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Uronema / Pleuronema?

Begonnen von Chris57, März 28, 2019, 21:59:30 NACHMITTAGS

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Chris57

Heute vom Rand einer Wakenitzbucht gefischt. Es roch ziemlich vermodernd. Im Detritus steckte dieser Ciliat (?) fest, der sich praktisch kaum bewegte und den ich leider nicht vollständig gesehen  habe. Die Wimpern - wie auf den Fotos zu sehen - von etwa halber Körperbreite. Ich stelle hier 4 Fotos mit unterschiedlicher Schärfenebene ein. Größe um 80 x 30 µ.
Würdet ihr hier ein Wimpertierchen sehen, evtl. Uronema / Pleuronema? Oder gibt es noch ganz andere Möglichkeiten?
Es ist wieder mal spannend.... danke & Gruß
Chris

Die Realität des Mikrokosmos ist besser als Science Fiction.

MikroMicha

Hallo Chris,

auf den Bildern 2 bis 4 meine ich bei Deinem Tierchen jeweils unten rechts an der Zelle eine Art "Segelchen" zu erkennen. Solche Segel Bilden Ciliaten der Cyclidium- und der Pleuronema-Gruppe aus. Diese "Segel" bestehen aus einer undulierenden Membran zusammelgeklebter Wimpern. Dieses Segel befindet sich jeweils in der Nähe des Mundfeldes, somit wird die "Sammelfläche" für einzustrudelnde Nahrungspartikel erhöht.

Wenn die Größe von 80 µm passt, handelt es sich bei Deinen Aufnahmen höchstwahrscheinlich um Pleuronema (evtl. Pleronema crassum).

Vielleicht findest Du dieses Wimpertierchen ja noch mal wieder, dann möglichst freischwimmende Exemplare. Da kann man das "Segelchen" dann besster erkennen. Leicht wird es jedenfalls nicht werden diese Viecher dann zu fotografieren, sie halten kaum still und wenn sie stillhalten, dann höchstens ein paar Sekunden.

Ich drücke Dir die Daumen und hoffe, Dir wenigstens etwas geholfen zu haben.
Herzliche Grüße sendet

Michael (MikroMicha)

Chris57


Hallo MikroMicha,

vielen Dank für deine wie immer hilfreiche und geduldige Antwort. Da war ich mit Uronema / Pleuronema ja zumindest tendentiell schonmal in der richtigen Richtung unterwegs...

Mit dem Wiederfinden ist das so eine Sache, ich finde ständig interessante Organismen, die ich überhaupt nicht zuordnen kann, und bei der großen Artenfülle ist das immer Zufall, ob ich mal was wiederfinde. Spannend ist es aber so oder so.

Also danke nochmal und viele Grüße Chris
Die Realität des Mikrokosmos ist besser als Science Fiction.

MikroMicha

#3
Hallo Chris,

Zitat von: Chris57 in April 01, 2019, 18:23:34 NACHMITTAGS
Mit dem Wiederfinden ist das so eine Sache, ich finde ständig interessante Organismen, die ich überhaupt nicht zuordnen kann, und bei der großen Artenfülle ist das immer Zufall, ob ich mal was wiederfinde.

Am besten nimmt man dann die Probe vom gleichen Ort bzw. von der gleichen Stelle im Gewässer. Dann ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass man einen bestimmten Organismus wiederfinden kann. Im Laufe der Zeit kann man ein Gefühl dafür entwickeln, wann, wo und unter welchen Voraussetzungen bestimmte Wimpertierchen vorkommen können.

Um eine Probe länger "am Leben" zu halten, kann man auch folgendes machen: Ein Mikro-Aquarium anlegen!!! Das habe ich jetzt auch gemacht. Einfach Probe mit kleinem Tropfen auf den Objektträger (kein Hohlschliffobjektträger) pipettieren. Dann Deckgläschen mit einem dünnen Vasilinerand versehen und vorsichtig auflegen. Man kann die Schichtdicke der Probe jetzt variiren, indem man mit einem Zahnstocher o. ä. leichten Druck auf das Deckglas ausübt und weiter anpresst. Der Vaselinerand verhindert jetzt wie eine Dichtung ein Verdunsten der Probeflüssigkeit. Will man sicher gehen, bewahrt man die so präparierte Probe in einer Art "feuchten Kammer" auf. Einfach zwei oder drei zuvor gut mit Wasser durchfeuchtete Wattepads in eine Petrischale legen, Objektträger darauf legen, Petrischale verschließen, fertig. In dieser feuchten Atmosphäre verdunstet dann nichts mehr so schnell und die Probe kann mehrere Tage zur Verfügung stehen. Wenn man den Objektträger nach einem Tag aus der Petrischale entnimmt, muss man ihn von unten natürlich abwischen. Nimmt man ihn dann auf die flache Handfläche und wartet ein wenig, löst sich durch die Wärme der Hand der eventuell vorhandene Beschlag von der Oberfläche des Objektträgers und des Deckgläschens auf.

Diese Methode hat zwei Vorteile: 1. Die Probe steht länger zur Verfügung und 2. viele Wimpertierchen wandern mit der Zeit aus den kleinen Detritusflöckchen (in denen sie ihre Nahrung suchen und sich gut darin verstecken können) aus und schwimmen frei durchs Gesichtsfeld.

Bei den Bestimmungsversuchen helfe ich (soweit mir möglich) immer gerne weiter.
Herzliche Grüße sendet

Michael (MikroMicha)