen:
1. Präparat auf legen und scharf stellen.
2. den Kondensor bis dicht unter das Präparat fahren. Für kleine Vergrößerungen muss er anschließend eventuell wieder etwas herunter gefahren werden, falls das Bild auch bei offener Blende nur in der Mitte hell sein sollte. Für höhere Vergrößerungen muss er definitiv ganz dicht an das Präparat. Das Präparat sollte im Brennpunkt des Kondensors liegen, denn nur so wird es stark genug beleuchtet und nur so kannst Du einen hohe Beleuchtungs-Apertur (einen großen Beleuchtungswinkel) erreichen. Die Aperturblende sollte dann auch nicht mehr scharf im Bild abgebildet sein, wenn Du sie zu ziehst. Du kannst sie aber sehen, wenn Du das Okular heraus ziehst und ohne Okular in den Tubus guckst. Die Blende sollte dann etwa das äußer Drittel des Bildfeldes verdecken. Je nach dem, ob Du ein kontrastarmes oder kontrastreiches Präparat hast, musst Du um diesen Wert herum etwas spielen (mit Okular), um einen brauchbaren Kompromiss zu finden, denn ein kontrastreiches Bild bedeutet auch immer einen gewissen Verlusst in der Auflösung und umgekehrt. Diesen Kompromiss muss man immer wieder neu mit jedem einzelnen Präparat "verhandeln", auch bei einer Köhlerbeleuchtung.
Da Du nicht all zu viele "Stellschrauben" an Deinem Mikroskop hast, solltest Du einfach ein wenig herumexperimentieren und schauen, wann Du ein gutes Bild hast, denn grau ist alle Theorie, aber bunt die Mikrowelt! Das ganz prfekt Einstellen wird für die visuelle Beobachtung meist nicht benötigt. Bei der Mikrofotografie oder bei manchen Kontrastverfahren (z.B. Phasenkontrast) oder dort wo es um höchste Auflösung geht (Immersionsobjektiv) darf es gerne etwas mehr sein.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Mawora

Hallo Gerd,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Den Typ des Mikroskop kann ich tatsächlich nicht benennen, Bilder kann ich gerne machen, nächste Woche, aktuell sind wir noch im Urlaub. Ist sowas (Die Variante des Trafos deutet auf ein eher noch älteres Modell hin (Hammerschlaggehäuse), sonst aber alles wie auf den Bildern: http://www.photoinfos.com/Mikroskope/Steindorff-01.htm . Mich irritiert eben, dass sich die Aperturblende verhält wie es die Theorie für die Feldblende vorhersagt. Aber evtl. handelt es sich irgendwie um eine Art Feld-Apertur-Kompromissblende, oder so.

Beste Grüße

Matthias

Bob

Hallo Matthias,
mit welchem Objektiv tritt dieser Effekt auf?

Viele Grüße,

Bob

Mawora

Hallo Bob,

ohne das jetzt im Moment nachprüfen zu können, würde ich wagen zu behaupten, dass ich das Bild der am Kondensor angebrachten Blende in alle Objektiven  (4, 10, 40) scharf bekomme, 100 (Immersion hab' ich noch nicht gebraucht). Die Blende scheint also in der Bildebene zu liegen, was für Aperturblenden ungewöhnlich ist. Zumindest hab' ich noch auf keinem Foto die Aperturblende eines Objektives (egal welche Kamera) gesehen. Das Steindorff hat aber einen sehr ausgeprägt konvexen Kollektor, vl. hängt es damit zusammen?

Beste Grüße

Matthias

Bob

Hallo Matthias,
bei einem schwachen, weit heruntergedrehten Objektiv könnte ich mir vorstellen, dass die Aperturblende scharf abgebildet wird.
Diese schwach vergrößernden Objektive haben auch manchmal eine größere Objektivabgleichlänge als der Rest vom Set.
Es könnte auch sein, dass die Oberlinse Deines Kondensors fehlt.

Die Mikrofibel ist eine prima Zusammenfassung vieler wichtiger Grundlagen der Mikroskopie. Der Anfänger wird aber leicht von der Mikroskopie abgelenkt und zu mehr Studium der Mikroskop-Technik verleitet, als für den Anfang nötig ist.

Es ist auch so, dass die meisten Mikroskop-Beleuchtungen keine reine Köhler-Beleuchtungen sind, sondern irgendwo ein mattierte Linse oder dergl. enthalten.

Viele Grüße,

Bob

Mawora

Hallo Bob,

danke für die Hinweise, das werde ich, sobald wieder zuhause, direkt mal austesten. Und ja, eine gewisse Technikaffinität ist bei bei mir vorhanden, unbestritten! Neben dem "wie"  interessiert mich eben auch das "warum", mag 'ne Schwäche von mir sein. Also ich teste mal alle Objektive und melde mich dann mit den Ergebnissen.

Beste Grüße

Matthias

Mawora

Hallo Bob (und alle die geholfen haben),

tatsächlich tritt der Effekt nur beim 10er Obkjektiv auf (das schwächste an dem Mikroskop), beim 40er dagegen kann ich die Leuchtwendel fokusieren. Somit konnte ich immerhin mal die Lampenposition zentrieren.  :) Ich denke, damit ist meine Frage beantwortet und ich habe viel gelernt.

Besten Dank an alle, die geholfen haben.

Viele Grüße

Matthias

Lupus

Hallo,

zwar kenne ich das Mikroskop und den Kondensor nicht, aber mit Sicherheit kommt der Effekt weder von einem zu tief eingestelltem Objektiv noch von einer größeren Abgleichlänge. Eher von einem zu hoch eingestelltem Objektiv und viel zu tief eingestelltem Kondensor. Das Mikroskop dürfte nach dem Foto mit einem einfachen zweilinsigen Kondensor mit Steckhülsenfassung ausgestattet sein. Ein zweilinsiger Kondensor ohne asphärische Flächen ist meistens so aufgebaut wie in Bild 1. Eine rechnerische Optimierung der Abbildungsfehler für einen bestimmten Abbildungsmaßstab ergibt immer zwei Linsen in relativ großem Abstand und definierten Krümmungsradien. Die hintere Brennebene liegt innerhalb kurz nach der Eintrittslinse, dort sollte die Aperturblende sein damit das Austrittsbündel jeweils parallel und der Beleuchtungswinkel genau einstellbar ist. Daher liegt bei den älteren Zeiss- und Leit-Kondensoren mit abklappbarer Frontlinse die Irisblende offen zugänglich auch genau dort.

Bei einfacheren Konstruktionen mit Steckhülse ist dieser Kondensorbereich nicht mehr zugänglich, daher ist sehr häufig die AB vor der Eintrittslinse (Bild 2). Das Strahlenbündel tritt nicht mehr genau parallel aus wie man bei genauem Hinsehen rechts im Bild erkennt, das ist aber bei den meisten Anwendungen vollkommen egal (außer man will eine Dunkelfeldblende einbauen oder bei schiefer Beleuchtung). Gleichzeitig liegt das Bild der AB natürlich nicht mehr im Unendlichen.

Je nach Konstruktion kann bei starkem Absenken des Kondensors das Bild aber in die Objektebene des Objektives gelangen (Bild 3) - sichtbar ist es aber allenfalls bei geringen Objektivvergrößerungen mit großem Bildfeld, da das Blendenbild ansonsten zu groß ist weil der Kondensor in der Stellung nicht verkleinernd wirkt (wie z.B. bei der Abbildung der Leuchtfeldblende).

Hubert

Mawora

Hallo Hubert,

vielen Dank für diese zusätzliche, ausführliche Darstellung. Wirklich ausgesprochen lehrreich! Ich hoffe, Du musstest diese Darstellungen nicht mühsam erst erstellen. Falls doch, würde mich brennend interessieren, mit welcher SW das geht.

Was die Objektiveinstellung angeht, ist diese schon auf das Objekt scharf gestellt, also keine Fantasieeinstellung. Der Kondensor mag natürlich deutlich zu tief sein, ohne echte Feldblende wüsste ich nicht, wie ich die exakt richtige Höhe finden könnte (wie gesagt, bin Anfänger).

Beste Grüße

Matthias

Lupus

Hallo Matthias,

ZitatDer Kondensor mag natürlich deutlich zu tief sein, ohne echte Feldblende wüsste ich nicht, wie ich die exakt richtige Höhe finden könnte
wie Gerd schon gesagt hat, normalerweise ist er ganz oben ....

Hubert

Bob

Hallo Matthias,
die Feldblende würde scharf dargestellt werden, wenn der Kondensor minimal unter dem Objektträger steht. Von da aus geht es zum Einstellen nur geringfügig hoch oder runter. Hat Dein Kondensor die Oberlinse?

Viele Grüße,

Bob

wilfried48

#12
Zitat von: Mawora in September 13, 2018, 12:18:54 NACHMITTAGS
...
Der Kondensor mag natürlich deutlich zu tief sein, ohne echte Feldblende wüsste ich nicht, wie ich die exakt richtige Höhe finden könnte (wie gesagt, bin Anfänger).
...

Hallo,

natürlich kann man die richtige Höhe des Kondensors auch ohne Feldblende richtig einstellen.
Das Entscheidende an der Kondensorhöhe ist ja, dass die hintere Brennebene des Objektivs voll ausgeleuchtet ist.
Dazu nimmt man das Okular aus dem Tubus und schaut mit blossem Auge rein und stellt die Kondensorhöhe so ein, dass der sichtbare Lichtkreis beim grössten Objektiv gerade aussen am Linsenrand anstösst.
Am besten geht man dazu vom oberen Anschlag des Kondensor leicht nach unten.
Man könnte den Kondensor auch am oberen Anschlag belassen, aber dann wäre diese Köhlerbedingung die die Auflösung bestimmt übererfüllt und man hätte Lichtintensität verschenkt.
Man kann diese Einstellung auch so finden, dass man von der oberen Kondensorstellung ausgeht und die Lichtintensität beobachtet. Diese nimmt beim Absenken des Kondensors leicht zu geht über ein Maximum um dann wieder abzunehmen.
Die richtige Einstellung ist dann dieses Maximum.
Auch bei Vorhandensein einer Feldblende ist ja noch lange nicht gesagt, dass bei Scharfstellung der Feldblende die Kondensorhöhe nach Köhler stimmt. Da verlässt man sich dann auf den Hersteller, dass der das so eingerichtet hat.
Aber bei vielen Beleuchtungseinrichtungen mit Feldblende stimmt das eben auch nicht exakt, auch bei Zeiss !

Die Zentrierung des Kondensors kann man auch ohne Feldblende vornehmen. Wieder Okular raus, und oben reinschauen und dieKondensoraperturblende soweit zuziehen, dass man sie gerade als Begrennzung sieht und durch Drehen an den Zentrierschrauben des Kondensors zentrieren.

viele Grüsse
Wilfried
vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
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Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Mawora

Hallo zusammen,

vielen Dank für die weiterführenden Erläuterungen. Das mit dem Blick in den Tubus ohne Okulare hatte ich tatsächlich gelesen, aber wohl vergessen. Stimmt, danke! Ich bilde mir ein, auch gelesen zu haben, dass der Kondensor höher sein muss, wenn die NA (und damit idR die Vergrößerung) des Objektives größer ist. Falsch?

Um mein Unverständnis der Materie noch weiter zum Ausdruck zu bringen, stelle ich mal eine (vermutlich unsinnige) Frage: wie kann ich bei einem Mikroskop ohne Feldblende die korrekte vertikale Position einer solchen ermitteln, würde ich eine nachrüsten wollen? Einfach so nahe wie möglich am Kollektor, oder gibt's eine bestimmte Position dafür?

Ach so, Oberlinse. Also wenn das eine zum Ein- Ausklappen sein soll, dann hat's das Steindorff nicht, aber natürlich ist oben am Kondensor eine Linse. Beantwortet das die Frage?

Beste Grüße

Matthias

Bob

Hallo Matthias,
die Oberlinsen gab es zum Draufschrauben und zum Drüberklappen. Es sind halt gnubbelige Linsen mit etwa 12mm Durchmesser. Für die Verwendung schwacher Vergrößerungen werden sie oft abgenommen und gehen dann gerne mal verloren. Daher mein Frage. Wenn sie da ist, prima, wäre sonst schwierig zu ersetzen.

Viele Grüße,

Bob